Jetzt deutet einiges darauf hin, dass die Bewertung „schäbig“ bedauerlicherweise vorgenommen werden muss, und zwar deshalb, weil es jedes Mal, wenn wir in den letzten zwei Jahren notwendige Änderungen der Gemeindeordnung vorgeschlagen haben – sogar auf der Grundlage eigener Gesetzentwürfe –, immer hieß: „Das ist nicht in Ordnung. Wir wollen einen großen Wurf. Wir wollen all die wichtigen Dinge regeln.“ Ich nenne dazu das Gemeindewirtschaftsrecht, ich nenne mehr Bürgerbeteiligung, ich nenne das Thema „Anschluss- und Benutzungszwang im Bereich der Fernwärme“. Das sind alles Dinge, die von der Sache her ohne weiteres eine Änderung der Gemeindeordnung gerechtfertigt hätten. Stets und ständig hieß es, dies müsse in die Gesamtregelung aufgenommen werden.
Ich erinnere mich noch daran, dass der inzwischen verstorbene Kollege Dr. Glück noch eine kleine Änderung haben wollte, weil es im Verwandtschaftsbereich für ihn nicht nachvollziehbare Hinderungsgründe gab. Dazu haben wir ihm gesagt: Nach dem, was ihr jetzt anderthalb Jahre mit unseren Entwürfen gemacht habt, ist es natürlich nicht nachvollziehbar, dass zum wiederholten Mal Einzelfallsonderregelungen, Eilregelungen getroffen werden. Was muss man da nennen? Die Lex Föll ist eine solche Sache. Genauso mit heißer Nadel gestrickt ist die Regelung zum Kandidieren in zwei Wahlkreisen. Dies alles sind Dinge, die uns zu der Bewertung veranlassen: Es ist einfach ein Zustand der Unordnung, wenn möglicherweise wegen einzelner Personen kurzerhand Regelungen noch durchgepeitscht werden sollen, die eine sorgfältige Prüfung notwendig machen würden. Das ist etwas, wofür wir überhaupt kein Verständnis haben.
Es kommt hinzu, dass dies alles das Parlament und den Ausschuss schon einmal beschäftigt hat. Ich erinnere an die Drucksache 13/2993 vom 9. März 2004, von uns rechtzeitig vor den Kommunalwahlen eingebracht, in der wir genau diese Problematik thematisiert haben: Welche Auswirkungen wird die Eingliederung von Behörden für die Bediensteten dieser Behörden insbesondere im Hinblick auf die Hinderungsgründe nach der Gemeinde- und der Landkreisordnung haben? Die Stellungnahme des Innenministeriums war: Das nehmen wir hin, damit können wir leben; das ist einfach nach der gesetzlichen Regelung so vorgesehen.
Kollege Heinz hat eingeräumt: Da gibt es ein Problem; wir werden das möglicherweise unter Beachtung der Regelungen anderer Bundesländer regeln können. Nur: Damals wäre dies notwendig gewesen, weil es bei der Wahlentscheidung am 13. Juni durchaus auch Menschen gegeben hat, die in Kenntnis der Rechtslage davon Abstand genommen haben, sich zur Wahl zu stellen,
weil sie wussten, nach einem halben Jahr könnten sie das Mandat nicht mehr wahrnehmen. Wenn man damals gesagt hätte: „Wir haben eine Regelung vorgesehen, die allen diese Bedenken nimmt“, dann wäre das in Ordnung gewesen.
So haben wir verfassungsrechtliche Bedenken zu der Art und Weise, wie mit dem Kommunalwahlrecht umgesprungen worden ist, obwohl damals rechtzeitig klargestellt worden war, dass nach der alten Gesetzeslage eine Vielzahl von Leuten keine Chance hätte, ein Mandat auf der Gemeinderats- und Kreistagsebene wahrzunehmen.
Deswegen ist diese Regelung – mag sie auch in der Systematik nach Prüfung mit einigen Änderungen das gewünschte Ziel erreichen – von uns generell nicht zu akzeptieren. So kann man mit der Gemeindeordnung, so kann man mit Gesetzesregelungen nicht umgehen.
