Stellen Sie sich das einmal vor: Vom Bund bekommen sie nichts, aber Sie ziehen 260 Millionen € ab. Dann sind die baden-württembergischen Kommunen wirklich am Ende.
Sie können also nicht in Berlin blockieren und im Land selbst so etwas machen! Stimmen Sie im Bundesrat zu! Das hat auch etwas mit Verlässlichkeit zu tun.
Jetzt möchte ich noch zum Thema Föderalismusreform kommen. Kollege Kretschmann und ich sind ja als Vertreter der 16 Bundesländer beratende Mitglieder in der Föderalismuskommission. Wir können auch eine Übereinstimmung mit vielem von dem, was Sie heute gesagt haben, feststellen. Das hat im Übrigen der Landtag in einem Beschluss im Frühjahr dieses Jahres festgestellt, auf den wir uns auch beziehen. Wir werden alles tun, um Mischfinanzierungen abzubauen; wir werden alles tun, damit die Länderparlamente mehr Rechte bekommen und wir dafür Zug um Zug aus anderen Zuständigkeiten aussteigen.
Deswegen ist das nicht unbedingt eine Zentralismusreform. Denn inzwischen bestimmt der Bundesrat bei 60 % der Gesetze mit, und zwar hauptsächlich deswegen, weil es ein Bundesverfassungsgerichtsurteil gibt, nach dem der Bundesrat auch dann mitreden soll, wenn nur die Ausführungsbestimmungen eines Bundesgesetzes in die Länderzuständigkeit fallen. Ich glaube, Herr Ministerpräsident, dies brauchen wir nicht. Aber dafür sollten die Länder sicherlich etwas bekommen. Es gibt ein breites Spektrum, für das wir gemeinschaftlich Seite an Seite kämpfen. Wir finden das auch gut.
Ja, das Jagdrecht ist aber nur eine kleine Sache. Dafür kann man ja nicht viel hergeben. Deshalb war das kein Ausgleich.
Ich sage Ihnen nur eines: Wir sind froh, dass Sie jetzt die Länderparlamente mit ins Boot nehmen wollen. Denn aus der Pressemitteilung über Ihr Dreiertreffen mit Herrn Stoiber ging ja hervor, dass Sie sich offensichtlich auch gegen eine Beteiligung der Länderparlamente ausgesprochen haben. Das haben wir eigentlich als einen unfreundlichen Akt empfunden, aber in der Zwischenzeit ist das geregelt. Ich hoffe, dass wir drei sehr viel von dem, was Baden-Württemberg im Landtag an Ideen entwickelt hat, auch in diese Föderalismuskommission einbringen werden. Da werden wir – das sage ich zu – aufs Engste mit Ihnen zusammenarbeiten, auch zum Wohle unseres Landes.
Lassen Sie mich jetzt einmal auf den Grundsatz, den Sie zu Beginn Ihrer Rede geprägt haben, eingehen:
Politik muss für die Wirtschaft und für die Bürger wieder verlässlich und berechenbar werden. Nur so entsteht Vertrauen. Vertrauen aber ist die wichtigste Ressource für politische Gestaltung in schwieriger Zeit.
Herr Ministerpräsident, Sie haben – ich komme noch eingehend auf die Details zu sprechen – in den letzten zwei Jahren vieles gemacht, bei dem Sie nach unserer Auffassung weder verlässlich noch berechenbar waren. Sie haben die Arbeit von Ämtern gelobt, die Sie in der Zwischenzeit alle verschieben, wohin auch immer. Sie haben früher den öffentlichen Dienst gelobt. Heute habe ich nur eine Orgie über Bürokratieabbau gehört. Wir hatten im Frühjahr eine große Debatte im Landtag über den Sozialabbau in BadenWürttemberg, und wir wissen alle, was die Sozialverbände gesagt haben: Das Land ist kein verlässlicher Partner mehr. Das müssen Sie sich schon von der evangelischen und von der katholischen Kirche ins Stammbuch schreiben lassen.
Deswegen werde ich jetzt einmal etwas abklopfen, welche Verlässlichkeit Sie noch bieten. Lassen Sie mich zunächst etwas zur Wirtschaft sagen, nicht um das Land schlechtzureden, sondern um einmal auf die Schwierigkeiten hinzuweisen.
Wir sind längst nicht mehr Spitze. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in Baden-Württemberg ist 2002 gerade einmal um 1,2 % gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Bundesweit waren es 1,6 %. Wir stehen da auf dem vorletzten Platz, Herr Ministerpräsident. Wo ist da eigentlich die Dynamik, die Sie in Ihrer Rede beschworen haben?
Das spielt keine Rolle. Ich spreche jetzt von den Wachstumsraten. Natürlich ist das Niveau hoch. Aber wir stehen an zweitletzter Stelle.
Jetzt komme ich zu den Existenzgründungen; das war auch ein wichtiger Punkt in Ihrer Rede. Baden-Württemberg steht bei den Existenzgründungen auf den hinteren Tabellenrängen. Landesfördermittel gibt es aus Gründen des Geldmangels schon seit Wochen nicht mehr.
Herr Haas, wenn es um eine sehr wichtige Aufgabe geht, kann man nicht die Rasenmähermethode anwenden. Dann muss man darüber nachdenken, ob die Existenzgründung nicht so wichtig ist, dass da nichts gestrichen wird.
Wir sind der Auffassung: Wenn es wichtig ist, neue Betriebe zu gründen, darf man da nicht kürzen. Das ist unser Vorwurf an Sie.
(Abg. Pfisterer CDU: Da war keine Freude erkenn- bar! – Abg. Hofer FDP/DVP: Bleiben Sie glaub- würdig!)
das der Herr Ministerpräsident von Baden-Württemberg gezeichnet hat. Jetzt machen wir es umgekehrt. Ich bin aber dankbar, wenn Sie Zwischenrufe machen, weil das meiner Redetechnik sehr gut zupass kommt. Insofern finde ich dies ganz gut.
Der zweite Punkt ist der Wohnungsbau. Das Defizit an bezahlbaren Wohnungen ist in der Zwischenzeit ein Standortnachteil für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Baden-Württemberg, einem Land, das eine innerdeutsche Zuwanderung hat – darauf sind wir ja stolz, und darüber sind wir froh –,
brauchen wir 50 000 neue Wohnungen pro Jahr. Das ist einer Statistik und einer Untersuchung der Landesregierung zu entnehmen. Wir haben im vergangenen Jahr gerade einmal noch 34 000 neue Wohnungen geschaffen. Wir haben ein Defizit mit weiter zunehmender Tendenz, Herr Ministerpräsident.
Sie aber streichen die Wohnungsbaumittel – im Jahr 1995 waren es noch 325 Millionen DM – auf jetzt lächerliche 25 Millionen €. Das kann doch keine zukunftsorientierte Politik in einem Land sein, das so viele Wohnungen braucht, ganz abgesehen davon, dass Studenten in Zelten wohnen müssen.
Herr Ministerpräsident, es ist schön, wenn Sie sagen, dass bei uns ausländische Studenten sind. Wenn sie aber keine Studentenwohnungen bekommen,
sind sie wieder weg, weil die, die wir holen, zuerst einmal alle Adressen abklappern und läuten müssen, um eine Unterkunft zu bekommen; von Zelten will ich gar nicht sprechen.