Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

Ich kann Ihnen nur sagen, meine Damen und Herren: Es gibt zwar das Versprechen von Herrn Vogtmann, dass das Geld nach Baden-Württemberg fließen wird. Nur: Auch sein Etat ist nicht unendlich groß. Es gibt natürlich auch sehr viele Bundesländer,

(Abg. Drexler SPD: Die schneller sind!)

die ihre Anträge längst formuliert und eingereicht haben. Und wer zuerst kommt, der mahlt zuerst.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Deswegen drängt die Zeit.

(Zuruf des Abg. Kübler CDU)

Es ist nun wirklich überfällig, dass Sie von der Landesregierung ebenfalls mit ins Boot kommen, damit man eine Lösung gemeinsam mit der Region, dem Land und dem Bund finden kann. Dann wäre der Sache am besten gedient.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Capezzuto SPD: So ist es! – Abg. Stickel- berger SPD: Sehr gute Rede!)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Caroli.

(Abg. Drexler SPD: Walter, jetzt sag du mal was! – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Truppenübungsplatz Münsingen bietet dem Land Baden-Württemberg die einmalige Chance für einen Paradigmenwechsel beim großflächigen Naturschutz.

(Abg. Hillebrand CDU: Ui!)

Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland 15 Nationalparks und 14 Biosphärenreservate. Raten Sie einmal, wie viele davon sich in Baden-Württemberg befinden.

(Abg. Drexler SPD: Wir sind Spitze, also 16!)

Die Antwort lautet – Herr Kollege Drexler, ich muss Sie leider berichtigen –: In Baden-Württemberg befindet sich davon kein einziges Gebiet.

(Abg. Drexler SPD: Was? Weiß das auch der Mi- nisterpräsident? – Weitere Zurufe von der SPD)

Die Frage ist, warum. Die Antwort lautet: Weil wir einem Konzept anhängen, das, meine Damen und Herren, keine große Attraktivität bei der Bevölkerung genießt.

(Abg. Döpper CDU: Ach!)

Die PLENUM-Gebiete sind gut durchdachte Gebiete, aber sie haben einen eher akademischen Titel, und sie sind nicht geeignet, große Besucherströme an diese Stellen zu lenken

(Abg. Scheuermann CDU: Brauchen wir Natur- schutz oder Besucherströme? – Gegenruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE: Beides!)

und insgesamt breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu bewirken.

Meine Damen und Herren, das bevölkerungsreichste Land der Bundesrepublik Deutschland, nämlich Nordrhein-Westfalen, hat am 1. Januar 2004

(Unruhe – Abg. Capezzuto SPD: Hört jetzt zu!)

den ersten Entwicklungsnationalpark, und zwar in der Eifel, eingerichtet. Wer sich einmal mit diesem Entwicklungsnationalpark beschäftigt, merkt, dass erhebliche Parallelen zu Münsingen vorzufinden sind. Ich darf Ihnen einmal die Kriterien für einen Entwicklungsnationalpark, von dem sich übrigens in Nordrhein-Westfalen sehr viele einen gewaltigen Schub für den Tourismus versprechen

(Abg. Capezzuto SPD: Eben!)

es geht ja auch um Ökonomie und Tourismus in unserem Land –, nennen. Die Kriterien lauten: Er muss großräumig sein. Empfehlung: über 6 000 Hektar. 6 700 Hektar sind es in Münsingen; Kriterium erfüllt. Wertigkeit: besondere Eigenart, überwiegend naturschutzwürdig, artenreiche Pflanzen- und Tierwelt, national und international bedeutsam. Alle vier Kriterien sind in Münsingen erfüllt. Zustand: natürliche Dynamik und entsprechende Entwicklung möglich. Ebenfalls erfüllt. Tourismus: Naturerleben, naturkundliche Bildung und Tourismus schutzzweckverträglich möglich. Auch erfüllt.

(Abg. Alfred Haas CDU: Panzerstraße!)

Empfehlung: möglichst nur auf Flächen der öffentlichen Hand. Ebenfalls erfüllt.

(Abg. Döpper und Abg. Alfred Haas CDU: Altlas- ten!)

Dann lese ich in der Stellungnahme des Herrn Ministers zu dem Antrag,

(Abg. Alfred Haas CDU: Bundesvermögen!)

leider seien die Kriterien nicht erfüllbar. Ich muss Ihnen sagen, Herr Minister Stächele, dass das schlichtweg nicht stimmt.

Ich lasse einmal offen, welches Label gewählt wird, ob es ein Entwicklungsnationalpark sein soll oder ein Biosphärenreservat. Auch davon haben wir ja in Baden-Württem

berg keine. Ich lasse das einmal offen, denn das Ganze soll ja von unten her wachsen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Jetzt geht es aber los! – Abg. Hillebrand CDU: Mein Gott, Walter!)

Aber, meine Damen und Herren, endlich einmal ein solches Großschutzgebiet für die Bevölkerung in Baden-Württemberg einzurichten und vor Ort damit etwas zu bewirken, was wirklich auch ökonomisch etwas bringt und der Region weiterhilft, ist unsere Empfehlung. Also ändern Sie endlich das Landesnaturschutzgesetz,

(Abg. Hillebrand CDU: Was? Da braucht man kein Gesetz!)

und führen Sie diese Schutzkategorien – Biosphärenreservat und Entwicklungsnationalpark – bei uns ein, und machen Sie einen gewaltigen Schritt, etwas Großes und nicht etwas Kleinteiliges in Münsingen! Das hilft der dortigen Bevölkerung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Drexler SPD: Walter, sehr gute Rede! Mehrheitsfähig! – Abg. Capezzuto SPD: Wenn das nicht überzeugend ist! Das war überzeugend!)

Das Wort erhält Herr Abg. Röhm.

Da hat noch jemand etwas von PLENUM vergessen.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Das war ich! Danke schön! – Abg. Drexler SPD: Ist das die Speisekarte oder was?)

Die Speisekarte, ja.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist außerordentlich erfreulich – Kollege Walter hat ja darauf hingewiesen, ich gebe ihm darin ausdrücklich Recht –, dass der Truppenübungsplatz Münsingen zwischenzeitlich von allen – ich betone: von allen –

(Abg. Hillebrand CDU: Aber erst zwischenzeit- lich!)

als Juwel betrachtet wird. Noch vor wenigen Jahren wurde behauptet, dass der militärische Übungsbetrieb alles zerstöre.

(Abg. Hillebrand CDU: Genau! Von der gleichen Seite!)

Und diejenigen, die dieses behauptet haben, haben ganz wesentlich dazu beigetragen – das muss man auch einmal in der Öffentlichkeit festhalten –, dass der Truppenübungsplatz in seiner Existenz systematisch zerredet wurde und jetzt aufgelöst wird.

(Beifall bei der CDU – Lachen des Abg. Walter GRÜNE – Abg. Alfred Haas CDU: Das ist nicht zum Lachen, sondern zum Weinen! – Abg. Fischer SPD: Haben Sie schon einmal gehört, dass sich in der Weltpolitik etwas geändert hat?)

Heute, wo Deutschland nach Verteidigungsminister Struck, der ja Ihrer Partei angehört,