Protokoll der Sitzung vom 30.01.2004

Thema Forderungsverkauf: Ich bin der Überzeugung, dass unsere Art des Forderungsverkaufs etwas anderes ist.

(Abg. Schmid SPD: Das ist ja noch schlimmer! – Zuruf von der SPD: Ohne Zweckbindung!)

Wir verkaufen Forderungen zum Zeitwert und werden dadurch in den kommenden Jahren keine Entlastung des Haushalts haben. Die hätten wir im anderen Fall gehabt, weil wir Zinsen und Tilgung erreicht hätten. Das ist wahr.

Sie aber wollen Bundesforderungen – das sind ja gar nicht unsere Forderungen – zum heutigen Zeitwert verkaufen. Der Zeitwert ist wesentlich niedriger als der Nominalwert.

(Abg. Schmid SPD: Das machen Sie ja auch!)

Die Schuld gegenüber dem Bund bleibt aber auf der Höhe des Nominalwerts. In Zukunft würden wir also wesentlich mehr an den Bund zurückzahlen müssen, als wir im Gegenzug von den Wohnungsbaugebern bekämen – um das ganz eindeutig zu sagen.

(Abg. Schmid SPD: Das haben wir im Finanzaus- schuss ausführlich diskutiert!)

Das ist wahrscheinlich wirklich zu kompliziert, um es hier in allen Einzelheiten zu diskutieren, aber glauben Sie mir: Es ist so.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Gaßmann?

Das geht allerdings von der Zeit ab, die die Leute brauchen, um zum Zug zu kommen.

(Zuruf von der CDU: Er ist Stuttgarter!)

Bitte, Herr Abg. Gaßmann.

Bitte sehr. Sie sind aus Stuttgart und müssen nicht zum Zug.

Deswegen mache ich die Frage auch ganz kurz: Ist Ihnen bekannt, Herr Finanzminister, dass ein erheblicher Teil der Forderungen, die wir verkaufen wollen,

um den Wohnungsbau anzukurbeln, Forderungen sind, die dem Land und nicht dem Bund zustehen,

(Zuruf von der SPD: Aha!)

mindestens ein Drittel davon?

Wenn sie dem Land zustehen, ist der Fall ganz genauso. Sie wollen ja nicht nur Forderungen verkaufen, sondern Sie wollen – wie Sie eben gesagt haben – die Erlöse in den Wohnungsbau reinvestieren. Sonst gibt das ja keinen Sinn. Tatsache ist, dass wir die Forderungen – sowohl Bundes- als auch Landesforderungen – natürlich nicht zum Nominalwert verkaufen können. Die werden abgezinst auf den heutigen Tag.

(Abg. Schmid SPD: Aber hier ist es doch genauso!)

Ja, natürlich, aber wir müssen die Verschuldung,

(Abg. Schmid SPD: Und Sie stopfen damit Haus- haltslöcher!)

die wir dem Bund gegenüber tilgen müssen und die wir in Zukunft haben, nicht durch höhere Darlehen bedienen als heute.

Aber wir diskutieren diese Sache im Ausschuss; das ist hier zu kompliziert.

(Abg. Schmid SPD: Wenn Sie es falsch darstellen! – Abg. Fleischer CDU zur SPD: Für Sie zu kompli- ziert! – Gegenruf des Abg. Schmid SPD: Sie waren im Ausschuss nicht dabei! Sie schweigen!)

Es ist so. Ich bin ja bereit, mit Ihnen darüber im Ausschuss zu diskutieren. Aber das hat doch jetzt keinen Wert.

Meine Damen und Herren, Sie wollen bei jeder Gelegenheit mehr Personal. Sie wollen bei allen Einzelheiten mehr Ausgaben. Zum Schluss wollen Sie auch noch mehr sparen. Ich will Ihnen gerade einmal ein Beispiel bringen: Finanzbeamte. Sie sagen immer, wir hätten die wenigsten Finanzbeamten. Das ist wahr. Aber Folgendes: Wir haben in BadenWürttemberg die besten Schüler. Wir haben die besten Lehrer. Wir haben die besten Unternehmer. Wir haben auch die besten Finanzbeamten. Deswegen schaffen sie mit weniger Köpfen und weniger Arbeitsaufwand die gleiche Arbeit wie die anderen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Schmid SPD: Deshalb verlieren wir 360 Millionen €! – Abg. Fischer SPD: Und wir haben die größten Bescheißer!)

