Denn hier im Parlament wie auch draußen wird immer mehr bewusst, dass die Sorgen zunehmen. Im Grunde muss man derzeit zwei große schwarze Wolken unterscheiden.
Das eine ist der allgemeine Konjunkturhimmel. Bei einer Bevölkerungsgruppe, die begründbar in weiten Teilen von dem abhängig ist, was an öffentlichem Geld in die Hand genommen werden kann, bedeutet dies eine ganz beachtliche Bedrohung. Was sich im Moment im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt abspielt, zeigt, dass die Befürchtungen sehr wohl konkret sind. Wenn im agrarsozialen Bereich Einsparungen in Höhe von 250 Millionen € vorgenommen werden sollen, heißt das ganz konkret, dass die Beiträge um 30, 40, 50 % angehoben werden müssen. Ich stelle das einfach fest. Das ergibt für einen Milchbetrieb – Kollege Kiefl hat das vorgerechnet – schnell 1 300, 1 400 € im Jahr. Ich stelle das fest, damit wir nicht mit Leichtfertigkeit die Probleme diskutieren, sondern merken, dass es jetzt wirklich ans Eingemachte geht, oder besser gesagt: Es geht ganz konkret um die Existenzen unserer bäuerlichen Familien.
Ja, das Allheilmittel Modulation. Ich komme noch darauf, Herr Winkler. Schauen Sie sich das genau an, bevor Sie da einsteigen. Das kann schnell zum Bumerang werden.
Das andere, was mit den Steuerreformbeschlüssen zusammenhängt und was sich auch wieder gegen die Landwirtschaft richtet, ist die Einführung der Buchführungspflicht. Das betrifft 15 000 bis 20 000 Betriebe, die erst einmal die entsprechenden Gebühren aufbringen müssen. Auch das bedeutet eine Belastung. Hinzu kommt, dass die Pauschalsätze verändert werden. Also kurzum: Auch hier geht es gegen die Landwirtschaft.
Die gegenwärtige Entwicklung wird also einerseits vom Konjunkturhimmel und andererseits von dem geprägt, was unsere öffentlichen Haushalte erbringen können oder, besser gesagt, nicht mehr zu finanzieren in der Lage sind. Genau in diese Situation kommt das, was Brüssel jetzt bringt,
Wir haben kurz vor der Verabschiedung in Brüssel, glaube ich, hier darüber debattiert, und jetzt wissen wir, was daraus entstanden ist. Ich meine, die Entkopplungsfrage bzw. Teilentkopplungsfrage ist das eine. Wir haben immer gesagt, dass erst recht mit einer Teilentkopplung viel Verwaltungsaufwand verbunden ist und dass wir deswegen große Befürchtungen haben.
Es ist angesprochen worden, dass die Cross Compliance eine große Tat wäre. Meine Damen und Herren, natürlich sind dabei nicht mehr 36 Vorschriften zu beachten.
Es sind jetzt nur noch 18, aber zu den 18 kommt all das andere hinzu, was Bodenschutz und anderes anbelangt.
Jetzt kommt der entscheidende Punkt für Deutschland, damit Sie nicht gleich von einer Segnung für Deutschland sprechen. Der entscheidende Punkt ist, dass unter Umständen mit Cross Compliance genau das in Wegfall kommen kann, was uns bisher als fördernde Agrarpolitik in den Agrarumweltprogrammen ausgezeichnet hat.
Lieber Herr Walter, Sie haben gesagt: „Die kriegen doch eine Grünlandprämie.“ Oder war es Herr Teßmer? Cross Compliance ist im Moment geeignet, genau die 90 €, die bisher gekommen sind, wegzustreichen,
Verstehen Sie mich dabei richtig, meine Kollegen von der Opposition. Mir geht es jetzt nicht darum, dass ich alles schlechtreden wollte.
(Abg. Teßmer SPD: Na, na! Das sieht ein bisschen so aus! – Abg. Walter GRÜNE: Das ist auch schwierig!)
