Rainer Stickelberger

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Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Namens der SPD-Fraktion darf ich die Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf erklären.
Leider kann ich keine Abschiedsrede halten. Sie müssen weiter mit mir rechnen.
Danke schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Namens der SPD-Fraktion erkläre ich ebenfalls die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Danke schön.
Herr Kollege Drautz, stimmen Sie, wenn Sie aus Ihrer Mitarbeit zum Thema Messeraub für sich keine neuen Erkenntnisse gewonnen haben, der Erkenntnis zu, dass der Wirtschaftsminister, der von Ihrer Fraktion gestellt wird, und das Wirtschaftsministerium an diesem wirtschaftspolitisch hoch bedeutenden Prozess der Messeverlagerung nicht beteiligt waren?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich natürlich, dass wir dieses Thema noch in dieser Legislaturperiode erörtern. Denn sonst hätten wir ja Ihren geschätzten Redebeitrag nicht mehr vernehmen können –
wenngleich Sie vor einem Jahr möglicherweise dieselbe Rede gehalten hätten, die später hier der Kollege Oelmayer halten wird; ich weiß es nicht.
Meine Damen und Herren, es geht hier durchaus um ein ernstes Thema. Wir bewegen uns in einem Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf Informationszugang und dem Datenschutz. Da gibt es viele gute Argumente und auch viele Einwände; der Herr Minister hat während der ersten Lesung auch einige beachtliche Argumente ins Feld geführt.
Ich glaube, trotz dieses Spannungsverhältnisses besteht kein unüberbrückbarer Gegensatz zwischen diesen beiden Polen. Entscheidend ist, ob wir einen sinnvollen, gerechten Ausgleich zwischen den beteiligten Interessen finden. Deshalb sprechen ja viele in diesem Zusammenhang von zwei Seiten einer Medaille. Ich würde es eher so formulieren, wie es auch in der Rechtswissenschaft formuliert wird: Es handelt sich um zwei Säulen des Rechts in der Informationsgesellschaft. Dieses Spannungsverhältnis wird uns wahrscheinlich in den nächsten Jahren auch in der politischen Debatte noch zunehmend bewegen, wenn man an Entwicklungen im E-Government-Bereich und Ähnliches denkt.
Das Recht auf Information ist ja unserem Rechtssystem nicht fremd.
Wir haben in vielen Bestimmungen bereits Ansprüche formuliert, die unter bestimmten Voraussetzungen dieses Informationszugangsrecht normieren. Es handelt sich also um ein Zugangsrecht, das an bestimmte Voraussetzungen ge
knüpft ist. Insofern betreten wir mit diesem Gesetz jetzt Neuland. Denn es normiert die Informationsfreiheit zunächst einmal voraussetzungslos.
Voraussetzungslos bedeutet allerdings nicht einschränkungslos. Das wird in dem Gesetzentwurf, den die Grünen vorgelegt haben, auch deutlich zum Ausdruck gebracht. Denn darin ist ein umfangreicher Katalog an Ausnahmetatbeständen vorgesehen, durch die den Interessen, die schützenswert sind, unserer Auffassung nach auch Rechnung getragen wird.
Dabei möchte ich gleich hinzufügen: Uns wäre es lieber gewesen, wenn man das Bundesgesetz übernommen hätte. Ihr Gesetzentwurf, Herr Kollege Oelmayer, sieht da noch Modifizierungen vor, wandelt Mussbestimmungen in Sollbestimmungen um. Wir haben es da also doch mit einigen Änderungen zu tun. Aber wir glauben, dass die Balance zwischen den betroffenen Bereichen, die in Einklang gebracht werden müssen, insgesamt gewahrt wird.
Die Ausnahmen beziehen sich auf den Schutz behördlicher Entscheidungsprozesse – das ist ganz wichtig –, auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie auf den Schutz personenbezogener Daten. Ich glaube, dass damit den berechtigten Interessen Rechnung getragen ist.
Noch ein Wort zur Bürokratie: Sie haben die Fallzahlen aus Nordrhein-Westfalen genannt. Bei diesen Fallzahlen kann ich beim besten Willen nicht erkennen, worin das Bürokratieproblem bestehen sollte.
Wir haben jetzt auch in Massenverfahren – denken Sie an Planfeststellungsverfahren – oft Tausende von Einwendungen, die – bei geltendem Recht – auch erledigt werden. Ich glaube, hier drückt sich eher eine Angst vor dem Bürger aus. Wir trauen dem Bürger zu, dass er seine Anliegen berechtigterweise einbringt und das Rechtsinstitut, das geschaffen wird, nicht missbräuchlich verwendet.
Was das Thema Bürokratie angeht, Frau Dederer: Das neue Gemeindewirtschaftsrecht, dem Sie vor ein paar Tagen zugestimmt haben,
schafft wesentlich mehr Bürokratie als das, was nach dem vorliegenden Gesetzentwurf an Bürokratie zu befürchten wäre.
Im Übrigen glauben wir, dass sich die Behörden auf gesicherter Rechtsgrundlage auf dieses neue Gesetz einstellen
und mit ihm den Informationsbedürfnissen unserer Bürger durch eine offensive Informationspolitik Rechnung tragen.
Für die SPD-Fraktion signalisiere ich deshalb Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion signalisiere ich ebenfalls die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Das ist unproblematisch. Ihre Befürchtung, Herr Kollege Blenke, ich wür
de ein Grundsatzreferat zum Disziplinarrecht halten, ist unbegründet.
Aber freuen Sie sich nicht zu früh; eines möchte ich doch anmahnen.
Die Novellierung des Landesdisziplinarrechts steht seit vielen Jahren an und wird von der Regierung offensichtlich nicht in der gebührenden Form betrieben. Bereits im Jahr 2001 hat der Rechnungshof gerügt, dass Disziplinarverfahren in Baden-Württemberg zu lange dauern. Im Jahr werden über 1 Million € für Beschäftigte ausgegeben, die in einem Disziplinarverfahren stehen und nicht arbeiten. Ich glaube, das kann man dem Steuerzahler auf Dauer nicht zumuten.
