men, wenn die Wirtschaftsinstitute einen freien Fall prognostizieren. Vor zwei Tagen sprach das Ifo-Institut in München davon, 2001 werde das Wirtschaftswachstum noch 1,2 % betragen. Ich male nicht schwarz,
und mir ist auch klar, dass Konjunktur und Entwicklung der Wirtschaft auch aus Philosophie bestehen. Aber die Gefahr der Stagnation besteht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn man weiß, dass die Ökosteuer im nächsten Jahr erneut ansteigen soll, wenn man sieht, dass die Inflation 3,1 und mehr Prozent betragen wird, wenn man das schmale, magere Wirtschaftswachstum kennt und weiß, dass die Arbeitslosenversicherung genauso viel und nicht weniger Geld brauchen wird, dass bei Pflege und Rente vermutlich keine Kürzungen machbar sein werden und dass die Lohnnebenkosten damit auf dem Weg zu 42 % sind und nicht unter 40 % sinken werden, dann gehört nicht viel Hellseherei dazu, um zu sagen: Deutschland als Schlusslicht der Europäischen Union geht in den nächsten 18 Monaten wirtschaftlich und sozial einen denkbar schweren Weg.
Dieser Verantwortung wird die Bundesregierung nicht genügend gerecht. Ich mache keinen Generalverriss, aber im Grunde genommen ist hier Stillstand an der Baustelle angesagt. Ihr habt gehofft, geräuschlos in den Hafen der Bundestagswahl hineinzukommen. Ich fordere euch auf: Fahrt noch einmal hinaus auf die raue See, macht klar Schiff und sorgt dafür, dass der Standort Deutschland wirklich Reformen bekommt, die diesen Begriff auch verdienen. Der „Spiegel“ schrieb am Montag: „glatter Reformbluff“ und meint die Schröder-Regierung. Ich glaube, wo der „Spiegel“ Recht hat, hat er Recht.
Das Ganze hat auch sehr viel mit Haushaltsberatungen in Baden-Württemberg zu tun. Sie werden fragen, warum. Weil die Gewerkschaften ankündigen – dafür habe ich Verständnis –, dass es zu harten Tarifauseinandersetzungen kommen wird. Wer die Inflation nicht im Griff hat, wer sie von 0,8 % auf 3,5 % entgleiten lässt und mit der Ökosteuer selbst noch anheizt, der darf sich nicht wundern, dass die Gewerkschaften, die zu einem maßvollen zweijährigen Abschluss um die 2,0 % bereit gewesen sind, sagen: Ihr habt uns hereingelegt!
Denn 2,0 % Gehaltssteigerung sind nicht einmal ein Inflationsausgleich, wenn die Inflation auf 3,5 % steigt. Deswegen werdet ihr im nächsten Frühjahr Streik und harte Verhandlungen bekommen. Das heißt aber auch, dass die Personalkosten bei uns im Steigen begriffen sind.
Ich meine, es müsste in diesem Jahr gelingen, durch eine Kurskorrektur die Inflation unter 2 % zu bringen, die Lohnnebenkosten zu deckeln und das Wirtschaftswachstum wieder auf einen Wert von deutlich über 2 % zu bringen. Dazu sind Hausaufgaben zu erfüllen, an denen Baden
Württemberg im deutschen Bundesrat mitwirkt, an denen wir in der Landespolitik im Rahmen unserer beschränkten Kompetenz mitwirken, bei denen aber die Federführung der rot-grünen Bundesregierung vermisst wird und notwendig wäre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Landtag von Baden-Württemberg hat weniger Mitglieder, was kein Nachteil ist.
Die Zahl von 128 entspricht nahezu der Regelgröße. Der Landtag hat in allen Fraktionen, auch in der CDU-Fraktion, eine große Zahl von neuen Frauen und Männern, wie es in diesem Umfang bisher noch nie der Fall gewesen war, eine große Zahl von neuen Köpfen, was der Arbeit hier gut tun kann. Deswegen biete ich, der ich auch schon ergraut an Dienstjahren bin,
den neuen Kollegen ausdrücklich das Recht an: Sagen Sie uns kritisch, wo die Arbeitskultur, der Arbeitsstil, die Debattenkultur, wo das, was hier an Prozess abläuft, aus Ihrer Sicht, aus Ihrer Kenntnis von Parteiarbeit, von Wirtschaft und Gesellschaft verbesserungswürdig und verbesserungsfähig ist.
Wir glauben, dass die neuen Köpfe, nicht die, die schon einige Jahre mit Zwischenrufen wenig erfolgreich sind wie Sie, Kollege Salomon – –
(Beifall und Heiterkeit bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Ihr Wort in Gottes Ohr! Sie rennen da offene Türen ein!)
