Protokoll der Sitzung vom 26.11.2003

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Stickelberger.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Manchmal habe ich in den letzten Minuten das Gefühl bekommen, ich müsste fast mit der Sammelbüchse im Land herumgehen, um für die Altersversorgung der Minister und Staatssekretäre zu sammeln.

(Abg. Seimetz CDU: Geh hin und tu das! – Abg. Drexler SPD: Herr Reinhart wollte schon sammeln! – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ich bringe Ihnen morgen einen Opferstock mit!)

Lassen Sie mich auf einige Gesichtspunkte eingehen. Herr Staatssekretär, Sie haben die Regelungen de lege lata und de lege ferenda dargestellt. Dies ist uns nicht weitgehend genug. Deshalb die Frage an die Landesregierung – Sie sind bereits darauf eingegangen; wir haben das schon im Ständigen Ausschuss besprochen –: Warum hat sich die Landesregierung von Baden-Württemberg dem bayerischen Vorschlag verschlossen? Der Ministerpräsident von Bayern hat vorgeschlagen, die Altersgrenze auf 65 Jahre zu setzen. Warum können Sie diesen Weg nicht mitgehen? Ein einleuchtender Grund hierfür ist mir bisher nicht deutlich geworden. Sie haben natürlich zu Recht darauf hingewiesen, dass auch die bayerische Regelung abschmelzende Bestimmungen enthält; das haben alle Versorgungsgesetze. Aber dem Grunde und dem Grundsatz nach ist der bayerische Weg richtig. Wir halten ihn für gangbar, und mit diesem Weg kann man sich auch vor der Öffentlichkeit zeigen.

Herr Dr. Reinhart, ich weiß nicht, ob Sie so sensibel wahrgenommen haben, was eigentlich in der Bevölkerung vorgeht.

(Abg. Walter GRÜNE: So sensibel ist er nicht! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Manchmal bin ich nicht sehr sensibel!)

So sensibel ist er nicht? Gut, Sie kennen ihn vielleicht besser. Ich unterstelle einmal, dass er es ja noch werden könnte.

Das Thema „Pensionen für Minister und Staatssekretäre“ steht ja für den öffentlichen Dienst, für das Ansehen der Politik insgesamt. Von diesen Regelungen geht eine enorme Signalwirkung aus,

(Abg. Fleischer CDU: Eben! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Das ist Populismus, was Sie betreiben!)

die wir nicht unterschätzen dürfen. Diese Signale müssen eindeutig sein, und sie müssen sich mit den Einschneidungen, die wir im öffentlichen Dienst hier in Baden-Württemberg vornehmen, und mit den Belastungen der Bevölkerung insgesamt vergleichen lassen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Fleischer CDU: Das ist Populismus, was Sie machen! Sie reden ja nur so, weil Sie wissen, dass Sie nie Minister werden!)

Ach, Herr Fleischer, das steht schon im Protokoll; das ist schon ein halbes Jahr alt.

(Abg. Fleischer CDU: Das ist heute noch sehr wichtig! – Abg. Blenke CDU: Er arbeitet sich vor!)

Das haben Sie wahrscheinlich für Ihren Zwischenruf heute nochmals gelesen.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Also, wenn die baden-württembergische SPD-Landtagsfraktion einem Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten folgt und Sie diesen Vorschlag für populistisch halten, dann lassen wir uns gern des Populismus bezichtigen, Herr Fleischer.

(Abg. Fleischer CDU: Was Sie gerade gesagt ha- ben, war populistisch!)

Ein Thema ist natürlich schon die Frage, wie wir qualifiziertes Personal für den öffentlichen Dienst, insbesondere die Politik, bekommen. Herr Dr. Reinhart, darüber sind wir uns ja auch einig. Das Beispiel, das Sie schon öfter gebracht haben, dass ein Sparkassendirektor im Grunde genommen mehr verdient als der Ministerpräsident, ist ein Zustand, den wir für nicht gut halten.

(Abg. Fleischer CDU: Ach, ja?)

Wir sind für qualifiziertes Personal. Da muss man sich über angemessene Bezüge und über eine angemessene Bezahlung unterhalten

(Abg. Fleischer CDU: Jetzt wird es besser! – Abg. Blenke CDU: Jetzt wird es gut!)

und kann das nicht über den Weg der Versorgung lösen. Das ist die falsche Schiene. Darüber sind wir uns einig. Dazu bieten wir Gespräche an.

(Abg. Fleischer CDU: Sehen Sie! Sehr gut! – Ge- genruf des Abg. Capezzuto SPD)

Herr Staatssekretär, ich weiß natürlich – Sie haben sich ja sehr sachlich dazu geäußert –: Es ist immer schwierig, in eigener Sache Stellung zu beziehen. Das gilt ja für das Parlament ebenso. Ich möchte nochmals betonen: Im Zusammenhang mit den Bezügen und der Versorgung der Minister und Staatssekretäre müssen wir auch über unsere eigene Versorgung diskutieren.

