Im Übrigen sind wir wahrscheinlich damit konfrontiert, dass aufgrund europarechtlicher und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ohnehin wegen der neuen Gebührensicht auch Gebührenerhöhungen in diesem Bereich zu erwarten sind. Insofern glaube ich, dass man mit diesem Antrag, den Sie angekündigt haben, dann auch die entsprechenden Folgen abmildern kann. Insoweit warten wir die Beratungen im Ausschuss ab.
Insgesamt – das sage ich als Fazit – ist es sicher der richtige Weg, die Gebühren in dieser Form auf eine einheitliche, moderne gesetzliche Grundlage zu stellen.
(Abg. Fischer SPD: Heute ist ein Großtag für Herrn Kleinmann! – Gegenruf der Abg. Marianne Won- nay SPD: Aber nur was die Quantität betrifft!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kernpunkt des Entwurfs ist die Einführung der obligatorischen dezentralen Gebührenfestsetzung für die unteren Verwaltungsbehörden. Diese Entscheidung folgt dem Grundsatz der Delegation von Verantwortung auf die Landratsämter sowie die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften, soweit diese Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde wahrnehmen.
Wir wollen die unteren Verwaltungsbehörden dadurch stärken. Sie sind als Landratsämter, Stadtkreise und Große Kreisstädte, Verwaltungsgemeinschaften oder Gemeinden näher an der Sache und können und sollen die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Gebührensätze und die Gebührenerleichterungen in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit künftig selbst festsetzen. Die Landratsämter treffen diese Festsetzung durch Rechtsverordnungen, die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften durch Satzungen.
Mit der dezentralen Gebührenfestsetzung knüpfen wir an die in vielen Bereichen bereits vollzogene Einführung betriebswirtschaftlicher Elemente in die Haushaltswirtschaft an. Der Herr Finanzminister hat bereits darauf hingewiesen. Der Preis für eine öffentliche Leistung wird anhand einer betriebswirtschaftlichen Kostenberechnung ermittelt, in die Personal- und Sachkosten sowie kalkulatorische Kosten einschließlich entsprechender Gemeinkostenanteile eingehen.
Mit der dezentralen Gebührenfestsetzung werden unterschiedliche Gebührensätze für prinzipiell gleiche öffentliche Leistungen zur Normalität, meine Damen und Herren. Dies sollte uns aber nicht schrecken. Denn in dieser Unterschiedlichkeit liegt gleichzeitig auch ein Anreiz, die unterschiedlichen Preis-Leistungs-Verhältnisse vergleichend zu analysieren und ein stärkeres Kostenbewusstsein zu entwickeln. Der Druck zu einer stetigen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns nimmt auf diese Art und Weise zu. Auch dieser Effekt ist durchaus erwünscht und sinnvoll.
Ein wesentlicher Punkt der Anhörung, in dem sehr unterschiedliche Positionen der kommunalen Landesverbände sowie der Kirchen und der Verbände der freien Wohlfahrtspflege deutlich geworden sind, betrifft die Regelungen der Gebührenfreiheit gemäß § 10 des Gesetzentwurfs. Gebührenbefreit bleiben grundsätzlich das Land und die kommunalen Gebietskörperschaften. Gegenüber dem Gesichtspunkt einer höheren Kostentransparenz schlägt der mit einer konkreten wechselseitigen Gebührenerhebung verbundene erhöhte Verwaltungsaufwand allerdings stärker zu Buche.
Es bleibt auch bei der schon aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotenen weitgehenden Gebührenfreiheit der Kirchen und anerkannten Religionsgemeinschaften. Und ebenso bleibt es bei der Gebührenfreiheit der Verbände der freien Wohlfahrtspflege. Dies alles gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Es gilt dann nicht – –
Sie brauchen nicht immer zu bekunden, dass Sie mit der Kirche nichts am Hut haben. Das wissen wir schon, Herr Oelmayer. Ihnen muss man einmal eine Ölung verpassen.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Fischer SPD: Er war Ministrant! – Abg. Fleischer CDU: Es muss ja nicht die Letzte sein! – Abg. Oelmayer GRÜNE: Hoffentlich haben Sie nicht die Letzte gemeint!)
Ich habe bewusst das Wort „Letzte“ nicht genannt, zumal es das inzwischen auch gar nicht mehr gibt. Das heißt inzwischen Krankensalbung.
Um zur Sache zurückzukehren: Es bleibt auch bei der Gebührenfreiheit für Verbände der freien Wohlfahrtspflege, allerdings nicht uneingeschränkt. Es gilt dann nicht, wenn die gebührenbefreiten Stellen berechtigt sind, die Gebühren Dritten aufzuerlegen oder auf Dritte umzulegen. Für die
Kirchen und Wohlfahrtsverbände gilt dies nur für deren steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe oder Betriebe gewerblicher Art. Die genannten Befreiungen gelten ferner nicht für Gebührenbereiche, in denen auch Dritte tätig sind, die nicht Behörde sind.