Ihr Vorgänger, Herr Minister Rech, der Kollege Schäuble, hat in Ausführung eines Beschlusses des Finanzausschusses aus dem Jahr 2001 angekündigt, die Novellierung würde bis 30. Juni 2003 erfolgen. Bisher ist immer noch nichts passiert. Deshalb unser dringender Appell an die Regierung: Novellieren Sie das Landesdisziplinarrecht. In RheinlandPfalz ist das bereits im Jahr 2001 erfolgt.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die SPD-Fraktion darf ich ebenfalls die Zustimmung erklären. Der Herr Justizminister hat die Argumente aufgeführt. Denen schließen wir uns inhaltlich an.
Danke schön.
Herr Finanzminister, ist es zutreffend, dass Sie bei den Koalitionsverhandlungen in der entscheidenden Verhandlungskommission federführend beteiligt waren und dafür gelobt worden sind und dass Sie diesen Kompromiss von 19 % federführend mit ausgehandelt haben?
Herr Kollege Kurz, gestatten Sie eine Zwischenfrage: Sie haben eben das Klagerecht erwähnt. Glauben Sie im Hinblick auf die Langwierigkeit von gerichtlichen Verfahren nicht, dass dadurch Auftragsvergaben und Investitionsvorhaben verzögert werden und dass das insbesondere dem Mittelstand nicht hilft, der gerade auf eine schnelle Auftragsabwicklung angewiesen ist?
Herr Kollege Hofer, können Sie sich an die Aktuelle Debatte zum Antidiskriminierungsgesetz in diesem Haus erinnern, wo insbesondere die dort verankerten Klagerechte zu heftigem Protest Ihrer Fraktion im Hinblick darauf geführt haben, dass wegen dieser Klagemöglichkeiten wirtschaftliche Prozesse, insbesondere Investitionsvorhaben, blockiert oder zumindest auf die lange Bank geschoben werden? Sehen Sie nicht gerade in diesem Bereich die Gefahr, dass kommunale Investitionen, die im Interesse unserer Bürger liegen, wegen dieser Klagemöglichkeiten auf die lange Bank geschoben werden?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei unserem Gesetzentwurf geht es auf den ersten Blick lediglich um eine Zuständigkeitsregelung, nämlich darum, die Zuständigkeit für die Eintragung von Lebenspartnerschaften auf die Zuständigkeitsebene der Gemeinden herunterzuzonen. Wir halten das für sinnvoll.
Wir meinen, dass die im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform geführte Diskussion gezeigt hat, dass man den Kommunen möglichst viele Kompetenzen einräumen sollte.
Solche Kompetenzen gehören dorthin. Die Standesämter werden von den Kommunen in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit geführt. Sie sind dort fachlich bestens aufgehoben. Wir glauben, dass auch diese Materie von öffentlichen Aufgaben, nämlich die Eintragung von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, richtigerweise von den Gemeinden vorzunehmen ist.
Vordergründig geht es um eine Zuständigkeitsregelung. Ich hatte das gesagt. Aber das ist eben nur vordergründig so. Wir sollten vielleicht einen kleinen Blick zurück werfen. Denn Ausgangspunkt der bisher geltenden Zuständigkeitsregelung zum Lebenspartnerschaftsgesetz waren ja die Vor
behalte, die es in diesem Hause insbesondere auf Ihrer Seite gegen dieses Gesetz generell gegeben hat. Man wollte sich mit dieser Zuständigkeitsregelung bewusst von der Intention des Bundesgesetzgebers absetzen.
Gestatten Sie mir vielleicht einen kleinen Blick zurück: Heute Morgen sind wir ja bis in die Steinzeit zurückgegangen. Ich will vielleicht nur bis ins Mittelalter zurückgehen. Ich darf einmal kurz zitieren, was der von mir hoch geschätzte frühere Innenminister Dr. Schäuble damals zum Lebenspartnerschaftsgesetz gesagt hat:
Dieses Gesetz... wird eine tief greifende Veränderung unserer Gesellschaft nach sich ziehen, vor allem durch die damit verbundene Entwertung von Ehe und Familie.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man nun nach einigen Jahren der Erfahrung mit diesem Gesetz weiß Gott nicht konstatieren. Ich glaube, einige von Ihnen sind ja dann über das Mittelalter hinausgekommen,
Frau Netzhammer zwar nicht, und der von mir ebenfalls hoch geschätzte Kollege Zimmermann ebenfalls nicht. Aber immerhin hat Herr Minister Renner wesentliche Signale gegeben und unter anderem zum Ausdruck gebracht, dass die Landesregierung ein Signal für Toleranz setzt – eine solche Äußerung machte er damals im Zusammenhang mit den Auftritten zum Christopher Street Day. Auf dieses wirkliche Signal warten wir bis heute.
Ich glaube, es wäre jetzt – vier Jahre, nachdem dieses Gesetz in Kraft getreten ist – an der Zeit für Sie, in die Neuzeit zu kommen. Die FDP wollte da schon immer hin. Sie hat sich dann aber auch nicht ganz getraut, Herr Dr. Noll. Es wäre nunmehr angebracht, in die Neuzeit zu kommen, auch wenn der von mir ebenfalls hoch geschätzte Kollege Hillebrand damals in seiner Stellungnahme im Rahmen der Aussprache über dieses Gesetz noch gemeint hat, ihm gehe das Messer im Sack auf bei den materiell-rechtlichen Regelungen dieses Gesetzes.
Ich glaube, diese mittelalterlichen Äußerungen sollten wir überwinden. Es wäre jetzt an der Zeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Übertragen Sie die Zuständigkeit auf die Kommunen. Dort ist sie bestens aufgehoben.
Ich glaube, die Zeichen der Zeit sollten Sie annehmen
und hier nicht weiter den alten Vorurteilen nachhängen, die Sie damals gegen das Gesetz gehabt haben.
Das Gesetz in seiner Durchführung – in der Praxis, wie wir es erlebt haben – hat seine Berechtigung und ist eigentlich
ohne große Einbußen über die Bühne gegangen. Es wird von den Landratsämtern auch angewandt, ohne dass es Probleme gäbe. Weil dies so ist, glaube ich, sollten wir hier ein Stück weit zur Normalität zurückkehren und die Gemeinden das in Zukunft auch machen lassen.
Zur Normalität.
Herzlichen Dank.
Herr Minister, gestatten Sie gerade eine Zwischenfrage zu diesem Komplex, dass Richter eben das Jugendstrafrecht nach Ihrer Auffassung wohl entgegen der Ratio Legis anwenden. Gehen Sie davon aus, dass die Rechtsanwendung durch die Richter gerade in diesem Bereich nicht auf sachgerechten, vernünftigen Erwägungen beruht und jeweils auf den Einzelfall abstellt?
