Ansonsten, meine Damen und Herren – das darf ich zum Schluss noch sagen, Frau Präsidentin, wenn Sie mir nicht böse sind –:
Auch wir sind natürlich wie allen Menschen, die in diesem Land arbeiten, auch den Menschen, die im Bereich der Justiz arbeiten, dankbar. Von den Justizvollzugsbeamten in den Strafvollzugsanstalten bis hin zur Frau Ministerin wollen wir allen, die ihre tägliche Arbeit, wie ich denke, umfangreich und gut verrichten, natürlich auch unseren Dank aussprechen, wenn wir auch in vielen Punkten nicht einer Meinung sind, wie wir ja gerade anhand meines kurzen Redebeitrags gesehen haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben das Kant-Jahr, und deswegen zitiere ich zu Beginn meiner Rede Kant:
Dieser Satz wurde von ihm geprägt, und er könnte auch Programm für die Aufstellung unseres Justizhaushalts sein. Hier werden die Grundlagen dafür gelegt, dass unsere Gerichte, Staatsanwaltschaften, Vollzugsanstalten und Notariate dem Recht tatsächlich Geltung verschaffen können. Denn nur eine gut ausgestattete, gut ausgebildete Justiz kann auch wirkliche Rechtsstaatlichkeit garantieren.
Die CDU-FDP/DVP-Landesregierung hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der der wichtigen Bedeutung der dritten Gewalt wirklich gerecht wird. Auch im Jahr 2004 werden unsere Gerichte und Vollzugsanstalten, die Staatsanwaltschaften und die Notariate die Mittel zur Verfügung haben, die sie brauchen, um ihre gesetzlich festgelegten Aufgaben weiterhin auf hohem Qualitätsniveau zu erbringen.
Auch im Jahr 2004 wird unsere Justiz in Sachen Leistungsfähigkeit wieder Vorbild für andere Länder sein. Es wurde schon gesagt, dass wir in den meisten Fällen die Spitzenstellung einnehmen, und das bei einer dezentralen Gerichtsstruktur und so bürgernah wie möglich.
Wir haben die kürzesten Verfahrenslaufzeiten. Ich will sie Ihnen nennen: Eine zivilrechtliche Auseinandersetzung vor dem Amtsgericht dauert bei uns gerade einmal 3,7 Monate. Das ist bundesweit Spitze. Zum Beispiel im rot-grün regierten Schleswig-Holstein müssen die Bürgerinnen und Bürger 4,5 Monate auf ihr Urteil warten. Im rot-rot geführten Mecklenburg-Vorpommern sind es 5,9 Monate.
Ähnliches gilt für die Landgerichte. Eine baden-württembergische Zivilkammer braucht im Schnitt 5,4 Monate für ein erstinstanzliches Verfahren. Der Bundesdurchschnitt liegt bei sieben Monaten. In Mecklenburg-Vorpommern sind es 10,6 Monate.
Wir arbeiten aber nicht nur schnell, sondern wir arbeiten auch gut. Schon die alten Römer wussten: Den guten Richter zeichnet aus, dass er Streitigkeiten endgültig beilegt. Zum Einmaleins der Juristen gehört auch: Der beste Weg zur endgültigen Streitbeilegung ist und bleibt die einvernehmliche Streitbeilegung. Über ein Viertel aller erstinstanzlichen zivilrechtlichen Streitigkeiten an den Landgerichten werden bei uns durch Vergleich abgeschlossen, so viel wie in keinem anderen Bundesland. Bei den Amtsgerichten sind es über 17 %. Da liegen nur noch die Bayern vor uns. Schlusslicht ist Berlin.
Meine Damen und Herren, diese Erfolge haben wir nicht deswegen erreicht, weil unsere Justiz personell im Vergleich zu den übrigen Ländern überbesetzt wäre. Sie wissen alle, dass das Gegenteil der Fall ist. In keinem anderen Land kommen weniger Richterinnen und Richter auf 1 000 Einwohner als bei uns. Bei unserer Justiz haben wir also ein Musterbeispiel einer schlanken Justiz und einer Justiz, die sehr effektiv und gut arbeitet.
Erreicht haben wir das natürlich mit dem schon seit Jahren eingeschlagenen Modernisierungskurs. Die Ausstattungsoffensive ist alsbald abgeschlossen. Wir haben wirklich aus Amtsstuben sehr gute, zeitgemäße Büroarbeitsplätze gemacht. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar. Gerade in Zeiten knapper Kassen wie jetzt können wir darauf aufbauen.
Wir haben die neuen Steuerungssysteme – natürlich in einer Form, wie es der Justiz angemessen ist – eingeführt, die uns sehr hilfreich sind.
Wir verfügen über ein modernes Personalmanagement, das wir zurzeit bundesweit erklären, weil andere es noch nicht haben.
Ich bin ausgesprochen dankbar dafür, dass wir es trotz all dieser und der bevorstehenden Umwälzungen mit sehr, sehr leistungsorientierten, gut motivierten, sehr arbeitsamen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu tun haben. Ich danke Ihnen, dass Sie das parteiübergreifend alle so sehen.
