Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Nun möchte ich an etwas erinnern, was bisher in der Diskussion noch gar nicht gesagt wurde. Das muss man aber einfach auch einmal in diesen Zusammenhang stellen. Es ist ein guter Grundsatz in fast allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, dass man Hausberufungen vermeiden soll. Es gibt dazu einen eigenen Erlass bei Schulleitern. Es gibt an Universitäten die Verpflichtung, Hausberufungen zu unterlassen. Man kann in extremen Ausnahmefällen, wenn überhaupt kein fremder Bewerber von auswärtigen Institutionen zur Verfügung steht,

(Zuruf der Abg. Birgit Kipfer SPD)

auch einmal eine Hausberufung vornehmen. Aber ich gebe schon zu bedenken, ob es nicht richtig ist, dass Institutionen immer wieder der Erneuerung bedürfen, dass es eines revolvierenden Elements in der Verwaltung bedarf, dass es geradezu gewünscht ist, dass man seinen Berufsweg nicht ausschließlich in e i n e r Institution vollzieht. Deshalb spricht auch sehr viel dafür, dass man in diesem Fall eben keine Hausberufung vornimmt, sondern Sachverstand von außen in die Landesanstalt für Kommunikation ruft, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Drexler SPD: Das machen wir bei der Regie- rungsumbildung am 14. Juli! – Abg. Walter GRÜ- NE: Wie ist es dann mit Staatssekretären, die nicht Minister werden?)

Dann möchte ich sagen, lieber Herr Walter, es handelt sich um eine B-7-Stelle und nicht um eine B-9-Stelle.

(Abg. Walter GRÜNE: Entschuldigung! Trotzdem zu hoch! – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Vor sieben Jahren wurde hier genauso die Qualifikation von Dr. Hirschle bestritten. Sie haben ihn im ersten Wahlgang durchfallen lassen. Heute ist er ein allgemein anerkannter Präsident, mit dem alle zufrieden sind.

(Abg. Pauli CDU: Aha!)

So wird es gegebenenfalls nach der Wahl auch mit Herrn Dr. Steinle sein.

(Beifall bei der CDU – Abg. Alfred Haas CDU: Das ist immer das gleiche Spiel!)

Zu Ihrem Gesetzentwurf möchte ich in der Sache vier Argumente vortragen.

Erstens: Es ist gängige Praxis – im Bund, in den Ländern, überall, auch bei der Richterwahl –, dass sich die Mehrheitsverhältnisse in den Wahlorganen bei der Wahl der

(Minister Dr. Christoph Palmer)

Kandidaten widerspiegeln. Das hat in der Vergangenheit bei der LfK dazu geführt, dass zwei der vier ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder Kandidaten der stärksten Oppositionsfraktion im Landtag waren. Dieses Prozedere ist schon deshalb nicht bedenklich, weil es letztlich die politischen Mehrheitsverhältnisse abbildet, die sich bei der Landtagswahl ergeben.

Zweitens – darauf hat Kollege Theurer zu Recht hingewiesen –: Die bestehende Regelung – zuerst die Suche nach einer Zweidrittelmehrheit; falls sie erfolglos ist, Wahl mit absoluter Mehrheit – hat die Verhinderung einer Blockade im Sinn. Es soll eben gerade nicht eine Sperrquote, eine Sperrminorität vorgesehen werden, sondern es soll nach dem Versuch einer Einigungsfindung eine politische Mehrheitsfindung ermöglicht werden.

(Abg. Drexler SPD: Die hat es doch gar nicht gege- ben! – Gegenruf des Abg. Pauli CDU: Eine demo- kratischere Mehrheit! – Abg. Drexler SPD: „Eini- gungsfindung“!)

Man hat sich in den Achtzigerjahren, als man dieses Landesmediengesetz konzipiert und beschlossen hat, auf diese Praxis verständigt. Sie ist in 20 Jahren von niemandem bestritten worden. Seit 20 Jahren wird nach dieser Praxis verfahren, um die Handlungsfähigkeit und die Entscheidungsfähigkeit der LfK zu gewährleisten.

Drittens: Es ist eine völlig verkürzte Sichtweise, bei der Beurteilung der notwendigen Staatsferne allein auf den Wahlmodus abzustellen. Zu fragen ist vielmehr, ob in der Gesamtschau der Regelungen des Landesmediengesetzes die erforderliche Staatsferne gewährleistet ist, und genau dies ist der Fall.

Kollege Professor Reinhart hat völlig richtig die von Ihnen, Frau Kipfer, zitierte Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs erläutert. Ich will das auch noch einmal tun: Dieses Urteil ist gerade auf das baden-württembergische Organisationsmodell nicht übertragbar. Es ist nicht einschlägig.

(Abg. Stickelberger SPD: Begründung!)

Die Begründung kommt, verehrter Herr Kollege Stickelberger. – Anders als in Sachsen haben wir neben dem Vorstand mit dem gruppenplural zusammengesetzten Medienrat ein weiteres starkes und, wie die Diskussionen der vergangenen Wochen auch gezeigt haben, unabhängiges Organ der LfK, das unmittelbar in die wesentlichen Entscheidungen der Anstalt eingebunden ist. Ohne die Zustimmung des Medienrats kann der Präsident Entscheidungen des Vorstands, zum Beispiel im Bereich der Zuweisung von Übertragungskapazitäten im Hörfunk oder im TV-Kabel – das sind schlechthin die wichtigsten –, nicht vollziehen. Der Haushaltsplan wird vom Medienrat beschlossen.