Bei Ihnen haben Zwischenrufe, so sehr ich Sie fachlich und sachlich schätze, meistens einen so genannten Bumerangeffekt.
(Abg. Alfred Haas CDU: Siehe Regierungserklä- rung! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Sie kommen auch noch dran! Zu Ihnen komme ich noch!)
Ich glaube, dass die neuen Kollegen das Recht haben müssen, uns zu sagen, wo eine Optimierung und Weiterentwicklung des Teilzeitparlamentarismus in Baden-Württemberg möglich ist. Da sage ich eine offene und interessierte Zusammenarbeit und Mitarbeit unserer Fraktion zu.
Leitlinie für Baden-Württemberg bleibt die Champions League. Baden-Württemberg hat in den letzten Jahren den Strukturwandel hervorragend gemeistert. Baden-Württem
berg hat auf dem Arbeitsmarkt, in der Bildung und Weiterbildung, in der Infrastruktur vieles erreicht und hat manches vor.
CDU und FDP/DVP sind bereit, in einem fairen Wettstreit mit der SPD und den Grünen dafür zu sorgen, dass BadenWürttemberg weiter einen Spitzenplatz im Vergleich der Regionen Europas behalten und dass daraus Lebensqualität und Zukunft für uns und unsere Kinder entstehen kann.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, mein Rat an Sie: Rechnen Sie auch in der neuen Wahlperiode des Landtags mit einer starken und kreativen Fraktion der CDU. Liebe Bürgerinnen und Bürger im Land, meine Bitte an Sie: Setzen Sie auch in Zukunft auf die Christlich-Demokratische Union.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD zu Abg. Pfister FDP/DVP: Da kannst du doch nicht klatschen! Der hat dich doch abge- watscht! Zuerst haut er dich, und jetzt klatschst du! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Auch Pfister setzt auf die CDU!)
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Vorsitzender der größten Oppositionsfraktion im baden-württembergischen Landtag danke ich dem Ministerpräsidenten für seine Regierungserklärung vom Mittwoch vergangener Woche. Wir Sozialdemokraten werden uns, wie es der Ministerpräsident formuliert hat, in der neuen Legislaturperiode am sachlichen und fairen Wettstreit um die besten Lösungen für unser Land beteiligen.
„Für unser Land“ – wie ein roter Faden zog sich durch diese Regierungserklärung der Stolz auf unser Land, auf das Geschaffene, auf den Fleiß, auf die Kreativität seiner Menschen, auf das Gemeinwesen, auf seine Leistungen, auf seine Weltoffenheit und auf all das, was Baden-Württemberg zur geliebten Heimat macht.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Beifall der Abg. Christine Rudolf SPD – Abg. Pfister FDP/DVP und andere: Zuga- be!)
Sehen Sie, ich wollte gleich am Anfang so viel Beifall von den Regierungsfraktionen bekommen. Sie haben dazu nur einmal die Chance bei dieser Rede.
Am Anfang wollte ich Sie einmal aufmuntern, denn so viel Beifall haben Sie Herrn Oettinger nicht gespendet, kein einziges Mal.
Ich denke, wir alle sollten der Versuchung widerstehen, in einen Wettbewerb um die höhere Identifikation mit unserem Land einzutreten.
Es geht um die gemeinsamen Bemühungen um sein Wohl und seine Menschen und nicht darum, die einen zu besseren Baden-Württembergern zu erhöhen und den anderen den Stempel der Schlechteren aufzudrücken. Vor allem, liebe Kolleginnen und Kollegen: Parteizugehörigkeit hat mit dieser Frage überhaupt nichts, aber auch gar nichts zu tun; denn der Rote liebt sein Baden-Württemberg so sehr wie der Schwarze und der Grüne.
Ich denke, wenn wir uns gleich am Beginn der Legislaturperiode darauf verständigen, dann nimmt dieses Parlament seinen Auftrag wirklich ernst, für das Wohl des Landes und seine Menschen zu arbeiten. In diesem Sinne greife ich gern, Herr Ministerpräsident, Ihren ausdrücklichen Wunsch auf: Wir nehmen die Hand, die Sie zu einem offenen Dialog über die vor uns liegenden Herausforderungen gereicht haben. Unsere Verantwortung für Baden-Württemberg ist in der größer gewordenen SPD-Fraktion im Parlament gewachsen. Wir werden beweisen, dass die Sozialdemokratie auch für Baden-Württemberg die richtigen Konzepte hat.
Wir betreiben keine Opposition um der Opposition willen. Deshalb werden Sie mitunter erleben, dass wir auch Vorschlägen der Regierung Teufel zustimmen.