Wer angesichts dieser Tatsachen behauptet, wir hätten kein Einnahmeproblem, versucht bewusst Vernebelungsstrategien, weil es seinen politischen Absichten besser entspräche, wenn es im Landeshaushalt nur ein Ausgabenproblem gäbe.
Dann wäre Ihr Weltbild in Ordnung und könnten Sie die Probleme des Haushalts beruhigt der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen in die Schuhe schieben, während das Einnahmeproblem – und da sind Sie in Berlin nun einmal zuständig – ganz eindeutig ein Problem des Versagens von Rot-Grün in der Wirtschafts-, Steuer-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik ist.
Dass der Landeshaushalt auch, aber eben nicht nur ein Ausgabenproblem hat, haben die Redner unserer Fraktion in vielen Debattenbeiträgen unterstrichen. Das ist aber nicht ein Problem der Gestaltung der Einzelpläne der Ministerien gewesen, denn deren Etats sind über die Jahre 1997 bis 2003 im Durchschnitt um 8,6 %, pro Jahr also im Durchschnitt lediglich um 1,4 % gestiegen. Es sind vielmehr vor allem die bisher im Einzelplan 12 veranschlagten Pensionsausgaben und die Zinsen gewesen. Die damit benannten Probleme nehmen weiter zu.
Die Pensionsausgaben werden unausweichlich weiter steigen. Angesichts der bestehenden Verschuldung macht es keinen Sinn, einen Pensionsfonds einzurichten, der diesen Namen tatsächlich auch verdienen würde. Aber wir müssen Transparenz schaffen. Dazu ist ein erster Schritt, dass jetzt erstmals in der Geschichte die Pensionen und die dazu gehörenden Beihilfeleistungen nicht mehr im Rahmen des Einzelplans 12 – Allgemeine Finanzverwaltung –, sondern im Einzelplan des jeweiligen Ministeriums veranschlagt sind, und dorthin, Frau Kollegin Dederer, gehören sie auch. Darin sind wir uns einig.
Ein zweiter Schritt hin zu mehr Transparenz ist die Erstellung – ich habe dies schon einmal erwähnt, möchte es aber nochmals hervorheben, weil es wichtig ist – von so genannten Generationenbilanzen. Hätten wir sie für den Haushalt unseres Landes, würden sie deutlich zeigen, in welchem Ausmaß wir bis heute Lasten in die Zukunft verschieben. Darin sind wir uns, glaube ich, auch einig. Insoweit leben wir über unsere Verhältnisse, das heißt, zulasten der nächsten Generationen. Wir wollen dies offen legen; denn auch dies gehört zwingend zur Transparenz öffentlicher Haushalte.
Wenn uns die bedrohliche Entwicklung der Pensionszahlungen in Zukunft nicht völlig überfordern soll, stehen uns im Personalbereich nur drei Wege offen. Erstens: Wir müssen die Zahl der Bediensteten verringern, und das muss, wenn der Höhepunkt der Schülerzahlentwicklung nach dem Schuljahr 2006/2007 überschritten ist, auch für den Bildungsbereich gelten. Zweitens: Wir müssen das reale Pensionseintrittsalter noch deutlicher erhöhen, als es in den letzten Jahren schon gelungen ist. Drittens: Wir werden gar nicht daran vorbeikommen, parallel zur sukzessiven Absenkung des Rentenniveaus auch, so schmerzlich das ist, das Niveau der Pensionen schrittweise abzusenken. Nur so wird zu erreichen sein, dass die Personalausgaben insgesamt nicht einen immer stärker steigenden Anteil unseres Haushalts in Anspruch nehmen und damit jedes Bemühen um eine dauerhafte Konsolidierung des Haushalts konterkarieren würden.
