Protokoll der Sitzung vom 02.10.2003

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wir haben viel gelernt!)

Und zudem ist klar: In Zukunft wird es keinen Solidarpakt mehr geben. Es gibt keinerlei Anzeichen für einen neuen Solidarpakt nach 2006, sondern es wird darüber geredet, dass man vielleicht Hochschulverträge abschließt.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Der läuft 2007 aus! Das wissen Sie? – Abg. Pfisterer CDU: Es ist noch Zeit bis dahin!)

Ich würde mich freuen, wenn es einen neuen gäbe! Es gibt keinen. Es müsste längst verhandelt werden, aber alle Signale an die Hochschulen gehen in die Richtung, dass es keinen neuen Pakt geben wird.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Der läuft 2007 aus! Das wissen Sie? – Abg. Pfisterer CDU: Wir haben 2003!)

Der läuft 2006 aus, und jetzt bräuchten wir die Verhandlungen über einen neuen. Es gibt aber keinerlei Signale. Sie können mich eines Besseren belehren, wenn es anders sein sollte. Das würde mich freuen.

(Abg. Pfisterer CDU: Die Bundesregierung hat kür- zere Fristen! Die handelt monatlich!)

Das Herzstück der Autonomie der Hochschulen wird zugrunde gerichtet, wenn es mit der finanziellen Planungssicherheit für die Hochschulen über mehrere Jahre hinweg nicht weitergeht.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Fleischer CDU: Wollen Sie eine Verlängerung?)

Natürlich will ich eine.

(Abg. Fleischer CDU: Dann sagen Sie das! Dann nehmen wir das mit Interesse zur Kenntnis! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Die Grünen haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie den letzten Solidarpakt gut fanden. Wir wollen auch in Zukunft einen; auch daran haben wir nie einen Zweifel gelassen.

Jetzt möchte ich noch einmal auf die Grundfrage zurückkommen: die Stärkung der Autonomie der Hochschulen. Welchen Stellenwert hat eigentlich dieses Leitbild, das der Stifterverband formuliert hat, tatsächlich für unsere aktuelle Landesregierung? Ich behaupte, es hat nicht den zentralen Stellenwert, wie heute behauptet wurde. Das sagen auch andere. Zum Beispiel hat die Landesrektorenkonferenz deutliche Zweifel an der Bereitschaft der Landesregierung geäußert, die Autonomie der Hochschulen tatsächlich zu stärken.

Herr Frankenberg, es stellt sich nur die Frage: Können Sie nicht mehr Autonomie gewähren, oder wollen Sie vielleicht gar nicht mehr Autonomie gewähren? Die Landesrektorenkonferenz sagt ja: Herr Frankenberg kann es nicht, der möchte zwar gerne, aber dann kommt direkt die Ministerialbürokratie hinterher und sackt das Quäntchen Freiheit gleich wieder ein über Genehmigungsvorbehalte, über Verordnungen, über Eckdatenbestimmungen. Die Bürokratie kann es halt einfach nicht lassen, kann die Aufgaben nicht loslassen, und Herr Frankenberg hat nicht die Stärke, seine Bürokratie zurückzuhalten. Das ist der Reim, den sich die Rektorenkonferenz auf die mangelnde Autonomiebereitschaft macht. Ich glaube, dass mehr dahinter steckt.

(Abg. Fleischer CDU: Das interpretieren Sie falsch!)

Ich glaube: Sie wollen nicht mehr Autonomie geben. Inzwischen formulieren Sie das auch deutlich vernehmbar. Sie haben ein Label geprägt für Ihr Leitbild der Hochschule. Sie nennen das „strategische Partnerschaft“. Dieses Label und dieser Begriff stehen für eine Umorientierung weg von der Stärkung der Autonomie.

Ich kann im Moment nur ein recht diffuses Bild beschreiben, was sich da so andeutet.

(Abg. Pfisterer CDU: Das ist das Problem! – Abg. Fleischer CDU: Das ist richtig!)

