Protokoll der Sitzung vom 17.07.2003

verstehe ich überhaupt nicht.

(Unruhe)

Ich freue mich auf die zweite Runde, Kollege Drautz. Dann können Sie noch einmal zum Thema reden. Das haben Sie bisher nicht gemacht.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Teßmer SPD: Nebel war das! Nebelkerzen! – Ge- genruf des Abg. Drautz FDP/DVP: Keine Nebel- kerzen!)

Meine Damen und Herren, wir müssen als Erstes zur Kenntnis nehmen: Diese EU-Agrarreform bringt viele Erfolge mit sich. Herr Kollege Kiefl hat glücklicherweise einige genannt. Offensichtlich sind sie bei der FDP/DVP noch nicht angekommen.

(Abg. Teßmer SPD: Das ist so üblich!)

Wenn wir uns anschauen, wo wir im Mai noch gemeinsam standen, wo sich abzeichnete, dass es überhaupt keine Reform geben würde, weil sich beispielsweise Frankreich völlig uneinsichtig zeigte, dann erkennen wir, dass wir heute einen wesentlichen Schritt weitergekommen sind. Herr Kollege Kiefl hat darauf hingewiesen: Der längst überfällige Systemwechsel in der Agrarpolitik wird nun endlich eingeleitet.

(Abg. Hauk CDU: Das ist doch der größte Schwachsinn!)

Das ist ein Riesenerfolg für alle, und das kann man nicht kleinreden. – Kollege Hauk, Sie haben das offensichtlich auch noch nicht mitbekommen.

(Zurufe der Abg. Hauk CDU und Dr. Caroli SPD)

Charakterisiert wird dies beispielsweise durch die Entkopplung: Es ist Schluss mit dem Mechanismus, dass man umso mehr bekommt, je mehr man produziert. Das ist doch ein wichtiger Schritt.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Das ist wirklich ein Paradigmenwechsel. Wer das nicht als Erfolg sehen will, dem kann ich auch nicht helfen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es muss endlich Schluss sein mit den Milchseen und den Butterbergen und all den anderen Überschüssen.

Das Zweite ist: Wir bekommen eine bessere Förderung für den ländlichen Raum durch die Modulation. Auch das ist ein Erfolg.

(Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

Dann verstehe ich gar nicht, Kollege Drautz, was Sie beispielsweise zum Bereich Tierschutz sagen. Der Fachbegriff „Cross Compliance“ gilt für alle Länder und für alles, was dort beschlossen wurde. Was heißt das auf Deutsch? Es bedeutet, dass diejenigen, die Gelder haben wollen, sich an bestimmte Auflagen im Tierschutz, im Umweltbereich usw. halten müssen; sonst gibt es eben nicht die entsprechenden Prämien. Das ist ein entscheidender Fortschritt, Kollege Drautz. Da gilt für alle Länder dasselbe.

(Abg. Teßmer SPD: Sogar mit Strafandrohung!)

Deswegen ist es völliger Unsinn, hier zu sagen, nur unsere Standards seien richtig oder es gäbe keine Standards. – Ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu.

(Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

Kollege Drautz, gerade dieser Punkt ist unheimlich wichtig: Wir alle wissen doch, wie gesellschaftlich umstritten die Agrarsubventionen sind. Ihre Akzeptanz in der Gesellschaft wird wesentlich erhöht, wenn sie mit den entsprechenden Umweltstandards verbunden sind. Deswegen ist auch das ein richtiger Schritt gewesen. Die Menschen erwarten nun einmal gesunde Lebensmittel, und sie erwarten eine artgerechte Tierhaltung.

Ein weiterer Erfolg aus Sicht der Landwirtschaft ist: Die Mittel werden insgesamt nicht gekürzt, sondern sind zunächst einmal auf viele Jahre festgeschrieben. In einer Zeit, in der überall gekürzt wird, ist das ein Riesenerfolg für die Landwirtschaft. Das können Sie doch nicht in Abrede stellen.

(Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

Noch ein Weiteres, Kollege Drautz: Sie wissen doch genauso gut wie ich – das hoffe ich zumindest –, dass im September die WTO-Verhandlungen anstehen. Ein Muss dieser Agrarreform war doch, dass die Subventionen WTO-kompatibel gemacht werden. Sonst hätten wir als Europa da doch gar nicht antreten müssen. Also auch das ist eine gute Sache.