Ein angemessenes wirtschaftliches Wachstum und eine entsprechende Erholung der Steuereinnahmen sind aber unabdingbare Voraussetzungen dafür, dass wir auf dem Weg dauerhafter Haushaltskonsolidierung erfolgreich sein können. Doch Wachstum allein wird nicht ausreichen; denn die mittelfristige Finanzplanung zeigt auch, dass selbst ordentliche Wachstumsraten bei den Steuereinnahmen nicht genügen werden, das Konsolidierungsziel quasi von selbst zu erreichen. Nehmen wir das Planungsjahr 2007. Dort weist die mittelfristige Finanzplanung 2,4 Milliarden € mehr an Steuereinnahmen aus als im laufenden Jahr 2004. Aber, meine Damen und Herren, von diesen 2,4 Milliarden werden 2,1 Milliarden € allein für die höheren Personalausgaben mit weit überproportional steigenden Pensionsverpflichtungen und höheren Zinslasten benötigt. Wachstum ist deshalb unabdingbar, aber es ist keine Zauberformel. Hinzu kommen müssen Einschnitte bei einer Vielzahl von Leistungen, die das Land über alle Einzelpläne des Haushalts hinweg selbst erbringen und fördern muss.
Mein Eindruck auch in diesen Haushaltsberatungen ist, dass die Opposition dies noch immer nicht wahrhaben will.
Noch immer gibt es diese reflexartigen Haushaltsanträge, die gegen jede Kürzung um beispielsweise 200 000 € einen Antrag auf Wiederaufstockung um genau diese 200 000 € setzen. Damit – tauschen Sie sich doch einmal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern aus, in denen
Sie werden auch mit einer Oppositionsstrategie nicht weiterkommen, bei der Sie glauben, ganze Bereiche von Kürzungen einfach ausnehmen zu können, und die die dafür benötigten Mittel dann nicht durch reale stärkere Kürzungen an anderer Stelle, sondern durch Luftnummern bereitstellt, die für Sie den großen Vorzug haben, niemandem wehzutun, die aber für eine realistische Haushaltspolitik völlig unbrauchbar sind.
Angesichts der Größe der Konsolidierungsaufgabe gilt – da sind wir uns ja einig –: Kein Bereich darf von vornherein von den Kürzungsanstrengungen ausgenommen werden, auch nicht die Bereiche, denen zu Recht höchste landespolitische Priorität zukommt. Denn es darf keinen einzigen Bereich geben, der nicht daraufhin überprüft werden müsste, ob die dort erbrachten Leistungen nicht effizienter, kostengünstiger und bürgernäher möglich sind –
Stichworte Effizienzreserven erschließen, Subsidiaritätsprinzip, Delegation nach unten, Aufgabenkritik, Bürokratieabbau, Mut zu Prioritäten und dergleichen mehr.
Ein weiteres Stichwort: Vorrang von privater vor öffentlicher Erbringung von Leistungen, wo immer dies möglich ist. Die Staatsquote ist bei weitem noch zu hoch. Die Verwaltungsreform und die Justizreform, meine Damen und Herren, sind in ihrem jeweiligen Bereich Beispiele für diese Vorgehensweise.
Es gibt eine Fülle weiterer Beispiele, die angegangen werden müssen und von denen ich nur eines nennen will: Wir brauchen eine große Reform der Steuerstruktur,
eine Reform, die die Tarife weiter senkt und dafür Ausnahmetatbestände und legale Steuerschlupflöcher beseitigt – Kollege Moser, da sind wir uns jetzt einig –,
und damit eben auch eine Reform, die einen weiteren Stellenabbau in der Steuerverwaltung ermöglicht,
anstatt die Bediensteten der Steuerverwaltung mit immer neuen und immer unüberschaubareren Vorschriften weiter zu belasten. Da stimmen Sie, Frau Dederer, mir sicherlich zu.
(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Sehr richtig! Das habe ich am Freitag gesagt! – Zuruf des Abg. Theu- rer FDP/DVP)
Schließlich noch einmal zum Verhältnis von Land und Kommunen – ein ganz wichtiges Thema –, das ja vorhin auch schon angesprochen worden ist.
Beide Seiten, das Land und die Kommunen, hatten unter den wegbrechenden Steuereinnahmen der letzten Jahre schwer zu leiden – aber eben beide Seiten. Wenn der Deutsche Städtetag erst vorgestern wieder beklagt hat, die Einnahmen der Kommunen würden trotz der Ergebnisse des Vermittlungsverfahrens nicht nur im Jahr 2003, sondern auch im Jahr 2004 unter denen des Jahres 2000 liegen, dann muss man eben wissen: Dasselbe gilt auch für das Land Baden-Württemberg. Die überproportionale Belastung der Kommunen aber, die insbesondere durch die Eichel’sche Fehlkalkulation bei der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zustande gekommen war, ist mit dem Abschluss des Vermittlungsverfahrens beseitigt. Das Sofortprogramm zugunsten der Kommunen, das FDP und Union wiederholt gefordert hatten, ist inzwischen Gesetz.
