Ich darf Sie einen Moment unterbrechen, Herr Staatssekretär. Nach unserer Geschäftsordnung sind die Ausschussberatungen nicht öffentlich. Namentliches Zitieren von Ausschussmitgliedern ist nicht zulässig. Zitiert werden darf nur in der im Bericht üblichen anonymisierten Form. Ich bitte Sie, diese Geschäftsordnungsbestimmung zu beachten.
Das tue ich sehr gerne, Herr Präsident. Ich darf aber darauf hinweisen, dass ich nicht zitiert habe, sondern die Meinungsäußerung von Herrn Palmer in einem Satz wiedergegeben habe. Ich glaube nicht, dass das einem Zitat entspricht.
(Heiterkeit – Lachen des Abg. Boris Palmer GRÜ- NE – Zuruf: Das ist genau der Punkt! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Dr. La- sotta CDU: Das war Klasse! – Unruhe)
Meine Damen und Herren, in dieser Sache möchte ich gern noch eines sagen. Herr Kollege Palmer hat in seiner Rede argumentiert, dass vor allem Großunternehmen – mit der Marktmacht, die sie haben – diese Verordnung auf europäischer Ebene quasi konterkarieren würden. Tatsache ist aber, Herr Palmer – und genau darin liegt für uns in Baden-Württemberg das Problem –: Die Hauptprobleme haben gerade nicht die Großunternehmen, weil Großunternehmen sehr oft auch ausländische Standorte haben, wo sie produzieren. Ein Unternehmen wie die BASF hat theoretisch immer die Möglichkeit, zu sagen: „Okay, wenn wir das hier nicht mehr produzieren, produzieren wir es in Asien, in den USA oder sonst wo“, weil dort diese Verordnung bekanntermaßen nicht gilt.
Aber die mittelständischen Unternehmen, meine Damen und Herren – mehrere Tausend; 80 % der chemischen Unternehmen in Baden-Württemberg haben weniger als 100 Mitarbeiter –, können nicht ausweichen, sie können nicht in die USA oder nach Asien gehen. Genau darum geht es, nicht um die Großunternehmen.
Es ist inzwischen das übliche Weltbild von Grünen, zu sagen, die böse Wirtschaft, vor allem die böse Großindustrie bekämpfe alles, was komme. Primär geht es gar nicht um die Großindustrie. Es geht um die Masse der Unternehmen, die Arbeits- und vor allem Ausbildungsplätze – auch ein nicht ganz unaktuelles Thema – in Baden-Württemberg geschaffen haben und weiterhin schaffen werden. Es geht darum, dass wir uns für diese Unternehmen einsetzen.
Genauso falsch ist es im Übrigen, wenn man argumentiert, man müsse nur so lange warten, bis die EU groß genug sei, denn dann seien viele andere Länder beteiligt, die das Gan
ze ohnehin platt machen würden, weil sie kein Interesse daran hätten. Meine Damen und Herren, ein Blick in die Wirtschaftsdaten anderer Länder, zum Beispiel in die Polens und Tschechiens – in diesen beiden Ländern ist die chemische Wirtschaft ziemlich ausgeprägt, und dort besteht eine Interessenkongruenz auch mit unseren Unternehmen –, wird zeigen, dass diese Länder mindestens das gleiche Interesse an vernünftigen Regelungen haben wie wir. In diesem Falle ist eine Vergrößerung der Europäischen Union also nicht schädlich. Ich gehe im Gegenteil davon aus, dass wir speziell in den beiden genannten Ländern Unterstützung für unsere Positionen bekommen werden, allerdings in machbarer Hinsicht. Das ist genau das, was wir für die Zukunft brauchen.
Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir seitens der Landesregierung alles dafür tun, dass diese Verordnung so schnell wie möglich, aber in einer machbaren, für die Wirtschaft erträglichen und umsetzbaren Form beschlossen wird. Deshalb haben wir gesagt, um relativ schnell konkret zu werden: Wir wollen mit der Wirtschaft – nicht gegen sie und nicht an ihr vorbei –, mit 20 hauptsächlich mittelständischen Unternehmen gemeinsam mit dem VCI und den Industrie- und Handelskammern, nach Möglichkeit auch zusammen mit anderen Bundesländern bei verschiedenen Produkten, Produktketten und anderem mehr darlegen, wo die Probleme liegen.
Wir wollen die Verordnung durchspielen, bevor sie beschlossen wird, und nicht danach. Wir machen es also nicht wie die Bundesregierung in Berlin, so nach dem Motto: Wir schaffen im Schnellschuss ein Gesetz, und dann schauen wir uns vier Jahre lang an, welche konkreten Folgen das haben wird.
Wir wollen, bevor die Verordnung beschlossen und in Marsch gesetzt wird, gemeinsam mit den Unternehmen darlegen, ob das geht oder nicht, damit wir im Zweifel wiederum in Brüssel darlegen können, wie man es vielleicht in dem einen oder anderen Punkt besser machen könnte.
Ich kann nur sagen, die Wirtschaft zieht exzellent mit. Wir werden die 20 Unternehmen in Kürze haben. Im April geht der Modellversuch los, und noch vor der parlamentarischen Sommerpause werden wir die entsprechenden Ergebnisse haben. Ich glaube, meine Damen und Herren, dass man es besser und vor allem auch schneller in der Tat nicht machen kann.
Mit diesem Projekt verfolgen wir zwei Ziele. Zum einen soll anhand konkreter Beispiele verdeutlicht werden, welcher personelle, organisatorische und finanzielle Aufwand im jeweiligen Einzelfall tatsächlich mit der Registrierung verbunden wäre, wenn die REACH-Verordnung so kommt wie derzeit vorgesehen. Zum anderen wollen wir im Rückschluss mit den Vertretern in Brüssel daran arbeiten, dass dieses ganze Verfahren so schnell wie möglich laufen kann.