Herr Minister, ich habe noch eine Frage zur Heraufsetzung des Strafrahmens von 10 auf 15 Jahre. Sie haben deutlich gemacht, dass das die Delikte Mord, Totschlag betrifft, also ganz schwere Delikte. Auf der andere Seite haben Sie und hat auch der Kollege Theurer ausgeführt, dass die meisten Delikte, die von Jugendlichen begangen werden, Episodencharakter hätten. Wie verträgt sich diese Einschätzung mit der Heraufsetzung des Strafrahmens?
Denn die Delikte, die wirklich die Ausschöpfung des Strafrahmens gebieten, sind in der Relation zu den Massendelikten von Jugendlichen ja sehr selten. Wie passt das zusammen: einerseits Episodencharakter, aber andererseits dann doch eine Heraufsetzung des Strafrahmens insgesamt?
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis zur zweiten Lesung dieses Gesetzentwurfs ist jetzt ein halbes Jahr vergangen, es war also eine schwierige Geburt. Das hat vor allem seinen Grund in den europarechtlichen Vorgaben, die bei diesem Gesetz zu beachten sind.
Vorweg meinerseits eine Anerkennung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justizministeriums, die diese schwierige Materie aufarbeiten müssen. Gleichwohl haben wir von Anfang an zu diesem Gesetzentwurf Einwände formuliert; das haben auch die Notarverbände, die Kommunen sowie der Städtetag und der Gemeindetag getan. Diese Einwände konnten teilweise berücksichtigt werden.
Wir haben uns unter anderem vor allem an der Gläubigereigenschaft der Notare gestört, die als Privatpersonen Gläubiger werden. Das ist eine systemfremde Regelung, die es in dieser Form bisher wohl kaum gegeben hat. Gleichwohl – Herr Dr. Schüle hat darauf hingewiesen – kann der Einzug der Gebühren von Staats wegen erfolgen.
Ich will aber nicht kleinlich an einzelnen Regelungen herummäkeln. Herr Dr. Schüle, Sie haben zwei Bereiche ge
nannt, in denen im Ständigen Ausschuss aufgrund Ihres Änderungsantrags Korrekturen erfolgt sind. Das war ein unübersichtlicher Änderungsantrag – Herr Justizminister, das haben Sie selbst im Ständigen Ausschuss gesagt. Das hängt mit den Schwierigkeiten dieses Gesetzes zusammen. Die Kappungsgrenze ist gefallen, und die Teilkompensation – sozusagen in Umgehung der europarechtlichen Vorgaben – ist auch beseitigt, sodass diese beiden Problembereiche ausgeklammert werden können.
Wir hatten von Anfang an Bedenken im Hinblick auf Artikel 3 des Grundgesetzes. Dies hängt mit dem bestehenden Rechtszustand zusammen. Wir haben schon jetzt unterschiedliche Regelungen, die historisch gewachsen sind, für die badischen und für die württembergischen Notare. Diese Zersplitterung der rechtlichen Regelungen findet ihre Fortsetzung im Gebührenrecht und wird uns wahrscheinlich auch in Zukunft weiter beschäftigen, zumal wir – Herr Dr. Schüle hat zu Recht darauf hingewiesen – noch nicht genau wissen, was im Hinblick auf das Europarecht noch auf uns zukommen kann. Wenn sich die Auffassung durchsetzt, dass allein die Gebührenerhebung durch Beamte schon problematisch sein könnte, werden uns noch gravierende Änderungen bevorstehen. Herr Justizminister, Sie haben ebenfalls darauf hingewiesen.
Gleichwohl ist natürlich eines zu beachten und aus unserer Sicht besonders problematisch: Die gebührenrechtlichen Regelungen lassen sich nicht von der grundsätzlichen Frage trennen, wohin die Reise im Notarwesen geht. Geht sie in Richtung Vollprivatisierung? Dies hat vor allem die FDP/ DVP vertreten. Ich erinnere an die Ausführungen von Frau Berroth beim letzten Württembergischen Notartag, wo sie sehr stark Akzente in diese Richtung gesetzt hat. In derselben Veranstaltung hat Herr Mack von der CDU-Fraktion sozusagen eine Bestandsgarantie für das württembergische Bezirksnotariat abgegeben.
Herr Dr. Birk, das mag ja so sein. Wir bewegen uns allerdings in diesem Spannungsfeld. Diese Gegensätzlichkeit setzt sich auch fort und wird besonders im Hinblick auf europäische Vorgaben problematisch. Wie man diesen gordischen Knoten lösen wird, wird sich zeigen. Das Justizministerium ist hier weiter gefordert.
Jetzt wurde ja die Bundesnotarordnung geändert, damit in Baden 25 freie Notarstellen geschaffen werden können. Das Gesetz selbst geht ja viel weiter. Es ermächtigt generell zur Privatisierung des Notariats in Baden in dieser Richtung. – Herr Mack, Sie schütteln den Kopf.
Die 25 Notariate beruhen ja auf einer Koalitionsvereinbarung. Der rechtliche Rahmen geht jedenfalls viel weiter. Die Koalition wird sich irgendwann einmal entscheiden müssen, was sie eigentlich will, ob sie voll in die Privatisierung gehen oder die bisherigen zersplitterten Rechtszustände aufrechterhalten will.
Ich muss dazu sagen: Dabei sind CDU und FDP/DVP noch so weit auseinander wie Nordpol und Südpol. Solange dies so ist, werden wir auch im Gebührenrecht die Probleme in absehbarer Zeit nicht dauerhaft und zuverlässig lösen können.
Vor diesem Hintergrund, wegen dieser Dimension des Notariatswesens und angesichts der Frage, wohin insgesamt die Reise geht, werden wir uns, auch wenn wir einzelne Regelungen in diesem Gesetz durchaus für notwendig und sinnvoll erachten, heute der Stimme enthalten.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir jetzt gemeinsam die geballte Frauenpower erlebt haben, versuche ich, das nächste Thema mit männlicher Sanftmut anzugehen –
ein sicher sensibles Thema.
