Protokoll der Sitzung vom 28.07.2004

(Beifall bei den Grünen)

Ein letztes Stichwort, weil die Zeit davonläuft: der Vergaberahmen. Wie sehr haben Sie in den Verhandlungen darauf herumgeritten, dass der Vergaberahmen erweitert werden muss, dass der Bund die Freiheit geben muss, mehr Geld ins System zu stecken, weil nur so leistungsgerechte Bezahlung kommen könne. Als es vom Bund dann entgegen Ihren Erwartungen ermöglicht wurde, standen Sie plötzlich „ohne“ da und mussten zugeben, Sie haben nichts, um es den Hochschulen zu geben. Sie sind jetzt ziemlich kleinlaut geworden. Zum Glück haben Sie den Fachhochschulen ein bisschen was gegeben, damit es nicht noch schlimmer kommt. Aber de facto haben Sie Hoffnungen geweckt und Versprechungen gemacht, die Sie nun nicht einhalten können. Sie sind als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Das ist schade.

(Abg. Drexler SPD: Sehr gut! Das Bild trifft zu!)

Wir werden im weiteren Beratungsgang ein paar Verbesserungen einbringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Minister Professor Dr. Frankenberg.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ich dachte, der Fi- nanzminister will sprechen! – Abg. Drexler SPD: Jetzt kommt der Bettvorleger!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch einige Worte in Ergänzung des Gesagten. Dass leistungsbezogene oder -orientierte Besoldung an sich vernünftig ist, auch bei Professorinnen und Professoren – um die geht es hier –, wird niemand bestreiten. Aber wir haben zwei Grundprobleme.

Das erste Grundproblem ist, dass man ein solches Gesetz in der Zeit einer nachhaltigen Krise aller öffentlichen Haushalte verabschiedet hat. Das habe ich schon im Bundestag in Berlin gesagt, als Frau Bulmahn dieses Gesetz eingebracht hat. Eine leistungsbezogene Besoldung heißt eigentlich, dass, wenn man gut ist und wenn eine ganze Hochschule besonders gut ist, mehr Geld zur Verfügung stehen müsste, als wenn man schlecht ist. Aber mehr Geld steht nicht zur Verfügung. Aus vielerlei Gründen, die hier schon diskutiert worden sind,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

sind die öffentlichen Haushalte in einer extremen Krise. In dieser Situation muss man versuchen, ein Gesetz umzusetzen, das eine leistungsbezogene Vergütung unter Kostenneutralität bringt.

Frau Bauer, die Kostenneutralität ist übrigens nicht von den Finanzministern gekommen, sondern sie war schon in dem System enthalten, das die Hochschulrektorenkonferenz vorgeschlagen hat.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Genau! Richtig!)

Ob die Rektorenkonferenz, bei der ich damals als einziger Vizepräsident dagegen gestimmt habe, klug beraten war, selbst schon Kostenneutralität einzubringen, mag dahingestellt sein. Aber Sie sehen, dass selbst die versammelten Rektoren nicht immer von besonderer Klugheit geleitet sind.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Vielleicht wa- ren sie nicht leistungsorientiert bezahlt! – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Das Grundproblem möchte ich vielleicht einmal aus der Sicht eines Unternehmens kurz umschreiben. Es würde doch kein Unternehmen auf die Idee kommen, zu sagen, wir machen eine leistungsbezogene Besoldung gewinnunabhängig, das heißt, wir geben Zulagen unabhängig davon, ob wir Gewinn machen oder nicht.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Deshalb ist es geradezu widersinnig, dass man im Bund ein solches Gesetz verabschiedet hat und gleichzeitig ein Einnahmeerzielungsverbot verhängt hat. Wenn ich den Hochschulen nicht gestatte, in Abhängigkeit von ihrer Leistung eigene Einnahmen zu erzielen und aus diesen Einnahmen Zulagen für die zu zahlen, die zu dieser besonderen Qualität der Hochschulen beitragen, dann habe ich einen Bruch im System.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Das heißt, ein Gesetz zur leistungsbezogenen Besoldung der Professorinnen und Professoren zu verabschieden und gleichzeitig Studiengebühren zu verbieten bedeutet, mit der einen Hand festzuhalten, was man mit der anderen Hand noch nehmen will.

(Beifall der Abg. Kleinmann FDP/DVP und Sieber CDU)

Das ist eigentlich das, was die Bürger in unserem Land aufregt: Es gibt keine systematisch abgestimmte, inhaltlich logische Politik im Bund, sondern es gibt lauter Widersprüche und Brüche.

