Protokoll der Sitzung vom 26.11.2003

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist nicht wahr!)

zumal ich eines nicht abstellen werde, und zwar aus Fairness dem Bund gegenüber: Wenn wir einen Antrag bekommen – das lasse ich mir auch nicht mit dem Hinweis auf die Gabeln lächerlich machen –, dann muss er geprüft werden. Ich muss das, wenn ich den Namen der Schule habe und einen Betrag beantrage, guten Gewissens tun können. So gehen wir miteinander um. Das erwarte ich umgekehrt auch von Antragstellern. Deshalb wird geprüft,

(Abg. Wacker CDU: Sonst heißt es „Geld zu- rück“!)

und sobald die Entscheidung möglich ist, wird das in den Gesamtbetrag aufgenommen. Anträge werden überhaupt nicht weitergereicht. Auch das ist mit dem Bund verhandelt worden. Das war übrigens nicht ein Konflikt mit den BLändern, sondern mit allen 16 Ländern. Der Bund will eine quartalsweise Anmeldung, um nicht dauernd irgendwelche einzelnen Anträge zu bekommen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist auch sinn- voll!)

Darum die herzliche Bitte: Kehren wir zurück zu einer Entwicklung – –

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestatten Sie – –

Nein, ich bin jetzt fertig, ich mache Schluss. Wer dann noch etwas wissen will, kann mit mir Kaffee trinken gehen, wie es eben vorgeschlagen worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Ich sage das abschließend, denn hier geht es ja nicht nur um das Handling, nicht nur darum, möglichst viel Geld auszugeben, sondern dahinter stecken ganz großartige pädagogische Entwicklungen in unseren Schulen. Dahinter steckt Investitionsbereitschaft der Gemeinden, dahinter steckt ein immer größer werdender Topf an Deputaten, die für Ganztagsschulen eingesetzt werden.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Ich bleibe dabei: Vorrang – nicht ausschließlich – haben Schulen im sozialen Brennpunkt. Übrigens, in RheinlandPfalz sind es auch vorrangig Hauptschulen, die in das Programm aufgenommen werden. Dahinter steckt viel Arbeit der Schulen, eine gute pädagogische Entwicklung. Das ist ein ungewöhnlich dynamischer Prozess, der da in Gang gekommen ist. Von unserem Programm wird keiner sagen, was vom Bund schon jetzt überall gesagt wird, dass es der pure Flop sei.

Wir geben übrigens, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht 2,7 Millionen € nur für Werbekampagnen aus. Das muss man sich einmal klar machen: In Zeiten wie diesen ist es nicht nur Herr Gerster, der Millionenbeträge aus dem Fenster schmeißt, sondern es werden auch 2,7 Millionen € nur für Hochglanzbroschüren aus dem Fenster geschmissen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und den Grünen)

Also: Rückkehr zur Realität. Die Entwicklung ist dynamisch.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

In den Schulen erfolgen viele pädagogische Innovationen. Das ist ein guter Prozess, und deshalb können sich alle – – Soll ich Ihnen einmal die Höhe des Öffentlichkeitsetats des Kultusministeriums nennen? Den wollen Sie jetzt nicht mit den 2,7 Millionen € vergleichen.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Ich sehe Ihre Hochglanzbroschüren!)

Ja, darin kommen Sie immer vor. Diese Seite können wir schon einmal streichen. Dann wird es preiswerter.

(Beifall der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)

Das ist gar kein Problem. Dann wird es dünner.

(Heiterkeit – Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Wer Ganztagsschulen mag, kann sich jetzt freuen: Es kommen viele neue Ganztagsschulen in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Wintruff SPD – Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Aber auf Kosten der Kommunen!)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der vorliegenden Anträge.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Die überweisen wir!)

Ich rufe den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/1498, auf.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Wir überweisen! – Abg. Wintruff SPD: Alle Anträge!)

Alle Anträge sollen an den Ausschuss für Schule, Jugend und Sport überwiesen werden.

(Abg. Wintruff SPD: Sie brauchen die Anträge nicht einzeln vorzulesen!)