Woran liegt es eigentlich, dass die Haushalte – unser Haushalt und diejenigen aller anderen – so schlecht sind? Dafür gibt es drei Gründe. Der Hauptgrund liegt ohne Frage beim Bund, zweitens im Finanzausgleich und drittens in einer Kombination aus beidem.

Nehmen wir zunächst einmal das, was Sie nicht gern hören: Als die mittelfristige Finanzplanung für das Jahr 2004 aufgestellt wurde – das war im Jahr 2000 –, hat uns der damalige Finanzminister Eichel mitgeteilt, wir könnten in unserer mittelfristigen Finanzplanung für das Jahr 2004 27 Milliarden € Steuern veranschlagen.

(Abg. Junginger SPD: Das entsprach den damali- gen Werten!)

Das entsprach der damaligen Steuerschätzung.

(Zuruf des Abg. Schmid SPD)

Heute haben wir 22 Milliarden €, 5 Milliarden € weniger, als uns vor vier Jahren gesagt wurde. Wenn wir diese Milliarden hätten, besäßen wir einen Überschuss von 3 Milliarden € gegenüber unserer Verschuldung.

(Abg. Junginger SPD: Und wann haben Sie das ge- merkt? Doch nicht dieses Jahr! Vor zwei Jahren!)

Wann wir das gemerkt haben? Wir haben das allmählich gemerkt, aber entscheidend ist doch, dass Sie im Bund eine so miserable Wirtschaftspolitik betrieben haben, dass die Steuereinnahmen entsprechend schlecht geflossen sind.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zuruf von der CDU: So ist es!)

Das nächste Problem: Es ist hier schon tausendmal gesagt worden, aber offenbar muss es wiederum gesagt werden: Sie haben eine Körperschaftsteuerreform gemacht, die dazu geführt hat, dass in den Jahren 2001 und 2002 bundesweit praktisch keine nennenswerte Körperschaftsteuer eingegangen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Die großen Unternehmen haben nicht nur keine Steuern bezahlt, sie haben sogar noch Steuern zurückbekommen.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Milliardenausfälle! – Zuruf von der CDU: Die Regierung der Bosse war das!)

Das muss man einfach mit aller Klarheit sagen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

In der gleichen Zeit, in der die Steuereinnahmen um 5 Milliarden € zurückgegangen sind, sind die Personalkosten jedes Jahr ganz beachtlich gestiegen.

Das Nächste, meine Damen und Herren: Sie sagen immer, wir sollen nicht von den anderen reden. Wir müssen das, denn wir zahlen natürlich ungeheure Summen in den Finanzausgleich ein. Baden-Württemberg zahlt zusammen mit dem Umsatzsteuerausgleich 4 Milliarden € an die anderen Länder.

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

Man muss sich das einmal vorstellen: 4 Milliarden € an die anderen Länder! Vieles würde ganz anders aussehen, wenn wir das nicht müssten.

Ich darf jetzt noch ganz wenige Sätze zu dem sagen, was unseren Haushalt auszeichnet. Es ist schon einige Male gesagt worden: Außer Bayern haben alle anderen Länder und vor allen Dingen auch der Bund eine wesentlich schlechtere Haushaltsstruktur.

(Minister Stratthaus)

Was zeichnet unseren Haushalt besonders aus? Ich möchte das offen sagen. Wir haben außergewöhnlich hohe Ausgaben für Bildung und für Universitäten, die höchsten in Deutschland. Ich muss Ihnen sagen, als Finanzminister bin ich alles in allem darauf auch etwas stolz – um das mit aller Deutlichkeit zu sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)