Das eine ist die Konsequenz des anderen. Deshalb habe ich immer gesagt: Auch wenn Sie alle kein NSI wollten, müsste ich es doch für die Hochschulen wollen, wenn wir ihnen Finanzautonomie geben, weil dies sonst nicht möglich ist.
Frau Bregenzer, aber wir haben jetzt nicht nur Kanzler, sondern Gott sei Dank auch viele Kanzlerinnen,
Also, die Kanzlerin der Universität Ulm ist ein Musterbeispiel dafür, wie man mit NSI sehr gut zurechtkommen kann. Da haben Damen offenbar einen Vorteil.
Der letzte Punkt, über den bis jetzt allerdings wenig gesprochen wurde, ist nicht die Frage, wie wir die Hochschulgesetze ändern, und auch nicht die Frage, wie wir den Hochschulen mehr Eigenverantwortung geben. Die Frage ist stattdessen, wie wir die Mentalität so ändern, dass dem auch im Inneren von Institutionen entsprochen werden kann, die über Jahrzehnte diese Eigenverantwortung so nicht gehabt haben.
(Abg. Carla Bregenzer SPD: Inklusive Ministeri- um! – Abg. Fleischer CDU: Das wird entscheidend sein!)
Herr Abg. Fleischer, das wird die entscheidende Frage der Hochschulreform sein. Denn Rektorate, die diese Eigenverantwortung in Abstimmung mit den Senaten auf der einen Seite und in Abstimmung mit den Hochschulräten auf der anderen Seite tragen, müssen selbst Stärke und Kommunikations- sowie Ausgleichsfähigkeit in sich verankern.
Es ist interessant, dass noch niemand die Frage stellt: Wie kommt man denn zu solchen Rektoraten? Ich denke, ein ganz wesentliches Element ist, dass wir mehr dazu kommen müssen, dass nicht das Kollegialitätsprinzip gilt, sondern dass Verantwortung für Personal und demnächst für Gehälter – im neuen Dienstrecht werden die Gehälter von den Rektoraten bzw. den Rektoren festgelegt – bedeutet, dass wir uns eigentlich mehr darum kümmern müssen, wie wir auch Externe dafür gewinnen können, diese Verantwortung zu übernehmen. Denn zu den Kolleginnen und Kollegen, über deren Gehälter man befindet und gegenüber denen man auch dienstrechtlich höhere Kompetenzen hat, ist eine gewisse Distanz notwendig. Das Prinzip der völligen Kollegialität lässt sich nicht mit dem vereinbaren, was hier vielfach gefordert wird und was ich im Prinzip auch für richtig halte. Das heißt, ohne einen Mentalitätswandel in den Hochschulen und ohne dass die Reform auch in den Köpfen mitgemacht und gelebt wird, wird eine solche Reform scheitern.
Ich habe mich in Mannheim bemüht und bemühe mich auch hier, die Hochschulen bei dieser Reform mitzunehmen. Wir wissen, was wir wollen. Aber wir wollen auch diejenigen mitnehmen, die betroffen sind, damit diese Reform gelebt
wird und nicht Paragraphen entgegengenommen und – das ist eine jahrhundertelange Tradition; auch darin sind Hochschulen geübt – umgangen werden.
Meine Damen und Herren, die drei Großen Anfragen der Fraktion der FDP/DVP, die Gegenstand des Tagesordnungspunkts 1 waren, sind mit dieser Aussprache erledigt. – Gegen diese Feststellung erhebt sich kein Widerspruch.
Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – 2003 – Europäisches Jahr der Menschen mit Behinderungen – Drucksache 13/2021
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Aussprache zehn Minuten je Fraktion und für das Schlusswort fünf Minuten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen gibt uns einen wichtigen Impuls für die Politik und rückt eine Gruppe in den Mittelpunkt, die häufig mit Berührungsängsten, mit Hemmschwellen und mit Vorurteilen konfrontiert ist sowie mit Erfahrungen, ausgeschlossen zu werden und isoliert zu sein. Wir freuen uns, dass der Landtag heute in zwei Wochen seine Türen für Behinderte öffnen wird, um dem Motto des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen „Nichts über uns ohne uns“ gerecht werden zu können. Wir freuen uns auf diesen Tag. Herzlich willkommen!
Ich will an dieser Stelle gar nicht der Versuchung erliegen, eine feierliche Sonntagsrede zu halten. Das wäre vielleicht das Einfachste, gleichzeitig aber auch das Verlogenste. Unsere Große Anfrage, für deren ausführliche und umfassende Beantwortung wir dem Sozialminister und Behindertenbeauftragten der Landesregierung danken, zeigt uns, dass das Thema Behindertenpolitik in Baden-Württemberg zuerst ein gesellschaftspolitisches und ein sozialpolitisches Thema ist, aber weit über die Sozialpolitik hinausreicht. Es ist für uns auch ein wichtiges kommunalpolitisches Thema und allemal ein finanzpolitisches Thema.