Meine Damen und Herren, mit unserem Gesetzentwurf wollen wir erreichen, dass die bisher in Baden-Württemberg geltende Regelung zur Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vereinfacht wird. Bisher sieht die gesetzliche Regelung vor, dass dies bei den Landratsämtern bzw. bei den Stadtkreisen zu geschehen hat. Unser Gesetzentwurf sieht vor, dies den Standesämtern bei den Gemeinden zu übertragen, die auch sonst im Personenstandsbereich und für familiäre Angelegenheiten die zuständigen Stellen sind.
Meine Damen und Herren, ich darf vielleicht etwas weiter ausholen – sehen Sie es mir nach –:
Eine Demokratie ist dann stark, wenn sie unterschiedliche Lebensformen zulässt und niemanden ausgrenzt. Diskriminierung und Intoleranz dürfen in einer modernen und leistungsfähigen Bürgergesellschaft keinen Platz haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite, hier hätten eigentlich auch Sie klatschen können. Denn ich habe eben Ihren Herrn Ministerpräsidenten zitiert, der dies in einem Grußwort anlässlich des Christopher Street Days vor wenigen Wochen so gesagt hat.
Zum Ausgrenzen: Wir meinen, dass die bisherige Zuständigkeitsregelung ausgrenzt und wir dies ändern sollten. Ich glaube, Sie wären gut beraten, wenn Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen würden – nicht nur, weil wir ja allgemein über Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungsreform diskutieren. Herr Innenminister, hier könnte die Landesregierung einen echten Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung leisten. Wenn Sie unserem Gesetzentwurf zustimmten, könnte durch einen Federstrich eine Zuständigkeitsregelung, eine Sonderregelung, die die Zuständigkeit den Landratsämtern zuweist, mit einem Schlag vom Tisch gewischt werden. Dies wäre ein schneller Beitrag zur Vereinfachung unserer Vorschriften im Verwaltungsbereich, insbesondere im Personenstandsbereich.
Ich habe natürlich in den letzten Wochen die Diskussion aufmerksam verfolgt. Ich schaue einmal in die Runde. Ich sehe Herrn Zimmermann, ich sehe auch andere, die sich zum Thema Christopher Street Day sehr deutlich geäußert haben.
Ich habe doch den Eindruck gewonnen, dass sich viele auf der rechten Seite des Hauses, bei der CDU, schwer tun, sich mit dem Thema Homosexualität auseinander zu setzen.
Es geht mir nicht um den Christopher Street Day, sondern um die Auseinandersetzung mit diesem Thema. Ihr Fraktionsvorsitzender Mappus hat dazu ja gegenüber der „bwWoche“ gesagt:
Beim Thema Homosexualität besteht Nachholbedarf. Wir haben aber kein Problem, uns mit dem Thema in der Sache zu befassen.
Also tun wir das doch einmal.
Wie haben Sie es gemacht? Denken wir einmal an den Medienrummel, den Sie entfacht haben: Von der SeniorenUnion bis zur Jungen Union – alle haben sich zu diesem Thema lautstark geäußert. Man höre und staune: Die „Bild“-Zeitung hat sogar vom „Frauenaufstand in der CDU“ gesprochen. Hätten Sie sich vorstellen können, dass die Frauen in der CDU einen Aufstand wagen?
Ja, Frau Netzhammer hat sich da ja geäußert.
Da müssen wir uns doch fragen, ob Sie wirklich sachlich mit diesem Thema umgehen oder ob Sie nicht die längst vergessen geglaubten Diskussionen der Sechziger- und Siebzigerjahre an dieser Stelle nachholen. Das müssen wir uns ernsthaft fragen.
Der Herr Sozialminister hat sich ja dieses Themas angenommen
und darauf hingewiesen, dass wir 700 000 Lesben und Schwule haben, die auch Kinder haben. Er hat das unter dem Thema Familienpolitik angesprochen, hat sich dazu dezidiert geäußert und entsprechend Kritik auf sich gezogen. Die „Stuttgarter Nachrichten“ schreiben in diesem Zusammenhang zu Recht:
Es bedarf langwieriger Überzeugungsarbeit in diesem Bereich, die Renner bisher nicht geleistet hat.
Ich glaube, mit dieser lautstarken Diskussion, wie sie bei Ihnen abgelaufen ist, leisten Sie auf Dauer keinen Beitrag. Nehmen Sie sich des Themas ernsthaft an! Herr Renner als zuständiger Minister ist aufgerufen, zunächst einmal hier bei Ihnen die nötige Überzeugungsarbeit zu leisten.
Ich würde auch unserem liberalen Justizminister empfehlen, sich hier zu Wort zu melden.
Die FDP springt doch immer sehr stark in die Bresche, wenn es um Bürgerrechte, um den Schutz der Individualrechte geht.
Da würde ich gerne Ihre Stimme hören und erfahren, wie Sie sich zu diesem Thema stellen. Stimmen Sie doch unserem Gesetzentwurf zu! Dann leisten Sie nicht nur einen Beitrag zur Entbürokratisierung, sondern tun auch etwas für die Betroffenen.
Die Zuständigkeitsregelung ist bürokratischer Ballast. Den braucht man doch nicht, Frau Berroth.
Herr Goll hat ja vor einigen Jahren dafür gekämpft, dass sich die Landesregierung bei der Abstimmung über das Lebenspartnerschaftsgesetz im Bundesrat der Stimme enthalten hat. Und der verstorbene Kollege Dr. Glück, den ich sehr geschätzt habe, hat sich zu diesem Thema sehr differenziert und behutsam geäußert. Ich würde mich freuen, wenn die FDP/DVP weiterhin in dieser Tradition stünde.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch darauf hinweisen: Es gibt eine Bundesratsinitiative des Stadtstaates Hamburg – sie ist jetzt ein Jahr alt –, initiiert vom Ersten Bürgermeister Ole von Beust. Der dort eingebrachte Entschließungsantrag sieht als einen der ersten Punkte vor, die Zuständigkeit in diesem Bereich auf die Standesämter zu übertragen.
Mir scheint, wenn ich in die Runde blicke, der CDU-Kollege aus Hamburg ist wesentlich weiter als Sie. Folgen Sie doch seinem Beispiel, und stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!
Meine – –
Warten wir einmal, bis sich die Erregung legt.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns geht es nicht um die Veranstaltung Christopher Street Day, sondern uns geht es darum, aufzuzeigen, inwieweit Ankündigungen der Landesregierung und Taten in Einklang stehen. Das ist für uns die entscheidende Frage.
