Protokoll der Sitzung vom 29.01.2004

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion ist entschlossen, die einmalig gute, vielfältige und dezentrale Struktur der Kultur in Baden-Württemberg zu erhalten. Dabei sehen wir deutlich die Erfolge der Künstlerinnen und Künstler Baden-Württembergs auf der nationalen und auf der internationalen Ebene. Sie rechtfertigen unsere Anstrengungen. Ich denke dabei nicht nur an unsere Spitzeneinrichtungen – die Staatstheater, die Kommunaltheater, die kleinen Theater, die Museen, das ZKM, die Orchester –, sondern ich denke auch an die freischaffenden Künstlerinnen und Künstler in

Baden-Württemberg, die in Deutschland und international eine herausragende Rolle spielen.

(Abg. Inge Utzt SPD: Aber davon können sie nicht leben!)

Die Erfolge sind klar und eindeutig, und wir brauchen uns vor niemandem zu verstecken, auch nicht vor Berlin und vor München.

(Beifall bei der CDU)

Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und unsere Kunstmetropolen

(Abg. Blenke CDU: Bad Wildbad!)

sind stark.

Mit Mitteln, deren Höhe rund 1 % des Landeshaushalts ausmacht, stellt unser Land auch in Sparzeiten immer noch viel Geld für den Kunstbereich zur Verfügung. Ähnlich viel Geld stellen die Kommunen zur Verfügung. Aber Geld allein ist es nicht, meine Damen und Herren. Die Formel „Mehr Geld – mehr Kultur“ stimmt einfach nicht.

(Zuruf der Abg. Inge Utzt SPD)

Es ist die Kreativität, es ist der Wettbewerb, es ist der Mut, und es sind die persönlichen Leistungen der Künstlerinnen und Künstler, denen wir ein großes Kompliment machen müssen. Dies erfordert Anerkennung. Und deswegen hat die CDU-Fraktion mit der FDP/DVP-Fraktion durchgesetzt, dass die Kunst in Baden-Württemberg nicht überproportional, sondern unterproportional an den notwendigen Einsparungen beteiligt wird, nämlich mit rund 3 Millionen € weniger, als es der Proportion entsprechen würde. Dafür muss Herrn Minister Frankenberg und Herrn Staatssekretär Sieber und Ihnen allen, liebe Kollegen von den Regierungsfraktionen, herzlich gedankt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Da können wir nicht klatschen! Wir können uns nicht selbst zujubeln, das geht nicht!)

Aber gut ist es trotzdem.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Wir können uns doch nicht selber zujubeln, das geht nicht! – Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE )

Meine Damen und Herren, der zweite Einwand der Opposition ist der Verweis auf die so genannte Rasenmähermethode. Dieser Einwand trifft überhaupt nicht zu. In diesem Kunsthaushalt sind eindeutige Akzentsetzungen erfolgt, nämlich im Bereich der Staats- und Kommunaltheater, die eben nur an der Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe teilnehmen. Bei den kommunalen Theatern erfolgt keine zehnprozentige, sondern nur eine fünfprozentige Zuschusskürzung.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das reicht bei klei- nen Theatern!)

Bei den Landesbühnen erfolgt keine zehnprozentige, sondern nur eine einprozentige Kürzung.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Meine Damen und Herren, in der folgenden Runde ist durchgesetzt worden, dass die freien Theater 55 000 € mehr als bisher bekommen, die kleinen Bühnen 110 000 €, die Soziokultur 125 000 €. Damit werden die Sparaktionen erträglich. Dies war das Ergebnis der vielen Gespräche, die wir auch mit den Kunstschaffenden hatten. Die Kunstschaffenden haben ihre Probleme und Nöte dargestellt, aber auch – und das möchte ich sagen – Verständnis für das Sparen geäußert.

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Meine Damen und Herren, das kann man mit Sicherheit nicht „Rasenmäher“ nennen. Das sind deutliche Akzentsetzungen. Und die Absenkung der Zuschüsse bei den sonstigen Zuwendungsempfängern um 10 % wurde zwar grundsätzlich mit Bedenken begleitet – wie es sich gehört –, aber dafür ist auch Verständnis geäußert worden. Sie haben sogar gesagt, die Rasenmähermethode habe auch etwas Gerechtes an sich.

Meine Damen und Herren, die Alternative zur Rasenmähermethode wären Individualkürzungen gewesen.

(Zuruf der Abg. Inge Utzt SPD)

Sie hätten jede einzelne Einrichtung untersuchen müssen. Dabei hätte ich viel Vergnügen gewünscht.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Sie drücken sich davor!)