Wir schulden den Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit Behinderungen in zwei Wochen im Landtag ehrliche Antworten und Perspektiven, auch und gerade angesichts steigender Finanzierungsprobleme des Staates und der Sozialsysteme.
Die CDU-Landtagsfraktion bekennt sich zu der Aufgabe, Behinderte zu unterstützen und ihre gesellschaftspolitische Integration zu fördern. Die bisherigen Leistungen für Be
hinderte halten wir für vorbildlich. Sie sind mehr als vorzeigbar. Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft leiten unsere Behindertenpolitik und haben die betuliche Fürsorge und das Mitleid als Motor und Ziel von Politik abgelöst. Wenn es, liebe Kolleginnen und Kollegen, im ausgehenden 20. Jahrhundert einen bedeutenden Fortschritt gegeben hat, dann den des anderen Umgangs mit behinderten Menschen, des anderen Blicks auf sie mit der Anerkennung und der Legitimität des Andersseins.
Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die behinderten Menschen helfen und ihnen ihr tägliches Leben erleichtern.
Ich möchte allen unsere Anerkennung und unseren Respekt aussprechen: den Eltern behinderter Kinder vorneweg, ihren Lehrerinnen und Lehrern, der Lebenshilfe, der Diakonie, dem DRK und der Arbeiterwohlfahrt, allen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern, den Familien, aber auch ihren Freunden, die für behinderte Menschen da sind.
Ihnen dürfen wir nicht verschweigen, dass wir am Scheideweg stehen. In der Behindertenpolitik spitzt sich die Finanzlage dramatisch zu. Der Haushalt des Landeswohlfahrtsverbands Württemberg-Hohenzollern stand monatelang unter Staatsverwaltung, weil die 600 Verbandsgemeinden das Defizit nicht mehr über die Verbandsumlage erbringen konnten und wollten – ein einmaliger Vorgang!
Wir verzeichnen historische Höchststände der Verbandsumlage: im württembergisch-hohenzollerischen Gebiet im kommenden Jahr 14,2 %, im badischen 11,9 % der kommunalen Steuerkraftsumme.
Wenn wir die Entwicklungen bedenken, müssen wir uns die Prognosen ansehen. Gerade hier liegt das Problem: Für die nächsten vier Jahre liegen die Prognosen bei 20 % der kommunalen Steuerkraftsumme. Das heißt, wir müssen handeln. Jedes Jahr kommen in Baden-Württemberg rund 3 000 Menschen hinzu, die nach dem Bundessozialhilfegesetz Sozialhilfe als Eingliederungshilfe erhalten. Diese Zuwächse sprengen das bisherige Hilfssystem.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 95 % der Ausgaben in diesem Bereich gehen auf Bundesgesetze zurück. Der Bund erlässt Gesetze, und die Länder und die Kommunen wissen nicht, wie sie ihre Umsetzung bezahlen sollen. Wir fordern die rot-grüne Bundesregierung auf, sich an der Finanzierung der Kosten zu beteiligen, die sie mit ihrer Gesetzgebung auslöst, vor allem und gerade auch im Bereich der Eingliederungshilfe.
Die Höhe der Eingliederungshilfe hat sich in den letzten sieben Jahren in Baden-Württemberg verdoppelt. Ohne eine Kostenbeteiligung des Bundes gefährden wir die Akzeptanz der Behindertenhilfe insgesamt, weil wir unsere Behindertenpolitik nicht über Streichprogramme der Kommunen finanzieren können. Wir würden damit den Behinderten einen Bärendienst leisten. Es hat keinen Sinn, weiter zuzuwarten, wie Rot-Grün das bei der Krankenversicherung lange getan hat und bei der Rentenversicherung ja immer noch tut.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass wir uns darüber einig sind, dass der Weg, der in der Kranken- und der Rentenversicherung beschritten wurde – nämlich „Sorge selbst für dich“ –, in der Behindertenpolitik kein Weg ist.
Wir müssen beim Bund auf ein Leistungsgesetz für Behinderte dringen, ein Leistungsgesetz, das einerseits Leistungen bündelt und andererseits die eigene Leistungsfähigkeit stärker berücksichtigt.
Wir müssen darauf drängen, dass Einkommen und Vermögen des Einzelnen, seine Leistungsfähigkeit bei der Leistungsberechnung verstärkt herangezogen werden. Das ist bislang nicht so. Die rot-grüne Bundesregierung hat mit der novellierten Eingliederungshilfe im Sozialgesetzbuch IX einen gefährlichen Weg eingeschlagen, den sie mit der angestrebten Novellierung im Sozialgesetzbuch XII bei der Novellierung des Bundessozialhilfegesetzes noch verschärft; denn die Grenzen für die Anrechnung von Einkommen und Vermögen werden weiter nach oben gesetzt,