Protokoll der Sitzung vom 27.11.2003

Ich bin sehr froh, dass wir vieles gemeinsam erreicht haben.

Wir haben das Problem der Notariate. Die Notariatsreform hätte ich mir und hätte sich auch die FDP/DVP-Fraktion gern deutlicher vorgestellt. Das ist unstreitig. Wir haben auch einiges geschafft. Im Sommer hieß es noch: „90 Millionen €, wollt ihr das Defizit einfach so wegwischen?“ Zwischendurch war von 55 Millionen € die Rede. Wir haben heute abgestimmte Zahlen, nach denen es etwas über 30 Millionen € sind. Denn es ist mir in einer zähen Debatte gelungen, in die Verwaltung einmal ein betriebswirtschaftliches Denken zu transportieren, dass man sagt: Wir müssen auch Pensionsrückstellungen gegenrechnen, wir müssen Einkommensteueranteile mit berücksichtigen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Auch das ist wichtig auf dem Weg dorthin.

Es ist auf jeden Fall auch gelungen, einen Gedanken zu implantieren, der uns ebenso wichtig ist, dass man nämlich sagt: Wir können in der Justiz nicht mehr mit dem Rasenmäher Stellen abbauen. Wir können aber durch Privatisierung von Stellen die Möglichkeit bieten, einen weiteren Stellenabbau zu tätigen. Ich kann mich doch nicht vor meine funktionierende Justizverwaltung hinstellen und sagen: „Die Steuern brechen zusammen, ich schütze euch.“ Ich muss ja sagen: Wir müssen auch Einsparungen erbringen. Das erwartet man von einer Führungskraft des Landes. Aber ich kann das tatsächlich nicht mehr im richterlichen, im staatsanwaltschaftlichen, im vollzuglichen Bereich. Deswegen bin ich so dankbar, dass dies auch unser Koalitionspartner erkannt hat und sagt: Einen Teil des Stellenabbaus schaffen wir durch Privatisierung, bei einem anderen Teil werden sonstige Einsparbeschlüsse reduziert. Meine Justizverwaltung freut sich über diesen Erfolg.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Rein- hart CDU)

Wir haben nun beschlossen, im Bund erfolgreich zu sein.

(Ministerin Corinna Werwigk-Hertneck)

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen – Abg. Schmid SPD: Das kann man doch nicht beschließen! – Weitere Zurufe)

Ich sage es Rechtskundigen hier im Parlament ganz klar – das erstaunt mich immer – – Herr Oelmayer, Sie sind doch Rechtsanwalt. Sie wissen doch: Justiz kann man nicht nur im Land organisieren. Wir haben eben auch Bundesgesetze anzuwenden.

(Zurufe von den Grünen)

Es ist einfach so.

Sie haben vorgeschlagen, Amtsgerichte einzusparen. Dazu muss ich erstens sagen: Die vom Rechnungshof in den Siebzigerjahren genannten kleinen Amtsgerichte sind schon längst geschlossen.

Zweitens, zu den anderen: Das würde vielleicht zehn Richterstellen einsparen. Ich brauche Hunderte von Richterstellen, wenn wir einsparen müssen, weil uns die Steuereinnahmen wegbrechen. Deswegen sind wir auf einem guten Weg. Wir können die Bewährungshilfe über eine Landesverfügung oder über Landesgesetz privatisieren.

Meine Damen und Herren, achten Sie es nicht zu gering. Diese staatliche Aufgabe bei uns im Land wird von über 420 Personen erledigt. Diese Menschen müssen im Wege eines Pilotprojekts mitgenommen werden, den Weg in eine Selbstständigkeit zu gehen.

Und wir haben 537 Gerichtsvollzieher. Wenn die SPDFraktion jetzt sagt, sie werde die dafür notwendige Bundesratsinitiative nicht unterstützen, dann wundere ich mich, Herr Stickelberger. Die Initiative zur Fachgerichtsbarkeit haben die Länderminister, zum Beispiel von MecklenburgVorpommern und Baden-Württemberg, erarbeitet. Wir leiten auch eine Arbeitsgruppe. Mecklenburg-Vorpommern ist SPD-regiert.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Oh, oh! – Abg. Dr. Rein- hart CDU: Dann soll er mal Kontakt aufnehmen! Das ist ja interessant!)

Die Länderminister wollen das, weil sie die Haushalte kennen, weil sie sagen: „Ihr könnt da oben in eurem Bundestag hehre Ziele haben, aber wir haben hier die wegbrechenden Einnahmen.“

(Abg. Schmiedel SPD: Wir sind in Baden-Würt- temberg! – Abg. Stickelberger SPD: Mecklenburg- Vorpommern ist weit weg!)

Also, passen Sie auf, vielleicht gibt es ja doch Bewegung bei der SPD.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Reinhart CDU: Die sind sehr un- homogen, die SPD-Leute!)

Wir haben im Übrigen die Privatisierung der Gerichtsvollzieher; die wollen wir selbst, und wir haben sie bereits in 16 anderen europäischen Ländern. Deshalb haben wir keine Scheu und gehen mutig daran und versuchen es weiter.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Oi, oi, oi!)