Sie selbst, Herr Frankenberg, legen die Karten nicht auf den Tisch, aber es gibt dafür ein paar Anzeichen, zum Beispiel in den 17 Thesen, die Sie zur Hochschulentwicklung formuliert haben.

(Abg. Fleischer CDU: Glauben Sie, dass die Kaf- feesatzleserei weiterführt? – Abg. Pfisterer CDU: Positiv denken!)

Ich kann ganz gut positiv denken.

Die strategische Partnerschaft unseres Herrn Wissenschaftsministers ist erstens ein ganz exklusives Modell. Wer gehört denn zu dieser Partnerschaft, und wer gehört nicht dazu? In diesem exklusiven Modell der Partnerschaft sind viele Kräfte, die bislang über Hochschulentwicklung diskutiert und gestritten haben, nicht dabei. Das ist die gesamte universitäre Selbstverwaltung. Deren Einfluss soll zurückgedrängt werden.

Ein zweiter Kreis gehört nicht zu dieser Partnerschaft: Das ist das Parlament. Uns wird immer deutlicher signalisiert: Wartet ab, wir verhandeln das untereinander, zuständig sind das Ministerium und die Hochschulleitungen, wir informieren euch zu gegebener Zeit.

Das ist das erste Kennzeichen der strategischen Partnerschaft: Das ist ein exklusiver kleiner Kreis, der aus dem Ministerium und den Leitungen der Hochschulen besteht. Die beiden Pole Selbstverwaltung und Hochschulöffentlichkeit einerseits und Parlament andererseits bleiben außen vor.

Das zweite Kennzeichen dieser strategischen Partnerschaft ist, dass sie keinerlei Ausstrahlkraft hat. Es ist ein Konzept des Verhandelns nach innen. Es ist eine Konstellation, die auf Unauffälligkeit setzt, auf ein System gegenseitiger Abhängigkeit, von Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, von möglichst wenig Transparenz. Möglichst wenig Aufsehen erregen, wir regeln das schon miteinander, und wenn alles eingetütet ist, dann erfährt es die Öffentlichkeit – das soll die neue Devise sein.

Ein Beispiel dafür ist das, was an der Universität Stuttgart gerade passiert. Die Universität Stuttgart diskutiert über weit reichende Veränderungen.

(Abg. Pfisterer CDU: Das ist Autonomie!)

Das ist nötig und wichtig und ihr gutes Recht, aber nicht, dass diese Debatten in einem geschlossenen Zirkel stattfinden. Zum Glück sind die Pläne rechtzeitig herausgekommen. Dies wurde aber behandelt wie ein Betriebsunfall. Herr Frankenberg nimmt bis heute in der Sache nicht Stellung, weil er ja offiziell kein Papier hat, ungeachtet dessen, dass es in der Zeitung in allen Varianten nachzulesen ist. Alle Welt diskutiert darüber, und hier wird der Eindruck erweckt, als hätten wir allesamt kein Recht, über das zu reden, was da passiert, als hätten wir kein Recht, darüber zu

reden, ob die Lehrerausbildung in Stuttgart und in der Region noch eine Rolle spielt. Das ist die falsche Idee von Hochschule. Wir brauchen Öffentlichkeit in der Hochschule. Wir müssen Licht in diese Strukturen bringen. Wir wollen gemeinsam darüber diskutieren, wo die Reise hingeht. Die strategische Partnerschaft des Wissenschaftsministers steht dafür: Deckel drauf, Ruhe im Karton; wir machen Politik in Hinterzimmern.

(Abg. Pfisterer CDU: Das war im Senat beim Hochschulrat! Autonomie!)

