Protokoll der Sitzung vom 29.10.2003

Für die Fraktion GRÜNE sage ich: Wir setzen uns dafür ein, dass die Pflicht zur Genehmigung von Mobilfunkantennen im derzeitigen Umfang erhalten bleibt. Wir werden daher den Gesetzentwurf der Landesregierung ablehnen.

Herr Mack, Sie haben das etwas falsch dargestellt. Wir hatten einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Als wir den eingereicht hatten, kam diese gemeinsame Vereinbarung von Mobilfunkbetreibern auf der einen Seite und den kommunalen Spitzenverbänden auf der anderen Seite. Da haben wir gesagt: Jetzt warten wir doch erst einmal ab, was dabei herauskommt. Deshalb haben wir damals unseren Gesetzentwurf zurückgezogen.

Wenn jetzt das Bundesumweltministerium sagt, die Zusammenarbeit habe sich verbessert, dann heißt das nicht, dass es nicht irgendwo schwarze Schafe gibt. Ich bekomme jedenfalls Rückmeldungen, dass es vor Ort teilweise nicht entsprechend läuft. Das ist auch ein Grund dafür, weshalb wir für die Beibehaltung des Genehmigungsverfahrens sind. Wichtiger ist – das ist von meinem Vorredner schon gesagt worden –: Wir wollen das Genehmigungsverfahren beibehalten, weil es einen geordneten Rahmen für Diskussionen über geplante Projekte schafft, weil es dafür sorgt, dass Nachbarn rechtzeitig informiert werden, und weil es auch ein gewisses Druckmittel der Gemeinden dafür ist, dass die Betreiber ihren Pflichten aus dieser gemeinsamen Vereinbarung nachkommen.

(Zuruf von der SPD: Darum gehts!)

Kurz: Es schafft einen Raum, in dem die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger diskutiert werden.

Jetzt kommt das Argument von Herrn Hofer nach dem Motto „Man muss ja alles genehmigen und kann gar nicht handeln“.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Ja!)

So sehe ich das nicht.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Aber es ist so!)

Es ist natürlich klar, Herr Hofer: Eine Mobilfunkantenne, für die die Bescheinigung der Telekommunikationsbehörde vorliegt, kann man nicht aus Gründen des Elektrosmogs ablehnen. Aber, Herr Hofer, auch eine Mobilfunkantenne ist nach der Landesbauordnung ein Bauwerk. Als Bauwerk muss sie alle Vorschriften erfüllen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Das ist doch nicht wahr! Sie müssen es begründen! Das stimmt nicht!)

Es gibt Baugrenzen, es gibt Höhenlinien, es gibt das Ortsbild und Ähnliches. Ich möchte Ihnen zwei Beispiele dafür nennen, dass man den Bau einer Mobilfunkantenne anhand dieser Kriterien prüfen soll und ihn möglicherweise ablehnen kann. Damit ist eine Steuerungsmöglichkeit gegeben.

Zum Beispiel sollen laut Gesetzentwurf auch Nebenanlagen bis zu 10 Kubikmetern Brutto-Rauminhalt genehmigungsfrei sein. 10 Kubikmeter, das ist zum Beispiel ein Schaltschrank, 1 Meter tief, 5 Meter breit und 2 Meter hoch. So etwas soll einfach ohne jegliches Genehmigungsverfahren gebaut werden können. Wir sind dafür, dass die Gemeinde das Recht haben soll, in einem solchen Fall zu überprüfen, ob Baugrenzen eingehalten sind und ob solche Anlagen wirklich alle Bedingungen erfüllen.

Zum Zweiten – meine Redezeit ist gleich zu Ende, deshalb muss ich mich kurz fassen –: Es ist so – –

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Witzel, bitte kommen Sie aufgrund der fortgeschrittenen Zeit zum Ende.

Ich darf noch ein Beispiel nennen, Frau Präsidentin, dann höre ich auf.

Im unbeplanten Innenbereich muss sich ein Bauwerk an der umliegenden Bebauung orientieren. Das gilt natürlich auch für das Bauwerk Mobilfunkantenne. Eine Gemeinde muss entscheiden können, wo das Bauwerk stehen soll. Dabei sollen zum Beispiel auch Fragen des Ortsbilds berücksichtigt werden können.

Meine Damen und Herren, meine Redezeit ist zu Ende. Ich darf zusammenfassen.

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP – Unruhe)

Dieser Gesetzentwurf der Landesregierung...

Herr Abg. Dr. Witzel, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

... stärkt die Position der Mobilfunkbetreiber. Er schwächt die Position der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger. Wir werden ihn daher ablehnen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Mehrländer.

(Abg. Rückert CDU: Kurz und zackig! – Zuruf des Abg. Mack CDU)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit will ich mich sehr kurz und knapp zu dieser Novellierung äußern.

Aus Sicht der Landesregierung lauten die Argumente für die Novellierung: Der ersatzlose Wegfall von Genehmigungsverfahren stellt eine Entlastung für die betroffene Wirtschaft, für die Kommunen, für die Baurechtsbehörden und letztlich auch für die Bürger dar. Eingespart werden Verwaltungsaufwand, Zeit und Geld. Das ist ein gutes Beispiel für Deregulierung und Bürokratieabbau.

