das alle Betreuungsangebote für Kinder bis 14 Jahre umfasst und das für alle Tageseinrichtungen einen verlässlichen, einfach zu handhabenden Förderrahmen schafft. Dann diskutieren wir über Ihr Ziel, die Förderung zu verbessern.
das Sie, Herr Ministerpräsident, angedeutet haben. Ich halte es für unerträglich, dass Sie allen Eltern für jedes Kind ein Familiengeld von monatlich 1 200 DM versprechen, aber mit keinem Wort sagen, wie Sie dies finanzieren wollen, Herr Oettinger.
60 Milliarden DM, und keiner spricht davon, wie er es finanzieren will. Baden-Württemberg würde dieses Familiengeld 2 Milliarden DM kosten. Und dies, Herr Ministerpräsident, fordern Sie, obwohl Sie in zwei Abstimmungen – 1996 im Landtag und 1998 im Bundesrat; und da ging es einmal um 20 DM und einmal um 30 DM Kindergelderhöhung – jeweils die Zustimmung zur Kindergelderhöhung verweigert haben.
Jawohl! Sie waren dagegen! – Und dann haben Sie nach 16 Jahren Kohl-Regierung noch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts kassieren müssen, das Ihre jahrelange Untätigkeit in der Familienpolitik in einem vernichtenden Spruch verurteilt hat.
Das ist der traurige Höhepunkt der CDU-Familienpolitik, und, Herr Ministerpräsident, wir lassen uns von Ihnen, von einem Ministerpräsidenten, der zweimal gegen eine Kindergelderhöhung, der gegen eine Kindergelderhöhung um insgesamt 50 DM gestimmt hat und ein solches Bundesverfassungsgerichtsurteil hat kassieren müssen, keinerlei Vorschriften und Vorschläge bezüglich der Familienpolitik machen. Darauf sind wir überhaupt nicht angewiesen.
Ich komme jetzt zu einer Auswahl solcher Themen, die der Herr Ministerpräsident aus gutem Grund nicht oder nur pflichtschuldig behandelt hat – es war ja auch interessant, über was er nichts gesagt hat –:
Ich möchte kurz die innere Sicherheit erwähnen. Diese hat – und da hat Herr Oettinger Recht – über alle Parteien hinweg einen hohen Stellenwert und ist auch die Basis für das friedliche Zusammenleben unserer Bürgerinnen und Bürger.
Trotz vieler Positivmeldungen gibt es aber in der inneren Sicherheit etliche Schwachstellen, die es auch in BadenWürttemberg anzupacken gilt. Ich nenne an dieser Stelle beispielhaft die Zahl der Drogentoten, die in Baden-Württemberg einen Höchststand erreicht hat, den Anstieg der Drogenkriminalität, den fortdauernden Anstieg der Jugendkriminalität, den Anstieg bei den Korruptionsdelikten sowie den Anstieg bei den rechtsextremistischen und fremdenfeindlich motivierten Straftaten.
Auf einen Deliktsbereich, nämlich die Jugendkriminalität, möchte ich hier genauer eingehen. Die Jugendkriminalität steigt nach wie vor an. Hinzu kommt, dass nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Delikte zunimmt. Das heißt, es besteht eine deutlich zunehmende Gewaltbereitschaft bei jungen Menschen. In krassem Missverhältnis zu diesem Befund steht jedoch das geringe Engagement der Landesregierung für die Schulsozialarbeit. Gerade die Schulsozialarbeit ist eine sehr wichtige Präventionsmaßnahme gegen die Jugendkriminalität. Lediglich 91 Schulen finden bislang dabei Ihre Unterstützung – bei rund 4 500 Schulen in ganz Baden-Württemberg. Wir brauchen nach wie vor mehr Schulsozialarbeit, um gegen die Jugendkriminalität anzugehen. Das muss es uns eigentlich auch wert sein, damit wir die Leute nachher nicht in den Jugendstrafanstalten haben. Dazu fehlt jedoch jegliche Aussage in der Regierungserklärung.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen – Abg. Wieser CDU: Weil das eine kommuna- le Aufgabe ist!)
Im Übrigen müssen Sie auch die Polizeipräsenz erhöhen. Denn im Bund-Länder-Vergleich haben wir eine zu geringe Polizeidichte, und viele Polizeidienststellen sind bei Nacht unzureichend besetzt, was eine Untersuchung ergeben hat. Die erforderlichen zusätzlichen Stellen sind auch finanzierbar, und zwar mit den Mitteln aus abgeschöpften Verbrechensgewinnen. Wir sind der Meinung, man könnte dieses Geld dem Innenministerium für zusätzliche Stellen lassen.
Eine weitere Fehlentwicklung im öffentlichen Dienst, liebe Kolleginnen und Kollegen – Herr Oettinger hat das leider nicht angesprochen –, ist die Überalterung der Beamtinnen und Beamten. So liegt beispielsweise das Durchschnittsalter der Polizeibeamten im ländlichen Raum jetzt bei 50 Jahren. Wir haben teilweise Polizeireviere, in denen das Durchschnittsalter bei 52 Jahren liegt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da wird es, Herr Kollege Pfister, bei der Fußverfolgung jugendlicher Straftäter aber schwierig.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen – Lachen bei der CDU – Abg. Dr. Reinhart CDU: Das ist unglaublich!)
