Das ist eine sehr gute Frau, die bei unserem Landeshauptausschuss der FDP/DVP einen ganz hervorragenden Vortrag gehalten hat. Da fiel unter anderem das Zitat:
Das heißt: Die Tatsache, dass wir immer älter werden, ist an sich sehr erfreulich und kein Problem. Es ist eine zu begrüßende Tatsache. Aber dass immer weniger Kinder geboren werden, das ist das wahre Problem.
Ich denke, das ist auch in dem Untersuchungsauftrag ganz klar gesagt. Das ist unsere landespolitische Herausforderung: Wie können wir die Entscheidung der jungen Menschen für Kinder wieder leichter machen? Dabei geht es nicht nur um die Entscheidung von Frauen – da sind nämlich immer zwei beteiligt –, sondern um die Entscheidung von Frauen und Männern, den Wunsch nach Kindern zu realisieren. Dafür werbe ich sehr.
Da gibt es auch unterschiedliche Ebenen. Das ist überhaupt keine Frage. Es gibt die Ebene im Steuer- und Transfer
system, die finanzielle Situation von Familien so zu gestalten, dass nicht allein schon die Tatsache, dass es zum Armutsrisiko werden kann, mehrere Kinder zu haben, junge Leute davon abhält, Kinder überhaupt in die Lebensplanung einzubeziehen.
Da müssen wir aber schauen: Wo ist die Ebene, auf der das Land zuständig ist? Ich bin dezidiert der Meinung, über das Steuer- und Transfersystem können wir über den Bundesrat mitdiskutieren – das ist überhaupt keine Frage –, aber dafür zuständig ist der Bund. Ich gehe nach allen Steuerkonzepten, die ich kenne, eigentlich davon aus, dass die Familiensituation deutlich verbessert werden wird, wenn diese Steuerkonzepte kommen.
Das heißt für mich als Konsequenz, dass wir auf Landesebene möglicherweise eine Subjektförderung – wie das Landeserziehungsgeld – in eine originäre Landes- und kommunale Aufgabe umschichten sollten, nämlich in die Aufgabe, das Betreuungsangebot hier in unserem Land zu verbessern.
Damit sind wir bei dem zentralen Thema: Wie können Väter und Mütter künftig Familie und Beruf oder, besser gesagt, Familie und Erwerbsarbeit besser vereinbaren? Da braucht man nur in Nachbarländer zu schauen. Ich erhoffe mir von der Enquetekommission, dass wir konkrete Handlungsempfehlungen bekommen, wie wir flexible Formen finden – Tagesmütter, institutionelle Betreuung, aber auch Möglichkeiten in den Betrieben – und uns an dieser Stelle Beispiele vornehmen können, ohne neues Geld aufzunehmen und ohne weitere Schulden aufzutürmen, sondern indem wir umschichten, und dass wir da tatsächlich ein Stück weit vorankommen.
Denn eine langfristig schrumpfende und alternde Gesellschaft hat natürlich auch gravierende Auswirkungen, und zwar auf zwei Seiten: einerseits auf das Angebot an qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für unsere Betriebe, aber andererseits auch im Konsumverhalten der älter werdenden Menschen. Mir ist ganz wichtig, einfach auch einmal zu sagen, wenn wir über Demografie reden: Die Menschen werden nicht nur älter, sondern sie werden deutlich anders älter, als sie noch vor 50, 60 oder 100 Jahren älter geworden sind.
Ein heute 60-Jähriger – hier steht einer, der fast so weit ist – kann nicht verglichen werden mit Menschen, die aufgrund schwerer Arbeit und ihrer gesundheitlichen Situation tatsächlich in diesem Alter verbraucht waren. Wir müssen das in jeder Beziehung berücksichtigen.
Was die Wirtschaft anbetrifft, gibt es ja die Initiativen auch aus dem Wirtschaftsministerium, die sehr zu befördern sind, ältere Arbeitnehmer nicht aus dem Arbeitsprozess herauszudrängen, sondern sie durch altersgemäße Fortbildung
und ständige lebenslange Weiterbildung zu befähigen, den Anforderungen, die an sie gestellt werden, gerecht zu werden. Wir dürfen das, was Arbeit heute auch bedeutet, nämlich Partizipation am gesellschaftlichen Leben, nicht nur den jungen Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern, sondern müssen es allen Generationen gewähren.