Meine Damen und Herren, mit diesem Konzept ist eine Zusage eingelöst worden, die ich in der letzten Plenardebatte zur Kultur im Oktober 2003 gegeben habe, nämlich die, Existenzgefährdungen abzuwehren und besonders im Bereich der kleinen Kultureinrichtungen zu helfen, wo zu helfen ist. Deswegen danke ich noch einmal meiner Fraktion, den Kolleginnen und Kollegen in meinem Arbeitskreis, den Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen, und ich danke Frau Berroth von der FDP/DVP-Fraktion herzlich für die gute Zusammenarbeit.

(Beifall des Abg. Dr. Lasotta CDU – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Sie haben die Opposition ver- gessen!)

Meine Damen und Herren, die Mittel für die Kultur, deren Anteil am Landeshaushalt rund 1 % ausmacht, sind gut angelegt. Die Kultur ist, nebenbei gesagt, auch ein großer Arbeitgeber; das darf man nicht vergessen. Hier geht es auch um Arbeitsplätze, hier geht es um Strukturen, auch um Wirtschaftsstrukturen. Die Kultur ist auch ein Faktor für Existenzgründungen und für junge Menschen. Hier geht es um Selbstständigkeit, um Wettbewerb, um Risiko. Hier sind wenige Beamtenstellen vorhanden. Hier entstehen viele IchAGs, von denen so viel geredet wird. Wir erkennen dies an und helfen, wo wir können.

Meine Damen und Herren, die Rollenaufteilung in diesem Haus ist leider unauflösbar. Deswegen erkläre ich fast alle Anträge der Opposition für wünschenswert. So einfach ist das. Aber auch mehr Geld und mehr Planungssicherheit könnte ich nur begrüßen, wenn wir das selbst hätten. Wir haben nicht mehr Geld, und auch das Land insgesamt hat nicht mehr Planungssicherheit.

Die Anträge der Grünen enthalten vernünftige Ansätze. Da lese ich ab und zu, dass man auch am Sparen beteiligt sein kann. Aber ich lese auch, dass man Härten mildern will. Damit bin ich völlig einverstanden. Unsere eigenen Konzeptionen entsprechen ja in einigen Punkten auch Ihren Vorstellungen.

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Nicht akzeptabel ist der Antrag auf Streichung des Erweiterungsbaus der Musikhochschule Trossingen,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Was? – Gegenruf der Abg. Inge Utzt SPD: Haben Sie das nicht gesehen? Die Grünen haben das gefordert!)

hinter dem natürlich gewisse Strukturüberlegungen stehen.

(Abg. Pfister FDP/DVP zu den Grünen: Ziehen Sie das zurück!)

Das, Herr Kollege Pfister, machen wir nicht mit.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/ DVP: Ja, das ist gut so!)

Die SPD fordert leicht, klar und einfach, aber verletzend die Rücknahme der Kürzungen. Dazu bedarf es keiner Erklärungen mehr. Wenn ich die Situation in den anderen Bundesländern ansehe, angeführt von den rot-grün und den rot-rot regierten Bundesländern, kann ich nur sagen: Schweigt lieber und seid bescheiden! Wir müssen eine vernünftige, sachgemäße und verfassungsgemäße Entscheidung treffen. Daran müssen alle beteiligt werden.

(Beifall des Abg. Fleischer CDU)

Baden-Württemberg ist keine Insel der Glückseligen, aber solide, weil wir sparsam sind.

Meine Damen und Herren, Kürzungen und ihre Milderungen ändern nichts daran, dass wir nach Jahren der Erosion am Ende der Fahnenstange angelangt sind. Auch das muss gesagt werden. Weitere Kürzungen würden wertvolle Substanz zerstören. Daher müssen, wenn die Finanzsituation nicht besser wird, auch Strukturüberlegungen angegangen werden, und zwar auch im Bereich der Kunst. Dies ist im Übrigen auch von den Kulturverbänden selbst geäußert worden.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Es ist höchste Zeit!)

In unseren Gesprächen sagten sie, sie wollten keine weiteren Kürzungen mehr, sondern lieber Überlegungen anstellen, um in einigen Bereichen Strukturen zu verändern und damit Freiräume zu schaffen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: So ist es!)

Das ist eine klare Äußerung auch von dieser Seite gewesen. Dies ist auch meine Meinung. Aber, meine Damen und Herren, Strukturüberlegungen sind nicht nur bei der Kunst, sondern überall, in allen Bereichen erforderlich.

Eine zweite Bemerkung zum Schluss. Kulturfinanzierung setzt auf eine Partnerschaft zwischen Land und Kommunen.

Das Prinzip der Kofinanzierung durch Land und Kommunen ist ganz elementar und wichtig. Das dürfen wir nicht zusammenbrechen lassen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das haben Sie aber!)

Kürzungen wirken sich doppelt aus: Wenn der eine kürzt, kürzt der andere meist auch. Deswegen sollten wir sorgfältig darauf achten, dass keiner der Partner – weder Land noch Kommunen – aus dem gemeinsamen Boot aussteigt. Diese Verantwortungspartnerschaft muss bleiben.