Protokoll der Sitzung vom 14.07.2004

(Oh-Rufe von der CDU – Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Herr Oettinger, nachdem Sie den Schulbereich jetzt offensichtlich schon verlassen haben, möchte ich Sie nachträglich doch noch fragen: Teilen Sie die Auffassung Ihrer Kultusministerin, dass die Lernmittelfreiheit zulasten der Familien geändert werden soll?

(Abg. Röhm CDU: Was soll denn das? Das passt doch gar nicht! – Gegenruf der Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Das passt schon! – Abg. Wieser CDU: Der Bodensee läuft über!)

Herr Kollege Zeller, das Thema habe ich schon bei unserer auswärtigen Landtagssitzung in Bebenhausen angesprochen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Richtig! Daran erinnern wir uns gut!)

Ich habe das damals getan, weil die Kommunen gebeten hatten, über Folgendes nachzudenken: In keinem anderen Land sind die Lernmittel so kostenfrei wie in Baden-Württemberg – in keinem anderen Bundesland.

(Abg. Zeller SPD: Wollen Sie das ändern oder nicht? – Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Augenblick. Jetzt gestatten Sie mir doch eine differenzierte Auskunft, Herr Kollege Zeller. Ganz ruhig bleiben!

(Abg. Seimetz CDU: Der will doch gar keine Ant- wort! – Abg. Wieser CDU: Der will Propaganda!)

In Baden-Württemberg haben die Kommunen versucht, zu erreichen, dass Kosten in Höhe von 1,50 € für ein Lernmittel, zum Beispiel ein Reclam-Heft, den Eltern zumutbar sein sollen. Aber auch das ist nach unserer Verfassung nicht zumutbar: Alles, was mehr als 1 € kostet, fällt in den Aufgabenbereich von Kommune und Staat.

(Abg. Kübler CDU: Jawohl! – Abg. Wieser CDU: Alles ab Big Mäc!)

Mein Vorschlag geht dahin – dazu brauchen wir aber eine Zweidrittelmehrheit, da brauchen wir die SPD –: Wäre es nicht denkbar, dass man die Grenze von 1 € beispielsweise

auf 3 € erhöht und damit der großen Mehrzahl der Eltern einen kleinen Beitrag abnötigt, der der Schule, der Kommune und dem Land aber gewaltig hilft?

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das läuft doch schon lange so! Wer Kinder in der Schule hat, weiß doch, dass das schon lange so läuft! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Ich rede nicht von einer Aufhebung der Lernmittelfreiheit, sondern von einer Anhebung dieses minimalen Betrags.

(Abg. Seimetz CDU: Haußmann! Wenn die ihren Mund aufmacht, kommt bloß Quatsch raus!)

Wissen Sie, Herr Kollege Zeller: Was den Eltern im Ruhrgebiet zumutbar ist, kann auch den Eltern in Baden-Württemberg zumutbar sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Seimetz CDU: Sehr gut!)

Zurück zu dem Gedanken, Pensionen abzusenken. Bei einer Grundrente, die in der freien Wirtschaft leider kommen wird, wird die gegenwärtige Höhe der Pension auf Dauer nicht mehr haltbar sein. Stattdessen sollte man aktive Gehälter erhöhen und flexibilisieren.

Wenn dieser Ansatz richtig ist, muss er auch für Abgeordnete richtig sein. Deswegen stehen wir im Gespräch. Ich glaube, dass ab der nächsten Wahlperiode ein Einstieg in die Pensionsabsenkung und eine maßvolle Diätenerhöhung auch in der Öffentlichkeit und bei den Medien positiv bewertet werden könnten. Wir arbeiten daran; bitte machen Sie auch hier mit.

Der Herr Regierungschef sprach die Landesbank an – ich glaube, völlig zu Recht. Eines unserer zentralen Instrumente der Wirtschafts- und Strukturpolitik sind die öffentlichrechtlichen Banken in Baden-Württemberg. Die Volksbanken, die Raiffeisenbanken und die Genossenschaftsbanken tun ihr Geschäft, haben aber nur einen Marktanteil von 20 %. Die größeren Partner sind die öffentliche Sparkasse und die Landesbank. Ich muss sagen: Mein großer Respekt gilt Heinrich Haasis und Erwin Teufel

