Ich halte es nicht für zielführend, Herr Kollege Junginger, wenn auf der einen Seite der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
richtig – nach jeder Gesprächsrunde allen Beteiligten immer wieder Sachlichkeit und den Willen zu einer konstruktiven Lösung bescheinigt,
auf der anderen Seite aber die Landes-SPD hier in diesem hohen Hause jemandem, der – wie Herr Kollege Pauli – eine andere Auffassung als sie vertritt, Niveaulosigkeit vorwirft. So, meine Damen und Herren, haben wir nicht gewettet.
In die gleiche Richtung, an die Adresse von Frau Kollegin Bauer: Sie hat vorhin sinngemäß gesagt, sie sei es irgendwie leid, hier im Landtag immer die Reden der CDU anhören zu müssen. Sehr verehrte Frau Kollegin Bauer: Es liegt im Wesen eines Landtags, dass Sie unsere Reden anhören müssen,
(Beifall bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Kretschmann GRÜNE – Hei- terkeit der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)
Das gehört bei einem Parlament dazu. Ich finde, Sie sollten in aller Selbstbescheidenheit einmal Ihr parlamentarisches Verständnis überprüfen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Junginger SPD: Ha- ben wir Sie heute beleidigt? – Abg. Kretschmann GRÜNE: Das hat sie aber gar nicht gesagt!)
(Abg. Kretschmann GRÜNE: „Alte“ Reden! – Ge- genruf des Abg. Wieser CDU: Alte Reden kann man nicht mehr anhören!)
Dazu will ich einfach sagen, Frau Kollegin Bauer: Wenn die Grünen mit dem sich jetzt abzeichnenden Ergebnis nicht zufrieden sind, dann mache ich Ihnen einen Vorschlag: Dann stimmen Sie diesem Zuwanderungsgesetz einfach nicht zu. Denn diese Möglichkeit haben Sie ja. Anders wird es nicht gehen.
Wo stehen wir jetzt? Es ist völlig richtig, dass wir – übrigens in weitestgehender Übereinstimmung mit der SPD und mit dem erwähnten Herrn Wiefelspütz; von Schily will ich gar nicht reden – bei dem Thema Arbeitsmigration enge Schranken anlegen und insbesondere unterhalb der Schwelle der Hochqualifizierten ganz klar sagen:
und der bevorstehenden EU-Osterweiterung kann Deutschland auf dem Arbeitsmarkt in diesem Bereich eine weitere Zuwanderung schlicht und ergreifend nicht vertragen, meine Damen und Herren.
Das betrifft – wie auch Konsens ist – nicht die Hochqualifizierten. Das ist der Kampf um die besten Köpfe der Welt, von dem Herr Kollege Theurer sprach. Es betrifft auch nicht diejenigen, die sich in echtem Sinne, also nicht nur zum Schein, selbstständig machen wollen. Aber unterhalb dieser Schwelle sind wir uns in einer großen Mehrheit in der Zuwanderungskommission einig. Deshalb, Frau Kollegin Bauer – ob es Ihnen gefällt oder nicht –, kam es zu diesem Zwischenstand. Wir sind ja erst in einem Zwischenstadium bei diesen Verhandlungen. Ich sage noch einmal: Wenn Ihnen das nicht passt, dann stimmen Sie einfach nicht zu.
Demgegenüber bin ich auch froh darüber – das liegt auch mir am Herzen, auch aufgrund vieler Erfahrungen, die ich als Innenminister in Baden-Württemberg machen musste –
in diesem Fall machen musste; Sie werden gleich verstehen, Herr Kollege Oelmayer, warum ich diese Formulie
rung wähle –, dass sich in dem ganzen humanitären Bereich ein weitestgehender Konsens abzeichnet. Es sieht allem Anschein nach so aus – ich bewerte dies hoch; ich denke, gerade auch die Mitglieder des Petitionsausschusses wissen, wovon ich jetzt spreche –, dass wir eine Härtefallregelung bekommen werden.
Die bisher vorgestellten Überlegungen gehen dahin, dass der Bundesgesetzgeber den Ländern ermöglicht, über eine Härtefallkommission eine solche Härtefallregelung zu treffen. Wir müssen das nicht tun, aber wir können es dann tun. Ich würde empfehlen, dass wir einer solchen Härtefalllösung näher treten, wenn der Bundesgesetzgeber diese Möglichkeit schaffen sollte.
Denn es gibt immer wieder Fälle, die mit den Buchstaben des Paragraphen einfach in keinen Rahmen hineinpassen. Deshalb wäre dies richtig.
Zweitens, Frau Kollegin Bauer, einfach auch als kleiner Trost für Sie: Sie sind nicht in vollem Umfang auf dem neuesten Stand der Diskussion. Ich glaube, dass wir auch bei dem Thema, das Sie richtigerweise angesprochen haben, nämlich bei dem Thema „geschlechtsspezifische Verfolgung“, eine Lösung finden werden, die dem berechtigten Anliegen, das sich dahinter verbirgt, gerecht wird.
Als Zwischenbilanz zeichnet sich Folgendes ab: Auf der einen Seite werden wir da, wo wir überhaupt keine Zuwanderung mehr brauchen können, nämlich innerhalb des Themas Arbeitsmigration und unterhalb der Schwelle der Hochqualifizierten und der Selbstständigen, als Gesetzgeber sehr restriktiv handeln,
Andererseits werden wir als Gesetzgeber berechtigte Anliegen im humanitären Bereich aufgreifen. Auch dies finde ich richtig.
Dazu will ich klipp und klar sagen, Frau Kollegin Bauer und verehrte Damen und Herren hier in diesem hohen Hause: Die Union, aber insbesondere die CDU ist noch lange nicht so weit, dass sie diesen Nachteil, dass das Nachzugsalter bei 16 Jahren bleiben würde, in Kauf nehmen kann. Wer von Integration redet, wer von der Integration junger
Menschen spricht, der weiß oder müsste wissen, dass der Ministerpräsident natürlich Recht hat, wenn er sagt: Wer sich die Chance erarbeiten will, sich hier bei uns zu integrieren, der muss möglichst früh nach Deutschland kommen und nicht möglichst spät. Deshalb ist das ein ganz großes Problem.
Wir müssen über Folgendes sprechen: Der ursprüngliche Gesetzentwurf von Rot-Grün selbst ging ja beim Nachzugsalter auf zwölf Jahre herunter, und zwar entsprechend der Überlegungen auf der EU-Ebene. Aber der Entwurf enthält so viele Ausnahmen von diesem Grundsatz der zwölf Jahre, dass das System sozusagen wie ein Schweizer Käse durchlöchert wäre. Deshalb hat sich wiederum in die Diskussion der Gedanke eingeschlichen – so will ich es formulieren –, vielleicht bei 16 Jahren zu bleiben. Aber die Union ist der Auffassung, dass dies ein ganz problematisches Signal wäre und die mit Recht für defizitär gehaltene Integration nicht erleichtern, sondern ein weiteres Mal erschweren würde. Deswegen sollten wir diesen Weg nicht gehen, meine Damen und Herren.