Protokoll der Sitzung vom 30.06.2004

und in anderen Bereichen, von denen ich noch viele beispielhaft aufzählen könnte, dann wird man natürlich darüber nachdenken müssen, wie auch bei den „Häuptlingen“ gespart werden kann und ob die Strukturen noch den Aufgaben angemessen sind.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Bei den „Rothäuten“!)

Das werden wir aber sicherlich nicht innerhalb dieser Legislaturperiode, sondern zu gegebener Zeit noch einmal miteinander zu besprechen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Nun zu den Themen, die bereits angesprochen worden sind: Es gibt hier im Landtag Rituale, die ich nicht mehr weiter mitzumachen bereit bin. Das sind diese ausgedehnten Stellvertreterdebatten. Gott sei Dank ist das heute nur an einer Stelle, nämlich von Ihnen, Herr Kollege Kretschmann – obwohl Sie das eigentlich auch immer kritisieren –, eingeführt worden: Steuerpolitik, Kirchhof, Ökosteuer.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Natürlich betrifft das das Land, aber es ist eine bundespolitische Entscheidung.

(Abg. Stickelberger SPD: Sie fangen doch gerade mit Berlin an!)

Da sage ich nur: Sorgen Sie lieber auf bundespolitischer Ebene dafür, dass die Bürger in der ganzen Steuerdiskussion nicht irgendwann das Gefühl bekommen, dass immer nur von Steuersenkungen und von Entlastungen geredet wird, aber andererseits immer noch draufgesattelt wird. Jüngstes Beispiel: Künast: „Mehr Steuern auf ungesunde Lebensmittel“.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Man muss es doch einmal konkret machen.

(Abg. Drexler SPD: Machen Sie es doch konkret!)

Stellen Sie sich doch einmal den Rattenschwanz an bürokratischen Regelungen vor. Was ist denn ein ungesundes Lebensmittel? Und, und, und – ich will es nur andeuten.

Aber wir wollen diese Stellvertreterdebatten nicht führen, sondern wir wollen – –

(Zurufe von der SPD und den Grünen)

Ja, es ist eingeführt worden.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Die Abschaffung der Ökosteuer steht im Koalitionsvertrag! – Abg. Drex- ler SPD: Eben!)

Ich will mich jetzt auf das Land konzentrieren. Da steht für uns gerade dann, wenn man, wie ich es nun tue, eine Verantwortung übernimmt, natürlich vor allem und vor der Klammer das Thema Haushalt. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Haushaltsfragen sind nicht nur deswegen wichtig, weil sie das Königsrecht des Parlaments betreffen, sondern weil sie ein Freiheitsthema sind und zentrale Bedeutung haben. Was meine ich damit? Ich meine damit die Freiheit kommender Generationen. In Sonntagsreden äußern wir – und das tun Sie auch –: Wir dürfen nicht die Gestaltungsfreiheit künftiger Generationen einschränken, indem wir ihnen einen Berg von Schulden hinterlassen. Denn es ist nun einmal so: Auf Schuldenbergen können Kinder nicht spielen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig! Sehr gut!)

Das heißt aber natürlich trotzdem, dass wir uns in dieser Situation – sie ist geschildert worden – im Ländervergleich Ziele setzen müssen. Auch wenn es meiner Meinung nach leider nur ein bescheidenes Ziel ist, das wir erreichen konnten, so sind wir zusammen mit Bayern doch immerhin fast die einzigen Länder, die das bescheidene und für uns selbstverständliche Ziel, einen verfassungsgemäßen Haushalt aufstellen zu können, erreichen konnten. Ich denke, hier sind wir uns alle einig, und wir werden dieses Ziel auch im kommenden Doppelhaushalt erreichen. Wir werden selbstverständlich das ehrgeizige Ziel mit der Maßgabe, künftige Generationen nicht mit den Schulden von heute und den Steuern von morgen zu belasten, weiterverfolgen. Den Weg, der ursprünglich 2006 sein Ende finden sollte, werden wir mutig und konsequent weitergehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das heißt für mich aber auch, dass wir neben bestimmten Bereichen, die wir schon in der Vergangenheit prioritär behandelt haben, zum Beispiel das Thema innere Sicherheit oder das Thema Bildung – das lässt sich einfach an Haushaltszahlen im Vergleich zu anderen Ressorts nachweisen –, im Haushalt andere Bereiche nachrangig behandeln müssen. Prioritäten verbal zu setzen ist immer einfach, aber wenn man sich vorgenommen hat, keine neuen Schulden zu machen, muss man auch den Mut und die Ehrlichkeit haben, zu sagen, wo andere Belange möglicherweise zurückstehen müssen.