Ich darf weiter aus dem Grußwort des Ministerpräsidenten zitieren. Dort heißt es:
Die Landesregierung wird Konzepte entwickeln, die der unterschiedlichen Lebenswirklichkeit von Familien mit Kindern noch besser als bisher gerecht werden.
Damit meint man gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Vor diesem Hintergrund passt es überhaupt nicht zusammen, wenn derart schrill argumentiert wird, wie ich das durch den Medienrummel der vergangenen Wochen erlebt habe.
Frau Berroth, es geht nicht nur darum, eine Verwaltungsvorschrift oder ein Gesetz, das eine Zuständigkeitsregelung enthält, zu ändern, sondern es geht darum, Buchstaben und Geist eines Bundesgesetzes auszufüllen und eine landesrechtliche Regelung zu beseitigen, die weit hinter der gesellschaftlichen Wirklichkeit und den rechtlichen Erfordernissen zurückbleibt. Darum geht es und um nichts anderes.
Sie haben ja die Beispiele genannt, wo die Lebenspartnerschaften bei den Standesämtern eingetragen werden.
Ich kann nicht feststellen, dass man dort einen besonderen Angriff auf die Familie oder die familiäre Situation oder gar das Familienbild, das historisch gewachsen ist, erlebt hätte. Das hat sich normal eingespielt. Diese Normalität sollte man im ganzen Land auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften übertragen. Ganz ruhig bleiben und tiefstapeln! Für mich ein ganz normaler Vorgang.
Herr Kollege Kurz, die Diskussion, die Sie vorhin geführt haben, geht ja an die Substanz des Lebenspartnerschaftsgesetzes insgesamt. Sie haben aufgezählt, welche Regelungen da bisher bestehen. Nur war die CDU immer gegen diese Regelungen und hat sie auf Bundesebene immer abgelehnt.
Eines muss ich Ihnen auch sagen: Die Diskussion darüber ist natürlich müßig, denn das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. Juli 2002 festgestellt, dass die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft den Gesetzgeber nicht hindert, gleichgeschlechtliche Lebenspart
nerschaften mit Rechten und Pflichten auszustatten, die denen der Ehe gleich- oder nahe stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat also die Diskussion, die Sie vorhin begonnen haben, eigentlich abschließend kommentiert und damit die rechtsverbindliche Richtung für die Zukunft aufgezeigt.
Im Übrigen glauben wir: Die Weigerung, sich diesem relativ einfachen Gesetzentwurf anzuschließen, steht natürlich in der Tradition mit anderen Dingen, beispielsweise dem Ausbau der Ganztagsschulen, auch in der Regierungserklärung groß angekündigt, gemünzt auf ein großstädtisches, aufgeklärtes Publikum – die Fraktion macht entsprechende Rückzieher in der praktischen Politik, in der Umsetzung. Ähnliches erleben wir bei den Managergehältern, wo auf Zeit gespielt wird. Auch dort folgen den großen Worten keine Taten.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die DNA-Analyse ist zu einem festen Bestandteil des Strafverfahrens geworden. Sie hat sich in der letzten Zeit als Instrument bei der Strafverfolgung und der Ermittlung von Straftätern bewährt. Ich darf in diesem Zusammenhang an den Fall Moshammer erinnern, der uns quer durch alle Parteien veranlasst hat, die Anwendung des Instruments der forensischen DNA-Analyse auszuweiten.
Wo stehen wir heute? Es gibt mittlerweile einen Gesetzentwurf der Bundesregierung. Er wurde vor wenigen Tagen in erster Lesung im Bundestag beraten. Die zweite Lesung steht morgen an. Das Gesetz soll am 8. Juli im Bundesrat behandelt werden. Dieses Gesetz enthält ergänzende zusätzliche Bestimmungen, die nach unserer Auffassung den Anwendungsbereich der DNA-Analyse in sinnvoller Weise erweitern und gleichzeitig die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verwendung dieses Instruments gewährleisten.
Die Diskussion über die Erweiterung der DNA-Analyse ist ja nicht neu. Herr Justizminister, Sie erinnern sich an den Vorstoß Bayerns im Bundesrat, der dann letztlich nicht verabschiedet wurde. Es hat sich gezeigt, dass in der Koalition hier im Stuttgarter Landtag offensichtlich unterschiedliche Bewertungen zu diesem Thema existieren. Deshalb möchten wir heute von Ihnen, der Landesregierung, wissen, wie Sie zu diesem Gesetzentwurf stehen. Weil die Beratungen im Bundestag und im Bundesrat anstehen, müssen Sie heute Farbe bekennen, wie Sie zu diesem Gesetzentwurf stehen. Wir fordern Sie daher mit unserem dringlichen Antrag auf, dem Gesetzentwurf, wie er derzeit im Bundestag vorliegt, zuzustimmen.
Diese Erklärung, Herr Justizminister, ist umso dringender, als wir in der letzten Zeit erheblich verwirrt wurden, nachdem wir einen deutlichen Schlingerkurs wahrgenommen haben. Als sich damals der Vorschlag Bayerns im Gesetzgebungsverfahren befand, haben Sie sich dazu sehr kritisch geäußert und verlauten lassen, dass sich die Koalition da wohl der Stimme enthalten müsse. Wenige Zeit später haben wir eine Pressemitteilung des damaligen Ministerpräsidenten Teufel erhalten, in der zu lesen war, dass BadenWürttemberg der Initiative Bayerns im Bundesrat zugestimmt hat. Allerdings ist dieser Entwurf dann nicht weiterverfolgt worden, weil er keine Mehrheit gefunden hat. Sie haben groß angekündigt, dass Sie sich diesem Entwurf verschließen. Viel geworden ist aus diesem Widerstand aber nicht. Offensichtlich konnten Sie sich in der Koalition nicht durchsetzen.
Deshalb heute unsere Frage: Was gilt denn nun eigentlich? Wo stehen Sie?
Die CDU hat in der ersten Lesung im Bundestag signalisiert, dass sie sich dem Gesetz letztlich nicht verschließen würde.
Sie hat deutlich gemacht, dass es sich bei dem Gesetzentwurf um die zweitbeste Lösung handeln würde. Die CDU wollte viel mehr – dagegen haben wir rechtsstaatliche Be
denken –, während die Vertreterin der FDP-Fraktion sogar – man höre und staune – von einem „schwarzen Tag für Deutschland“ gesprochen hat, falls dieses Gesetz in der vorliegenden Fassung verabschiedet würde.