Meine letzte Bemerkung betrifft die soziale Infrastruktur. Auch darüber bin ich sehr froh. Es war, glaube ich, die SPD, die sich da verdient gemacht hat und diesen Punkt auch hereingebracht hat.
Auch da kann es nicht darum gehen, sich neue soziale finanzielle Wohltaten auszudenken, sondern man muss überlegen: Wie können wir bei Strukturen, die wir heute auch mit Landesmitteln fördern, möglicherweise Umschichtungen vornehmen, die der gesellschaftlichen Realität ein Stück weit mehr entsprechen?
Weil ich vorhin von der Erwerbsarbeit gesprochen habe: Wir wissen ja heute, dass ältere Menschen, wenn sie aus der klassischen Erwerbsarbeit aussteigen, durchaus bereit sind, in anderer Weise für diese Gesellschaft zu arbeiten, sei es innerfamiliär als Großeltern usw., sei es zwischen den Generationen. Ich denke, diese Potenziale müssen aufgezeigt werden. Es muss aber auch aufgezeigt werden, wo wir Unterstützung gewähren können. Zum Nulltarif werden wir das auch nicht tun können. Aber klares Ziel muss sein, dass derjenige, der Eigenverantwortung wahrnehmen will, nicht behindert, sondern gefördert wird.
Über allem steht natürlich die Intention, die unterschiedlichen Interessenlagen der Generationen zusammenzubringen und nicht gegeneinander zu bringen. Wir sitzen alle in einem Boot. Das ist überhaupt keine Frage. Trotzdem ist es legitim, unterschiedliche Interessen abzuwägen. Wir müssen versuchen, letztendlich zu einer Gerechtigkeit zu kommen – mir gefällt der Begriff „fairer Ausgleich zwischen den Generationen“ besser –, die allen diese Zukunftschancen und Zukunftsperspektiven gibt.
Letzte Bemerkung: Diese Enquetekommission bietet nach meiner Meinung die Chance, auch in der Öffentlichkeit klar zu machen, dass Politik bereit ist, über Fraktionsgrenzen und Legislaturdenken hinweg perspektivisch Handlungsfelder zu benennen sowie Konsequenzen zu ziehen und damit, was man uns immer und vielleicht oft zu Recht vorwirft, kurzatmiges Handeln abzulösen, und zwar durch nachhaltiges Handeln und durch nachhaltiges Aufzeigen von Handlungsperspektiven. In diesem Sinne freue ich mich sehr auf eine gute kollegiale Zusammenarbeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die demografische Entwicklung wird zu einer besonders brisanten
Herausforderung, weil wir nicht nur den gesellschaftlichen Alterungsprozess, also eine erfreulich längere Lebenserwartung, und sinkende Geburtenraten haben, sondern weil andere Entwicklungen dazukommen. Es findet ein rasanter Wissens- und Technologiewandel statt. Wir leben in einer zunehmend globalisierten Welt. Die öffentlichen Haushalte und Kassen sind auf allen Ebenen hoch verschuldet. Es gibt also keine Reserven, auf die wir zurückgreifen könnten, sondern wir haben jetzt schon massive Probleme. Das macht die kommenden Entwicklungen so brisant.
Deshalb unterstützen wir es als Fraktion, dass sich der Landtag von Baden-Württemberg in der Demografie-Enquete mit diesen Entwicklungen auseinander setzt. Unsere Aufgabe ist es, hier wirklich Klarheit zu schaffen und auch öffentlich zu machen, was auf Baden-Württemberg zukommt, und auch, wie der Kollege Noll angesprochen hat, zu überlegen, was das für unsere zukünftigen Haushaltsberatungen bedeutet. Das ist ein Punkt, der auf jeden Fall mit einfließen muss.