Ich sage Ihnen: Sowohl bei der Polizei als auch bei den Pädagogen ist es sehr wichtig, die Altersteilzeit einzuführen, und wir werden Sie natürlich auch dabei stellen.
Auch zum Thema „Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ haben Sie nicht viel gesagt. Sie sind offensichtlich der Ansicht, dass dieses Thema mit der Notoperation Staatsrat erledigt sei.
Bei uns heißt dieses Thema „Agrarwende und Verbraucherschutz“, und ich kann Ihnen vorhersagen, dass nur mit einer solchen Sichtweise allen gedient ist: der Landwirtschaft und den Verbrauchern.
Beim Verbraucherschutz verweist die Koalitionsvereinbarung, liebe Kollegen, auf ein nebulöses Schlagwort, die „gläserne Produktion“. Mit diesem Prädikat haben Sie bereits in der Vergangenheit das HQZ – das Herkunfts- und Qualitätszeichen Baden-Württemberg – veredelt,
obwohl wir seit der jüngsten Krise um die Landwirtschaft wissen, dass dies unter ökologischen, gesundheitlichen und tierschutzrelevanten Aspekten ein höchst fragwürdiger Etikettenschwindel war. Wir werden aufmerksam verfolgen, Herr Ministerpräsident, ob Sie und Ihr neuer Agrarminister die vollmundigen Ankündigungen, die Anforderungen an das HQZ zu verschärfen, auch einlösen. Dann dürfte es nämlich nicht mehr erlaubt sein, HQZ-Tiere mit gentechnisch behandeltem Sojaschrot zu füttern. Es müsste Schluss sein mit den keinesfalls artgerechten Stall- und Massentierhaltungsformen, die das HQZ heute zulässt,
auch mit der Verabreichung von antibiotischen Mastverstärkern usw. usf. Das alles ist heute in der Landwirtschaft in Baden-Württemberg bei HQZ-Tieren Alltag.
Auch beim Thema „Demokratie und Bürgerbeteiligung“ fehlt in Ihrer Regierungserklärung jegliche Aussage. Unter dem Stichwort „Mitmachen“ verstehen Sie ausschließlich die dienende Funktion, also die ehrenamtliche Tätigkeit der Bürgerinnen und Bürger. Es gibt aber auch die ebenso wichtige mitbestimmende Funktion der Bürger und Bürgerinnen. Ehrenamtliches Engagement und aktive Mitbestimmung müssen beide anerkannt und gefördert werden. Unsere Gesellschaft ist auf das freiwillige Füreinander und gegenseitige Helfen angewiesen, und neben der Förderung
des Ehrenamts ist es auch wichtig, die demokratische Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir bei dem Thema auch die FDP/DVP stellen; denn wir sind der Meinung, dass Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene, Volksbegehren und Volksabstimmung auf Landesebene künftig erleichtert werden sollen, indem wir die Hürden der Bürgerbeteiligungsformen niedriger machen.
Auch beim Thema Landtagswahlrecht wollen wir mehr Chancengleichheit für die Parteien und mehr Wahlfreiheit für die Bürgerinnen und Bürger. Jetzt schauen Sie ganz betroffen. Der Herr Wirtschaftsminister lacht noch, aber die gesamte FDP/DVP-Fraktion sitzt bei diesem Thema ganz eisern da,
weil die Landtagswahlrechtsgeschichte nun nicht gerade ein Ruhmesblatt liberaler Politik war. Stimmen Sie deshalb unserem Antrag auf Einsetzung einer Parlamentskommission zu, meine Damen und Herren; dann kommen wir einen Schritt weiter. Da werden wir dann die FDP/DVP auch stellen.
Wir sind auch bereit zu einer Reform der Verwaltungsorganisation in diesem Land. Jetzt kommen wir zu Ihnen, Herr Wirtschaftsminister. Bei den Ausführungen von Herrn Oettinger zur Verwaltungsreform haben Sie wieder ausgesehen, als ob Sie in eine Zitrone gebissen hätten. Auch dieses Thema fehlt in der Regierungserklärung völlig. Wenn Sie bei der Regierungserklärung aufmerksam zugehört haben, müsste Ihnen aufgefallen sein, dass der Herr Ministerpräsident zwar gefordert hat, die Kompetenz zwischen Bund und Ländern zu entflechten und die Zuständigkeiten klar aufzuteilen, dass Sie aber den gleichen Maßstab nicht an Ihre eigene Verwaltungsorganisation im Land angelegt haben. Sie können nun wahrlich nicht behaupten, dass im Land alle Zuständigkeiten zwischen den Behörden klar aufgeteilt und dass keine Überschneidungen festzustellen seien. Es gibt einen enormen Handlungsbedarf. Wir müssen die brachliegenden Verwaltungskapazitäten durch sinnvolle Neuorganisationen freilegen. Wir werden prüfen, ob Sie, Herr Pfister und Herr Döring, zu Ihrer Aussage in der Presse stehen, wenn es um die Einsetzung einer Expertenkommission zu dieser grundlegenden Frage im Land geht.
Herr Ministerpräsident, ich habe in Ihrer Regierungserklärung konkrete frauenpolitische Aussagen vermisst. Leider
hat es Tradition, dass die Hälfte der Menschen im Land bei Ihnen unter „ferner liefen“ behandelt wird.