Protokoll der Sitzung vom 30.10.2003

Das kann ich Ihnen gerade erklären, wenn Sie zuhören, liebe Frau Weckenmann. Sie haben der Sitzung des Ständi

gen Ausschusses nicht beigewohnt. Sonst wüssten Sie, was wir wollen.

(Abg. Stickelberger SPD: Wir wohnen nicht bei in Ihrem Ausschuss! – Zuruf der Abg. Ruth Wecken- mann SPD)

Ich sage es Ihnen aber jetzt. Bei uns beginnt – im Gegensatz zum Bund – eben erst nach fünf Jahren Amtszeit ein Anspruch. Sofern die Amtszeit unter acht Jahren liegt, soll dieser Anspruch eben bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs ruhen.

Zweitens wollen wir die Höchstversorgung auf maximal 71,75 % reduzieren. Das ist auch eine Konsequenz aus der Riester-Reform, an die wir übrigens die Beamten- und Soldatenversorgung längst angepasst haben.

Diese Regelungen werden zunächst Einsparungen von 730 000 € im Jahr für den Landeshaushalt bedeuten, danach jährlich noch 200 000 €.

„Baden-Württemberg setzt ein Zeichen der Glaubwürdigkeit“, so war die Kommentierung in den Medien, so die „Südwest Presse“ am vergangenen Wochenende.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Wir halten die Versorgung auch im Vergleich zu der in anderen Ländern für angemessen. Ich will Ihnen einmal sagen: Bei uns errechnet sich die Versorgung aus B 11 ohne Zusatz.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Nehmen Sie einmal das Land Nordrhein-Westfalen:

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Dort verdient ein Minister B 11 plus 20 %. Das heißt, dort liegt das für die Versorgung maßgebliche Gehalt eines Ministers über dem Gehalt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg.

(Abg. Stickelberger SPD: Die sind auch besser! Die haben das auch verdient! – Abg. Pfister FDP/ DVP: Sauerei!)

Ich glaube, Sie haben in Ländern, in denen Sie die Regierung stellen, Nachholbedarf, was diese Thematik angeht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Denen ist kein Opfer zu groß, das andere Leute bringen!)

Bis 1998 gab es die Pension bekanntlich ab dem Tag des Ausscheidens. Das ist geändert. Es wird nun nach fünf Jahren Amtszeit nicht mehr 40 %, sondern nur noch 38,27 % geben, verbunden mit einem Anstieg um 2,87 % für jedes weitere Jahr der Amtszeit.

Meine Damen und Herren, wir haben dieser Tage ja gelesen, der Kollege Schäuble sei fast der dienstälteste Minister. Kollege Repnik meinte, er sei der dienstälteste Sozialminister in Deutschland.

(Abg. Teßmer SPD: Das ist aber noch kein Wert an sich! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Ich will Ihnen dazu nur etwas sagen: Sie sollten daraus folgern, dass Minister und Staatssekretäre keine Lebenszeitbeamten sind.

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Vielmehr haben wir berufene politische Führungspersonen auf Zeit. In der Demokratie wird auch auf Zeit gewählt. Ich denke, wir sollten keine Diskussion führen, in der wir uns gegenseitig an Reduzierungsvorschlägen überbieten, sodass man irgendwann womöglich „Eintrittsgeld“ zu bezahlen hat, um Führungsverantwortung übernehmen zu können. Ich glaube, wir sollten irgendwann – aber derzeit ist sicherlich nicht die richtige Zeit dafür – eine ehrliche Diskussion – da sind wir uns mit der FDP/DVP einig – über eine Umstrukturierung führen,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut! Das ist der Weg!)

nach der wir unsere Minister und Staatssekretäre besser vergüten und dafür die Versorgung in die Vergütung während der Amtszeit hinein umstrukturieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP und des Abg. Stickelberger SPD – Abg. Regi- na Schmidt-Kühner SPD: Warum machen Sie es dann nicht?)

Das wäre sicherlich der richtigere Weg, wenn wir in diesem Punkt in die Diskussion einsteigen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Weckenmann?

Selbstverständlich, bei der Kollegin Weckenmann jederzeit.

(Heiterkeit)

Ich freue mich, dass Sie mich heute wahrnehmen, weil Sie mich im Ständigen Ausschuss manchmal übersehen.

