Protokoll der Sitzung vom 01.10.2003

(Zurufe und große Unruhe)

Herr Mappus, beißen Sie nicht in das Mikrofon. Halten Sie sich zurück.

Es geht darum, dass wir die Teile wissen wollen, die Sie uns bisher nicht gegeben haben. Zur Vorlesestunde, die Sie vorhin abgehalten haben, möchte ich sagen: Natürlich haben Sie das irgendwann einmal gemacht.

Jetzt, Herr Teufel, komme ich zu Ihrer Behauptung der falschen Zitate. Herr Stratthaus wird nachher vielleicht auch

ans Rednerpult kommen und sich entschuldigen. Ich habe heute laut Protokoll gesagt:

... es gab in dieser Hinsicht zwei große Debatten – hat der Ministerpräsident auf Druck des Parlaments und natürlich auch der CDU-Fraktion nicht mehr den Kaufpreis in den Vordergrund gerückt, sondern gesagt, neben dem Kaufpreis seien noch andere Dinge wichtig, die er mit der EdF erreichen werde. So sagte er: „Der neue Partner muss die EnBW bei industriellen Beteiligungen, bei Forschung und Entwicklung und bei der Erschließung neuer Geschäftsfelder zur Stärkung des Industriestandorts Baden-Württemberg und zur Schaffung möglicher Arbeitsplätze unterstützen.“

Das ist aus Ihrer Regierungserklärung entnommen, die Sie in der 75. Sitzung der 12. Wahlperiode am 25. November 1999 gehalten haben, abgedruckt auf Seite 5958 des Protokolls. Dort heißt es nämlich:

(Abg. Pfisterer CDU: Absatz usw.!)

Siebtens: Der neue Partner EdF muss die EnBW bei industriellen Beteiligungen, bei Forschung und Entwicklung und bei der Erschließung neuer Geschäftsfelder zur Stärkung des Industriestandorts BadenWürttemberg und zur Schaffung möglicher neuer Arbeitsplätze unterstützen.

Punkt, aus, fertig. Sie haben nichts weiter gesagt. Ich habe Sie korrekt zitiert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU – Abg. Dr. Caroli SPD: Ungeheuer- lich!)

Ich übergebe Ihnen den Wortlaut der Regierungserklärung, die Sie gegeben haben. Sie steht auch im Protokoll. Die Drucksachennummer nenne ich Ihnen auch noch.

(Der Redner übergibt einen Auszug aus dem Proto- koll über die erwähnte Regierungserklärung an Mi- nisterpräsident Teufel. – Zurufe von der CDU – Abg. Teßmer SPD: Der weiß doch nicht mehr, was er gesagt hat! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Der zweifelt schon das Protokoll an!)

Ich trage dies vor, damit man einmal sieht, was die Wahrheit und was die Unwahrheit ist.

Es ist ja wirklich eigenartig, dass Sie sich nicht mehr daran erinnern können. Das zeigt mir, wie weit Ihr Gedächtnis reicht.

(Oh-Rufe von der CDU)

Es geht doch hier um Wahrheit. Herr Palmer, Sie sind doch vorhin so herumgetobt, haben geklatscht. Jetzt nehmen Sie doch einmal zur Kenntnis, dass ich nicht die Unwahrheit gesagt habe.

Dieser Grundsatz wurde auch vom Landtag auf Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP beschlossen und ging dann auch in dieser Art und Weise in

den Kaufvertrag ein. In der Mitteilung der Landesregierung, Drucksache 12/5128, ist der Beschluss abgedruckt:

... die hierfür notwendigen Verhandlungen nach Maßgabe folgender Zielsetzungen aufzunehmen, zu führen und abzuschließen:

d) Unterstützung der EnBW...

Da steht genau das Gleiche, was Sie in Ihrer Regierungserklärung gesagt haben.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist nicht falsch!)

Ich möchte einmal wissen, wer hier Geschichtsfälscher oder Zitatenfälscher ist. Ich bin es auf jeden Fall nicht. Sie haben mich falsch zitiert, Herr Finanzminister und Herr Ministerpräsident. Es würde Ihnen gut anstehen, nach vorne zu kommen und sich für diesen Vorwurf zu entschuldigen.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU – Oh-Rufe von der CDU – Lachen des Ministers Stratthaus)

Dass Sie da lachen, zeigt mir, wie Sie mit Wahrheit und Klarheit umgehen.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU – Oh-Rufe von der CDU)

Sie müssten auch von der Regierung, der ein ganz anderer Apparat zur Verfügung steht, verlangen, dass sie hier entweder nicht zitiert oder anschließend den Mut hat zu sagen: „Das war falsch, was ich gesagt habe.“ Bloß damit das klar ist.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das wäre zu viel ver- langt! – Abg. Dr. Caroli SPD: Ans Mikrofon, die zwei!)