Wir haben gleichzeitig einen Berichtsantrag eingebracht, um abzufragen, um welche Fälle es denn geht. Wenn sich dann herausstellen sollte, dass allein irgendein leitender Mitarbeiter einer Behörde den Anlass für das Vorhaben gegeben hat, nunmehr eine solche Gesetzesregelung zu machen, dann betrifft das wieder das Thema „Lex Föll“. Das ist etwas, was wir grundsätzlich ablehnen. Wir erwarten eine Novellierung jener Gemeindeordnung, in der offenbar auch weiterhin gelten soll, dass die Sekretärin in der Kreisbibliothek kein Mandat übernehmen kann. Wir lehnen es ab, wenn jetzt auf einmal auf höheren Ebenen Regelungen getroffen werden sollen, die wirklich dazu führen, dass eine systematische Erschließung dieser schwierigen Fragen unterbleibt, nur um in größter Eile eine Regelung über die Bühne zu bringen, die ich als Einzelfallgesetz, das größten verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, bezeichne.
Der Zustand der Regierungsfraktionen und der Regierung ist wirklich desaströs. Das zeigt sich auch an diesem kleinen Gesetzentwurf, der einfach nicht in Ordnung ist, nachdem im März und im Juni diese Fragen parlamentarisch behandelt wurden und damals mit keinem Wort angedeutet wurde, dass in der Schublade oder wo auch immer ein Gesetzentwurf liegt, über den man sogar noch vor dem 13. Juni diese Regelungen hätte treffen können.
Deswegen: Die Beratungen im Innenausschuss werden uns noch vertieft in diese Auseinandersetzung führen, aber im Augenblick lehnen wir aus verfassungsrechtlichen Bedenken eine solche Regelung als unangemessene Einzelfallregelung ab.
Ich habe erst begonnen, Frau Präsidentin, aber hier leuchtet schon „Ende der Redezeit“ auf. Das kann nicht sein.
(Abg. Alfred Haas CDU: Manchmal ist das so, mein Lieber! – Abg. Blenke CDU: Das fängt schon gut an!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein guter Anfang ist einfach wichtig, Kollege Blenke.
Ich darf dazu vielleicht noch zwei, drei Bemerkungen machen. In der Tat hat man zunächst gedacht, es sei der große Wurf zur Reform der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung, weil er ja hier auch mehrfach angekündigt worden ist, insbesondere was Bürgerbeteiligung, Gemeindewirtschaftsrecht etc. betrifft. Jetzt bin ich gespannt. Sie haben in diesem Jahr noch während der Plenarsitzungen im Dezember die Chance dazu. Ansonsten würden die Ausführungen des Kollegen Junginger ja wirklich zutreffen. Aber ich gehe davon aus, dass Sie nicht Schande über sich kommen oder sich Schäbigkeit vorwerfen lassen wollen. Insofern bleibt zu hoffen, dass Sie Ihrem Versprechen gerecht werden.
Ein Weiteres, was an dieser Stelle erwähnt werden muss: Wenn man den Gesetzentwurf einmal auf seine einzelnen Ausprägungen hin überprüft, muss man zunächst sagen, die Inkompatibilitätsregelungen, die bisher in der Gemeindeordnung und auch in der Landkreisordnung enthalten sind, haben ja durchaus ihre Berechtigung. Der damalige Gesetzgeber – derselbe wie der heutige, aber in anderer personeller Zusammensetzung, jedenfalls überwiegend, davon gehe ich einmal aus – hat sich für diese Inkompatibilitätsregelungen entschieden, weil er die Auffassung vertreten hat, dass es Interessenkonflikte gibt, wenn ein und dieselbe Person auf der einen Seite im Rahmen der Rechtsaufsicht tätig wird und auf der anderen Seite in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum selben Rechtsträger steht.
Jetzt sind ja einige Fragen durchaus noch nicht hundertprozentig geklärt. Zwei davon darf ich einmal nennen.
Sie gliedern die Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Gesamtheit – mit den Schulleitern usw. – in die Landratsämter ein. Da sei einmal die Frage gestattet
ja, die Schulaufsicht –, ob dann in Zukunft für all diejenigen, die dem Landratsamt zugeordnet sind, die Inkompatibilität gelten würde. Die Frage ist, welchen Personenkreis das umfasst. Dies wird in diesem Gesetzentwurf jedenfalls noch nicht deutlich. Wir dürfen tatsächlich gespannt sein, wie sich die kommunalen Landesverbände zu dem Gesetzentwurf äußern werden.
