Dies ist schon deshalb nicht glaubwürdig, meine Damen und Herren, weil Sie im selben Atemzug meistens auch die Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten der Kommunen ansprechen und dabei die Bebauungspläne und die Flächen
nutzungspläne im Kopf haben. Sie sollten doch aber als Praktiker wissen, dass die Formalien, der Bürokratieaufwand zur Änderung von Bebauungsplänen wesentlich höher sind als bei der Entscheidung über einen Bauantrag.
(Beifall des Abg. Döpper CDU – Abg. Heinz CDU: Aber wirklich! – Abg. Schmiedel SPD: Et- was freundlicher, Frau Präsidentin!)
Auch wenn ich eingangs sagte, dass wir für den flächendeckenden Ausbau der Mobilfunknetze sind, möchten wir dies nicht durch Streichung der kommunalen Mitwirkungsebene erreichen; denn nur dort besteht tatsächlich die Möglichkeit, lenkend und steuernd Einfluss zu nehmen. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf der Landesregierung ab.
(Abg. Schmiedel SPD: Bitte nachher auch den Staatssekretär mahnen, dass er sich kurz hält! – Ge- genruf des Abg. Pfister FDP/DVP: Der kann reden, solange er will!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will es wiederholen: Es ist unsere Aufgabe, Aufgabe von Staat und Kommunen, den Bürgern und der Wirtschaft eine gute Mobilfunkinfrastruktur zu geben, sie aber auch genauso vor Gesundheitsgefahren zu schützen und ihre Sorgen ernst zu nehmen. Beidem aber wird die Genehmigungspflicht nicht gerecht, im Gegenteil. Sorgen nimmt man den Leuten nicht dadurch, dass man ihnen etwas vormacht oder gar doppelzüngig argumentiert. Das aber ist der Fall, wenn man den Bürgern wider besseres Wissen weismacht oder sie auch nur wider besseres Wissen im Glauben lässt, mit der Genehmigungspflicht ergebe sich eine Steuerungsmöglichkeit.
sich offensiv für den weiteren Ausbau einzusetzen und die Gemeinden bei der Diskussion über Mobilfunkanlagen durch mehr Transparenz zu unterstützen und, und, und. Ich halte das im Übrigen für richtig.
Ich will Ihnen aber einmal an einem Fall kurz schildern, wie das vor wenigen Tagen in meiner Heimatstadt in der Praxis ausgesehen hat: Die Festhalle ist rappeldicke voll. Es sind besorgte Bürger da, deren Sorgen ich ihnen – trotz wiederholter Zigarettenpausen – durchaus abnehme. Zahlreiche
Fachleute und Rechtsanwälte – wo immer sie auch herkommen –, die von Initiative zu Initiative reisen, geben sich alle Mühe, die Bürger in ihrer Sorge zu bestätigen. Die Rede ist von einem 70-prozentigen Wertverlust benachbarter Grundstücke. Die Rechtsberater machen sich anheischig, gegen die Genehmigung erfolgreich vorzugehen. Anschließend wird das Honorar gesammelt.
Den anwesenden Bürgermeistern und Mitgliedern der Bauverwaltung wird jegliches Verständnis dafür verweigert, dass sie auf die Notwendigkeit und die Verpflichtung zur Genehmigung hinweisen. Selbst die Betonung, dass auch der Bundesumweltminister, ein Grüner, gesagt habe, baurechtlich sei nichts zu machen, geht unter. Denn die Bürger fragen mit Recht: Wozu gibt es dann eine Genehmigung? Eben: Wozu, kann man nur fragen.
Im vorliegenden Fall wird schließlich eine Erklärung eines Abgeordneten der Grünen verlesen – Herr Witzel, das war Ihre Erklärung; Sie waren ebenso wie die anderen Abgeordneten verhindert –, der für die Beibehaltung der Genehmigungspflicht plädiert, von denkbaren, aber nicht nachweisbaren Gefahren spricht, und zwar ganz korrekt einräumt – überhaupt keine Kritik –, dass die Genehmigungspflicht vielleicht keine Steuerung ermögliche, aber immerhin doch die Gelegenheit zur Diskussion gebe.
Rechtsstaatlich ist es schon ein bisschen problematisch, eine Genehmigung, zu der man verpflichtet ist, zu verweigern oder zu verzögern, nur weil man sagt, es gebe Gelegenheit zur Diskussion. Aber unabhängig davon: Die Zusicherung des Oberbürgermeisters und seines Beigeordneten, sich mit den Mobilfunkunternehmern entsprechend der Selbstverpflichtung zusammenzusetzen, geht in dem tosenden Beifall für die vorige Erklärung vollkommen unter, obwohl darin der Schlüssel läge, um tatsächlich Abhilfe zu schaffen.
