Protokoll der Sitzung vom 28.06.2001

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Wir hoffen, dass wir noch die 3 % hinbekommen, damit sich das am Arbeitsmarkt auswirkt. Unser gemeinsames Ziel muss es doch sein, die Arbeitslosenquote in BadenWürttemberg dauerhaft sichtbar unter 5 % zu drücken. Wir sind bei 4,7 oder 4,8 %. Damit sind wir erfreulicherweise die Nummer eins. Herr Drexler, das ist doch auch immer spannend. Sie haben sich gestern hier hingestellt und gesagt, die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt habe eingesetzt, seitdem Rot-Grün in Berlin regiert.

(Lachen bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Ent- schuldigung! Bei Kohl ging die Arbeitslosigkeit hinauf! Wollen Sie das bestreiten?)

Mein lieber Scholli! Also das ist schon eine kühne Behauptung. Wenn Ihre Politik so glänzend sein und so gut für den Abbau der Arbeitslosigkeit sorgen soll, muss ich Sie fragen: Warum gilt das dann nur für Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, aber nicht auch für die SPD-regierten Länder, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: In ganz Deutschland geht es herun- ter! So ein Quatsch!)

Warum haben wir denn 2000 ein Wachstum von 4,2 % erreicht, während der Schnitt insgesamt weit über einen Prozentpunkt zurückliegt, wenn Ihre Politik bundesweit dafür verantwortlich ist, dass es in den einzelnen Ländern so weitergeht?

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister – –

Nachher in der zweiten Runde gerne. Ich bin gerade im Lauf.

Darf ich daraus entnehmen, dass Sie noch eine weitere Wortmeldung ankündigen, weil Sie sagten: „in der zweiten Runde gerne“?

Ich werde auf die Ausführungen des Herrn Abg. Schmiedel sicher noch einmal reagieren.

Bitte sehr.

Im Zusammenhang mit der Mittelstandsförderung wurde der Vorwurf erhoben, für den Mittelstand werde nicht ausreichend genug getan. Einer der Vorredner hat kritisiert, der Ministerpräsident habe gestern gesagt, für den Mittelstand werde viel getan. Sie haben das infrage gestellt.

Wir haben von 1996 bis 2000 allein für unterstützende, begleitende Maßnahmen – Ausbildung, Beratung, Teilhabe an Forschungsförderung – über 1 Milliarde DM ausgegeben und damit zielgerichtet für Handwerk und Mittelstand den Weg so bereitet, dass sie hier bei uns in Baden-Württemberg noch eine Chance haben und erfreulicherweise Arbeitsplätze sichern, Arbeitsplätze schaffen und sich auch massiv im Bereich der Ausbildung engagieren.

(Abg. Schmiedel SPD: Ist jetzt der Standort ge- fährdet oder nicht?)

Diesen Weg werden wir fortsetzen. Wir wünschen uns, dass Sie uns dabei nicht stören.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Also ist der Standort nicht gefährdet! Sie haben das Thema völlig ver- fehlt! Der Antrag war „Standortgefährdung“!)

Das Wort erhält Herr Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich muss zunächst zu Herrn Hofer etwas sagen. Er hat sich beklagt, dass wir daran erinnern, in welchem Zustand Sie uns die Bundesrepublik übergeben haben.

(Abg. Drexler SPD: Ja, das tut weh!)

Ihr Beitrag bringt mich darauf, Ihnen das noch einmal deutlich zu machen. Sie vergessen zunächst, dass Sie während Ihrer Verantwortungszeit Entscheidungen hätten treffen können, beispielsweise wie die Franzosen für bestimmte Dienstleistungen den halben Mehrwertsteuersatz zu verlangen. Das hätten Sie machen können, haben Sie aber nicht gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Wieser CDU: Immer die Erblast!)

Übrigens hatten Sie auch gute Gründe dafür. Im Bundesrat wurde nämlich einstimmig beschlossen, dass man es nicht macht, weil man gesagt hat: Man kann nicht beides zugleich haben, einen halben Mehrwertsteuersatz für bestimmte Dienstleistungen und eine große Steuerreform.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Weil wir die große Steuerreform wollten, nahmen wir Abschied von dem halben Mehrwertsteuersatz.