Das ist auch der Grund dafür, dass die Novelle von den betroffenen Kreisen nachdrücklich gefordert wurde: sowohl von den Mobilfunkbetreibern als auch vom Städtetag und vom Gemeindetag. Auch die überwiegende Zahl der Bundesländer – Herr Abg. Hofer hat auf Nordrhein-Westfalen hingewiesen; darauf werde ich zum Schluss noch einmal zu sprechen kommen – hat dieser Regelung zugestimmt.

Ein nächster Punkt: Es wird ständig der Eindruck erweckt – auch jetzt wieder –, als ob durch die Baugenehmigungspflicht irgendeine Steuerung der Standortauswahl erfolgen könnte. Ich betone nochmals ausdrücklich: Das ist definitiv nicht der Fall.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Ich habe zwei Beispiele genannt! – Zuruf von der SPD: Ich habe auch Bei- spiele dafür!)

Das geht nicht. Die Baurechtsbehörden haben keinerlei Ermessensspielraum – schauen Sie ins Gesetz –, einen Antrag auf Errichtung einer Mobilfunkanlage abzulehnen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die Genehmigung vorliegen, insbesondere die Standortbescheinigung.

Für die Einflussnahme auf den Standort einer UMTS-Anlage – das ist natürlich eine wichtige Frage – ist das geeignete und auch weitgehend erfolgreich praktizierte Instrument eben die freiwillige Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber gegenüber den Kommunen. Gemäß dieser Selbstverpflichtung werden die Planungen in halbjährlicher Erörterung offen gelegt, die Kommunen in die Standortwahl einbezogen und Clearingstellen eingerichtet.

Die Rückmeldungen, die wir über die Effizienz der frühzeitigen Standortabstimmung bekommen, sind außerordentlich ermutigend. Es gibt einige wenige Konfliktfälle – gar nicht bestritten –, aber nach den Daten, die uns vorliegen, funktioniert die Kooperation zwischen Mobilfunkbetreibern und Kommunen gut. Wir müssen auf diesem Weg des Konsenses weitergehen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut! – Zuruf von der SPD: Das entspricht nicht der Lebenswirklichkeit!)

Zum Gesundheits- und Umweltaspekt: Die Errichtung der Anlagen begründet natürlich Ängste bei den Bürgerinnen und Bürgern. Wir nehmen diese Ängste genauso ernst, wie Sie es tun. Auch hier noch einmal ganz klar: In jedem Fall müssen die Grenzwerte der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung eingehalten werden – in allen Fällen, ausnahmslos. Sie sind vom Bundesverfassungsgericht höchstrichterlich abgesegnet.

(Staatssekretär Dr. Mehrländer)

Eine Verschärfung der Grenzwerte, wie sie von den Mobilfunkkritikern gleichwohl immer wieder gefordert wird, fällt – das wissen Sie, Herr Abg. Witzel – in die Zuständigkeit der Bundesregierung, des Umweltministers Trittin. Herr Minister Trittin betont immer wieder, dass er angesichts der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht eingreifen könne. Das deckt sich im Übrigen mit den Ergebnissen einer umfangreichen Studie des Umweltministers des Landes Baden-Württemberg.

(Zuruf von der SPD: Das bestreiten wir doch gar nicht!)

Diese Studie hat ergeben, dass die elektromagnetischen Feldstärken überwiegend unter einem Hundertstel der Grenzwerte liegen, die höchste immer noch unter einem Zehntel.

Jetzt zum nächsten Punkt: mehr Information. Das war auch ein Thema im Wirtschaftsausschuss.

(Abg. Schmiedel SPD: Vor Ort!)

Vor Ort; ich habe kapiert, worum es Ihnen geht, Herr Abg. Schmiedel. – Zunächst: Wir sind da schon aktiv. Der Minister spricht mit Bürgermeistern.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Ich habe bereits drei Veranstaltungen durchgeführt, die von den IHKs organisiert werden

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

und zu denen alle eingeladen sind, die sich für dieses Problem interessieren. Die nächste Veranstaltung findet am 19. November bei der IHK Rhein-Neckar statt. Sie sind herzlich eingeladen, Herr Abg. Schmiedel, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.

Sozialminister Dr. Repnik hat in diesem Sommer in Balingen mit Betreibern, Kommunen und Bürgerinitiativen ein Modellprojekt zur Auswahl alternativer Standorte durchgeführt. Dieses Modellprojekt war sehr erfolgreich. Das Sozialministerium erarbeitet derzeit einen Praxisratgeber, in den die Erfahrungen mit diesem Modellprojekt eingearbeitet werden. Der Ratgeber wird dann allen Beteiligten, der Öffentlichkeit und den Bürgerinitiativen zur Verfügung gestellt. Ich finde, das ist eine sehr gute Maßnahme, die Information, die Diskussion mit den Beteiligten zu vertiefen.

Und nun noch ein Letztes: Herr Abg. Hofer hat ja gerade Nordrhein-Westfalen angesprochen.

(Abg. Schmiedel SPD: „Remshalden“ hat er ge- sagt!)

Nordrhein-Westfalen – das haben wir uns etwas genauer angesehen; darüber möchte ich Sie informieren –