Der Hochschulrat kann ganz anders konzipiert werden. Der Hochschulrat war in seiner ursprünglichen Idee gedacht als ein Gremium, das Öffentlichkeit in die Hochschulen hineinbringen sollte. Die Gesellschaft und die Wirtschaft sollten in die Hochschulen hineinkommen. Es sollte kein neuer Closed Shop werden. Darauf wird es bei dem neuen Hochschulgesetz ankommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Jetzt ist meine Redezeit fast zu Ende, sodass ich zu den Studiengebühren kaum noch etwas sagen kann. Eine Bemerkung noch: Es ist wahrlich eine Phantomdebatte zwischen den Befürwortern und den Gegnern, die im Prinzip an den Realitäten vorbeigeht. Die Befürworter sagen immer wieder, sie hätten es gern sozialverträglich und es dürfe auch niemandem wehtun. Sie sagen, sie würden zwar gern, könnten aber wegen des HRG nicht.

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es aber!)

Sie gackern schon lange. Ich finde, wir haben einen Anspruch darauf, dass Sie endlich auch einmal das Ei legen und sagen, wie es gehen soll.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das haben wir doch ge- sagt: nachlaufende Studiengebühren!)

Es ist doch die Frage, wie Sie das mit den nachlaufenden Studiengebühren machen. Wer erhebt die Studiengebühren?

(Abg. Pfisterer CDU: Die Modelle liegen doch vor!)

Sind es die Hochschulen, oder ist es das Land? Wie soll denn nachlaufend finanziert werden? Wer ist denn die Bank, die sich auf ein solches Abenteuer einlässt? Schauen Sie sich an, was im SIMT mit den nachlaufenden Studiengebühren passiert ist. Ich möchte wissen, welches Modell Sie verfolgen. Es gibt nämlich jede Menge Studiengebührenmodelle, die sehr unterschiedlich und sehr unterschiedlich sozialverträglich sind. Wer für Studiengebühren eintritt, soll endlich auch einmal sagen, wie er es machen will. Wir von grüner Seite haben ein Modell mit den Bildungsgutscheinen vorgelegt. Wir werden das auch noch konkretisieren und rechnen. Das Modell ist präzise. Es organisiert eine andere Verteilung staatlicher Mittel ab dem ersten Semester; es stärkt die Lehre an den Hochschulen systematisch. Ab dem ersten Semester fließt Geld in Abhängigkeit von Studierenden in die Hochschulen. Wir verfolgen ein Modell, das die Nachfrageorientierung stärkt und in be

grenztem Umfang auch Eigenbeteiligung von Studierenden abverlangt. So können sie die Belastung nämlich auch schultern.

(Beifall bei den Grünen – Glocke des Präsidenten)

Wir werden Gelegenheit bekommen, weiter über Studiengebühren zu streiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pfister.

(Abg. Stickelberger SPD: Jetzt kommt das Ei!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will der Kollegin Bauer gern einen Gefallen tun, allerdings bitte ich um Verständnis, dass ich natürlich kein Ei legen kann, Frau Kollegin Bauer.

(Heiterkeit)

Aber ich bin schon in der Lage – insofern bin ich dankbar, dass wenigstens Sie dieses Thema angesprochen haben –, Ihnen zu erklären, wie eine nachlaufende Studiengebühr im Einzelnen zu funktionieren hat. Das Prinzip ist ganz einfach und übrigens auch nachzulesen. Wenn Sie fragen, welches Modell ich favorisiere, will ich Ihnen das sagen. Es ist das Modell, das das Centrum für Hochschulentwicklung schon vor zwei Jahren auf den Weg gebracht hat.

Es ist also klar beschrieben, dass es durch entsprechende Zwischenfinanzierungen die Möglichkeit gibt, dass diese Mittel den Hochschulen nicht erst zum Sankt-NimmerleinsTag zur Verfügung stehen, sondern die Hochschulen schnell mit diesem Geld rechnen können. Vom Prinzip her ist das also ganz eindeutig.

Der Punkt ist aber ein ganz anderer. Ich habe Ihre Rede gehört, Frau Bauer, und ich habe die Rede der Kollegin Bregenzer gehört, und ich stelle fest: Sie mogeln sich um die Frage der Studiengebühren herum.