Im Übrigen haben Sie für die Umsetzung Ihrer Vorstellungen ja gar keine Mehrheit. Die FDP will die Abschaffung der gesetzlichen Krankenkassen.
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Jetzt bringt er wieder diese Debatte! Landespolitik wollen wir hören! Ih- re Schwerpunkte! – Lachen bei der SPD – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)
Ich rede über Landespolitik. – Sie wollen die Kopfsteuer – darüber haben wir auch schon diskutiert –, und Herr Seehofer will genau wie wir die Bürgerversicherung. Wie Sie da einmal die Bundesregierung bilden wollen, ist mir schleierhaft.
Jetzt kommen wir zur Landesregierung, Herr Kollege. Darauf kommen wir schon noch. Wir werden Sie heute auch noch zu einer Abstimmung in einer landespolitischen Frage zwingen. Da wird man dann sehen, wie Sie sich verhalten.
Senioren: Sie sagen, die Senioren sollten sich in diesem Land wohl fühlen. Dieser Auffassung sind wir auch. Nur, Herr Ministerpräsident: Wir werden in den nächsten zehn Jahren ungefähr 10 000 neue Plätze in Pflegeheimen brauchen – unabhängig davon, dass das Land die Zuschüsse zwar erhöht, aber nicht in dem notwendigen Maße. Aber Sie und auch die Landesregierung kümmern sich überhaupt nicht um die Frage, woher das Personal für diese neuen Plätze kommen soll. Es gibt nämlich kaum mehr jemanden, der den Pflegeberuf ergreifen will, und um einen schnellen Wechsel im Altenpflegebereich kümmert sich die Landesregierung nicht. Das wird ein großes Problem. Deswegen fordern wir ja immer auch eine Veränderung der Ausbildungssituation in diesem Bereich. Darüber wird kein Wort verloren.
Sie haben kein Wort über NSI verloren. Landespolitik! Wir hätten heute eigentlich gern gehört: Wie geht denn das weiter mit diesem Hunderte-von-Millionen-Euro-Grab? Landespolitik: NSI!
Wir hätten gerne gehört: Was machen Sie denn weiter mit Ihrer freihändigen Vergabe von Gutachten? Die Landesregierung von Baden-Württemberg vergibt Gutachten freihändig ohne Ausschreibung,
und zwar in Millionenhöhe. Sie gibt dem Landtag nicht einmal das Recht, die Namen der Empfänger zu erfahren. Zu alldem schweigt der Herr Ministerpräsident.
Ich komme jetzt zu einem Punkt, den Sie so stark hervorgehoben haben, nämlich Kredite für kleine und mittlere Betriebe. Herr Ministerpräsident, dass Sie da etwas machen, kann ja schon sein. Aber ich glaube, gerade der Finanzaus
schuss des Landtags von Baden-Württemberg, das Parlament, hat neben einer Anhörung und neben vielen Aktionen mit das Meiste unternommen, damit es nicht so einen großen Bürokratieaufbau bei den Krediten für kleine und mittlere Unternehmen gibt, sondern damit die Bürokratie auf diesem Gebiet abgebaut wird. Wenn Sie einmal betrachten, was das Parlament, nämlich der Finanzausschuss unter dem Vorsitzenden Moser, getan hat, dann können Sie das belobigen, weil das tatsächlich Auswirkungen in der politischen Diskussion haben wird. Ob Sie bisher außer der Landesbank, an der es ja auch Kritik der kleinen und mittleren Unternehmen gibt, etwas gemacht haben, wage ich zu bezweifeln. Also wenn man schon lobt, muss man auch
Jetzt komme ich zum Thema Terrorismusbekämpfung. Dass Sie dieses Wort heute in den Mund genommen haben, schlägt für mich dem Fass den Boden aus. Wir haben im März einen Antrag zur Terrorismusbekämpfung gestellt, weil wir festgestellt hatten, dass Sie im Haushalt die 51 Stellen zur Terrorismusbekämpfung gestrichen haben. Wir haben diesen Antrag gestellt, weil wir der Meinung waren, es könne doch nicht sein, dass das Land, nachdem nach dem Anschlag in Madrid die Gefährdungslage höher ist, die einzigen 51 Stellen zur Terrorismusbekämpfung streicht. Deshalb haben wir hier einen Antrag eingebracht, die Landesregierung aufzufordern, diese Stellen im Haushalt stehen zu lassen. Der Antrag ist abgelehnt worden.
