(Abg. Fleischer CDU: Merken Sie nicht, dass Sie in sich widersprüchlich sind? – Zuruf: Unglaub- lich!)
Wir haben in einer schwierigen Zeit eine Linie gesucht. Ich sage Ihnen ehrlich, Herr Kollege Fleischer: Ich würde gern einmal einem Landeshaushalt zustimmen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Fleischer CDU: Dass Sie nahe dran sind, wissen wir alle!)
und auch nicht einmal ein Zehntel der Vorstellungen, die wir haben und die wir für richtig halten, mit berücksichtigt haben und das nicht angenommen haben,
(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE zur CDU: Sie sind dialog- unfähig!)
(Anhaltender Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Drexler SPD: Gut! – Abg. Fleischer CDU: Weniger Schulden und mehr ausgeben! Das müs- sen Sie erklären!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat war das eine gute und souveräne Leitung, Herr Moser. Das muss man Ihnen als Vorsitzendem des Finanzausschusses bescheinigen.
Wir haben in diesen sechs Tagen die Einzelhaushalte sehr zügig durchgesprochen. Dafür ein herzliches Dankeschön. Wir waren uns da fraktionsübergreifend einig.
Ich will jetzt einmal ganz von meinem Redekonzept abweichen und hier bestimmte Themen ansprechen, zum Beispiel die Schwarzarbeit.
Was die Schwarzarbeit betrifft, stimme ich Ihnen ja in vielen Dingen zu, Herr Moser. Aber man sollte sich einmal überlegen, wer für die Einkommensteuergesetzgebung zuständig ist – der Landtag von Baden-Württemberg oder der Deutsche Bundestag in Berlin? Sie müssen doch diese Appelle an Ihre eigenen Leute richten, damit hier eine entsprechende Änderung stattfindet.
Gebühren errechnen sich nach dem alten Prinzip: „Do ut des“, das heißt: „Ich gebe, damit du gibst.“ Es wird staatlicherseits eine Leistung erbracht, und dafür wird bezahlt. Der Staat darf nicht mehr verlangen, als der Leistung entspricht.
Das haben wir ja diskutiert, zum Beispiel bei den Notariatsgebühren, und haben gesagt, dass diese Gebühren zu hoch sind, weil die Leistung, die erbracht wird, mit dem, was zu zahlen ist, nicht im Einklang steht.
Genau da setzt die ganze Geschichte an. Ich kann Gebühren nur danach berechnen, was tatsächlich an Leistungen erbracht wird. Deshalb: Gebühren können nicht herunteroder heraufgesetzt werden; Gebühren müssen allenfalls an die entsprechenden Leistungen angepasst werden.
Meine Damen und Herren, wenn Sie von der SPD-Fraktion nun darstellen, dass die Situation bei uns so sei, dass die Investitionen und die freiwilligen Leistungen heruntergefahren und die Schulden erhöht würden, dann kann ich nur sagen: Sie wissen ganz genau, wo das Problem unseres Haushalts liegt,
und zwar eindeutig auch und vorwiegend an der Situation der Einnahmen, die bei weitem geringer sind als beispielsweise durch die Steuerschätzungen in den Jahren 2001 und 2002 vorhergesagt.
Der finanzielle Handlungsspielraum unseres Landes ist in den letzten drei Jahren in gravierendem Umfang enger geworden. Drei Jahre Nullwachstum – dafür sind nicht wir
Ja, entschuldigen Sie einmal, wer macht denn die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland? Wollen Sie die Verantwortung abgeben? Dann müssen Sie sagen, dass Sie sie abgeben wollen; dann übernehmen wir gerne die Verantwortung.
Aber die Verantwortung zu haben und dann nicht dafür geradezustehen zeugt von einem sehr krummen Rückgrat, meine Damen und Herren.
