Protokoll der Sitzung vom 01.10.2003

die Förderung – auch ganz neu in diesem Jahr – der Informations- und Imagekampagne zur Sicherung des Nachwuchses im baden-württembergischen Handwerk. Das ist auch angelaufen.

Seit ein paar Tagen – das ist ganz neu – gibt es eine Dokumentation über alle im Land existierenden wesentlichen

(Staatssekretär Dr. Mehrländer)

Ansätze und Fördermöglichkeiten zur beruflichen Integration von benachteiligten Jugendlichen. Sie können sagen: Was hilft eine Dokumentation? Das war ein Wunsch der Teilnehmer des Spitzengesprächs, weil es eine solche Übersicht noch nicht gibt. Sie ist hilfreich. Man hat sie nun und kann sehen, was der andere macht, und braucht nicht das Rad wieder neu zu erfinden.

Zur Ausbildungsleistung des Landes: Sie wird im bisherigen Umfang aufrechterhalten, und das ist doch auch wichtig angesichts der schwierigen Haushaltssituation des Landes. Auch das Programm „JAZ“ des Sozialministeriums mit dem berufspraktischen Jahr bleibt künftig erhalten.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, zur Ausbildungsabgabe. Ich will hier ganz offen die Position der Landesregierung sagen: Wir sehen, dass die aktuellen Probleme

(Abg. Schmiedel SPD: Was heißt hier aktuell?)

im Lehrstellenbereich – die kann ja niemand wegdiskutieren – nur mit der Wirtschaft und nicht gegen sie zu lösen sind. Und abgesehen von der – so, wie ich es sehe – ablehnenden Haltung des Bundeswirtschaftsministers Clement gegenüber einer Ausbildungsabgabe möchte ich einmal sagen: Eine Ausbildungsabgabe wird von den Betrieben zu Recht als Strafsteuer verstanden. Sie wird die Lohnnebenkosten erhöhen und einen enormen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

Schauen Sie sich doch den alten Entwurf der SPD-Bundestagsfraktion aus dem Jahr 1997 an: Das ist Bürokratie hoch zwei. Sie wird Unternehmen benachteiligen, die noch nicht – –

(Abg. Zeller SPD: Die Bauwirtschaft macht das ja in Eigenverantwortung! So etwas wäre denkbar, um den bürokratischen Aufwand in Grenzen zu halten! Dort wird es praktiziert, und zwar sehr erfolg- reich!)

Das muss aber woanders nicht unbedingt auch so klappen. Da kommen ja noch andere Gründe hinzu.

(Abg. Zeller SPD: Warum schließen Sie das von vornherein aus?)

Ich werde es mir anschauen.

Eine Ausbildungsplatzabgabe würde doch die Unternehmen benachteiligen, die aufgrund fehlender oder für eine Ausbildung nicht geeigneter Berufe nicht ausbilden können oder die auch mangels geeigneter Bewerber die Ausbildungsplätze nicht besetzen können. Und letztlich – das will ich auch offen sagen – gibt eine solche Abgabe natürlich finanzstarken Betrieben auch die Möglichkeit, sich freizukaufen. Auch das ist sicherlich nicht im Sinne des Erfinders.

Aus der Sicht des Wirtschaftsministeriums möchte ich festhalten: Alle Maßnahmen, die ich Ihnen genannt habe, tun das Ihrige dazu, dass alle diejenigen, die bei uns eine Ausbildungsstelle wollen, diese auch bekommen werden. Wir werden in unseren Bemühungen nicht nachlassen. Wir sind auch noch nicht am Ende des Jahres angelangt. Alle Kundigen weisen auf die Maßnahmen bis Ende des Jahres hin.

Die Industrie- und Handelskammer und die Kammern haben gezielte Maßnahmen versprochen. Diese Maßnahmen werden laufen. Ich kann es zwar nicht verbindlich sagen, aber ich hoffe sehr, dass wir hier zu einem Ausgleich kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Rau.

(Abg. Schmiedel SPD: Ist das hier die Stunde der Staatssekretäre, oder was?)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nur auf ein paar Dinge eingehen, die von Frau Weckenmann und Frau Sitzmann in die Debatte eingebracht worden sind und die so einfach nicht stehen bleiben dürfen.

Frau Weckenmann und Frau Sitzmann haben gesagt, die Ausbildungsfähigkeit werde systematisch unterhöhlt durch die Art und Weise, wie die Schülerinnen und Schüler bei uns im Land ausgebildet werden. Das ist eine geradezu bösartige Unterstellung

(Abg. Wintruff SPD: Das sagt die Wirtschaft!)

bezogen auf das, was die jungen Leute heute in den Schulen leisten.

(Beifall bei der CDU)

Es ist und bleibt eine Unterstellung gegenüber den Schulen. Ich will Ihnen dazu ein paar Argumente nennen.