In dieser Diskussion setze ich wie in der Vergangenheit sehr stark auch und gerade auf meine Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion. Leider wurde das nicht immer so wahrgenommen. In allen Haushaltsberatungen waren wir uns einig, dass es eine Zeit lang wohl nicht ohne den Rasenmäher über alle Ministerien hinweg geht. Wir wissen aber

jetzt, dass das am Ende stehen wird. Jetzt müssen wir wirklich strukturelle Überlegungen anstellen. Das kann nicht jedes Ministerium in gleichem Maß betreffen. Da gibt es unterschiedliche Belange: beim Sozialministerium relativ hohe zwangsläufige Ausgaben und, und, und. Also noch einmal das klare Signal: Auch da werden Schwerpunkte gesetzt, die sich auch im Doppelhaushalt wiederfinden werden. Da brauchen Sie keine Sorge zu haben. Da wird die Mannschaft voll hinter ihrem Vorsitzenden stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Nächstes Thema: Bildung. Bildung ist auch ein Freiheitsthema. Wer vom Start weg verloren hat, weil er keine Chance hat, hat keine Freiheiten, sich in seiner Lebensplanung zu entwickeln.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Deswegen bin ich sehr dankbar, insbesondere auch Minister Döring und Ernst Pfister, dass sie in der Vergangenheit, wenn wir über Bildung geredet haben, den verengten Blickwinkel auf Gymnasium und Hochschule, die natürlich wichtige Einrichtungen sind, ein Stück weit auch auf den Bereich berufliche Bildung erweitert haben. Wie sehr hat sich Walter Döring in seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister bemüht, mit allen Beteiligten Lösungen zu finden, die sich nicht nur auf Hochbegabte, sondern genauso auf Schwächere, auf theorieschwache junge Menschen in unserem Land beziehen! Und wir waren da sehr erfolgreich. Jüngstes Beispiel ist der Ausbildungspakt, der gerade eben im Land geschlossen wurde.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Auch da gilt: Nicht an Worten, an Taten sollt ihr sie messen.

(Abg. Drexler SPD: Ihr habt ja bloß umgerechnet!)

Als Mittelständler, der selbst ausbildet und immer ausgebildet hat, darf ich Ihnen sagen: Sie haben mit nichts so viel Unruhe in den Mittelstand, in das Handwerk gebracht wie mit Ihrer unseligen Ausbildungsplatzabgabediskussion – wobei Sie dann selbst eingesehen haben, dass dies keinen Wert hat, weil man nicht gegeneinander, sondern nur miteinander das Ziel erreichen kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Was Sie auf Bundesebene lange nicht geschafft haben, das haben wir auf Landesebene durch das Wirtschaftsministerium geschafft.

(Abg. Drexler SPD: Was? Ihr habt umgerechnet! – Weitere Zurufe von der SPD, u. a.: Wo kommt das Geld her? – Lachen bei der SPD)

Nächstes Thema: Polizei und Justiz. Da darf ich daran erinnern, dass in der Vergangenheit bei dem Thema Verwaltungsstrukturreform auch in diesem Bereich Umstrukturierungen vorgesehen waren, nämlich die Eingliederung der Polizei. Wenn Sie nicht müde werden, die Bedeutungslosigkeit des Parlaments, insbesondere die der Regierungsfraktionen, zu betonen, darf ich Sie schon einmal daran er

innern, dass die Fraktionen gerade an diesem Punkt sehr deutlich ihre Stimme erhoben haben und dass diese Stimme auch gehört worden ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Übrigens ist das geschehen, weil wir mit den Betroffenen vor Ort geredet haben. Ich erinnere mich an viele Gespräche, die insbesondere unser polizeipolitischer Sprecher, der liebe Kollege Glück, geführt hat und die jeder und jede von uns in seinen bzw. ihren zuständigen Polizeidirektionen geführt hat. Da sind wir wirklich zu der Überzeugung gekommen, dass wir, anders, als es ursprünglich vorgesehen war, von einer Eingliederung in die Landkreise absehen wollen.

Nächstes Thema: Justiz. Innere Sicherheit ist nicht nur ein Thema der Polizei, sondern selbstverständlich auch der Justiz; denn beides gehört untrennbar zusammen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Wieser CDU)

Immer wieder habe ich von Polizisten gehört: Es stinkt uns ganz gewaltig, wenn wir Straftäter gefangen haben und diese, weil die Justiz nicht zeitnah agieren kann, wieder laufen lassen müssen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! – Abg. Drexler SPD: Das sind doch Ausnahmen gewesen! Hören Sie doch auf! Das waren doch Ausnahmen!)

Auch da braucht sich Baden-Württemberg im Ländervergleich nicht zu verstecken, und zwar sowohl, was innere Sicherheit angeht, als auch, was die Justiz – schnelles Recht gleich gutes Recht – betrifft. Da sind wir in Baden-Württemberg mit unserer Ministerin an der Spitze und dem Herrn Innenminister, die verantwortlich dafür zeichnen, glaube ich, wirklich Spitze.

Verehrte Damen und Herren, ich könnte Ihnen aus der Vergangenheit an jeder Person, die ich hier vor mir sitzen sehe – Bürokratieabbau, Frau Fauser; Umwelt und Verkehr –,

(Lachen bei der SPD und den Grünen – Beifall der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE – Abg. Drexler SPD: Dafür haben Sie extra eine Stelle geschaffen!)

an jedem, der hier sitzt, klar machen, dass diese Mannschaft die Kompetenz hat, diese von mir gerade geschilderten Prioritäten aus fachlicher Sicht im Gespräch mit den Menschen draußen darzustellen, weil die meisten oder alle von uns wirklich über Bereiche reden, die sie selbst kennen.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Es ist unser großer Vorzug, dass wir hier in unseren Reihen Menschen haben, die als Pfarrer, als Oberbürgermeister, als Weingärtner, als Fraktionsvorsitzender im Regionalparlament die Kompetenz haben,

(Abg. Drexler SPD: Was macht er denn jetzt da? Eine Werbeveranstaltung?)

wirklich Lösungen zu finden, die nicht nur schöne Worte bedeuten, sondern denen auch Taten folgen.