Ich darf Ihnen einfach einmal sagen: In Nordrhein-Westfalen hat man am 3. Juli dieses Jahres im Landtag exakt die gleiche Regelung beschlossen, wie wir es jetzt vorsehen. Man hat in Nordrhein-Westfalen die Genehmigungspflicht abgeschafft – exakt das Gleiche – mit den zustimmenden Erklärungen von Rot und Grün. Daraufhin hat man gesagt – was ich übrigens ganz gut finde –: „Lasst uns doch die freiwillige Selbstbeschränkung und die freiwillige Erklärung der Mobilfunkunternehmer noch einmal auf Landesebene bekräftigen!“ Da hat man zum Beispiel den Bürgermeisterämtern Bürgerbriefe, Fachgespräche, Bürgerversammlungen vorgeschlagen. Dem allem kann ich zustimmen,
nicht aber einer irreführenden Genehmigungspflicht. Mit der muss es ebenso ein Ende haben wie mit dieser Irreführung, aus der man nur versucht vor Ort politisches Kapital zu schlagen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Novellierung der Landesbauordnung erregt viele Menschen. Sie machen sich Sorgen um den Elektrosmog. Nach unserer Einschätzung gibt es derzeit keine stringenten Beweise für gesundheitliche Risiken
durch Mobilfunkantennen, die die geltenden Grenzwerte einhalten. Aber – dieses Aber möchte ich betonen – es gibt ernst zu nehmende Hinweise auf derartige Risiken. Ich verweise dazu auf die Studie des ECOLOG-Instituts.
In dieser Situation, in der die Forschungslage unklar ist, müssen wir Politiker uns die Frage stellen, wie wir mit diesen Sorgen der Menschen umgehen und was wir für einen vorbeugenden Gesundheitsschutz tun können. Ich möchte dazu drei Punkte ansprechen, die auf kommunaler Ebene notwendig sind.
Der erste Punkt betrifft die kommunalen Liegenschaften. Wir wissen ja: Kinder und Jugendliche gelten als Risikogruppen, weil sie empfindlich auf elektromagnetische Strahlung reagieren. Deshalb sollte darauf hingewirkt werden, dass auf Schulen und Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen sowie in ihrem direkten Umfeld keine Mobilfunkmasten errichtet werden.
Die Stadt Freiburg hat dazu einen wichtigen Beschluss gefasst. Danach dürfen auf städtischen Immobilien, die entweder selbst solche sensiblen Einrichtungen enthalten oder in einem Umkreis von 500 Metern um derartige Einrichtungen liegen, keine weiteren Mobilfunkanlagen installiert werden.
(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP – Abg. Mack CDU: Das hat doch mit der Landesbauordnung nichts zu tun! Das ist doch materielles Baurecht!)
Punkt 2 betrifft das Bauplanungsrecht. Es wurde bei der Ersten Beratung immer gesagt, um den Bau von Mobilfunkmasten zu steuern, müsste bauplanungsrechtlich vorgegangen werden, das wäre die Alternative. Einen solchen Weg geht zum Beispiel die Gemeinde Sinzheim. Sie will dem Wildwuchs von Mobilfunkantennen mit den Mitteln des Bauplanungsrechts vorbeugen. Dazu will die Gemeinde einen Bebauungsplan erarbeiten, der für Mobilfunkmasten mögliche zukünftige Standorte ausweist und sie damit für das restliche Gebiet untersagt.
Weil eine solche solide Standortplanung Zeit braucht, hat die Gemeinde zunächst einmal eine Veränderungssperre erlassen, damit von den Mobilfunkbetreibern keine Fakten geschaffen werden können, bevor die Planung abgeschlossen ist.
In den nächsten zwei Jahren darf daher in Sinzheim keine Mobilfunkantenne mehr gebaut oder nachgerüstet werden, die nicht die ausdrückliche Standortgenehmigung der Gemeinde Sinzheim erhält. Auch bei der Beratung im Wirtschaftsausschuss haben wir diese Möglichkeit angesprochen. Für mich war informativ, dass der Fachmann des Wirtschaftsministeriums sagte, dass das ein erheblicher Aufwand und nicht unbedingt praktikabel sei.
Damit komme ich zum dritten Punkt, nämlich zu dem Thema Bauordnungsrecht und konkret zum vorliegenden Gesetzentwurf, Herr Mack.
Für die Fraktion GRÜNE sage ich: Wir setzen uns dafür ein, dass die Pflicht zur Genehmigung von Mobilfunkantennen im derzeitigen Umfang erhalten bleibt. Wir werden daher den Gesetzentwurf der Landesregierung ablehnen.