Aber eines ist klar, meine Damen und Herren: Die Tatsache, dass der Verordnungsentwurf länger auf der Bahn ist als ursprünglich avisiert, liegt nicht an uns, liegt auch nicht an der Wirtschaft – das haben Sie vorhin großzügigerweise nicht gesagt –, sondern liegt daran, dass sich im Europäi
schen Parlament inzwischen drei betroffene Ausschüsse nicht darüber einigen können, wer die Federführung hat. Das ist der Hauptpunkt, weil man sich dort – nicht bei uns – aufgrund der widerstreitenden Interessen zwischen Industrie, Umwelt und Generaldirektion Wettbewerb – quasi in der Mitte zwischen allen Stühlen – nicht darauf einigen kann, wer die Federführung hat.
Also, setzen Sie Ihre Freunde in Brüssel in Marsch, damit sie das klären, aber werfen Sie nicht uns in Baden-Württemberg vor, wir würden das Ganze blockieren.
(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das hat doch niemand gemacht! Sie bauen da Attrappen auf!)
Regen Sie sich doch ab, Herr Palmer. Ich wundere mich, dass Sie sich so aufregen. Das ist doch kein Problem. Wir haben einen interfraktionellen Antrag. Wir werden das Ganze durchziehen. Ich halte das für richtig.
Ich möchte mich zum Schluss auch dafür bedanken, dass die Beratungen jedenfalls bisher, vor allem im Ausschuss in der vergangenen Woche, sehr, sehr sachlich waren.
Sie können daran auch sehen, dass wir ein großes Interesse an einer koordinierten Vorgehensweise haben, dass wir auch kein größeres Problem mit Ihrem Antrag haben, obwohl er mit der Vorgehensweise direkt eigentlich nichts zu tun hat. Das Interesse, das dahinter steckt, ist aber in Ordnung. Deshalb machen wir auch das mit. Aber tun Sie mir den Gefallen und versuchen Sie jetzt nicht, im letzten Moment die Kurve zu kratzen, um sich mit Dingen zu profilieren, die dann wieder falsch laufen.
Wir brauchen eine Entwicklung gemeinsam mit der Wirtschaft, damit wir der Ökologie Gutes tun können und gleichzeitig die Ökonomie nicht beschädigen. Das ist unser Anliegen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Fleischer CDU: Das war ein guter „Vogelgesang“!)
Ich lasse nun zunächst über die Abschnitte I und II der Beschlussempfehlung Drucksache 13/2971 abstimmen. Wer diesen Abschnitten der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Einstimmig so beschlossen.
Ich lasse nunmehr über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/2991, abstimmen. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Einstimmig so beschlossen.
Nun lasse ich über Abschnitt III der Beschlussempfehlung Drucksache 13/2971 abstimmen. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Einstimmig so beschlossen.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu dem Antrag der Landesregierung vom 4. Februar 2004 – Änderung der Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien – Drucksachen 13/2892, 13/2959
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat beantragt, dass das Parlament gemäß Artikel 45 Abs. 3 der Landesverfassung die Zustimmung des Landtags herbeiführt, um die Geschäftsbereiche der Ministerien neu zu regeln bzw. einem Änderungsvorschlag zuzustimmen. Die CDU-Fraktion stimmt dieser Änderung zu, da wir das, was die Landesregierung hier in Vorschlag gebracht hat, für sinnvoll und zweckmäßig halten.
Zum einen betrifft es die Übertragung der Arbeitsgerichtsbarkeit, die bisher beim Sozialministerium ressortiert hat, auf das Justizministerium. Damit wird ein Rechtspflegeministerium geschaffen, in dem alle Gerichtszweige, nämlich die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die ordentliche Gerichtsbarkeit, aber auch die Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit, nun zusammen mit der Arbeitsgerichtsbarkeit unter einem Dach, nämlich im Justizministerium, geführt werden.
Im Ständigen Ausschuss haben alle Fraktionen dieser einleuchtenden Konzeption zugestimmt. Ich denke, man sollte in diesem Zusammenhang auch sehen, dass es wegweisend war, dass wir in diesem neuen Haushalt die Arbeitsgerichtsbarkeit gestärkt haben und zehn neue Stellen dafür geschaffen haben. Fünf Stellen kommen dazu, die ab April von der Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Arbeitsgerichtsbarkeit überführt werden sollen. Dies geschieht deshalb, weil es für den Standort Baden-Württemberg wichtig war, dass wir gerade bei Bestandsklagen, also Kündigungsschutzklagen, nicht zu lange in Annahmeverzug geraten und damit die eine oder die andere Seite zu lange Rechtsunsicherheit hat. Bei der Arbeitsgerichtsbarkeit geht es darum, dass man schnell Rechtsfrieden findet. Deshalb gibt es auch den Gütetermin, der dort Sinn macht. Diesem haben wir Rechnung getragen. Wir denken, auch personell kann das nun gut zusammen unter einem Dach bewältigt werden.
Das Zweite betrifft eigentlich nur einen Status quo ex ante, den wir schon einmal hatten, nämlich die Rückführung der Bereiche Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen sowie Denkmalschutz und Denkmalpflege vom Wirtschaftsministerium ins Innenministerium. Das heißt, wir schaffen dort einen Zustand, der 1992, in der Zeit der großen Koalition, einmal geändert worden war, und führen diese Zuständigkeitsbereiche damit wieder an das Innenministerium zurück.
Ein Blick in die anderen Bundesländer und ein Vergleich mit ihnen zeigt, dass damit zusammengeführt wird, Herr Kollege Schmiedel, was zusammengehört.