Dasselbe gilt für die Abschreibungen. Sie wollen immer alles haben, egal, was es kostet. Das war Ihre Politik, während Sie regiert haben, und jetzt machen Sie so weiter. Wir halten fest an einer Politik der Konsolidierung der Staatsfinanzen, der Entlastungen von Bürgerinnen und Bürgern,

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

weil das eine notwendige Voraussetzung für den weiteren wirtschaftlichen Aufschwung in der Bundesrepublik ist.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Drex- ler SPD: So ist es! Junge Generation!)

Herr Wirtschaftsminister, Sie haben über vieles geredet, wenig über die aktuelle konjunkturelle Situation. Das verstehe ich auch.

(Lachen des Abg. Drexler SPD)

Sie haben offensichtlich meinen Ratschlag angenommen, die Sache nicht schlechter zu reden, als sie ist.

Deshalb gehe ich auch nur auf einen Punkt ein, der mir deutlich macht, dass Sie zum Bundeswirtschaftsminister ein Nichtverhältnis haben.

(Abg. Drexler SPD: Ja, das ist offensichtlich!)

Sie haben ein Nichtverhältnis zum Bundeswirtschaftsminister, obwohl Sie ein gutes zu ihm haben sollten.

(Abg. Wieser CDU: Er hat ja auch zu seiner Partei kein Verhältnis!)

Mir wurde das übrigens bei der Veranstaltung von Stihl, von der Herr Hofer gesprochen hat, deutlich. Sie haben ein Nichtverhältnis, Sie nehmen nicht zur Kenntnis, was er tut.

(Abg. Wieser CDU: Das ist doch kein Wunder!)

Wir wissen aus unseren Gesprächen, die wir in Berlin führen, dass sowohl der Bundeswirtschaftsminister als auch der Bundesfinanzminister in Sachen Basel II höchst aktiv sind. Sie sollten mit denen den engen Schulterschluss suchen, anstatt hier eine Front aufzubauen, die überhaupt nicht vorhanden ist.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man nach den Ursachen sucht, weshalb es zu dieser Konjunkturdelle kommt, dann nennen uns die Experten im Wesentlichen zwei Dinge.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Delle! Dellchen! – Abg. Drexler SPD: „Wester-Delle“!)

Das eine ist das Durchhängen der Baukonjunktur, insbesondere in Ostdeutschland. Das hat übrigens etwas damit zu tun, dass Sie den Wiederaufbau Ost, jedenfalls was die Bauwirtschaft anlangt, völlig falsch angepackt haben. Sie haben in hohem Umfang durch Abschreibungsmodalitäten, die gnadenlos sind, Dinge in Szene gesetzt, die heute nicht gebraucht werden. Heute muss man Abrissprämien und Abrisszuschüsse zahlen, damit das wieder in Ordnung kommt.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! – Abg. Dr. Birk CDU: Dafür ist rechtlich aber die DDR auch zu- ständig!)

Sie beklagen, Herr Wirtschaftsminister, dass der Bund seine Wohnbauförderung reduziert. Wir möchten wieder einmal festhalten – und Sie sollten sich darauf besinnen –, dass nach dem Grundgesetz die Wohnbauförderung Sache der Länder ist und der Bund nur komplementär finanziert. Weil es eben im Bund so unterschiedliche Situationen gibt – millionenfache Leerstände im Osten, bei uns eine zunehmende Wohnungsknappheit –, reduziert der Bund seine Mittel. Aber Sie haben ja schon mehrfach angekündigt, es bestehe eine Notwendigkeit, in Baden-Württemberg künftig mehr zu tun – auch mit eigenen Mitteln, nicht nur komplementär.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Kündigen Sie es nicht immer nur im Sommer an, sondern bringen Sie es endlich einmal im Landeswohnungsbauprogramm unter,

(Beifall bei der SPD)

notfalls auch gegen die CDU. Das Ihre Aufgabe, das ist Ihr Job.