Andere Bundesländer haben in der Medienpolitik auf Metropolen oder auf einzelne Standorte gesetzt, teilweise mit gigantomanischen Projekten wie Nordrhein-Westfalen mit der HDO, jetzt insolvent. Die CDU hat auf das ganze Land gesetzt, und wir haben damit auch großen Erfolg.
Zwei Institutionen in Baden-Württemberg sind vor allem mit der Diversifizierung der Standorte verbunden: die Medien- und Filmförderung und die Landesstiftung. Beide geben eine Vielzahl von Initialzündungen sowohl bei der Spezialisierung als auch bei der Verbreitung des Umgangs mit neuen Medien.
Im klassischen Rundfunkbereich ist der SWR von überragender Bedeutung. Die unter Leitung des Ministerpräsidenten erfolgte Fusion von SDR und SWF erweist sich als eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Die Optimierung der Programme macht aus den SWR-Hörfunkprogrammen die erfolgreichsten in der gesamten Bundesrepublik. Das Fernsehen arbeitet an der Landesidentität und einer stärkeren Ausstrahlung auf das Programm der ARD. Durch die Fusion ergaben sich von 1997 bis 2004 Einsparungen in Höhe von 149 Millionen €, die größtenteils in ein verbessertes Programmangebot fließen.
Mit der Fusion leistet der SWR auch Pionierarbeit in der ARD. Das werden wir bei den Diskussionen über die Gebühren noch als vorteilhaft sehen.
Mehr Angebot, mehr Leistung gibt es auch im privaten Hörfunkbereich. Dank des Zusammenwirkens von öffentlich-rechtlichem Rundfunk, dem SWR, und den Privaten unter Führung der LfK in der Frequenzfrage haben die Hörer heute mehr Auswahl, ein vielfältigeres, bunteres Programm als noch vor wenigen Jahren. Neue Programme konnten sich etablieren; bigFM wird immer mehr zu einem süddeutschen Jugendradio. „cont.ra“ und „Das Ding“ aus
Das Ballungsraumfernsehen hat nach Startschwierigkeiten einen zweiten Anlauf genommen und wird sein Publikum finden.
Die LfK hat in Sachen DVB-T, digitales Fernsehen, das Heft in die Hand genommen und das Land positioniert. Wir sind nicht so schnell wie Berlin und Brandenburg, die andere geografische Voraussetzungen haben, aber wir sind mit dabei.
Bei den Inhalten leisten die neue Popakademie und die Filmakademie Ludwigsburg Pionierarbeit. Die Filmakademie wurde – dazu gratulieren wir ganz herzlich – zur kreativsten Hochschule Deutschlands gewählt, ein Titel, der eine Auszeichnung für alle ist, die an diesem Projekt mitwirken, und eine Bestätigung dieser erfolgreichen Einrichtung und der Medienpolitik des Landes. Beide Einrichtungen profilieren unser Land als Kulturland, das den weiten Kulturbegriff hochhält und in ihm Chancen für seine jungen Landeskinder sieht.
In diese Richtung bewegt sich auch die künftige Entwicklung. Mit mehr als 220 Studiengängen in den Bereichen Medien und IT ist unser Land europaweit führend bei der Vermittlung von IT- und Medienwissen und der Ausbildung für IT- und Medienberufe.
Inzwischen erwirtschaften in Baden-Württemberg über 22 000 IT- und Medienunternehmen mit rund 300 000 Beschäftigten einen Umsatz von jährlich 60 Milliarden € und haben damit die klassischen Bereiche wie die Automobilindustrie um Längen hinter sich gelassen.
Eine feste, wichtige Größe dabei ist die Medienoffensive „doIT“ mit einem Volumen von 430 Millionen € in dieser Legislaturperiode. Dadurch ist es gelungen, die Rahmenbedingungen für IT und Medien ständig zu verbessern und dafür zu sorgen, dass sich breite Bevölkerungsschichten mit den neuen Technologien zurechtfinden.