Nun noch zu einigen Fragen, die Sie gestellt haben, Frau Bauer. Das Zweiklassensystem haben wir kritisiert. Es macht auch eigentlich keinen Sinn, dass man, wenn man ein Grundgehalt und Zulagen hat, zwei Klassen von Grundgehältern schafft.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Denn man könnte mit den Zulagen ja höher gehen und damit den Unterschied zwischen den zwei Grundgehältern ausgleichen. Wir waren gegen dieses Zweiklassensystem, weil es nicht sinnvoll ist. Aber diese Stufung – W 1 lassen wir jetzt einmal weg – W 2 und W 3 ist im Bundesgesetz vorgeschrieben. Es ist im Bundesgesetz nicht nur der Vergaberahmen vorgeschrieben, sondern es ist auch vorgeschrieben, dass dieser Vergaberahmen hochschulartenspezifisch ist. Er ist also auch für die Fachhochschulen vorgeschrieben, und damit konnten wir für die Fachhochschulen überhaupt nicht mehr W-3-Stellen schaffen, weil einfach die Mittel dafür nicht verfügbar sind. Hätten wir bei den Fachhochschulen lauter W-3-Stellen geschaffen, dann hätten wir gar keine Zulagemöglichkeiten mehr. Dann wäre das ganze System völlig ad absurdum geführt worden. Wenn wir einmal in die Lage kämen, es zu korrigieren – das haben Frau Kollegin Schavan und ich schon im Wahlkampf gesagt –, dann würden wir an die Stelle eines rotgrünen Zweiklassensystems ein schwarz-gelbes Einheitsgrundgehalt mit variablen Zulagen setzen. Das würde einem solchen System eigentlich besser bekommen.

Die Grundfrage, die sich mir allerdings stellt – auch nach dem gestrigen Urteil, das Sie, Frau Bauer, auch angesprochen haben –, ist: Brauchen wir überhaupt einen Bundesrahmen für die Professorenbesoldung? Warum soll es nicht einen Länderwettbewerb auch über den Rahmen hinaus in der Professorenbesoldung geben?

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Kleinstaate- rei!)

(Minister Dr. Frankenberg)

Dann hätten wir heute in Baden-Württemberg kein Zweiklassensystem,

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Wettbewerbsförderung!)

aber vielleicht in anderen Ländern ein Zweiklassensystem von W 2 und W 3.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das Grundgehalt ist ein Mindestgehalt! Da können Sie jederzeit darüber hinausgehen!)

Wir haben noch wesentlich bessere Ideen, als der Bund bei der Ausgestaltung des Rahmens gehabt hat, Frau Bregenzer, was hier möglich ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie können ja die umsetzen, bei denen es Ihnen möglich ist! Das tun Sie ja auch nicht! – Abg. Drexler SPD: Seien Sie vorsichtig! Möglicherweise bekommen die Länder die Zustän- digkeit! Dann müssen Sie möglicherweise Ihre Sprüche wahr machen!)

Herr Drexler, wir realisieren sehr viel von dem, was Sie „Sprüche“ nennen. Das werden wir im Herbst alles noch diskutieren können. Dann werden Sie manches kritisieren. Aber wir werden wesentlich mehr realisieren, als alle anderen Länder bis jetzt realisiert haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Das werden wir sehen! – Zuruf der Abg. The- resia Bauer GRÜNE – Abg. Pfisterer CDU: Sehr gut gekontert! – Abg. Drexler SPD: Wenn Sie noch im Amt sind! Es sind ja nur 18 Monate im Schnitt, die die Minister hier in Baden-Württemberg im Amt sind!)

Sehen Sie, Herr Drexler, da bin ich schon überdurchschnittlich.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Bei Döring waren es acht Jahre! PISA lässt grüßen, Herr Kollege Drex- ler!)

Das ist die Mengenlehre, Herr Kleinmann.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist Mengenlehre! – Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Das sind Grundrechenarten und nicht Mengenlehre!)

Das Zweite, was Sie angesprochen haben, Frau Bauer, betrifft letztlich das Hochschulrahmengesetz, nämlich die Juniorprofessur. Diese ist ja als W 1 ein Teil dieses Besoldungsgesetzes. Jetzt haben wir sozusagen eine Kategorie, für die wir kein Amt mehr haben, weil das Amt vom Bundesgesetzgeber so formuliert worden ist, dass es vor dem Verfassungsgericht nicht standgehalten hat, weil der Bundesgesetzgeber hier eindeutig seine Kompetenzen der Regelungsdichte überschritten hat, was wir immer behauptet haben.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das können die Län- der umsetzen!)

Wir klagen ja auch noch gegen die sechste HRG-Novelle. Dann bliebe von den Bulmahn’schen Novellen nichts mehr übrig außer Verfassungsgerichtsurteilen, die diese Novellen eliminiert haben.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Die Frau ist entkleidet! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Na, na, na!)

Nun ist aber neben der Habilitation die Juniorprofessur an sich eine vernünftige Institution.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Wir können jetzt aber sehen, wie wir, da wir ja auf das alte Gesetz zurückfallen, also in die Besoldungsstufe C 1, die eigentlich nach dem neuen, jetzt vorliegenden Gesetz gar nicht mehr existiert, nun das Kunststück hinbekommen, die vernünftige Reformidee neben der Habilitation unter dem geltenden Dienstrecht zu ermöglichen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Machen Sie es so wie andere Länder!)

Auch das zeigt: Das Beste wäre, wir hätten weder ein bundesweites Dienstrecht noch ein bundesweites Hochschulrahmengesetz. Dann hätten wir jetzt im Land eine Stimmigkeit zwischen Dienstrecht, Juniorprofessur und Habilitation – und hätten all die Probleme, die uns aus Berlin beschert worden sind, nicht.