Besonders umstritten und besonders kritisiert sind die Beschlüsse im Milchbereich. Das ist ohne Zweifel für BadenWürttemberg sehr wichtig.

(Zustimmung des Abg. Kiefl CDU)

Ohne eine entsprechende Bezahlung werden wir es nicht schaffen, dass gerade in den benachteiligten Gebieten – in

unseren Grünlandstandorten im Schwarzwald, im Allgäu und in anderen Gegenden – die Landwirte weitermachen.

(Zuruf des Abg. Kiefl CDU)

Das heißt, wir brauchen sie auch dort. Wir brauchen sie dort zur Pflege unserer Kulturlandschaft. Da kann ich dem Kollegen Kiefl nur Recht geben.

Aber auch da, Kollege Kiefl, nützen uns irgendwelche Berechnungen, die Sie irgendwo angestellt haben, nichts, sondern man muss einmal genauer anschauen, was jetzt eigentlich Sache ist. Wenn ich betrachte, was letzte Woche bei der Agrarministerkonferenz besprochen wurde, sehe ich: Da hat man sehr sachlich und sehr konstruktiv diskutiert. Man ist jetzt auseinander gegangen und hat vereinbart: Jetzt rechnet erst einmal zu Hause, bevor man hier blind drauf reinschlägt.

(Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Sache ist doch Folgendes, Kollege Hauk:

(Abg. Hauk CDU: Das ist nicht berechenbar!)

Es gilt zunächst festzuhalten, dass drei von vier Zielen aus deutscher Sicht erreicht worden sind.

Erstens ist die Quote bis 2015 verlängert worden. Das unterscheidet sich von dem, was Fischler zunächst vorgelegt hatte. Es gibt keine Ausweitung der Quoten. Auch das ist ein Erfolg für Frau Künast, weil es Länder in Europa gab, die etwas ganz anderes wollten. Noch bis zuletzt wollten beispielsweise die Italiener eine Erhöhung von mindestens 2 %. Was das bedeutet hätte, brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Dass das verhindert wurde, ist auch ein Erfolg.

Auch die ursprünglichen Pläne Fischlers zu den Ausgleichszahlungen sind vom Tisch. Sie wissen genau, dass das große Einbußen mit sich gebracht hätte. Stattdessen, meine Damen und Herren, gibt es einen 80-prozentigen Ausgleich statt eines 50-prozentigen Ausgleichs, wie es ursprünglich in der Agenda 2000 vereinbart war. Auch das ist ein Fortschritt. Auch das schafft mehr Planungssicherheit für die Landwirte im Milchbereich.

Der Punkt – da hat Kollege Kiefl völlig Recht –, der nicht durchgesetzt werden konnte und der hauptsächlich am Votum Frankreichs gescheitert ist, war die Gleichstellung der Getreidebauern mit den Milchbauern.

(Abg. Kiefl CDU: Genau! Ja!)

Das ist selbstverständlich richtig. Auch die Degression ist an Chirac gescheitert. Nur, Herr Kollege Kiefl, wenn 15 Nationen am Tisch sitzen, kann nicht eine Nation alles diktieren.

(Abg. Hauk CDU: So war es aber am Schluss! Aber genau!)

Das ist doch selbstverständlich.

(Abg. Hauk CDU: Aber so war es zum Schluss!)

Und wenn man von vier Dingen drei durchbringt, hat nicht eine Nation alles dominiert.

Ich werde Ihnen in der zweiten Runde, weil meine Redezeit jetzt leider zu Ende ist, sagen, wie wir national damit umgehen müssen. Denn das – das muss hier ausdrücklich gesagt werden – ist ein weiterer Erfolg dieser EU-Agrarreform: Wir haben nun viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten auf nationaler und regionaler Ebene als vorher. Ich hätte mir gewünscht, Kollege Drautz, dass Sie das wenigstens in einem Nebensatz erwähnen und hier nicht nur den „Jammerix“ spielen.

Danke.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie des Abg. Kiefl CDU)

Das Wort erhält Herr Minister Stächele.

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass wir immer wieder über die Agrarpolitik sprechen.

(Abg. Teßmer SPD: Wir auch!)