Jetzt noch ein paar Bemerkungen. Ich sage noch einmal, Herr Ministerpräsident: Wir haben Herrn Goll zitiert. Herr Goll war bis Juni Vorstandsvorsitzender.

(Ministerpräsident Teufel: Sie haben ihn zitiert!)

Ja, ich habe ihn zitiert. Herr Goll hat eine klare Linie gezogen zwischen der Schieflage des Unternehmens und der Nichterhöhung des Eigenkapitals. Wenn Sie jetzt die These vertreten, die der Herr Finanzminister vertreten hat, dass „unterstützend“ nicht finanziell gemeint war, dann haben Sie also mit dieser Kapitaldecke ausschließlich Milliardenbeträge ausgegeben – allein 6 Milliarden für die NWS –, ohne das mit einzurechnen, was nachgeschossen wird. Diese Geschäftspolitik, die Herr Stratthaus mitzuverantworten hatte, ist ja noch viel schlimmer.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Denn das, was Herr Goll machte, war doch klar. Er sagte: Ich hatte die Zusage. Der Kaufvertrag war doch auch installiert. Jetzt höre ich aber, dass es nicht finanziell begründet war. Er ist davon ausgegangen, dass Geld fließt. Er hat mit der EdF gesprochen. Unter diesem Gesichtspunkt hat er überhaupt die Käufe durchgeführt. Das ist doch logisch. Das ist doch richtig.

(Abg. Teßmer SPD: Jetzt haben sie die Hose voll! – Weitere Zurufe von der SPD)

Darüber hinaus hat man es in die mittelfristige Finanzplanung eingestellt. Darüber debattieren wir und nicht über die Geschäftspolitik. Ich sage Ihnen: Damals wurde der Eindruck erweckt – –

(Abg. Scheuermann CDU: Das war Geschäftspoli- tik!)

Es war keine Geschäftspolitik. Es geht um eine Zusage im Kaufvertrag – „unterstützend“ –, die jetzt nachträglich als nicht finanzielle Unterstützung deklariert wird.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Herr Goll hat das als finanzielle Unterstützung angesehen. Deswegen hat er ja mit der EdF verhandelt. Es war doch keine Erfindung von Herrn Goll. Jetzt reden Sie doch Ihren ersten Beamten nicht nieder, bloß weil es Ihnen nachträglich nicht ins Konzept passt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Herr Ministerpräsident, Sie haben von Anfang an die anderen Varianten nicht verfolgt, die RWE-Geschichte, vor allem aber auch die bayerisch/baden-württembergische Variante.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Die war doch weg, Herr Drexler!)

Erzählen Sie nicht, dass bei jeder Fusion Arbeitsplätze verloren gegangen wären. – Stimmt doch gar nicht. Die bayerisch/baden-württembergische Variante war doch nicht weg. Sie sind doch Mitglied der CDU-Fraktion. Erzählen Sie doch jetzt keinen Stuss! Das war doch bis zum Schluss eine realistische Variante.

(Zurufe von der CDU – Abg. Marianne Wonnay SPD: Herrn Oettinger fragen!)

Ach, das war keine, was Sie im Parlament vorgebracht haben? Das ist jetzt natürlich interessant. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass die bayerisch/baden-württembergische Variante bis zum Schluss eine mögliche Variante war. Wenn Sie jetzt sagen: „Das war alles nicht wahr“, dann wundere ich mich, warum die CDU-Fraktion so argumentiert hat – aber bitte.

Wir reden nicht über Geschäftspolitik, wir sagen: Dieser Kaufvertrag hatte einen bestimmten Passus, den Herr Goll auch ernst genommen hat. Er hat verhandelt; er hatte die Zusagen. Herr Stratthaus hat nichts gewusst, der Herr Ministerpräsident hat nichts gewusst. Die Schieflage kommt – laut Goll – eindeutig aufgrund der nicht zugeführten Kapitalbereiche der EdF. Was daraus noch entstehen mag, möchte ich jetzt gar nicht sagen – ob das auf Standorte Auswirkungen hat. Die Konsequenzen sind auf jeden Fall Strompreiserhöhungen

(Zurufe der Abg. Kübler und Schneider CDU)

und die Gefährdung von 3 700 Arbeitsplätzen.

(Unruhe bei der CDU – Abg. Seimetz CDU: Öko- steuer!)