Die Notwendigkeit einer umfassenden Gemeindefinanzreform aber bleibt – Kollege Theurer hat schon wiederholt darauf hingewiesen –, und sie kann nach unserer festen Überzeugung nicht in einer Modernisierung oder Revitalisierung der Gewerbesteuer bestehen, sondern nur darin, die Gewerbesteuer abzuschaffen und sie durch einen höheren kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer oder durch ein Hebesatzrecht auf die Einkommen- und die Körperschaftsteuer zu ersetzen.
Das, was auch bei diesen Haushaltsberatungen gegen dieses Modell vorgebracht worden ist, geht völlig fehl. Es macht keinen Sinn, immer wieder aus alten Papieren des Städtetags vorzulesen, die sich gar nicht auf dieses Modell, sondern auf einen Vorschlag von BDI und VCI beziehen.
Es bleibt dabei: Nur dieser Weg sichert den Kommunen einen verlässlichen Anteil am Steueraufkommen. Nur dieser Weg stellt gleichzeitig einen Beitrag zur Entbürokratisierung und Steuervereinfachung dar, und nur dieser Weg trägt gleichzeitig zu mehr Bürgernähe bei kommunalen Haushaltsentscheidungen bei.
Zur Frage der aktuellen Ausgestaltung eines aufgabengerechten Finanzausgleichs zwischen dem Land und den Kommunen haben SPD und Grüne bei den Beratungen unterschiedlich argumentiert. Während die SPD wenigstens das gemeinsame Votum der Finanzverteilungskommission zur Spitzabrechnung der kommunal bedingten Aufwendungen im Finanzausgleich akzeptiert hat, gaben sich die Grünen hier noch kommunalfreundlicher als die kommunalen Landesverbände selbst.
Ich bleibe dabei: Sie können damit nur eines erreichen wollen, nämlich im Land Propaganda gegen die Landesregierung zu betreiben und ihr Kommunalfeindlichkeit vorhalten
Ich bleibe auch dabei: Wenn wir heute die Auswirkungen der Steuerschätzung vom November, die Kürzung der Finanzausgleichsmassen um 80 Millionen € und die Ergebnisse des Vermittlungsverfahrens zusammennehmen, müssen wir sagen: Im Ergebnis steigt der kommunale Anteil an den Nettosteuereinnahmen von Land und Gemeinden im Jahr 2004 wieder auf etwa 41,6 % an. Er liegt damit beim gleichen prozentualen Anteil wie 1993, zwar unter dem Anteil, der den Kommunen zwischen 1998 und 2002 zugeflossen ist, aber über dem Anteil, der ihnen in den Jahren 1994 bis 1997 zur Verfügung stand.
Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Tatsache, dass die Ergebnisse des Vermittlungsverfahrens die kommunalen Haushalte auch in den kommenden Jahren deutlich stärker entlasten als den Haushalt des Landes, werden die Änderungen, die durch das Haushaltsstrukturgesetz am FAG vorgenommen werden, dem Anspruch fairer Partnerschaft zwischen Land und Kommunen durchaus gerecht.
Um ein vernünftiges Miteinander von Bund, Land und Kommunen dauerhaft zu gewährleisten, muss aber ein Punkt dringendst erledigt werden, nämlich die Aufnahme des Konnexitätsprinzips ins Grundgesetz; in der Landesverfassung steht es.
Wie Sie ja mitbekommen haben, haben wir noch einige Änderungen in der Schlussphase vorgenommen, so die schon erwähnte Erhöhung der Sportförderung. Auch manche Kürzungen haben wir teilweise zurückgenommen, so bei den soziokulturellen Zentren, bei den kleinen Theatern und bei den freien Theatern. Insgesamt gesehen, glauben wir, ist der Haushalt in sich ausgewogen.