Gut. Alle Anträge sind an den Ausschuss für Schule, Jugend und Sport überwiesen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 7 erledigt.

(Abg. Wacker CDU: Sehr gut!)

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts über die Zulässigkeit staatlicher Verbraucherinformation auf die Informationspolitik der Landesregierung – Drucksache 13/1515

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Ich erteile Frau Abg. Kipfer das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht bei diesem Antrag heute Abend – –

(Unruhe)

Frau Präsidentin, ist es möglich, ein bisschen mehr Aufmerksamkeit herzustellen?

Meine Damen und Herren, in der Ruhe liegt die Kraft. Ich bitte Sie, Ihre Gespräche außerhalb des Plenarsaals zu führen. – Danke schön.

(Abg. Döpper CDU zu Abg. Birgit Kipfer SPD: Ihre Kollegen müssen Sie auffordern!)

Meine Herren, meine Damen, bitte nehmen Sie Platz. Wir wollen in der Tagesordnung fortfahren.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 2002 zur Zulässigkeit staatlicher Verbraucherinformationen hat ganz neue Maßstäbe gesetzt. Die Richter billigten die Veröffentlichung einer Liste von Weinen, die 1985 das Frostschutzmittel Glykol enthielten, und sie billigten auch die Veröffentlichung der Namen

ihrer Hersteller. Die Richter sprechen dem Staat das Recht und gewissermaßen auch die Pflicht zur Information der Öffentlichkeit zu, auch um mit Informationen das Marktgeschehen zu beeinflussen.

Die Landesregierung hat dieses Urteil begrüßt. Sie verweist darauf, dass es in Baden-Württemberg, anders als in anderen Bundesländern – das ist richtig –, bereits ein entsprechendes Gesetz gebe und dass deshalb an diesem Gesetz im Prinzip nichts zu ändern sei. Ich habe aber den Eindruck, dass die Landesregierung dieses Urteil gar nicht richtig gelesen hat.

(Abg. Rückert CDU: Ha no!)

Das Ausführungsgesetz zum Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz – kurz AGLMBG – wurde seinerzeit in der Folge des Birkel-Prozesses geschaffen, als das Land für unrichtige öffentliche Informationen bitter büßen musste. Man war damals mit dem Gesetz bemüht gewesen, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Wirtschaft und den Interessen der Verbraucher herzustellen, was aber nicht gelungen ist.

So wird in diesem Gesetz zum Beispiel der anbietenden Wirtschaft die Möglichkeit eingeräumt, bei Gesetzesverstößen, die ihr bei der Herstellung von Produkten unterlaufen, die Mängel selbst abzustellen, bevor der Verstoß öffentlich gemacht wird. Wenn der Anbieter also die Missstände selbst abstellt, darf der Staat die Öffentlichkeit über die Gesetzesverstöße gar nicht informieren. So steht es in § 9 Abs. 2.

Bis zu dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts war immer das Grundrecht nach Artikel 12, Recht auf freie Berufswahl, das jedem die Möglichkeit gibt, ein Unternehmen zu gründen und sich dem Wettbewerb zu stellen, oder nach Artikel 14, Recht auf Eigentum, höher bewertet worden als das Grundrecht nach Artikel 2 Abs. 2, Recht auf körperliche Unversehrtheit. Damit hat das Urteil aber jetzt kräftig aufgeräumt. Der Staat hat das Recht auf eine aktive Informationspolitik nicht nur bei Gesetzesverstößen gegen das LMBG, nicht nur bei der Abwehr gesundheitlicher Gefahren, nicht nur bei nicht verkehrsfähigen oder ekelerregenden Produkten im Markt, sondern der Staat hat das Recht auf marktbezogene Information ganz allgemein. Der Anbieter hat Informationen über seine Produkte zu dulden, sofern sie der Wahrheit entsprechen. Unter besonderen Voraussetzungen kann der Staat sogar dann Informationen verbreiten, wenn ihre Richtigkeit noch nicht abschließend geklärt ist.