Dies dient der Wettbewerbsgleichheit zwischen Behörden der Landesverwaltung auf der einen Seite und Dritten, die gleiche öffentliche Leistungen erbringen, andererseits. Es wird niemals möglich sein, allen Interessen und Anregungen, die im Rahmen einer Anhörung eingebracht werden, gleichermaßen gerecht zu werden.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist eine insgesamt überzeugende Lösung. Der Grundsatz des Vertrauens in die Überlegenheit und Stärke dezentraler Lösungen ist richtig. Die Ziele der Verwaltungsvereinfachung und Deregulierung, einer höheren Kostentransparenz, des Verstärkens betriebswirtschaftlichen Denkens und einer Stärkung des Kostenbewusstseins öffentlicher Verwaltung werden von uns begrüßt.
Die erneut vorgebrachten Bedenken gegen einzelne Passagen des Gesetzentwurfs werden wir dennoch gründlich prüfen, Herr Stickelberger und Kollege Herrmann. Die erste Lesung ist nicht der Ort, hierauf im Einzelnen einzugehen. Wir werden dies bei der Beratung im Finanzausschuss vornehmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat enthält dieser Gesetzentwurf, den der Finanzminister für die Landesregierung eingebracht hat, eigentlich keinen großen Sprengstoff. Auch wenn der Kollege Kleinmann das vielleicht anders sieht, bin ich trotzdem der Auffassung, dass für Gebührenerhebungen, Kirchensteuern usw. nicht die staatlichen Körperschaften zuständig sein sollten, sondern die Kirchen das in eigener Regie tun sollten. Aber dies ist nicht der Sprengstoff. Ich habe das ja schon ausgeführt. Damit will ich gleich das Fazit für meine Fraktion vorwegnehmen.
Ich darf für unsere Fraktion gleich einmal das Fazit vorwegnehmen: Herr Finanzminister, Sie können mit unserer Unterstützung dieses Gesetzentwurfs rechnen.
Kollege Fleischer, Sie können ja einmal eine Spende an die Kirche machen, wenn Sie der Meinung sind, dass das so aufregend ist.
Die drei Grundgedanken, die der Gesetzentwurf quasi in sich trägt – die Gebührenerhebungen an die Rechtsentwicklungen auch innerhalb der Verwaltung anzupassen, zu vereinfachen und zu mehr Kostenbewusstsein zu führen –, können eigentlich von keiner Fraktion in diesem Haus diskreditiert werden. Ich möchte trotzdem noch zwei, drei Details nennen, die wir in den Ausschussberatungen vielleicht noch etwas präziser miteinander diskutieren können.
Das ist zunächst einmal die Frage der Transparenz. Natürlich stellt dieser Gesetzentwurf und die Umsetzung dessen, was darin steht, für Fachleute und für Sie, Herr Finanzminister, tatsächlich mehr Transparenz dar. Wenn ich allerdings an die Bürgerinnen und Bürger denke, die die Gebührenbescheide bekommen, meine ich, dass das nicht ohne weiteres zutrifft. Die haben vielleicht mehr Transparenz insoweit, als der Gebührenbescheid nicht mehr aus Stuttgart oder einem anderen entfernten Ort, sondern tatsächlich gegebenenfalls von der Gemeinde kommt, bei der man dann schneller und einfacher Rücksprache halten kann. Insofern besteht wohl mehr Effizienz, und insoweit ist es vielleicht auch eine richtig verstandene Transparenz. Aber ich bezweifle, dass von den Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich das Äquivalenzprinzip verstanden wird. Ich habe manchmal den Eindruck, dass auch bei den Verwaltungen dieses oder jenes noch nicht ganz richtig angekommen ist.
Ein weiterer Punkt, den ich nennen möchte: Die unterschiedliche Gebührenhöhe, die ja jetzt durch diesen Gesetzentwurf – wenn er zum Gesetz wird, wovon wir ja jetzt ausgehen können – in den einzelnen Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften und in den einzelnen Landkreisen – –
Ja, mir war schon klar, dass der Kollege Schneider „ja!“ ruft, und zwar einfach deswegen, weil er natürlich ein wettbewerbsorientierter Mensch ist
und mit seinem Landkreis versucht, den Wettbewerb gegenüber seinen Nachbarlandkreisen zu präjudizieren. Insofern glaube ich schon, dass der Wettbewerb ein Gedanke ist.
Aber es wird natürlich auch Gemeinden, Kommunen und Verwaltungsgemeinschaften geben, die sich nicht so leicht
tun, weil sie über andere Strukturen als ausgerechnet der Landkreis Biberach verfügen. Insofern finde ich die Regelung im Gesetzentwurf richtig, dies von Zeit zu Zeit – wenn ich es richtig weiß, nach zwei Jahren – zu überprüfen. Diese Bedenken kann man also als ausgeräumt ansehen.
Ein weiterer Punkt, der von unserer Seite noch angesprochen werden soll, betrifft das Thema der Harmonisierung, gegebenenfalls auch mit dem Kommunalabgabengesetz. Dort sehen wir auch wie hier bei den Gebühren – das wurde in der Begründung zum Gesetzentwurf auch irgendwo angesprochen – Reformbedarf.
Es wäre wahrscheinlich ein zu großes Projekt für das Ministerium gewesen, dies in einem Aufwasch zu tun. Aber wir sind der Auffassung, dass auch hier Reformen dringend angesagt sind.