Ich beschränke mich zunächst einmal auf einen Vergleich der Steuerschätzung vom Mai 2002 mit der Steuerschätzung vom November 2003. Für das Jahr 2004 wurde vor eineinhalb Jahren – rechnen Sie zurück, dann sind Sie im Mai 2002 – ein Steueraufkommen von 24,7 Milliarden €, im letzten Herbst aber nur noch ein Steueraufkommen von 22,2 Milliarden € prognostiziert. Das sind innerhalb von eineinhalb Jahren also 2,5 Milliarden € weniger.
(Abg. Schmiedel SPD: Wer hat sich denn da so verrechnet? – Abg. Schmid SPD: Das waren alles Diplomvolkswirte! – Weitere Zurufe von der SPD – Heiterkeit bei der SPD)
Herr Schmid, da will ich gar nicht widersprechen. Ich bin mit den Steuerschätzungen, wie sie vorgenommen werden, und mit den Parametern, die dafür herangezogen werden, überhaupt nicht einverstanden. Das habe ich aber hier schon einmal gesagt, Herr Schmid.
Ich habe hier schon einmal gesagt, dass die Prognosen der Kirchen, was die Einnahmen betrifft, zielsicherer sind als die des Staates.
(Zuruf des Abg. Schmid SPD – Abg. Seimetz CDU: Das heißt einfach, wir müssen mehr Pfarrer im Parlament haben! – Abg. Heike Dederer GRÜ- NE: Schreiben Sie mal einen Brief an den Finanz- minister!)
Das hängt entscheidend damit zusammen, dass ein entscheidender Parameter das Wachstum ist, das vom Bundeswirtschaftsministerium prognostiziert wird. Diese Prognose muss in die Berechnungen eingehen, und sie ist in der Regel falsch, weil das, was an Wachstum erwartet wird, in der Regel mit dem, was real eintritt, leider nicht zusammentrifft.
Würde man auf weiter zurückliegende Steuerschätzungen, etwa der Jahre 2000 oder 2001, zurückgreifen, dann wäre die Differenz zwischen Prognose und realem Ergebnis noch weitaus größer. Die von mir erwähnten 2,5 Milliarden € weniger stellen eben nicht nur eine Verringerung früher einmal angenommener Zuwächse dar, sondern wir haben einen realen Rückgang der Steuereinnahmen zu verzeichnen.
Netto, also nach Abzug der Leistungen in die Finanzausgleichssysteme – das hat Herr Moser vorhin ja auch schon angesprochen –, waren es 17,8 Milliarden € nach der Steuerschätzung vom Mai 2002 und 16,1 Milliarden € nach der Steuerschätzung vom November 2003, also unter dem Strich 1,7 Milliarden € weniger. Das heißt, wenn sich die Wachstumserwartungen des Jahres 2002, auf denen die Steuerschätzung ja basiert, erfüllt hätten, hätten wir in den vergangenen zwei Monaten nicht daran arbeiten müssen, einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen, und wir hätten eine neue Rekordverschuldung des Landes vermeiden können. Vielmehr wären wir auf einem soliden Pfad, die Nullnettoneuverschuldung spätestens mit dem Haushalt 2006 zu erreichen. Denn auch wenn mit einem angemessenen wirtschaftlichen Wachstum in gewissem Umfang Mehrausgaben verbunden gewesen wären, so würde dieser Haushalt mit zusätzlichen Steuereinnahmen von netto 1,7 Milliarden € nur noch eine Neuverschuldung ausweisen, die vielleicht nicht genau bei 339 Millionen €, aber doch so deutlich unterhalb von 1 Milliarde € läge, dass spätestens im Jahr 2006 eine Neuverschuldung von null erreicht wäre.
Wer angesichts dieser Tatsachen behauptet, wir hätten kein Einnahmeproblem, versucht bewusst Vernebelungsstrategien, weil es seinen politischen Absichten besser entspräche, wenn es im Landeshaushalt nur ein Ausgabenproblem gäbe.