Die Frage ist, Herr Reinhart: Trifft es zu, dass zum Beispiel die Staatssekretäre Mappus und Palmer auch nach der von Ihnen vorgeschlagenen Regelung weiterhin mit 55 Jahren ihren Pensionsanspruch haben? Das zum einen.

Und sind Sie der Meinung, dass es auch in der freien Wirtschaft im normalen Arbeitsleben möglich ist, dass jemand mit 55 Jahren – auch wenn es dabei nicht um eine Wahl geht – aus dem Arbeitsleben ausscheidet – eventuell aufgrund einer Kündigung – und dann mit 55 Jahren noch keinen Rentenanspruch hat?

(Abg. Wieser CDU: Wie bei Birzele, Schäfer, Spö- ri und Unger-Soyka!)

Liebe Frau Weckenmann, wenn ich Sie im Ständigen Ausschuss einmal übersehen haben sollte, bitte ich um Nachsicht. Das wird in Zukunft nicht mehr vorkommen.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Ich ziehe meinen roten Anzug an!)

Ich bedauere dies sehr.

Wenn Sie im Zusammenhang mit Pensionsansprüchen von Staatssekretären die freie Wirtschaft ansprechen, möchte ich Ihnen zunächst als Antwort die „Südwest Presse“ vom 27. Oktober 2003 zitieren. Ich zitiere wörtlich:

Zwar bestreitet niemand, dass Abgeordnete und Minister eigentlich zu schlecht bezahlt sind, misst man ihre Einkünfte an dem Salär, das vergleichbare Leute in der freien Wirtschaft kassieren.

(Abg. Wieser CDU: Oder bei Gewerkschaften!)

Dass in Deutschland, anders als etwa in den USA, so wenig Manager in die Politik wechseln, hängt auch mit dem Einkommensgefälle zusammen.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Es geht nicht um das Einkommen, sondern um die Rente!)

Hinzu kommt das Risiko, den Politikerjob ohne Kündigungsfrist jederzeit wieder verlieren zu können. Cem Özdemir oder Gregor Gysi können ein Lied davon singen. Schließlich registriert die Öffentlichkeit kaum, wie viele Nullrunden sich die Abgeordneten in der Vergangenheit bereits zugemutet haben.

Warum zitiere ich das? Im Kern trifft dieser Kommentar nämlich die Thematik. Sie kriegen aus der freien Wirtschaft kaum mehr Führungskräfte, weil dort ganz andere Verhältnisse herrschen, was Abfindungen und Wechsel angeht. Ich will hier keine Vodafone-Abfindungen ansprechen, aber was den Vergleich von Managern der freien Wirtschaft zu politischen Führungskräften angeht, so verdient mittlerweile jeder Kreissparkassenvorstand mehr als ein Minister in diesem Land. Das ist doch die Realität. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Drautz FDP/ DVP – Abg. Schneider CDU: So ist es!)

Meine Damen, meine Herren, ich denke deshalb, dass gerade die Überschrift des zitierten Leitartikels aus der „Südwest Presse“, „Symbol – aber gerecht“, den Charakter unseres Gesetzentwurfs trifft.

Weil Sie Stoiber angesprochen haben, Herr Kollege Stickelberger: Ein Gesetzentwurf von ihm liegt bisher gar nicht vor. Vielmehr wird in seinen Pressemitteilungen davon gesprochen, dass ein Minister, der zehn Jahre im Amt ist, ebenfalls ab 55 Jahren seine Versorgungsbezüge erhalten soll. Insoweit müssen Sie schon den Gesamtkontext auch seiner Verlautbarungen sehen.

Meine Damen, meine Herren, ich will abschließend nur noch einmal darauf hinweisen: Was sagen Sie eigentlich dazu, dass Nehmerländer beim Länderfinanzausgleich ihre Staatssekretäre und Minister höher besolden als das Land Baden-Württemberg als Geberland?

(Abg. Blenke CDU: Weil wir ihnen das Geld ge- ben! Weil sie das Geld von uns haben!)

Dazu hätte ich gern einmal eine Antwort gehabt. Ich glaube, wir sollten auch über diese Fragen einmal konsequent diskutieren.

Meine Damen, meine Herren, wir halten den Vorschlag von CDU und FDP/DVP zur Änderung des Ministergesetzes für angemessen und ausgewogen. Deshalb haben wir dies auch im Ständigen Ausschuss so diskutiert. Wir bitten Sie um Ihre Zustimmung, und wir glauben, dass es ein sehr, sehr akzeptabler Gesetzesvorschlag in der heutigen Zeit ist.