Internet für alle ist in Baden-Württemberg kein leeres Schlagwort, sondern konkrete Politik. Jeder zweite BadenWürttemberger ist inzwischen online. Mehr als 180 000 Computer- und Internetanalphabeten wurde das nötige Rüstzeug vermittelt, um eine digitale Spaltung zwischen Usern, Kennern und den Fitten einerseits und denen, die diesem wichtigen Medium zunehmend kritisch und auch ablehnend gegenüberstehen, andererseits zu verhindern.
Wir haben dafür gesorgt, dass sich die digitale Spaltung abbaut, dass sich Brücken bauen lassen zu denjenigen, die keine andere Möglichkeit haben oder die sich nicht trauen, mit diesem Medium spielerisch umzugehen. Hier hat die Landesstiftung mit der Initiative „start und klick!“ eine starke, große Rolle gespielt und die Türen in die digitale Welt aufgestoßen.
Für den Mittelstand und das Handwerk ist „doIT“ eine wichtige Initiative geworden, ein Transferpool mit Beratung zur Standortentwicklung und -vernetzung.
Wir sehen mit Sorge die anhaltende Krise im klassischen Zeitungsgewerbe, die eine Konzentrationswelle ausgelöst hat, deren Ende noch nicht absehbar ist. Wir schätzen die Vielfalt unserer Zeitungslandschaft in Baden-Württemberg, und wir schätzen die Konkurrenz der Blätter, die uns allen nur gut tun kann. „Wohin, gute alte Zeitung?“, fragt die Südwest-Presse in ihrer gestrigen Ausgabe. Wir sehen, dass die Bundesregierung hier in Sachen Wachstumsimpulse und Verbesserung der Binnenkonjunktur eigentlich eine große Aufgabe hätte.
Was die aktuelle Gebührendiskussion angeht: Die CDULandtagsfraktion sieht sich in diesem Punkt als Teil der Lösung und nicht als Teil des Problems, und wir werden unseren Part zu einer konstruktiven Lösung der augenblicklichen Situation beitragen. Aber wir verlangen vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk Transparenz beim Einsatz seiner Gebührengelder. Wir wollen keine Wettbewerbsverzerrung mit Gebührengeldern zulasten privater Anbieter – Fernsehen, Hörfunk und Zeitungen – und werden deshalb mit großer Aufmerksamkeit das Auskunftsersuchen der Europäischen Kommission in Sachen öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Deutschland verfolgen. Dies soll die Leistung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht schmälern; aber zu einer dualen Rundfunklandschaft gehören auch starke private Anbieter.
In den kommenden Jahren werden wir alle gut beraten sein, den Inhalten vor allem im Fernsehbereich mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Wir müssen bereit sein, den Schutz unserer Kinder und Jugendlichen vor Darstellungen von Gewalt und Verletzung der Menschenwürde viel aggressiver und offensiver zu diskutieren als bisher.
Wir werden mit den Schmuddelkindern unter den Medienunternehmen ins Gespräch kommen müssen und sie unter Druck setzen müssen. Das ist die große Zukunftsaufgabe der Medienpolitik: die Hinwendung zu Inhalten, die ihrer Sendeplätze auch wirklich würdig sind.
Baden-Württemberg steht medienpolitisch vor einer guten Zukunft. Wenn es gelingt, die begonnenen Initiativen fortzuführen und weiter zu finanzieren, das IT- und Mediennetzwerk im Land dichter und enger zu knüpfen, dann wird Baden-Württemberg seine Führungsrolle in diesem Bereich in Deutschland und Europa halten, woran ich überhaupt keinen Zweifel habe.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wieso Glückauf? Fahren Sie in den Berg ein?)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dr. Gräßle, ich kann ja verstehen, dass Sie in Ihrer wohl letzten Rede hier im Plenum das Hohelied der Landesregierung anstimmen. Aber Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich – –
(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Wir sind halt auch gut, Frau Kipfer! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Aber doch nicht in der Medienpolitik! Wo ist denn der große private Sender?)
Vor knapp vier Jahren hat die Landesregierung ein Leitbild „Medienstandort Baden-Württemberg“ herausgegeben. Nun fand man zur Mitte der Legislaturperiode, dass man eine Bilanz und einen Ausblick inszenieren sollte, und hat einen Fragenkatalog in Auftrag gegeben, einen Bauchladen von 14 ziemlich altbackenen Fragen, die dem Staatsministerium Gelegenheit geben sollten, dieses Hohelied selber anzustimmen.