Es ist ganz einfach zu zeigen, was in Brüssel schief gelaufen ist, insbesondere dort, wo Frau Künast zwar im Boot von Chirac gesessen ist, aber kurz vor der Schlusslinie ins Wasser gefallen sein muss.
Schauen Sie doch einmal die Ergebnisse an! Frankreich hat das durchgesetzt, was es durchsetzen wollte: Mutterkühe, Rinderprämie.
Wir sind auf der Strecke geblieben. Sie können doch wirklich nicht behaupten, dass Frau Künast in Brüssel erfolgreich gewesen sei, wenn sie zurückkommt und sagen muss: „Ihr verliert 30 % eures Einkommens.“ Das wäre Chirac nicht passiert, das wäre keinem anderen Land passiert. Das ist deswegen passiert, weil sie offensichtlich nicht in der Lage war, sich in Brüssel einigermaßen auf Augenhöhe mit Frankreich zu bewegen. Das ist der Punkt, den ich ansprechen muss.
Sie werden doch genauso wie wir gefragt, wie wir es mit den bäuerlichen Existenzen im Allgäu, im Schwarzwald oder auf der Alb halten.
Jetzt kommt das zweite Zauberwort, das ich immer wieder höre: Das sind die ganz neuen Spielräume, die da aufgetan worden sind.
Ich weiß schon, was dahinter steckt. Das Motto bei den Spielräumen ist: „Ihr Länder geht voran und zahlt, was wir in Brüssel nicht erreicht haben.“ So darf die Arbeitsteilung aber nicht laufen. Deshalb muss dies ganz deutlich und konkret angemerkt werden.
Ich sage noch einmal: Wir haben uns nie grundsätzlich gegen die Reformüberlegungen von Fischler gestellt. Ich weiß doch genau, welchen Grundansatz er hatte. Vieles davon war auch richtig. Es kann sich niemand wegdrücken, wenn es darum geht, die WTO-Verhandlungen zu bestehen.
Er hat einmal gesagt: Wir wollen mehr Transparenz für das, was wir fördern, und wir wollen mehr gesellschaftliche Akzeptanz schaffen. Auch das ist ein hehres und gutes Ziel. Er hat ursprünglich auch versprochen, er würde im Zuge dieser Reform ein bisschen weniger Bürokratie hinkriegen. Auch das war ein hehres Ziel, das wir damals unterstützt haben; keine Frage.
Aber wir müssen jetzt natürlich ehrlich und Manns genug sein, kühl und nüchtern zu berechnen, was letztendlich herausgekommen ist. Und am Verhandlungstisch saß nicht irgendeiner aus den Ländern, da saß halt die Frau Bundesminister.
Wenn wir das jetzt nüchtern bilanzieren und sagen, dieses und jenes stimme nicht, dann ist das doch keine Majestätsbeleidigung, sondern entspricht der Fürsorgepflicht, die wir für unsere bäuerlichen Familienbetriebe einfach wahrzunehmen haben.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Kiefl CDU: Sie hat eine Chance ver- tan! – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)
Ich möchte behaupten – aber, wie gesagt, dies ist eine persönliche Meinung und insofern eine persönliche, subjektive Behauptung –, dass sich Frau Künast zu spät positioniert hat.
Die Sache mit der Quotenverlängerung war von Frau Künast nicht zu hören; das war eine Forderung der unionsregierten Länder. Die A-Länder sind dann mit einer gemeinsamen Erklärung auf diese Forderung aufgesprungen.
Die CDU-regierten Länder haben sich auf ein gemeinsames Konzept geeinigt. Wir haben die A-Länder dazu gewonnen. Dann sind wir nach Berlin gegangen. Dann gab es ein bisschen eine Moderatorenrolle von Frau Künast. Bis zum Schluss habe ich aber nicht erkennen können, was sie denn nun eigentlich in Brüssel einzubringen gedenkt. Also, so deutlich, so überragend war das nicht, was da an deutscher Position in Brüssel eingebracht worden ist,