Ein weiterer, wie ich denke, wirklich treffender Vorwurf: Meine Damen und Herren, im Gegensatz zu unserer kleinen Fraktion arbeiten Sie im Ministerium ja durchaus mit einem umfassenden Stab an Personal. Das VerwaltungsstrukturReformgesetz, das hier durchaus in ordentlicher Geschwindigkeit diskutiert und auch verabschiedet worden ist, hat das Problem ja erst hervorgebracht – obwohl Sie immer das Gegenteil behauptet haben. Herr Kollege Junginger hat es zu Recht genannt: Wenn wir aber vor einer Kommunalwahl, wie sie in diesem Jahr anstand, den Menschen keine Rechtssicherheit dahin gehend geben, dass sie ihr Mandat nach der Wahl überhaupt annehmen können und es nicht nach einem halben Jahr wieder zurückgeben müssen, dann ist das, verfassungsrechtlich gesehen, tatsächlich nicht unproblematisch. Das ist aber auch kein besonders guter Stil den Menschen gegenüber, die in den kommunalen Parlamenten ehrenamtlich hätten tätig werden wollen und dann vielleicht darauf verzichtet haben, weil sie nicht gewusst haben, dass CDU und FDP/DVP diesen Vorschlag noch in diesem Hause einbringen.
Ein weiterer Punkt, den ich noch erwähnen möchte: Auch die Präzisierung des Personenkreises im Gesetzentwurf scheint mir, wie gesagt, noch sehr unbestimmt zu sein, weshalb ich hier auch prinzipiell, bezüglich der Gesetzestechnik, noch Probleme sehe. Vielleicht liegt dies ja auch daran, dass der Gesetzentwurf von der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP kommt und offensichtlich – angeblich jedenfalls – nicht aus dem Ministerium.
Wir werden im Rahmen der Beratungen im Ausschuss natürlich auch die Gesetzesmaterie und die Gesetzesvorlage als solche nochmals überprüfen müssen.
Ansonsten hätte ich eigentlich erwartet, dass eine Landesregierung – mit den Ministerien und den Stäben, die sie im Background hat – auch in der Lage gewesen wäre, solche Kollateralschäden – ich nenne sie einmal so –
von vornherein zu verhindern und solche Regularien auch im Rahmen des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes zu treffen. Dies haben Sie versäumt – deshalb jetzt wieder im Hauruckverfahren eine gesetzliche Änderung der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung. Wenn das Schule macht, meine Damen und Herren, dann werden die Gemeindeordnung und die Landkreisordnung irgendwann gar nicht mehr erkennbar sein.
durch viele einzelne Maßnahmen, Herr Kollege Oettinger. Das ist kein guter Stil. Wir erwarten und hoffen, dass Sie diesem Haus den großen Wurf im Dezember dieses Jahres vorlegen. Das haben Sie zugesagt, und ich gehe davon aus, dass Sie Ihre Zusagen einhalten.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Lieber Kollege Oelmayer, um einen großen Wurf zu machen, muss man auch weit ausholen.
Das haben die Regierungsfraktionen getan. Wir respektieren dies. Wir vom Innenministerium und ich persönlich standen von Anfang an, wenn Sie so wollen, Gewehr bei Fuß, aber mit Gemeindeordnung, Landkreisordnung und Verfassung muss man natürlich behutsam umgehen. Die Frage, wie weit diese Behutsamkeit gehen muss, kann man noch unterschiedlich diskutieren, aber der Entwurf, wie er hier vorliegt,
vermeidet zumindest – dies ist nicht eben wenig – eine Beschädigung des Ehrenamts. Die Auswirkungen des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes haben sich jetzt im Lauf der Beratungen gezeigt. Die Regierungsfraktionen haben reagiert. Jetzt machen wir erst einmal diesen ersten Schritt und präzisieren dann das, was Sie unter einem großen Wurf verstehen, in den Ausschüssen. Da ist einiges in Vorbereitung. Ich bin sicher, dass wir das dann auch zusammen über die Bühne kriegen.