In Sachsen ist zwar ebenfalls ein gruppenplural zusammengesetztes Organ der Landesmedienanstalt vorhanden, aber dieses ist, anders als in unserem Fall, überhaupt nicht mit eigenen Entscheidungskompetenzen ausgestattet. Die Aufgaben der sächsischen Versammlung beschränken sich ausschließlich auf Beobachtungs- und Vorschlagsrechte. Es gibt in der sächsischen Versammlung kein Entscheidungs

recht. Deshalb können Sie das Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs von 1997 nicht übertragen.

Ich möchte ein zweites Urteil, das wir gefunden haben, nachdem wir uns mit Ihrem Gesetzentwurf befasst haben, hier heute vorstellen. Ich verweise auf die NiedersachsenEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1986. Dort wird ausgeführt, dass selbst eine staatliche Erlaubnisbehörde, also zum Beispiel ein Ministerium, die Kompetenzen eines Vorstands einer Medienanstalt wahrnehmen könnte, wenn eine ausreichend starke Versammlung, ein ausreichend starkes Gremium über die Pluralität und die Sicherung der Meinungsvielfalt als Widerlager wacht. Wir hätten also noch einen weiteren Gestaltungsspielraum, den man aber im Landesmediengesetz seinerzeit und über 20 Jahre hinweg unbeanstandet nicht gesucht hat. Ich empfehle auch dieses Urteil Ihrer Lektüre und rate Ihnen, dann zu der Entscheidung zu kommen, Ihren Gesetzentwurf bzw. auch die angekündigte Klage beim Staatsgerichtshof noch einmal zu überprüfen.

Viertens: Eine Anmerkung zu unserem Landesmediengesetz am Rande: Gerade erst am 8. Juni hat die rheinland-pfälzische Landesregierung ein neues Mediengesetz nach Vorbild unseres Landesmediengesetzes beschlossen.

Der Direktor der dortigen Landesmedienanstalt wird im Übrigen nach wie vor mit einfacher Mehrheit gewählt; von einer Zweidrittelmehrheit ist in Rheinland-Pfalz, dem Sitzland der Rundfunkkommission der Länder, keine Rede.

Ich empfehle uns also, das Thema in der gebotenen Sachlichkeit und auch in der gebotenen Verhältnismäßigkeit zu diskutieren. Wir sind gern zu weiteren Auskünften im Ständigen Ausschuss bereit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erhält Frau Abg. Kipfer.

Herr Minister Palmer, ich finde es schon bedauerlich, dass Sie in der ersten Hälfte Ihrer Rede Personen genannt haben. Genau das wollte ich vermeiden. Ich habe mit keinem Satz die Bewerber genannt, um keinen von ihnen zu beschädigen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pauli CDU: Das ist doch kein Staatsgeheimnis! Reden Sie doch nicht um den heißen Brei herum!)

Sie hätten gut daran getan, auch so zu verfahren. Im Übrigen möchte ich Ihr Argument Hausberufungen gern an den Herrn Ministerpräsidenten weiterleiten; denn wenn sich eine Regierung zusammensetzt, sind das ja auch immer Hausberufungen.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Das ist ein politi- sches Amt! Den Unterschied werden Sie doch wohl erkennen! – Gegenruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE: Keine Zurufe von der Regierungsbank!)

Das würde ja Ihre Karriere abrupt enden lassen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, wir hätten diesen Gesetzentwurf überhaupt nicht eingebracht und die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit nicht zum Thema gemacht, wenn das Verfahren in Ordnung gewesen wäre. Herr Kollege Reinhart, ich muss mich schon sehr wundern, dass Sie dem Vorschlag Ihres Vorsitzenden offensichtlich zugestimmt haben, ohne sich zu vergewissern, ob dieser Kandidat eine Zweidrittelmehrheit bekommen könnte,

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

ohne sich zu vergewissern, ob diese Gespräche stattgefunden haben.

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD zur CDU: Er hat mitgeteilt, das sei Ihr Kandidat! Das stand doch in der Zeitung! – Weitere Zurufe)

Das haben Sie offenbar nicht getan, sondern Sie sind blindlings da hineingestolpert, ohne zu wissen, was Sie tun. Das ist merkwürdig für jemanden, der für die Rechtspolitik der Fraktion zuständig ist.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! Das würde ich auch sagen!)

Und drittens: Es ist ja höchst fraglich, ob eine neue Ausschreibung überhaupt rechtens ist.

(Abg. Drexler SPD: Wir brauchen keine!)

Nachdem sich Herr Dr. Hirschle heute in der Presse geäußert hat, muss man das wohl auch erst einmal rechtlich klären. Denn jemand, der sich auf eine Ausschreibung, die nicht zu beanstanden ist, beworben hat, hat Anspruch darauf, auch gewürdigt zu werden. Da kann man nicht einfach eine neue Ausschreibung machen, weil einem die Kandidaten nicht passen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich glaube, wir müssen noch länger darüber reden. Das Übrige, was rechtlich dazu zu sagen ist, werden wir dann im Ausschuss sagen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Wir sind noch nicht in Bayern! Die machen es so! – Gegen- rufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Es wird Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 13/3286 an den Ständigen Ausschuss vorgeschlagen. – Sie stimmen der Überweisung zu.

Damit ist Tagesordnungspunkt 3 erledigt.