Überhaupt nicht erwähnt hat der Ministerpräsident das Thema „Multimedia-Offensive an Schulen“. Dazu gibt es
ja einen Parteitagsbeschluss der CDU vom Februar dieses Jahres. Diese ungewohnte Schweigsamkeit stärkt bei Städten und Gemeinden den Verdacht, dass sie vom Land in dieser zentralen Zukunftsaufgabe im Stich gelassen werden und die Milliardenkosten allein tragen müssen.
Wir halten es für unabdingbar, Herr Oettinger, dass es zu einem fairen Ausgleich mit den Kommunen kommt, zu einer Neuaufteilung der Lasten im Schulbereich. Es genügt nicht, den Kommunen allenfalls eine andere Verwendungsmöglichkeit für ihre eigenen Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich anzubieten, sondern das Land muss nach unserer Meinung einen spürbaren Beitrag zu dieser Offensive leisten.
Ich fasse zusammen: Überall, wo es beim Thema Bildung brennt, Fehlanzeige! Fehlanzeige bei Multimedia in den Schulen, nichts in der Regierungserklärung, nichts in der Koalitionsvereinbarung. Fehlanzeige bei Ganztagsunterricht, Fehlanzeige bei Lernmittelfreiheit, Fehlanzeige bei der Schulsozialarbeit, Fehlanzeige bei den Zuschüssen zu den Schülerbeförderungskosten usw. usf.! Eine tolle Bildungspolitik ist das, muss ich Ihnen sagen.
Herr Ministerpräsident, Sie haben im Landtagswahlkampf – und damit bin ich beim Thema „Wirtschaft, Arbeit und Beschäftigung“ – die vergleichsweise guten Arbeitsmarktzahlen in Baden-Württemberg hervorgehoben.
Denn eine wirkliche Trendwende gibt es erst, seit SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Bund Verantwortung tragen. Sie brauchen doch nur die Zahlen anzuschauen:
1998 waren im Land durchschnittlich 350 000 Menschen arbeitslos. 1999 sank diese Zahl auf rund 324 000, im letzten Jahr sank sie auf rund 279 000. Im letzten Jahr waren also im Land rund 71 000 Menschen weniger arbeitslos als unter der Kohl-Regierung.
Sie können das ja nachher in der zweiten Runde bringen. – Über 81 000 Menschen im Land sind ein Jahr und länger arbeitslos. Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung machen rund 47 % aller Arbeitslosen im Land aus, und zugleich sind sich alle Arbeitsmarktexperten darin einig, dass der Bedarf an unqualifizierten Arbeitskräften künftig weiter sinken wird. Dafür gibt es auch viele Belege. Die Schere wird sich weiter öffnen: auf der einen Seite eine hohe Zahl gering qualifizierter Arbeitsloser, auf der anderen Seite eine wachsende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften, was in einigen Bereichen der Wirtschaft sogar schon zu einem Fachkräftemangel geführt hat.
Die IG Metall und die Arbeitgeber der Metallindustrie im Land haben in den letzten Tagen mit dem Weiterbildungstarifvertrag gezeigt, was moderne, die Zukunft sichernde Tarifpolitik ist. Herr Ministerpräsident, ich habe es bedauert, dass Sie den Abschluss dieses Weiterbildungstarifvertrags in Ihrer Regierungserklärung mit keinem Wort erwähnt haben – mit keinem Wort!
Das ist symptomatisch, und ich frage Sie: Warum sind Sie eigentlich nicht zum Dialog mit den Gewerkschaften in diesem Land bereit – im Übrigen ein Dialog, mit dem Herr Stoiber in Bayern überhaupt keine Probleme hat?
Ich fordere Sie auf: Stellen Sie sich endlich diesem Dialog, stellen Sie Ihre Ideologie und Ihre Parteipolitik hintan, nehmen Sie auch in diesem Land den Dialog mit den Gewerkschaften auf, machen Sie einen runden Tisch für Arbeit, Weiterbeschäftigung und Innovation. In anderen Bundesländern gibt es das, und es wäre gut, wenn es dies auch in Baden-Württemberg geben würde.
