Im März geht es mit der Forderung nach einer rigorosen Sanierung der gesetzlichen Rente und der Ankündigung eines Subventionsabbaugesetzes für Baden-Württemberg weiter, das beginnend im nächsten Jahr – also jetzt – bis 2011 alle Subventionen vollständig abbaut. Im Juli kommt eine interessante Sache dazwischen: die Einladung an den Kanzler, Urlaub in Baden-Württemberg zu machen.
(Abg. Pfister FDP/DVP: Das hat der Drexler auch gemacht! Das ist doch in Ordnung! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das hat Zeller auch schon ge- macht!)
Im November kommt er mit dem Vorschlag, den Stuttgarter Flughafen „Theodor-Heuss-Flughafen“ zu nennen. Im Dezember hat er dann die Abschaffung des Landeserziehungsgelds im Jahr 2004 angekündigt.
Das waren jetzt neun Forderungen nach dem Zufallsprinzip. Wenn man alle genommen hätte, käme man etwa auf 99. 99 Luftballons!
Das sind alles Forderungen, Ankündigungen und Projekte, die nur bedingt etwas mit dem Wirtschaftsministerium zu tun haben, und sie sind alle mehr oder weniger verpufft.
Jetzt könnte man ja sagen: Okay, er ist gleichzeitig Parteimensch. Hauptsache, dass wenigstens das Ministerium kräftig dasteht und die Arbeit im Ministerium gestärkt wird.
Jetzt schauen wir einmal auf das Ministerium und vergleichen, was sich getan hat, seit Herr Döring das Ministerium übernommen hat. Das beginnt gleich damit, dass im ersten Zug der Staatsminister Palmer den wichtigen Bereich der Medienwirtschaft in Baden-Württemberg zu sich ins Staatsministerium geholt hat. Dann gab es einen Weckruf von Menno Harms, der heute wieder Vorstandschef von Hewlett-Packard ist, in Sachen IT-Aktivitäten der Landesregierung. Der Wirtschaftsminister hat gesagt, das sei alles Quatsch. Er verstehe überhaupt nicht, dass da ein Weckruf
komme. Herr Palmer hat gesagt: Wir tun etwas. Und flopp war der ganze Informations- und Kommunikationsbereich ins Staatsministerium gewandert.
In der Zwischenzeit gibt es auch einen Staatsrat, von dem wir gelesen haben, dass er in der CDU gern der Apfelstaatsrat genannt wird. Er hat sich inzwischen des Bereichs der Biotechnologie bemächtigt.
Dann kommt, was Sie gerade angekündigt haben: Die Regierung hat beschlossen, den Denkmalschutz, das Baurecht und den gesamten Bereich der Wohnbauförderung vom Wirtschaftsministerium ins Innenministerium zu verlagern.
Jetzt wird es ganz interessant, denn diesen Vorgang hat das Staatsministerium selbst kommentiert. Da heißt es also in der amtlichen Mitteilung des Staatsministeriums zu dieser Kompetenzverlagerung eines wirklich bedeutsamen Bereichs der Wirtschaftsförderung in Baden-Württemberg:
Übersetzt heißt das: Durch die Abschmelzung und Verringerung der Aufgaben im Wirtschaftsministerium kann man sich jetzt stärker um Dinge kümmern, um die man sich kümmern sollte.
Das wirft nun verschiedene Fragen auf, zunächst einmal die Frage: Weiß man überhaupt, dass es im Wirtschaftministerium neben dem Wirtschaftsminister auch noch einen Staatssekretär gibt?
Bei all den Aufgaben, die in der Zwischenzeit aus dem Wirtschaftsministerium abgewandert sind – ins Staatsministerium und, wie jetzt noch beabsichtigt ist, ins Innenministerium –: Herr Mehrländer, was machen Sie eigentlich den ganzen Tag?
(Heiterkeit des Staatssekretärs Dr. Mehrländer – Zuruf von der CDU: Er ist fleißig und anständig! – Weitere Zurufe)
Fleißig und anständig, natürlich. Aber mit dem ganzen Apparat, den er hat, ist er ein teurer Grüß-Gott-Onkel für das Land. Aufgaben gibt es zu erledigen!