(Beifall des Abg. Wieser CDU)

für das, was hier in den letzten Jahren bewirkt worden ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Schauen Sie sich einmal die Ausgangslage an. Schauen Sie sich an, wo noch vor 15 Jahren die Bakola und die Wükola standen! Wo stand danach die SüdwestLB? Und wo standen demgegenüber die WestLB in Düsseldorf oder die Bayerische Landesbank in München? Die spielten in einer anderen Liga als wir. Wir waren Regionalliga, und die waren Europaliga. Heute ist es umgekehrt. Maßvoll und klug, entschieden und mutig haben zuallererst Herr Haasis und Herr Teufel in diesem Land aus einer Sparkassenzentralbank, aus einer Strukturbank des Landes und aus einer Bank, die dem Land bzw. der Stadt gehörte, eine badenwürttembergische Landesbank geschaffen,

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

die die beste, größte und stabilste in ganz Deutschland ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wieser CDU: Wunderbar!)

Noch ein Punkt: Als die Baden-Württembergische Bank zum Verkauf anstand, waren in diesem hohen Haus lediglich wir bereit, zu sagen: Die muss hier in Stuttgart bleiben, für Baden-Württemberg! Die Mehrzahl wollte Privatisierung oder Verkauf, egal, an wen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir nie!)

Die Vereinsbank in München ist heute in heller Flucht. Die Baden-Württembergische Bank ist in guter Obhut und bärenstark. Die Geschäftsbank übernimmt Geschäftstätigkeiten von der Landesbank. Ich glaube, wir sind im Ländervergleich – Deutschland insgesamt ist in der Finanzwirtschaft auf dem schlechten Weg in die Zweitklassigkeit – am besten aufgestellt. Auch dies wird in der verbleibenden Zeit dieser Legislaturperiode ein Schwerpunkt unserer Arbeit im Landtag von Baden-Württemberg sein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Im Herbst kommt die Medienpolitik auf uns zu. Es geht dabei um die Anpassung der Rundfunkgebühren. Ich sage für meine Fraktion die Bereitschaft zu einer maßvollen Gebührenerhöhung zum 1. April oder zum 1. Juli 2005 zu. Dies wird hier im Landtag von Baden-Württemberg im kommenden Winter zu beraten sein. Aber wenn wir die Gebühren um 90 oder 95 Cent erhöhen und damit den öffentlich-rechtlichen Anstalten und unserem SWR in BadenWürttemberg eine stabile Finanzgrundlage geben, erwarten wir auch, dass die Anstalten etwas mehr Selbstbeschränkung in der Programmentwicklung üben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Bei uns gilt für den SWR und für den gesamten Rundfunk: Qualität vor Quote und Qualität vor Quantität.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Was?)

Beides wird derzeit nicht genügend respektiert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Schauen Sie nur einmal zwei Beispiele an: Dass die Fußball-Europameisterschaft von ARD und ZDF übertragen wird, ist legitim und abgehakt.

(Abg. Zeller SPD: Aber nicht Netzer und Becken- bauer!)

Aber dass dann, wenn zwei Spiele gleichzeitig stattfinden, der Grundversorgungsauftrag der beiden öffentlich-rechtlichen Anstalten in der Weise erfüllt wird, dass in der ARD Herr Netzer schwätzt und im ZDF Herr Beckenbauer dagegen hält, halte ich für maßlos und nicht legitim.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD, der FDP/DVP und der Grünen – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! Wir brauchen den Netzer nicht!)

Da wäre die Abgabe an Private mit Sicherheit besser gewesen.

(Abg. Walter GRÜNE: Das war super, dass das pa- rallel übertragen wurde!)

Ich habe es nicht gesehen, aber meine Frau hat mir erzählt, dass Bill Clinton in den letzten Tagen sowohl bei der ARD als auch beim ZDF war.

(Abg. Göschel SPD: Der war gut, der Clinton! – Abg. Walter GRÜNE: Es geht doch nicht um Be- ckenbauer und Netzer, sondern um Übertragun- gen!)

Auch dabei wurde wohl dem Informationsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen nicht genügt,

(Abg. Dr. Caroli SPD: Das war für den Irak-Krieg genau das Richtige!)

sondern wohl eher nachgefragt, wo es schlüpfrig war. Deswegen sage ich: Die Öffentlich-Rechtlichen sollten Maß halten und sich selbst beschränken. Dann ist eine maßvolle Gebührenerhöhung hier im Landtag mit Sicherheit mehrheitsfähig.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)