Handelsregister: Ich bin dankbar, dass ich weiterhin die Rückendeckung der CDU-Fraktion habe, damit wir das weiter angehen können. Erfolgreich haben wir bereits in den letzten Wochen eine Initiative durch den Bundesrat bekommen. Jetzt liegt der Ball beim Bundestag, und, Herr Stickelberger: Die Länderöffnungsklausel spart dem Land 5,8 Millionen €,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Dr. Reinhart CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Also, macht es, Kerle! Nicht schwätzen, machen! – Gegenruf der Abg. Carla Bregenzer SPD: Ausge- rechnet Herr Pfister!)

die wir ansonsten einbringen müssten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Der Sachverständigenrat „Schlanker Staat“ hat das schon vor Jahren gefordert; Frau Zypries ist sehr aufgeschlossen. Also, noch einen Rucker; es kann nicht nur an mir hängen bleiben, mit Rezzo Schlauch und Ute Vogt zu sprechen. Da müssen auch die anderen mithelfen, damit das Land – und Sie alle sind als Landtagsabgeordnete verpflichtet, Schaden vom Land abzuwenden – diesen Weg beschreiten kann.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Oelmayer GRÜ- NE: Die Minister aber auch!)

Die Notariate will ich noch ansprechen. Wir haben die Privatisierung in Baden oder in Baden-Württemberg nicht erreicht, weil einfach noch ein Gebührenüberschuss besteht. Wir haben aber – und darüber freut sich die FDP/DVPFraktion mit mir – den Einstieg in den badischen Notariaten geschafft, mit 25 Notaren in die Freiberuflichkeit zu gehen.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Das wird dort auf jeden Fall einen Strukturwandel und einen Systemwechsel bewirken, und das wird vor allem – und das ist ja allen wichtig – die Versorgung der Bevölkerung mit Notarleistungen in Baden entscheidend verändern. Wir werden dort Arbeitsplätze schaffen, weil wir nämlich im staatlichen System nur durchschnittlich 1,4 Beschäftigte bei Notaren haben, während Notare im übrigen Bundesgebiet 6,5 Beschäftigte haben. Wer will denn nicht im Land Arbeitsplätze schaffen?

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Herr- mann CDU)

Bei der Fusion der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten – es freut mich sehr, Herr Oelmayer, dass Sie auch dafür sind; vielleicht könnten Sie das auch im Bundestag noch verbreiten – gibt es schon jetzt eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die wir mit vorantreiben, damit wir die öffentlichrechtliche Gerichtsbarkeit unter ein Dach bringen. Niedersachsen hat beantragt, auch die Arbeitsgerichtsbarkeit in die ordentliche Gerichtsbarkeit zu überführen. Das wird von uns unterstützt, und ich danke dem Koalitionspartner, dass dies auch möglich ist.

Was vielleicht auch nicht ganz unbedeutend für die Liberalen im Landtag ist: Wir bekommen die Arbeitsgerichtsbarkeit nun unter das Dach des Justizministeriums.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

(Ministerin Corinna Werwigk-Hertneck)

Wir haben im Justizministerium jetzt alle Gerichtsbarkeiten. Und das ist ein Segen für das Land, denn wir können personalwirtschaftlich viel besser damit umgehen. Stellen Sie sich vor: Wir haben einen Missstand im Land durch die zu vielen Arbeitsgerichtsprozesse, die Kündigungsschutzprozesse. Die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer kommen nicht mehr an die Reihe, ihre Urteile zu bekommen. Wissen Sie, wie viele Leute dort beschäftigt sind? Es sind 346 Beschäftigte, davon 110 Richter. Ich freue mich, in Zukunft die Arbeitsgerichtsbarkeit organisieren zu können.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Zum Schluss möchte ich nur noch eines sagen, woran Sie denken sollten – teilweise wird behauptet, es sei kein Anliegen der Öffentlichkeit und würde die Öffentlichkeit nicht besonders interessieren –: Unsere Gefängnisse sind übervoll, sie sind sehr, sehr voll. Wir versuchen, trotz einer abnehmenden Zahl von Personal damit fertig zu werden. Es ist eine Frage der Sicherheit, und die Bevölkerung muss ein Interesse daran haben, dass wir diese Sicherheit im Land gewährleisten.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wer widerspricht hier?)

Als Liberale müssen wir natürlich auch sehen: Wir haben ein großes Reformpaket vorgeschlagen und sind verschiedene Punkte angegangen. Stellen Sie sich vor, wir hätten jeden einzelnen Punkt beantragt. Wir sind ein kleiner Partner in einer Koalitionsregierung

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Ganz klein!)

mit einem starken Partner. Stellen Sie sich vor, wir hätten die Arbeitsgerichtsbarkeit als Einzelvorschlag ins Justizministerium überführen wollen. Stellen Sie sich vor, wir hätten andere Dinge als Einzelvorschlag gemacht! Darum bin ich dankbar, dass wir zusammen mit dem Koalitionspartner einen Schritt vorangekommen sind für eine gute Justiz im Land und dass wir im Begleitzug verschiedene Dinge machen konnten, auch wenn sich vieles nur auf das Notariat fokussiert hat.

Ich danke ausdrücklich Ernst Pfister und Walter Döring. Wir sind mit der Fraktion wirklich geschlossen angetreten. Wir waren gewillt, diese Justizreform an die Verwaltungsreform anzugliedern,

(Zuruf des Abg. Fischer SPD)

und wir sind dankbar, dass wir dies auch in weitem Umfang machen konnten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Reinhart CDU: Bravo!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Oelmayer.