(Abg. Dr. Birk CDU: Er ist immer fürs Land unter- wegs! – Abg. Mack CDU: Er hält vor allen Dingen nicht so dumme Reden! – Abg. Pfister FDP/DVP: Wenn sie jemand beleidigen wollen, dann kündigen Sie das an! – Weitere Zurufe – Unruhe)
„Fokussierung der Schlagkraft“: Dann schauen wir doch einmal, was in der Zwischenzeit mit den anderen Bereichen, die noch im Wirtschaftsministerium verblieben sind, geschehen ist.
Sie haben es angesprochen, Herr Dr. Birk: Ein ganz wichtiges Projekt für die Landesregierung und die Koalition ist die Neuordnung der Wirtschaftsförderung im Land. Dieses Ziel können wir in der Koalitionsvereinbarung lesen. Dann erleben wir das ganze letzte Jahr über: Anträge von der CDU eingebracht – noch nicht behandlungsfähig, man ist noch nicht so weit; der Minister macht eine Kabinettsvorlage – wird wieder zurückgezogen, ist noch nicht entscheidungsreif.
(Abg. Dr. Birk CDU: Wir sind auf einem guten Weg! – Gegenruf der Abg. Carla Bregenzer SPD: Einem langen Weg!)
Dann wird endlich gesagt: Es gibt jetzt Schwerpunkte. Man will Ansprechpartner sein für Personen von innen – Haus der Wirtschaft – und von außen – GWZ. Da denkt man: „Na gut, das ist noch nicht das Richtige, aber Schritte in die richtige Richtung. Wann passiert denn etwas, wann wird umgesetzt?“ Man wird ungeduldig und stellt einen Antrag. Dann bekommt man am 27. Januar 2004 die Antwort:
Die Entscheidung über die Neuordnung und Neustrukturierung des Landesgewerbeamts ist noch offen und bleibt einer künftigen Kabinettsentscheidung vorbehalten.
(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Wir machen halt überlegte Politik und kündigen nicht nur an und setzen dann nicht um! – Abg. Dr. Birk CDU: Keine Schnellschüsse!)
Ich frage mich, warum man nicht wenigstens im Kernbereich der Aufgaben des Wirtschaftsministeriums endlich die Schlagkraft erhöhen und zu Entscheidungen kommen kann.
Ich komme zu einem ganz wichtigen Bereich: Baden-Württemberg als Energiewirtschaftsstandort. Wir haben darüber schon Debatten geführt und darauf hingewiesen, dass sich die Grundlagen geändert haben, dass der Schwerpunkt der Stromproduktion in Baden-Württemberg nicht zukunftsfähig ist und dass man neue
Kraftwerkskapazitäten schaffen muss. Wir hören seit eh und je die alte Leier: „Wir verlängern die Laufzeit;
wir drücken und tun, weil wir wissen, dass Obrigheim und Philippsburg abgeschaltet werden.“ Nichts passiert, kein Konzept.
Gestern sagt der Fraktionsvorsitzende der CDU zu unserer Überraschung: „Obrigheim wird abgeschaltet, Philippsburg wird abgeschaltet. Wir brauchen neue Kraftwerkskapazitäten, Gas, Kohle. Wir brauchen regenerative Energien.“ Die CDU-Fraktion, so kündigt er an, werde im Laufe dieses Jahres ein Konzept vorlegen.
(Abg. Pfisterer CDU: Wir gehen es wenigstens an! Ihr macht ja nichts! Ihr schaltet nur ab! – Zurufe von der SPD)
Ich frage mich, Herr Minister: Was machen Sie? Sie haben die Gutachten im Haus; Sie haben die Fachleute im Haus. Warum kommt kein Konzept des Wirtschaftsministeriums zur Stärkung des Energiewirtschaftsstandorts Baden-Württemberg und zur Zukunftsfähigkeit der Energieversorgung in Baden-Württemberg?
Es ist völlig jenseits von gut und böse, was wir hier erleben. Der Verweis auf den Bund trägt überhaupt nicht. Das ist eine Landesaufgabe. Das können wir in Bayern und in Nordrhein-Westfalen sehen, in Ländern, die sich eben nicht nur darauf konzentrieren, die Bundesförderung komplementär zu finanzieren.