Deswegen sind wir der Auffassung, dass die Möglichkeit der unmittelbaren Bürgerbeteiligung nicht nur in den Städten und Gemeinden des Landes, sondern auch in den Landkreisen des Landes gelten sollte. Auch das ist ein weiterer Vorschlag, den wir schon mehrfach in dieses hohe Haus eingebracht haben. Da wir heute ja nicht über einen Gesetzentwurf diskutieren, soll mein Beitrag eigentlich noch einmal ein Appell an den Herrn Innenminister und auch an die Fraktionen von CDU und FDP/DVP sein, die dies zum Teil ja auch im Koalitionsvertrag verankert haben, dies jetzt umzusetzen.
Ich will zum Schluss noch erwähnen, dass auch ein ergänzender Antrag, den wir vor nicht allzu langer Zeit eingebracht haben – –
Kollege Fleischer, ich komme gleich zum Schluss; so lange müssen Sie es noch aushalten. Sie erhalten ja genügend Schmerzensgeld dafür. Insofern dürfte das kein Problem sein.
Ich habe zu guter Letzt nur noch zu erwähnen, dass uns zum Beispiel Innenminister Schäuble Ende letzten Jahres schriftlich und auch schon in diesem Jahr während einer Debatte mitgeteilt hat,
dass in Kürze – was bei Ihnen „in Kürze“ heißt, hätte ich gern einmal von Ihnen definiert – ein Gesetzentwurf vorgelegt werde, der die unmittelbare Bürgerbeteiligung stärke. Wir von der Fraktion GRÜNE, meine Damen und Herren, wollen diese Bürgerbeteiligung stärken, nicht zuletzt deshalb, weil wir der Auffassung sind, dass es gar kein parteipolitisches Thema ist, Herr Kollege. Das sollten Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Es geht einfach darum, die Menschen an unserer Demokratie zu beteiligen.
Das müsste Ihnen so wichtig sein wie uns. Deswegen: Legen Sie, lieber Kollege Innenminister, den Gesetzentwurf vor. Dann können wir darüber diskutieren
und zeitnah entscheiden. Das wäre unser Anliegen im Sinne unmittelbarer Bürgerbeteiligung für Baden-Württemberg.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich auf die Große Anfrage geschaut habe, Herr Oelmayer, habe ich mir gedacht, die ist ja schon ein Jahr alt. Aber mir ist klar geworden, als Sie immer so nach rechts geschaut haben: Sie haben den neuen Innenminister angesprochen. Sie wollten diese alte Kamelle dem neuen Innenminister noch einmal neu präsentieren, damit es bei ihm gut ankommt. Jetzt ist mir klar, warum Sie das gemacht haben.
Nachdem wir schon x-mal darüber gesprochen haben – es gab Gesetzentwürfe der SPD-Fraktion hierzu, ich glaube, zwei an der Zahl –,
möchte ich mich relativ kurz fassen. Vielleicht noch einmal zur Erinnerung: Baden-Württemberg war das erste Land, das in der Gemeindeordnung, 1956 in Kraft getreten, dieses System von Bürgerbegehren und Bürgerbeteiligung eingeführt hat. 35 Jahre hat es gedauert, bis Schleswig-Holstein nachgezogen hat. Ich glaube aber, dass in den Neunzigerjahren viele Städte und Gemeinden neue Formen der Bürgerbeteiligung angewandt haben, Anhörungen, alle möglichen Dinge, mit denen man versucht hat, die Bürger in die Kommunalpolitik einzubinden. Ich finde es auch wichtig, dass man das tut, dass man diese Verfahren anwendet, wie zum Beispiel beim Bebauungsplan eine frühzeitige Bürgerbeteiligung vorgeschrieben ist. Da wird schon viel Wind aus der Angelegenheit herausgenommen.
Aber ich gebe Ihnen Recht: Unabhängig davon sollte man prüfen, wenn etwas so lange im Gesetzblatt steht, ob es
Sie wissen aber auch, dass darin nichts von einem Quorum steht. Darin steht nur, dass wir den Positivkatalog streichen wollen; darin sind wir sehr schnell einig. Es ist auch schön, dass es darüber keinen Streit gibt. Wir sind sogar noch mit Ihnen einig, dass wir den Negativkatalog durchforsten und nur das Unumgängliche stehen lassen wollen.