Noch ein letztes Wort zu den Regelungen im Bund – ich habe es vorhin schon gesagt –: Vergleichen Sie sich doch bitte nicht mit Bundesministern oder mit Staatssekretären im Bund. Der Herr Wirtschaftsminister hat noch in den letzten Tagen verkündet, wir hätten in Baden-Württemberg zwei Minister zu viel. Und dann vergleichen Sie sich permanent mit dem Bund! Bleiben Sie doch auf dem Teppich, und schaffen Sie eine Regelung, die für uns Baden-Würt

temberger angemessen und der Bevölkerung vermittelbar ist.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Reinhart lassen fast den Schluss zu, dass er den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, der ungefähr dem entspricht, was wir in der letzten Legislaturperiode eingebracht haben, gar nicht gelesen hat.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Nur substanzielle Anträ- ge!)

Sie reden davon, Herr Kollege, dass man zukünftig „Eintrittsgeld“ bezahlen müsse. Jetzt sage ich Ihnen einmal, was in dem Gesetzentwurf steht: Zukünftig beträgt der Sockelbetrag 30 %. Ich weiß nicht, was Sie unter „Eintrittsgeld“ verstehen. Aber das ist nicht gerade wenig Geld. Maximal kann man dann 70 % bekommen. Das steht in dem Antrag der Fraktion der SPD. Da kann man doch nicht sagen, es gehe um wenig Geld. Ich verstehe Sie da wirklich nicht. Es geht nicht darum, Leistungen zu schmälern. Es geht nicht darum, eine Neiddiskussion zu eröffnen. Aber – ich habe das vorhin schon ausgeführt – es geht um unsere Glaubwürdigkeit.

(Abg. Fleischer CDU: Ja, ja! Da haben Sie halt mehr Schwierigkeiten als wir! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Blicken Sie nach Nordrhein-Westfalen!)

Bei kleinen Beamten sind Sie ziemlich schnell bei der Hand. Aber wenn es um die Ministerpensionen geht, haben Sie Bedenken. Das kann ich nicht nachvollziehen.

(Beifall bei den Grünen)

Jetzt fragen Sie, Herr Kollege: „Warum sollen wir in Baden-Württemberg einen Sonderweg gehen?“ Welche Diskussion führen wir hier im Landtag, in der Sie nicht sagen: „Wir gehen den baden-württembergischen Sonderweg. Wir sind Spitze. Wir sind vornedran“? Aber da sagen Sie plötzlich: „Diesen Weg können wir nicht gehen.“

Warum kann dieses Parlament nicht nach seinem Selbstverständnis hergehen und sagen – ich rede jetzt speziell auch von den Abgeordnetenpensionen –: „Wir gehen hier einen ganz neuen Weg und wollen Vorbild sein für all die anderen“? Das ist ja auch das, was Herr Stoiber ausgeführt hat. Er hat hier angekündigt, er würde das in die Ministerpräsidentenkonferenz einbringen. Ich weiß nicht, ob er das getan hat. Wenn er es getan hat, dann offensichtlich mit wenig Erfolg. Er sagte: „Wir wollen Vorbild für alle anderen Bundesländer sein.“ Warum können wir in Baden-Württemberg nicht bei den Abgeordnetendiäten Vorbild für die anderen sein?

Jetzt komme ich noch zu den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs. In der Pressemitteilung von Herrn Stoiber wird klar gesagt, wer dem Kabinett länger als zehn Jahre

angehört habe, solle mit 60 Jahren Ruhegehalt beziehen können anstatt, wie bisher, ab 55 Jahren. Das ist eine klare Aussage. Ich hoffe, dass auf der Internetseite der bayerischen Landesregierung die richtigen Zahlen stehen. Denn darauf sollte man sich schon verlassen können.

Nun noch ein letzter Satz zum Führungspersonal. Ich habe das schon beim letzten Mal ausgeführt. Herr Kollege, natürlich gebe ich Ihnen völlig Recht: Auch Politikerinnen und Politiker sollen anständig bezahlt werden. Alles andere halte ich für Humbug.

(Abg. Fleischer CDU: Das ist etwas ganz Neues!)

Das ist nichts Neues, Herr Kollege Fleischer.

(Abg. Fleischer CDU: Von Ihnen schon! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Nein, auch nicht bei mir. Sie sollten mir öfter zuhören und nicht Ihre Vorurteile pflegen.

Allerdings sollte niemand, Herr Kollege Reinhart, in die Politik gehen, wenn er oder sie reich werden möchte. Da wäre er auf dem völlig falschen Pfad. Hier geht es um ganz andere Dinge. Ich möchte noch einmal Max Weber zitieren. Er fordert von Politikerinnen und Politikern Leidenschaft. Wer die nicht hat, der wird keine gute Politik machen. Ich kann das immer wieder sagen.

(Zuruf der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU – Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP: Von Leidenschaft allein kann man nicht leben!)

Wer nur deshalb in die Politik geht, um reich zu werden, ist eh nicht sonderlich intelligent; denn dann muss er sich etwas anderes suchen. Dann hat er sich zuvor nicht erkundigt. Zweitens wird er keine gute Politik machen. Deswegen ist das kein Argument, das in dieser Diskussion zählen kann.

Ich kann nur nochmals an Sie appellieren: Machen Sie bei dem Vorschlag, den Kollege Kretschmann an die Fraktionsvorsitzenden gerichtet hat, mit, damit wir in dieser Frage eine gute Regelung bekommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen deshalb zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung. Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses, Drucksache 13/2638.