Mein dringender Appell ist, dann auch zu neuen Wegen in der Arbeitsmarktpolitik zu kommen. Es gibt Modelle verschiedenster Art, die sich alle bewährt haben, die aber bei uns nicht praktiziert werden. Ich nenne nur Beschäftigungsagenturen für Langzeitarbeitslose oder in NordrheinWestfalen die landeseigene Gesellschaft für sozialverträgliche Arbeitnehmerüberlassung „START“. All diese Bereiche müssen wir in Baden-Württemberg gerade auch für Langzeitarbeitslose einführen.
In den letzten fünf Jahren war auf diesem Gebiet im Land ja völlige Funkstille. Es war Mangelverwaltung angesagt, und auch die Mittel sind gekürzt worden, Herr Wirtschaftsminister. Am Ende der großen Koalition standen 43,3 Millionen DM für die Förderung von Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen zur Verfügung, jetzt haben wir für diesen Zweck gerade noch 34,7 Millionen DM. Das bedeutet eine Reduzierung um 20 %.
Dabei haben Sie die über 56-Jährigen aus dem Landesprogramm für die Langzeitarbeitslosen herauskatapultiert. Die haben überhaupt keinen Anspruch mehr, dabei mitzuma
Ich vermisse auch konkrete Vorschläge, wie das Land endlich seinen großen Entwicklungsrückstand im Dienstleistungsbereich ausgleichen kann. Kein Wort zur Durchforstung und anschließenden Bündelung der vielfältigen Förderungsprogramme für Existenzgründer.
Wie sieht es mit der Entwicklung der Regionen im Land aus? In den Landesentwicklungsplan wird die Region Stuttgart vollmundig als „Europäische Metropolregion“ hineingeschrieben. Was verstehen Sie darunter? Wollen Sie der Region Stuttgart mehr Rechte geben? Kein Wort dazu! Sie wollen es, er will es nicht, er auch nicht. Das ist eine schöne Koalition.
kommt die völlige Ernüchterung. Es gibt gerade noch Mittel für 200 bis 300 Mietwohnungseinheiten im ganzen Land.
(Abg. Hauk CDU: Der Bund hat sich verabschie- det! – Abg. Fleischer CDU: Der Bund gibt noch 40 Millionen!)
Die mittelständische Bauwirtschaft, Herr Kollege, bedankt sich für solche Zustände. Das Landeswohnungsbauprogramm zu verstetigen, davon spricht die neue Koalition – verstetigen auf Elendsniveau, sage ich bei 200 bis 300 Mietwohnungseinheiten.
(Beifall bei der SPD – Abg. Fleischer CDU: Sor- gen Sie dafür, dass der Bund mehr Mittel gibt! Dann ziehen wir gleich!)
Ich hätte mir gewünscht, dass sich die Landesregierung endlich zu einem mittelstandsfreundlichen Landesvergabegesetz entschließt, Herr Wirtschaftsminister.
So etwas fordern die Handwerkskammern. Was macht da die FDP/DVP? Auch dazu sagen Sie nichts. Stattdessen spricht Herr Teufel in seiner Regierungserklärung von Krediterleichterungen für den Mittelstand. Dabei ist es gerade zwei Monate her, dass mit der Beteiligung der Landesbank Baden-Württemberg an der Baden-Württembergischen Bank möglicherweise für eine weitere massive Wettbewerbsbeschränkung bei den Finanzdienstleistungen gesorgt wurde.
Herr Oettinger hat diesen Schritt verteidigt. Sie hätten den Wirtschaftsminister sehen sollen. Er sah bei diesem Thema Landesbank aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
Mehr und mehr Betriebe fragen sich, ob die BW-Bank mittelfristig nicht mehr als privatwirtschaftlich orientiertes Kreditinstitut agiert, sondern fester Bestandteil der Sparkassenorganisation wird.