Das Erste: Die Hauptschülerinnen und Hauptschüler dieses Landes durchlaufen Schulen, die heute in der Lage sind, mit dem Programm „Impulse Hauptschule“ so unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen, dass sie auf die Bedingungen des Ortes und auf die Voraussetzungen der Schülerschaft, auf die Möglichkeiten, die ein Kollegium und die eine Schule hat, eingehen können, indem sie spezielle Angebote unterbreiten. Schauen Sie einmal, welche Schulprogramme Hauptschulen in Baden-Württemberg erstellt haben – Sie finden diese Programme im Internet –: Da sind hervorragende Bildungsangebote entstanden. Natürlich gibt es nicht an allen Schulen gleich hervorragende Angebote; es gibt Schulen, die sich schon weiter als andere auf den Weg gemacht haben. Aber alle haben die Möglichkeit, diese Wege zu beschreiten. Die Hauptschule ist heute eine höchst innovative Schulart, eine Schulart, die in Baden-Württemberg die volle Unterstützung der Kultusbürokratie und der Bildungspolitik hat. Anders als in anderen Ländern erklären wir die Hauptschule nicht zur Restschule,

(Abg. Zeller SPD: Wer macht denn das? Sagen Sie doch einmal, wer Hauptschulen als Restschulen be- zeichnet! – Weitere Zurufe von der SPD)

sondern zu einem eigenständigen Bildungsgang mit voller Unterstützung durch das Land.

(Lebhafte Unruhe)

(Staatssekretär Rau)

Sie sehen auch an der Tatsache, dass 45 % der Hauptschüler auf weiterführenden Wegen die mittlere Reife erwerben, dass diese Schülerinnen und Schüler sich sehr wohl in einem Bildungsgang mit Zukunftschancen befinden und dass sie an den Hauptschulen eine adäquate Förderung erhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Wir haben für diejenigen Hauptschüler und Hauptschülerinnen, die erkennbar Probleme haben, Kooperationsklassen eingerichtet. Wir werden diese im nächsten Schuljahr für alle Schulstandorte im Land anbieten. Im Moment gibt es 65 solcher Kooperationsklassen. In den Kooperationsklassen kooperieren Hauptschule und BVJ in einer zweijährigen gemeinsamen Bildungsphase – mit dem Ergebnis, dass sehr viele Hauptschülerinnen und Hauptschüler, die sonst Probleme hätten, den Abschluss zu schaffen, mit dieser Unterstützung doch den Abschluss schaffen. Das ist eine Innovation, die von unserem Land ausgegangen ist und die inzwischen in vielen anderen Ländern kopiert wird.

Frau Weckenmann, Sie haben dann gesagt, am Ende landeten alle im BVJ. Das ist natürlich eine krasse Fehleinschätzung. Es geht um die Schülerinnen und Schüler, die bei uns keinen dualen Ausbildungsplatz erhalten. Die Ursachen dafür liegen nun bei Gott in der Wirtschaftspolitik und in der Steuerpolitik des Bundes und nicht hier im Land. Das ist doch ganz eindeutig.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fleischer CDU: So ist es! – Abg. Fischer SPD: Jetzt haben wir es wieder! – Abg. Alfred Winkler SPD: Lächerlich! Sie haben keine Ahnung von Wirtschaft, wenn Sie das sagen! – Unruhe)

Wie soll denn die Wirtschaft Ausbildungsplätze schaffen, wenn sie von Ihnen und von Ihren Kameraden in Berlin daran gehindert wird, sich vernünftig zu entwickeln?

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Kiefl CDU: So ist es! – Abg. Seimetz CDU: Helmut, zeig es ihnen! – Lebhafte Zurufe von der SPD)

Es ist doch ein Unsinn, das den Schulen im Lande in die Schuhe zu schieben. Da fällt einem ja wirklich nichts mehr ein.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage – –

Wir haben den Schülerinnen und Schülern nach den allgemein bildenden Schulen unterschiedliche vollzeitschulische Angebote unterbreitet,

(Abg. Alfred Winkler SPD: Der soll einmal zu Un- ternehmern gehen und fragen, warum sie nicht aus- bilden! Warum bauen Betriebe ab, die Geld verdie- nen? – Gegenruf des Abg. Fleischer CDU: Führen Sie Selbstgespräche? Wer hat da keine Ahnung? – Gegenruf des Abg. Capezzuto SPD)

und wir haben gerade in diesem Jahr als Reaktion auf den Einbruch, der bundesweit festzustellen ist und der keine ba

den-württembergische Besonderheit ist, sondern einen bundesweiten Trend darstellt – –

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD – Glocke der Präsidentin)

Herr Staatssekretär!

Nein, jetzt nicht.

(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Wintruff SPD: Feig- ling!)

Wir haben 120 neue Klassen eingerichtet. Wir haben in diesem Haus vor wenigen Monaten dargelegt, dass 370 zusätzliche Stellen in den Berufsschulen dieses Landes dafür sorgen, dass alle Schülerinnen und Schüler bei uns ein Bildungsangebot an den Berufsschulen erhalten, das ihren Fähigkeiten entspricht. 120 zusätzliche Klassen!