Wir werden uns jetzt noch einmal intensiv mit der einzigen strittigen Frage beschäftigen: B-Plan ja oder nein? Sie heben immer Bayern hervor, wo der B-Plan mit dabei ist. Es gibt aber auch Bundesländer, wo er nicht dabei ist. Ich habe einmal nachgesehen: Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Rheinland-Pfalz, NRW – kein Bebauungsplan dabei. Ich will es Ihnen nur sagen. Man muss das unaufgeregt diskutieren und dann abwägen.
Ich sage Ihnen auch, wie ich vorgehen würde. Ich würde im Prinzip schauen, was die Betroffenen wollen, und das würde ich in zwei Fällen anwenden – ich persönlich, wobei sich meine Fraktion da noch entscheiden muss.
Was das Quorum angeht, gibt es eine Gruppe – nicht unbedingt der Gemeindetag, sondern die Bürgermeistervereinigung –, die gefordert hat, das Quorum abzusenken. Ich persönlich hätte gesagt, ich bleibe bei 30 %. Aber wenn schon die Betroffenen, die Bürgermeister, sagen: „Wir müssen das nachher umsetzen, wir müssen das nachher realisieren, wir wollen 25 %“, dann kann man mit mir darüber reden. Wir werden es diskutieren und entscheiden.
Relativ offen bin ich in der Frage der Frist – aber nicht mit acht Wochen. Vier Wochen stehen seit vielen Jahren im Gesetz. Seit 1996 gab es kein Problem mit der Frist, seither hat alles geklappt. Jetzt verlangen Sie acht Wochen. Ich kann mir vorstellen, hier könnte man sich irgendwo in der Mitte treffen.
Aber es muss begrenzt sein, nicht zu lange. Sie erwarten doch auch, wenn ein Gemeinderat einen Beschluss fasst, dass dieser nachher umgesetzt wird. Wir wollen eine Verwaltung, die handelt und nicht nur diskutiert. Darüber werden wir reden.
Relativ wenig Spielraum sehe ich – das können Sie fast erwarten – bei den Landkreisen. Da meine ich, die Begründung Verwaltungsreform zieht nicht. Hier müssen wir ganz klar konstatieren: Wir haben im Prinzip nur staatliche Aufgaben übernommen. Da sehe ich keinen Spielraum dafür, die entsprechenden Rechte in die Landkreisordnung zu
übernehmen. Es gäbe auch sehr viele Probleme, wenn wir einzelne Einrichtungen hätten und nun statt des Kreistags die Betroffenen entscheiden müssten. Dann müssten Sie das Quorum wieder heruntersetzen, weil es gar nicht zu vermitteln wäre, wenn jemand nur an einer Ecke im Landkreis aktiv würde. Ich würde dringend davon abraten und kann meiner Fraktion nicht empfehlen, diesem Vorschlag zu folgen.
Jetzt noch einmal zur Frist. Das ist Ihr wichtigstes Anliegen an den Minister zum Schluss gewesen. Die Ursache, weshalb wir das ein bisschen hingezogen haben – da habe ich noch einmal im Protokoll nachgelesen; ich habe auch einmal versprochen, es kommt im Herbst 2003 –, war die Verwaltungsreform. Das muss ich ganz ehrlich konstatieren. Wir haben gesagt, wir wollen diese zuerst machen und dann Step by Step vorgehen. Jetzt kommt im Herbst der nächste Schritt. Der erfolgt dann im Rahmen eines Gesamtpakets. Das hat aber nichts mit der Verwaltungsreform zu tun. Die Zeit war ursächlich, aber nicht die Aufgabenverlagerung. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit der FDP/ DVP im Herbst einen ausgewogenen Vorschlag machen werden und dabei auch gewisse Erweiterungsrechte für die Bürgerbeteiligung vorlegen werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „Entwicklungschancen für und durch direkte Demokratie“, das die Fraktion der Grünen zum Inhalt ihrer Großen Anfrage gemacht hat, ist in der Tat nichts Neues. Nicht nur in dieser Legislaturperiode, sondern auch in vorausgegangenen hat sich das Parlament immer wieder damit beschäftigt, ob mehr Bürgerbeteiligung, mehr Mitwirkung, mehr Teilhabe an kommunalpolitischen Themen ermöglicht werden soll und wie dies gegebenenfalls erreicht und umgesetzt werden könnte.