Wir haben auch nicht die angesprochenen Schwierigkeiten mit der Motivation und in der Stimmung. Natürlich haben wir kritische Nachfragen, aber wir sind in sehr gutem Gespräch. Ich selbst halte sehr viele Personalversammlungen ab. Meine Leute aus dem Justizministerium sind in ständigem Kontakt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich glaube, von vielen Seiten wurde auch schon besonders herausgestellt, dass wir in gutem Miteinander mit den Mitarbeitern arbeiten.
Meine Damen und Herren, auf diesen Lorbeeren dürfen wir uns natürlich nicht ausruhen. Sie haben neue Herausforderungen mit skizziert. Als Landesregierung haben wir das ehrgeizige Ziel, die Nettoneuverschuldung im Land bis 2008 möglichst auf null zu drücken.
Für mich als liberale Ministerin ist natürlich auch ein wesentliches Anliegen, der nächsten Generation einen Haushalt zu hinterlassen, der noch zu bewältigen ist. Das erfordert harte Einschnitte. Auch die Justiz kann sich hier nicht gänzlich heraushalten.
Die Justizgewährung ist Kernaufgabe des Staates. Es hätte fatale Folgen, wenn wir dieser Aufgabe nicht nachgingen. Die Entlassung gefährlicher Straftäter aus der Untersuchungshaft wegen überlanger Verfahrensdauer sowie unsichere Gefängnisse sind nur zwei deutliche Beispiele für Gefahren, die keineswegs „aus der Welt“ sind, wenn wir unseren Personalkörper noch weiter verknappen müssten. Die Landtagsfraktionen der CDU und der FDP/DVP wollen es dazu aber nicht kommen lassen.
Mit den Beschlüssen zur Justizreform sind im letzten Jahr Weichen gestellt worden. Die Schließung kleiner und unrentabler Außenstellen von Amtsgerichten und Justizvollzugsanstalten, die teilweise sogar schon vollzogen ist, gehört genauso zur Justizreform wie die Schaffung eines einheitlichen Rechtspflegeministeriums.
Bereiche, die nicht notwendigerweise von staatlichen Institutionen wahrgenommen werden müssen, können wir verstärkt Privaten übergeben. Ich will zwei Punkte aus der vorangegangenen Diskussion aufgreifen.
Wie sieht es mit der Bewährungshilfe aus? Können wir uns dabei an Österreich orientieren? Wie viele Probanden wären dann zu betreuen? Wir könnten hier viel lernen, denn in Österreich wird sehr viel mehr mit Ehrenamtlichen und auch in einer anderen Form gearbeitet, die trotzdem gute Qualität bietet. Auch unsere Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer würde es sehr entlasten, wenn wir Ähnliches bei uns hinbekämen. Außerdem wird dort billiger gearbeitet.
Herr Stickelberger, es ist nicht so, dass Kinder ihren Eltern heute noch von Gerichtsvollziehern weggenommen werden – zum Glück nicht. Das ist rechtlich zwar noch möglich, wird aber nicht mehr praktiziert.
Die andere Frage ist, wie wir dies gut abschichten und was verfassungsrechtlich zulässig ist. Wie können wir bestimmte Aufgaben auf beliehene Dritte übertragen? Ich will Sie nur daran erinnern – gerade Rot-Grün, wenn ich hier nach links schaue –, dass das Bundesjustizministerium mit uns an dieser Prüfung arbeitet. Wir werden sicherlich gute Formen finden. Der Zustand der Zwangsvollstreckung ist derzeit einfach schlecht; das ist länderübergreifend erkannt.
Es wäre wirklich schön, wenn die Bundestagsfraktionen der SPD und der Grünen nunmehr alsbald ihren Widerstand gegen die Übertragung des Handelsregisters auf Dritte, auch auf die Kammern, aufgeben würden. Das würde uns sehr freuen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Reinhart CDU: Das wäre ein wirklicher Beitrag! – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)
Im Jahr 2003 haben wir diese Reform beschlossen und können sie jetzt umsetzen. Wie Sie wissen, wird die Arbeitsgerichtsbarkeit am 1. April 2004 in einem kleinen Festakt feierlich vom Sozialministerium auf das Justizministerium übergehen.
Ich bin auch sehr froh, dass wir bei der Justizreform durchsetzen konnten, dass der geplante Stellenabbau im Umfang von 5 % auf 2,5 % halbiert wurde. Ansonsten hätten wir erhebliche Qualitätseinbußen. Wie von uns signalisiert wurde, geht die Belastung auch jetzt schon an die Grenze des Zumutbaren. Trotz der 41-Stunden-Woche – die bei uns meist sowieso schon Realität ist – wird das eine große Herausforderung. Wir müssen schauen, dass wir diese Schritte ohne Qualitätseinbußen gehen können. Ich danke Ihnen, wenn Sie mich dabei unterstützen.
Ich habe gemerkt, dass auch die Aufstockung der Richterstellen an den Arbeitsgerichten hier Unterstützung findet. Sie – ob Regierungs- oder Oppositionsfraktionen – haben mitgeholfen, dort 15 zusätzliche Richterstellen mit dem entsprechenden Unterbau zu schaffen. Damit kann die Arbeitsflut in Zukunft hoffentlich besser bewältigt werden. Herzlichen Dank dafür.