Ganz entscheidend ist, dass die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen, die wir erarbeiten, auch tatsächlich in dieser Legislaturperiode noch zu Konsequenzen führen, dass sie also nicht durch die kommenden Landtagswahlen verpuffen, sondern dass wir zu Beschlüssen kommen.
Die aufgeführten Ziele und Themen des Antrags unterstützen wir. Wir vermissen aber einige Bereiche, die wir in der Beratung für wichtig halten. Das eine ist der Aspekt: Was bedeutet es denn auch für die Kommunen in Baden-Württemberg? Wir haben hier eine enge Verzahnung zwischen dem Land und den Kommunen. Es wäre wichtig, zu prüfen, was das zum Beispiel in Bezug auf Stadtplanung, auf Sozialplanung oder auch in Bezug auf die zukünftigen Anforderungen an den öffentlichen Verkehr für die Kommunen in Baden-Württemberg bedeutet.
Ein weiterer Punkt, der gerade vorhin diskutiert worden ist, ist das Thema „Zuwanderung und Integration“. Sie wissen, bei allen Prognosen wird immer mit Zuwanderungszahlen gerechnet, 100 000, 200 000, 300 000, egal, wie viel es letztendlich sein werden. Wir müssen uns auch dieser Aufgabe stellen. Gerade die unterdurchschnittliche Bildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund – in den letzten Tagen kam wieder eine Presseerklärung des Statistischen Landesamts, die das belegt – zeigt, dass wir uns hier im Land intensiv damit auseinander setzen müssen.
Die demografische Entwicklung bedeutet, dass wir eine veränderte Konzeption von Bildung und Ausbildung brauchen. Die Kolleginnen und Kollegen haben eben schon andere Schwerpunkte genannt. Es wird normal werden müssen, lebenslang zu lernen. Heute haben wir noch die Dreiteilung: Junge Menschen lernen, Menschen mittleren Alters arbeiten, und die älteren Menschen rasten. Diese Dreiteilung ist zukünftig nicht mehr möglich.
Ganz entscheidend ist, welchen Bildungsabschluss die jeweiligen jungen Generationen haben; denn je höher der Bildungsabschluss ist, desto höher ist die Bereitschaft, sich tatsächlich lebenslang weiterzubilden. Wir müssen also sowohl die nachkommende Generation im Blick behalten als natürlich auch diejenigen, die als „alt“ bezeichnet werden.
Leider wird das Thema Alter immer noch oft als sozialpolitisches Problem diskutiert. Dies wird jedoch der Tatsache nicht gerecht, wie fit und aktiv diese so genannten alten Menschen sind. Das bedeutet natürlich auch für die Bildungspolitik eine große Herausforderung, geeignete Konzepte zu entwickeln.
Vor uns liegt eine komplexe Aufgabe, die es interfraktionell zu bewältigen gilt. Wir haben im Oktober letzten Jahres einen Vortrag von Herrn Professor Miegel gehört. Ich möchte mit einem Zitat von ihm schließen: „Vor uns liegen keine Schreckensjahre. Die Zukunft ist handhabbar.“ Davon bin ich überzeugt.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Erledigung des Antrags.
Nach § 34 Abs. 1 der Geschäftsordnung kann der Landtag zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachverhalte eine Enquetekommission einrichten. Er ist dazu verpflichtet, wenn dies von einem Viertel der Mitglieder des Landtags oder von zwei Fraktionen beantragt wird. Der vorliegende Antrag erfüllt diese Voraussetzungen.
Ich lasse über den Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP/DVP und der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/3049, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Einstimmig so beschlossen.
Wir haben nun noch die Mitglieder dieser Enquetekommission zu wählen. Sie haben soeben mit der Annahme des Antrags Drucksache 13/3049 beschlossen, dass der Enquetekommission elf Abgeordnete als Mitglieder und bis zu elf Abgeordnete als stellvertretende Mitglieder angehören sollen. Ein gemeinsamer Wahlvorschlag aller Fraktionen für diese Wahlen liegt Ihnen vor (Anlage 4). Ich darf wohl ohne förmliche Abstimmung feststellen, dass Sie diesem Wahlvorschlag zustimmen. – Es ist so beschlossen.