Herr Ministerpräsident, was ist jetzt? Haben Sie jetzt die Stellen wieder, wollen Sie sie wieder? Denn ohne diese Stellen können Sie gar nicht arbeiten. Also wenn, dann bitte ehrlich hier berichten: Baden-Württemberg hat seine Stellen zur Terrorismusbekämpfung in diesem Haushalt gestrichen und nicht ausgebaut. Von wegen innere Sicherheit!
Natürlich. Wir können das belegen, und wir haben das auch belegt. Es war ein großer Fehler von Ihnen, dass Sie dagegen gestimmt haben.
Nein, da haben wir nicht falsch gerechnet, sondern da haben wir gewusst, was abgebaut wird. Ich spreche von diesen 51 Stellen zur Terrorismusbekämpfung, von denen sogar der Verfassungsschutz gesagt hat, er brauche sie, Herr Kollege.
Das Problem ist bei Ihnen immer die Diskrepanz zwischen Ihren hehren Sprüchen und dem, was Sie machen. Wenn man diese Diskrepanz aufdeckt, dann fangen Sie an zu jaulen, obwohl Sie die Chance gehabt hätten, mit einem Beschluss die Situation zu verändern.
Gut, dann können wir nachher einmal darüber reden. Wenn Sie zustimmen, stellen wir die 51 Stellen wieder ein. Diese sind ja vom Landtag gestrichen worden.
Gehen wir nun einmal auf die Kinderbetreuung ein, Herr Ministerpräsident. Tatsache ist ja wohl, dass es keine Bundesstatistik gab, sondern dass sich eine Bundesstatistik aus Landesstatistiken zusammensetzt. Die Bundesstatistik recherchiert in einem Land überhaupt nicht. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg hat die Zahlen geliefert, und die Bundesstatistik hat sie nur zusammengefasst.
Jetzt nehmen wir doch einmal Ihr eigenes Statistisches Landesamt. Dieses hat uns erklärt: Von den Zahlen her sind wir Schlusslicht in Deutschland.
statistisch festgestellt nicht vom Bund, sondern von unserem Landesamt. Im Bundesdurchschnitt gab es 77. 13 bei uns gegenüber 77 im Bundesdurchschnitt – da sind wir an letzter Stelle, selbst mit Tagesmüttern.
An Plätzen für Jungen und Mädchen im Kindergartenalter gibt es offensichtlich Nachholbedarf. Auf 1 000 Kinder kommen 74 Ganztagsplätze bei uns gegenüber 327 im Bundesdurchschnitt.
(Abg. Capezzuto SPD: Jesses! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD – Abg. Teßmer SPD: Kata- strophal!)
Wo stehen wir denn da? Wo sind wir denn da Spitze? Angebote für Hortkinder von sechs bis zwölf Jahren in BadenWürttemberg: 20 Plätze je 1 000 Kinder – ebenfalls die rote Laterne. Im Schnitt stehen in Deutschland 68 Plätze gegenüber 20 in Baden-Württemberg zur Verfügung.
Herr Ministerpräsident, da muss ich nun wirklich sagen: Damit kann man nicht punkten. Insofern nehme ich auch zur Kenntnis, dass Sie langsam merken, dass das Lebensgefühl in Baden-Württemberg ein anderes ist, als bisher die CDU hier im Land verkündet hat.
Als wir immer über die Frage der Ganztagsbetreuung geredet haben, kam von Ihnen das Argument: Ihr zerstört die Familie. Das waren ja die Zwischenrufe.
„Zwangsurlaub“ dazwischengerufen. Das muss man doch einfach sehen. Jetzt langsam kommen Sie drauf, weil Sie merken, dass Sie in den Großstädten, in den Verdichtungsräumen keine Chance haben, etwas zu erreichen. Selbst dann ändern Sie nichts.
Die Frau Kultusministerin hat – am letzten Samstag war das wohl – tolle Sätze zur Ganztagsbetreuung gesagt: „Wir müssen endlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten.“