Aber von Perspektiven, von Zielen, von Strategien für die Zukunft in diesem Land finden Sie in diesem Papier nichts.
Die wirklich aufregenden Fragen und eine Antwort, die die Perspektiven für die Medienzukunft in diesem Land aufzeigt, finden in den Köpfen der CDU und der Landesregierung gar nicht statt.
Zum Kapitel „Situation und Perspektiven der privaten Hörfunk- und Fernsehveranstalter“: Es wird zugegeben, dass der Werbemarkt von privaten Rundfunkveranstaltern nur unzureichend erschlossen wird – eigentlich ein verheerendes Zeugnis. Indirekt heißt das nämlich, dass diese Veranstalter sich nur unzureichend finanzieren. Die Bilanz ist also trübe. Das Problem ist alt, älter auch als die Werbekrise der vergangenen Jahre. Eine Optimierung der privaten Rundfunklandschaft ist notwendig, sei es durch Synergieeffekte, die sich durch ein Netzwerk der Regionalsender erzielen ließen, sei es durch eine Weiterentwicklung der Radio-Kombi, damit in größerem Maße nationale Werbung akquiriert werden kann. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die privaten Fernsehsender. Wir haben schon immer gesagt, dass die Reichweite der Hörfunkveranstalter zu gering ist und zu einer wirtschaftlichen Existenz nicht ausreicht. Die Landesregierung sagt hierzu nichts.
Zweitens: Veränderungen in der Zeitungslandschaft. Die Presselandschaft unterliegt einem enormen Konzentrationsprozess – das ist unwidersprochen – auch in unserem Bundesland. Als Perspektive verweisen Sie auf das ökonomische Klima und darauf, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk Einschränkungen im Internet unterworfen werde. Mit beiden Antworten verfehlen Sie das Ziel. Es ist inzwischen allgemeine Erkenntnis, dass sich aus Gründen der demografischen Entwicklung und aus strukturellen Gründen der wachsenden Konvergenz der Medien die gesamte Medienlandschaft, auch die der Printmedien, nachhaltig verändern wird.
Welche Perspektiven haben Sie dazu anzubieten? Wie wollen Sie Meinungsvielfalt sichern? Denn aus unserer Sicht muss dies das Ziel aller Medienpolitik in einem demokratischen Staat sein, und erst daraus leitet sich die Frage der Wirtschaftlichkeit ab.
Sie könnten heute wenigstens Bundeswirtschaftsminister Clement für die Novelle des Pressekonzentrationsrechts danken, die er erarbeitet hat,
Dritter Punkt: In mehreren Fragen wird die Entwicklung der Telekommunikationsbranche angesprochen. Der wichtigste Bereich der IT-Entwicklung wird jedoch komplett ausgeblendet, nämlich die Chancen des Medienstandorts BadenWürttemberg bei der Digitalisierung der Übertragungswege; das kommt in dem Papier überhaupt nicht vor. Dass dies das Thema der kommenden Jahre sein wird, wird ausgeblendet. Das kann nicht daran liegen, dass der zur Beratung stehende Antrag bereits ein Jahr alt ist; denn dieses Thema gibt es schon lange.
Wir müssen der Infrastruktur zur Übertragung digitaler Daten die gleiche Bedeutung einräumen wie etwa den traditionellen Verkehrsverbindungen, also dem Ausbau breitbandiger rückkanalfähiger Kabelnetze ebenso wie dem Ausbau von DAB, DVB-T, UMTS etc.
Kürzlich bekam ich von meinem Sohn, der in Schweden lebt, ein kleines Filmchen von seinem neuen UMTS-Handy als E-Mail zugespielt. Als ich ihm sagte, wie lange die Übertragung bei mir gedauert habe und dass das wohl sehr teuer sei, hat er nur gelacht.
(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Wer macht denn die Telekommunikationspolitik in diesem Land? Das macht doch Berlin!)