Das reiht sich in die sehr populistischen Äußerungen ein, die wir in der letzten Zeit von der FDP gehört haben,
etwa zum Thema Bankgeheimnis, und lässt aus unserer Sicht wieder einmal auf ein äußerst bedenkliches Staatsverständnis schließen, wie wir es schon bei dem Thema Bankgeheimnis kritisiert haben.
Sie selber, Herr Justizminister, haben ja den „ersten und besten Vorschlag“, wie es einmal formuliert wurde, eingebracht: dass man Mehrfachtäter auch bei nicht schweren Taten schon in die Speicherung von Daten einbezieht. Dem ist der Gesetzentwurf, wie er jetzt im Bundestag vorliegt, gefolgt. Wenn man das, was Sie öffentlich postuliert haben, mit dem vergleicht, was jetzt im Bundestag vorliegt, kann ich keine allzu großen Unterschiede feststellen. Ich meine, dann müssten Sie doch heute erklären können, dass die Landesregierung diesem Gesetz zustimmt.
Die Einzelheiten dieses Gesetzes – darüber werden wir noch diskutieren – beziehen sich auf folgende Punkte:
Der Richtervorbehalt bei der Untersuchung von Spuren, etwa an einem Tatort, und bei Einwilligung des Betroffenen wird künftig entfallen. Das halten wir für vertretbar. Die CDU will noch weiter gehen und den Richtervorbehalt noch viel weitgehender ausschließen. Wir halten das wiederum für zu weitgehend.
Dann gibt es eine gesetzliche Regelung für Reihengentests, die rechtspolitisch und verfassungsrechtlich sicher geboten ist. Dem wird mit dem Gesetzentwurf Rechnung getragen.
Die Speicherung in der DNA-Kartei bezüglich schwerer Straftaten, insbesondere Sexualstraftaten, wird erweitert auf die mehrfache Begehung leichterer Straftaten, die aber gleichwohl auf eine hohe kriminelle Energie schließen lassen. Unseres Erachtens ist das eine sachgerechte Erweiterung.
Das Gesetzeswerk hält insgesamt aus unserer Sicht eine vernünftige Balance zwischen dem, was die Polizei verlangt, was ermittlungstaktisch erforderlich ist, was die Strafverfolgung insgesamt gebietet, und andererseits dem, was rechtsstaatliche Anforderungen zum Schutz Betroffener und solcher Personen, die sich einem Gentest unterziehen bzw. deren Daten gespeichert werden, angeht. Hinzu kommen Informationspflichten und Rechtsschutzmöglichkeiten für Betroffene, sodass wir glauben: Nach dem, was jetzt im Bundestag vorliegt, und nach dem, was Sie öffentlich verkündet haben, Herr Justizminister, sollten Sie heute die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf erklären.
Danke.
Lieber Kollege Theurer, den Antrag, den wir gestellt haben, ziehen wir noch nicht zurück. Wir sollten schon noch einmal kurz auf einige Punkte eingehen.
Herr Justizminister, Sie haben jetzt sehr genüsslich unter Hinweis auf die Berichterstatterin im Bundestag erwähnt, dass sich die SPD doch massiv bewegt habe. Gleiches kann
ich Ihnen auch attestieren. Sie haben sich auch weit von dem entfernt, was Ihre Berichterstatterin noch am 17. Juni zu diesem Gesetzentwurf gesagt hat, den Sie jetzt eigentlich inhaltlich unterstützen. Da hat die gute Frau Piltz gesagt:
Für die Bürgerrechte in diesem Land wäre es ein schwarzer Tag, wenn das von Rot-Grün vorgelegte Gesetz in Kraft tritt. Das Gesetz trägt die Handschrift einer Politik, die in der Abwägung zwischen Bürgerrechten und vermeintlicher Steigerung der Sicherheit immer diejenige Maßnahme wählen wird, die zulasten der Bürgerrechte geht.... Die Menschen in unserem Land werden immer mehr zum Objekt staatlichen Handelns. Ich frage Sie: Wo bleiben die Rechte der Bürger?
Das frage ich Sie auch, wenn Sie jetzt unserem Gesetzentwurf zustimmen. So gesehen haben sich also bei diesem Diskussionsprozess alle bewegt.
Herr Kollege Blenke, Sie haben ja für die CDU signalisiert, dass Sie sich inhaltlich diesem Gesetz nicht widersetzen. Wenn Sie uns jetzt dafür rügen, dass wir hier eine Eilbedürftigkeit sehen, kann ich Ihnen nur entgegenhalten: Sie haben das monate- und jahrelang angemahnt. Sie haben immer die Verschärfung gewollt und von uns verlangt, dass mehr getan wird. Jetzt, wo wir das getan haben, geht es Ihnen plötzlich zu schnell. Das passt auch nicht zusammen. Also irgendwann müssen Sie sich schon einmal entscheiden: Wollen Sie das Gesetz so und jetzt, oder wollen Sie es nicht?
Herr Justizminister, Ihre Ankündigung, dass Sie aufgrund der Beratungen den Vermittlungsausschuss nicht anrufen werden, haben Sie allerdings mit dem Hinweis auf die Koalitionsdisziplin, auf die Koalitionsräson relativiert, da das natürlich in einer Koalition in der Regierung abgesprochen werden muss. Wir können unseren Antrag nur zurücknehmen, wenn wir ganz sicher sind, dass dieses Gesetz ohne Beanstandung durch Baden-Württemberg durch den Bundesrat geht. Wenn das verbindlich feststeht, können wir unseren Antrag heute für erledigt erklären lassen. Ansonsten lassen wir darüber abstimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ehrlich gesagt, ich bin über die bisherige Diskussion erschüttert. Damit meine ich nicht den Kollegen Dr. Schüle, der die bisherige Geschichte des Gesetzes sehr sachlich dargestellt hat. Ich bin erschüttert über Sie, Herr Theurer. Sie haben das Bild eines Überwachungsstaates, einer Bananenrepublik gemalt, das mit der Wirklichkeit in Deutschland weiß Gott nichts zu tun hat.
In welcher Welt leben Sie eigentlich, wenn Sie so tun, als hätten wir hier Zustände wie in der ehemaligen DDR? Ich glaube, dagegen sollten wir uns alle verwahren.
Aber die verbalen Entgleisungen gehören ja zur Rhetorik, die die Aktivitäten Ihres Justizministers begleitet.
