Protokoll der Sitzung vom 27.06.2001

Ganz unmöglich aber ist es, dass es jetzt in Deutschland AOK-Landesverbände gibt, die einen Beitragssatz haben, der um zwei Prozentpunkte und mehr unter dem Beitragssatz der AOK Baden-Württemberg nach der Erhöhung liegt. Wir zahlen, und die Nehmerländer haben günstigere Beiträge als die Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei uns. Das können wir auf gar keinen Fall hinnehmen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Die CDU in Berlin macht auch nicht mit! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Was sagt dazu die CDU im Bund?)

Heute befasst sich zur gleichen Stunde das Bundeskabinett mit einer Veränderung des Krankenkassenstrukturausgleichs. Das Ergebnis möchte ich nicht vorwegnehmen; wir werden es heute Abend sehen. Alle Vorschläge, die in den letzten Wochen gemacht worden sind, laufen auf eine Erhöhung und nicht ein einziger Vorschlag auf eine Senkung des Krankenkassenstrukturausgleichs hinaus. Wir werden wiederum von einer Mehrheit im Bundestag und einer Mehrheit im Bundesrat zu solchen perversen Ausgleichsleistungen vergewaltigt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Widerspruch bei der SPD – Abg. Drexler SPD: „Pervers“! Avanti, perversi!)

Deswegen haben wir in den letzten Wochen bei einem renommierten Fachmann der Universität Tübingen vorsorglich ein Gutachten in Auftrag gegeben. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass der Krankenkassenstrukturausgleich verfassungswidrig ist. Er sieht deswegen eine reelle Chance, dies vom Bundesverfassungsgericht festgestellt zu bekommen. Aus diesem Grund bereiten wir in der Landesregierung und in der Koalition einvernehmlich eine Klage beim Bundesverfassungsgericht bezüglich des Krankenkassenstrukturausgleichs vor.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Uns bleibt gar nichts anderes übrig. Die Krankenkassen bilden im Übrigen nur den Auftakt bei den Beitragserhöhungen; Rentenversicherung und Pflegeversicherung werden wahrscheinlich folgen. Meine Damen und Herren, ich könnte das, was ich gesagt habe, mit vielen Zahlen belegen.

(Abg. Drexler SPD: Oje! – Unruhe bei der SPD und den Grünen)

Es gibt Hunderte von Millionen Mark Überschüsse in den AOKs anderer Länder, und wir aus Baden-Württemberg und andere Länder zahlen Krankenkassenstrukturausgleich.

(Abg. Rudolf Hausmann SPD: Redezeit! Sie miss- brauchen Ihre Redezeit!)

Das sind aber Dinge, die die Menschen bewegen, kann ich nur sagen.

Heute steht in der Zeitung: Mit der Konjunkturabschwächung rollt über die deutsche Wirtschaft die größte Pleitewelle der Nachkriegszeit. 250 000 Arbeitsplätze sind in Deutschland in den ersten sechs Monaten dieses Jahres allein durch Konkurse verloren gegangen. Meine Damen und Herren, ist das kein Thema, das die Menschen bewegt? Aber nichts ist darüber gesprochen worden.

Ich greife jetzt nur einen weiteren Punkt heraus, obwohl zur Rentenreform viel zu sagen wäre. Ich habe das in diesem Haus und im Bundesrat getan. Aber einen Punkt möchte ich aufgreifen, nämlich die ganz und gar unmögliche Regelung der Eigentumsbildung zur Altersvorsorge. Die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb vor wenigen Tagen:

(Abg. Drexler SPD: Die ist ja grün angestrichen!)

„Im Alter das eigene Haus verzehren.“

Genau das ist die Lösung, die Sie für Bürger und Häuslebauer in Baden-Württemberg anbieten:

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

dass sie ein Leben lang sparen und später im Alter ihr Haus nicht an die eigenen Kinder vererben können, sondern selbst „vervespern“ müssen, weil ihre Rente nicht ausreicht. Das bieten Sie als Ersatz an.

(Abg. Drexler SPD: Wer hat denn die Rentenre- form gemacht? Das ist doch gar nicht wahr!)

Meine Damen und Herren, das alles beweist: Die Bundesregierung von Rot-Grün macht auf breiter Front Politik gegen die Arbeitnehmer, gegen die Selbstständigen, zulasten der Wirtschaft.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich habe auch gelesen, dass die Grünen auf ihrem Parteitag nach den Ursachen einer Halbierung der Zahl ihrer Mandate suchten,

(Abg. Drexler SPD: Wer sucht?)

dass die SPD nach den Ursachen dafür sucht, dass sie, obzwar sie den Ministerpräsidenten stellen wollte,

(Zuruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

erneut auf den Bänken der Opposition gelandet ist.

(Abg. Drexler SPD: Wir suchen nach dieser Rede insbesondere noch einmal!)

(Ministerpräsident Teufel)

Das sind keine harten Holzbänke, sondern die sind in unserem Land auch gepolstert. Selbst die Oppositionsbänke in unserem Land sind schwarz.

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Schwer erträg- lich!)

Ich möchte Ihnen die Ursachen für Ihre Wahlniederlage nennen.

(Abg. Drexler SPD: Schwer erträglich! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Sie können das nachlesen. Ich habe die Ursachen aus einer Wahlanalyse, die nicht wir in Auftrag gegeben haben,

(Zuruf des Abg. Bebber SPD)

sondern der Südwestrundfunk. So, wie er sie mir zur Verfügung gestellt hat, stellt er sie sicher auch Ihnen zur Verfügung,

(Abg. Drexler SPD: Wir haben es schon!)

oder Sie haben sie schon bekommen.

(Abg. Schmiedel SPD: Wir haben sie sogar schon gelesen!)

Aus dieser Umfrage von Infratest dimap möchte ich Ihnen zwei, drei Punkte zitieren, aus denen Sie ersehen können, wo die tatsächlichen Ursachen liegen. Das hängt eng mit den Themen zusammen, die wir gerade besprochen haben.

Ein Satz – wörtliches Zitat –:

In Baden-Württemberg ist die CDU die Partei der einfachen Leute.

(Abg. Drexler SPD: Das merkt man an Ihrer Rede! – Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU – Lebhafte Zu- und Gegenrufe von der CDU und der SPD)

Dass Ihnen das wehtut, kann ich ja verstehen – bei der selbst ernannten Arbeiterpartei SPD.

(Abg. Schmid SPD: Bei Ihnen ist nur die Krawatte gut!)

Dann wird begründet:

Die CDU hat einen Vorsprung bei den Arbeitern

(Abg. Drexler SPD: Richtig!)

nicht bei den Arbeitnehmern allein –

von 14 Prozentpunkten gegenüber der SPD.

Und der nächste Satz lautet:

(Lebhafte Unruhe)