Wenn ich soeben erwähnt habe, das Parlament habe sich wiederholt damit beschäftigt, dann wäre wohl die zutreffendere Formulierung gewesen: Zwei, maximal zweieinhalb Fraktionen dieses Parlaments haben sich damit beschäftigt. Sie haben Anhörungen durchgeführt, Gespräche initiiert, Anträge, sogar Gesetzentwürfe eingebracht und haben versucht, den parlamentarischen Prozess in Gang zu bringen, während andere Parlamentsgruppen ihre Bemühungen ausschließlich darauf beschränkt haben, diese Anträge und Initiativen abzulehnen und auch noch unmissverständlich ihr Desinteresse an mehr Bürgerbeteiligung kundzutun.
Ich denke, die neuerliche schlechte Wahlbeteiligung bei den zurückliegenden Kommunalwahlen sollte doch Grund genug sein, darüber nachzudenken, woran es liegen könnte, dass die Bürgerinnen und Bürger zunehmend das Interesse verlieren, sich an der Kommunalpolitik zu beteiligen. Es muss Gründe dafür geben, dass bei den Menschen gerade dort das Interesse derart gering ist, wo Demokratie spürbar
Ich bin mir sicher: Gerade weil an der Wurzel unserer demokratischen Strukturen, also vor Ort in den Städten und Gemeinden, das Gefühl vorherrscht, von der tatsächlichen Mitwirkung ausgeschlossen zu sein, verlieren die Menschen zunehmend den Glauben daran, ernst und wichtig genommen zu werden. Dann hilft es auch nicht, wenn Ministerpräsident Teufel bei allen Gelegenheiten die Identifizierung der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Gemeinde beschwört – große Worte, die an der Realität weit vorbeigehen. Auch hier ist wie in vielen wichtigen Schicksalsfragen unseres Landes zunehmender Realitätsverlust zu beklagen.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Wir sind für die repräsentative Demokratie auch auf kommunaler Ebene. Wir halten es zwar nicht für notwendig, innerhalb der fünf Jahre kommunaler Mandatszeit das erhaltene Mandat zur Disposition zu stellen, aber das, was man inhaltlich vertritt, sollte überprüft werden können. Dabei wissen wir doch alle, dass Kommunalwahlen weniger nach programmatischen Aussagen als nach anderen Entscheidungskriterien entschieden werden. Gerade deshalb halten wir es für wichtig, zumindest die Möglichkeit zu eröffnen, sich bei Themen, die die Menschen berühren und betreffen, insbesondere bei Themen, die erst im Laufe einer Wahlperiode aktuell werden, zu beteiligen. Diese Beteiligung darf dann aber auch nicht durch bürokratische Hindernisse erschwert werden, sondern die Stärkung der demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten muss mit einem realistischen und umsetzbaren Instrumentarium erfolgen.
Nicht einzusehen und auch nicht nachvollziehbar zu begründen ist die nach wie vor gänzlich fehlende Mitwirkungsmöglichkeit auf der Ebene der Landkreise. Es spricht nicht gerade für das Demokratieverständnis der Landesregierung – um es einmal zurückhaltend auszudrücken –, wenn sie in der Beantwortung der Großen Anfrage ausführt, es bestünden schon heute vielfältige Möglichkeiten der Beteiligung der Kreisbevölkerung, und dies damit begründet, dass der Landrat die Einwohner des Landkreises über allgemein bedeutsame Angelegenheiten unterrichtet und den Bürgern allgemein die Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden soll. Derartige Äußerungen sind nichts als Floskeln, die in der Realität so gut wie gar nicht umgesetzt werden. Also auch hier besteht nach unserer Auffassung Handlungsbedarf.