„Stratthaus redet Quatsch!“ – so Originalton Theurer.
Sie können damit natürlich nur mühsam verdecken, dass Sie der Herr Finanzminister im Bundesrat zu Recht zurückgepfiffen hat.
Sie unternehmen im Bundesrat Vorstöße, die nicht mit der Landesregierung abgestimmt sind, werden dann zurückge
pfiffen und schaden dadurch dem Ansehen unseres Landes auch im Bundesrat.
Dass darüber ein koalitionsinterner Streit bestehen mag, freut uns weiß Gott nicht und ist auch nicht primär unser Problem. Herr Justizminister, uns stört vor allem, in welch populistischer und reißerischer Weise Sie rechtspolitische Themen auf Bundesebene angehen. So darf man nicht mit rechtspolitischen Fragen umgehen, vor allem dann nicht, wenn es um so subtile Bereiche wie das Bankgeheimnis geht – ein schützenswertes Gut, dem andere gewichtige öffentliche Belange gegenüberstehen.
Aber das reiht sich leider ein in eine Reihe Ihrer Vorstöße, die Sie in letzter Zeit unternommen haben, zum Beispiel in der vorletzten Plenardebatte „Statt der Wahrheit Strafe“. Dabei ging es um Vaterschaftstests. Oder ich erinnere an die Diskussion zu dem Gesetz, mit dem Diskriminierungen in der Bundesrepublik verhindert werden sollten. Dieses Gesetz haben Sie als „Ausgeburt kranker Hirne“ bezeichnet.
Mit solchen Vokabeln begleiten Sie die rechtspolitische Diskussion in diesem Land – nur um in die Schlagzeilen zu kommen! Der Sache erweisen Sie damit einen Bärendienst.
Steuerbetrug muss in gleicher Weise wie Sozialbetrug bestraft werden.
Darüber sollten wir uns alle einig sein. Ich bin dem Herrn Finanzminister dankbar dafür, dass er das in letzter Zeit auch mit aller Klarheit gesagt hat, vor allem an Ihre Adresse, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP/DVP, und an Ihre Adresse, Herr Justizminister. Wir haben den Eindruck, dass bei Ihnen das Motto gilt: Täterschutz vor Opferschutz. Das können wir nicht hinnehmen.
Ich möchte einmal auf die Einzelheiten dieses Gesetzes eingehen: Natürlich besteht ein Konflikt zwischen den schützenswerten Interessen des Einzelnen einerseits und dem Interesse des Staates und seiner Bürger an Steuergerechtigkeit und gleichmäßiger Erhebung der Steuern andererseits. Die Wahrung der Interessen des Staates ist nicht zu viel verlangt. Wir haben in der Bundesrepublik Steuersätze, die richtigerweise angewandt werden und für alle gelten, und die Steuern sind von allen zu zahlen.
Deshalb, Herr Justizminister, verstehen wir das ganze Getöse, das Sie veranstalten, nicht. Was regelt denn das Gesetz, was regelt der bisherige Erlass, dem übrigens auch das Finanzministerium Baden-Württemberg zugestimmt hat? Sie können Konten abfragen. Sie können abfragen, wer wo
ein Konto führt. Was nicht offen gelegt wird, sind der Kontostand und die Kontobewegungen.
Das wird in der öffentlichen Diskussion von Ihnen tunlichst verschwiegen.
Da sind wir bei einer Einschränkung von subjektiven Rechten, die im Interesse aller Bürger dieses Staates, die ihre Steuern zahlen, hingenommen werden muss.
Eines ist klar: Wenn Steuerbetrug und Sozialbetrug nicht konsequent verfolgt werden, zahlen das alle Bürger, alle kleinen Leute, die treu und brav ihre Steuern zahlen. Daher sollen Steuerbetrug und Sozialbetrug weiterhin konsequent verfolgt werden.
Ich bin gespannt, was Sie in der zweiten Runde zur Rechtfertigung Ihrer Position noch vorbringen können. Wir sind uns jedenfalls in dieser Frage mit dem Finanzminister des Landes Baden-Württemberg,
was sonst nicht immer vorkommt, einig.
Danke.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Justizminister, nachdem der Herr Finanzminister Herrn Theurer und damit auch Ihnen derart die Leviten gelesen hat, hätte ich eigentlich erwartet, dass Sie hier ans Rednerpult treten und zu Ihrer Verteidigung zumindest einige Sätze vorbringen.
Aber die Verteidigung wird für Sie aufgrund der bestehenden Fakten und der Rechtslage natürlich schwierig.
Herr Theurer, Sie haben jetzt einen Grundkurs in Steuerpolitik erhalten, vor allem auch in Steuerrecht; da scheinen ja Ihre Defizite am größten zu sein. Vielleicht sollten Sie bei ähnlichen Vorstößen in Zukunft vorher den Rat des Finanzministers einholen, der Sie dann zumindest auf den rechtlich richtigen Weg führt.
Was aber in diesem Zusammenhang viel schwerer wiegt als Ihre aufgeblähte Rhetorik, ist das Staatsverständnis, das Sie zugrunde legen.
Für mich ist es erschütternd, dass eine Partei wie die FDP mit liberaler Tradition ein derart distanziertes, negatives Verhältnis zum Staat propagiert.
Das ist das eigentlich Bedenkliche und Enttäuschende in dieser Diskussion.
Mit uns ist eine Politik nach dem Motto „Den Staat schwächen, wo es geht“ nicht zu machen. Das kann ich Ihnen versichern.
Die Steuererhebung in Baden-Württemberg bereitet den meisten Leuten keine schlaflosen Nächte. Wir haben eine gut funktionierende Finanzverwaltung. Wir haben gut ausgebildete Beamte, die nach Recht und Gesetz ihre Arbeit verrichten.
Zweitens: Wir haben eine Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die sich in den Hauptsacheverfahren noch vertiefen wird und die dem vorliegenden Gesetz, das ja schon einige Zeit in Kraft ist, die Verfassungsmäßigkeit bescheinigt. Wenn man die Rechtsprechung genau liest und dem zugehört hat, was der Herr Finanzminister dazu gesagt hat, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass die Regelungen, die jetzt bestehen, geradezu geboten sind im Interesse der Steuergerechtigkeit und um zu verhindern, dass Steuerbetrug stattfindet. Auf diesem rechtlichen Boden bewegen wir uns.
Was die inhaltlichen Dinge angeht, ist auch das, was das Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben hat, nicht neu. Es wurde gesagt: Es gibt bisher schon einen Erlass, der im Wesentlichen die geltenden Abläufe regelt. Darin ist unter anderem vorgesehen – ich darf das vielleicht einmal zitieren – –
Bitte schön.
Herr Kollege Haas, das wäre ja noch schlimmer, als ich bisher angenommen habe.
Bisher habe ich geglaubt, und dieser Eindruck hat sich bei mir nach wie vor gehalten, dass der Herr Justizminister die rechtlichen Regelungen zwar kennt, aber ihr Ausmaß, ihre Bedeutung und ihre Berechtigung in der Öffentlichkeit verschleiert. Das ist bisher mein Eindruck.
Wenn es nicht auf die Redezeit angerechnet wird.
Ich würde vorschlagen, Herr Kollege Haas, dass Sie das nachher den Herrn Justizminister selber fragen.
Ich weiß natürlich, dass diese Unterdrückungsmechanismen und diese Schau, die hier in der Öffentlichkeit abgezogen wird – – Ich frage mich schon, was der Justizminister in diesem Land damit eigentlich bezweckt, wenn er davon spricht, dass Bürger unseres Landes angeblich wie Terroristen überwacht wurden.
Der Erlass, der bisher die Dinge im Einzelnen regelt, sichert ein hohes Maß der Rechte und des Schutzes der Bürger. Der Herr Finanzminister hat darauf hingewiesen. Wenn Sie hier so tun, als würde man Normalbürger unseres Landes, die brav ihre Steuern zahlen, wie Terroristen behandeln, frage ich mich, Herr Justizminister, in welchem Land Sie eigentlich leben.
Aber lassen Sie mich zum Schluss kommen, weil meine Redezeit zu Ende ist.
Bitte schön.
Herr Kollege Dr. Noll, ich weiß nicht, Sie sprechen wahrscheinlich von einer Klientel, die ich nicht näher kenne, die Ihnen vielleicht näher steht. Die meisten Leute in unserem Land, die brav ihre Steuern zahlen, haben dieses Problem nicht.
Lassen Sie mich zum Schluss vielleicht noch aus der „Frankfurter Rundschau“ vom 2. März 2005 zitieren, und zwar zur allgemeinen Diskussion um unseren Justizminister, zu seinem Auftreten in der Öffentlichkeit und seinen bundespolitischen und landespolitischen Vorstößen:
Als der Dominator
Döring –
weg war, kehrte Goll ins Amt zurück und drängt seither in die Schlagzeilen: Mal will er das ZDF privatisieren, mal fordert er einen neuen Koalitionsvertrag. Müde sieht er oft aus. Es strengt an, bekannt wie Walter zu werden.
Danke schön.
Herr Kollege Dr. Noll, Probleme mit diesem Gesetz haben nicht die kleinen Leute.
Probleme mit diesem Gesetz haben Steuerbetrüger und Sozialbetrüger, und die haben sie zu Recht.
Das System der Kontenabfrage hat Herr Kollege Oelmayer ja im Einzelnen dargelegt. Der Herr Finanzminister hat das vorhin schon ausgeführt. Das ist ein sauberes, korrektes Verfahren, das über die Finanzverwaltung läuft. Wir haben Vertrauen in unsere Finanzbeamten. Wir haben dieses Vertrauen. Sie haben es offensichtlich nicht,
sonst würden Sie die Bediensteten unserer Finanzverwaltung hier nicht in dieser abträglichen Weise diffamieren.
Sie tun ja gerade so, als hätten wir es in diesem Land mit einem Heer von Schnüfflern zu tun, die nichts anderes tun,
als kleinen Leuten hinterherzusteigen, um vermeintliche Fehler aufzudecken.
Das ist doch gar nicht der Fall, Herr Dr. Noll. Sie malen doch ein völlig falsches Bild der Realität in diesem Lande.
Unsere Beamten handeln korrekt und gesetzestreu. Das werden sie auch in Zukunft tun.
Herr Justizminister, uns befremdet natürlich besonders, dass auch Sie in dieses Horn blasen. In Ihrer Pressemitteilung vom 9. Mai 2005 stehen bemerkenswerte Sätze.
Vor dem Hintergrund des 11. September, der gerade auch angesprochen wurde, finde ich das eigentlich besonders bedenklich. Da steht drin:
„2 500 Abfragen am Tag machen deutlich,
als Behauptung –
dass mit dem Gesetz der gläserne Bürger in Deutschland Realität geworden ist.
Sämtliche Bürger werden so internationalen Terroristen gleich gestellt.“
Man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was der Justizminister in diesem Land ernsthaft meint. Das kann es doch nicht sein.
Zum Gesetz selbst ist ja der Verfahrensweg über den Vermittlungsausschuss dargestellt worden. Am Ende hat auch die FDP diesem Gesetz zugestimmt.
Ich kann ja nicht sagen, Herr Dr. Noll: „Die Geschäftsgrundlage ist gefallen“, oder: „Teile des Gesetzes gefallen mir nachträglich nicht mehr.“
Gesetz ist Gesetz, und das gilt auch für Sie. Sie haben es mit beschlossen.
So ist die Lage. Und weil Sie es mit beschlossen haben und weil auch noch andere Regelungen in diesem Gesetz stan
den und in diesem Gesetzespaket eingeführt waren – auch das wurde angesprochen –, ist es besonders bedenklich, wenn Herr Minister Goll hier sagt: „Das Gesetz baut eigentlich Brücken für die Rückkehr von Steuerhinterziehern, die ins Ausland gegangenen waren.“ So wurde es sinngemäß gesagt. Jetzt wird dies mit der Kontenabfrage offensichtlich vereitelt, und der Minister sagte nun vorhin: „Dann kommt dieser mit Recht nicht zurück; dann kommt dieser Steuerhinterzieher mit Recht nicht zurück.“
Ich frage Sie: Mit welchem Recht denn?
Das Recht wird bestimmt durch die Verfassung, durch die Gesetze des Bundes und des Landes Baden-Württemberg, und diese Rechtsvorschriften gewährleisten ein hohes Maß an Ausgewogenheit zwischen Bürgerrecht auf der einen und den Anforderungen des Staates an ein sauberes, effektives und gleichmäßiges Steuerwesen auf der anderen Seite.