(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Drautz FDP/DVP: Eine einzige klatscht! – Abg. Stickelberger SPD: Das sind 10 %!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will auf zwei Punkte eingehen, die in der Debatte eine Rolle gespielt haben. Zum einen haben der Kollege Stickelberger und ein wenig auch der Kollege Oelmayer den Eindruck erweckt, der Justizminister in Baden-Württemberg mache seine Hausaufgaben nur eingeschränkt, in Berlin hingegen mache er eine gute Figur – etwa so ist das angeklungen. Ich denke, Herr Kollege Stickelberger, wenn man sich einmal das Eckpunktepapier zumindest in den Themen und Überschriften anschaut – „Funktionale Zweigliedrigkeit“, „Flexibler Richtereinsatz“, „Übertragung von Aufgaben“, „Förderung der konsensualen Streitbeilegung“, „Konzentration“ mit den Unterpunkten Qualitätssicherung, Fortbildung und Qualitätsmanagement –, dann sieht man, dass diese Themen eine Gemeinsamkeit haben: Sie können nur mithilfe der Bundesebene gelöst werden.
Deswegen ist es doch richtig – so, wie wir vorgegangen sind –, dass wir das, was wir in Baden-Württemberg ma
chen können, im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht haben. Jetzt ist es ja gerade die logische Fortsetzung dieser Reform, dass der Justizminister mit den anderen Ländern gemeinsam vorgeht.
Man könnte ja, Herr Kollege Stickelberger, noch auf die Idee kommen, dass das Bundesjustizministerium – außer zuzuschauen – vielleicht auch noch einen konstruktiven Beitrag leistet!
Das kann man ja vielleicht einmal in die Debatte werfen. Deswegen weisen wir diesen Anwurf gegen den Minister mit Entschiedenheit zurück!
Zweitens finde ich es aber gut – Herr Kollege Oelmayer, auch Sie sind am Schluss Ihrer Rede darauf eingegangen –, Herr Stickelberger, dass Sie beim Thema Instanzenzug – mit Sicherheit sind die Rechtsmittelinstanzen der schwierigste Punkt in diesem Reformvorhaben – die Aussage gemacht haben: „Wir können uns das vorstellen. Wir gehen diesen konstruktiven Weg mit.“ Das möchte ich hier einfach einmal ausdrücklich festhalten, weil ich sicher bin, dass das im Verlauf der Debatte in den kommenden Monaten eine wichtige Rolle spielen wird. Herr Oelmayer, ganz zum Schluss sind Sie eigentlich auch noch auf diesen Zug aufgesprungen. Deswegen freuen wir uns auf eine konstruktive weitere Debatte über die Justizreform.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat sollten wir die Frage der Konzentration auf eine Instanz weiter erörtern und vertiefen, zumal ich da auch wirklich Ansätze für Einsparmöglichkeiten sehe. Ich sehe allerdings auch das Problem, dass wir das rechtsstaatlich so organisieren müssen, dass die Rechte der Prozessbeteiligten gewahrt sind. Es wird ein schwieriges Unterfangen werden, auszutarieren, wie man das prozessrechtlich macht. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat das allerdings auf anderem Gebiet vorgemacht. Dort hat man die Berufungszulassung eingeführt. Gleichwohl wird diese Einschränkung dort natürlich mit dem Amtsaufklärungsgrundsatz kompensiert. Aber ich glaube, da kann man sicher zu differenzierten Regelungen gelangen. Da verschließen wir uns der Diskussion nicht.
Herr Oelmayer, ich folge Ihnen auch nicht in Ihrer grundsätzlichen Kritik an den Amtsgerichten. Die Zahlen, die hier offen gelegt wurden – ich gehe davon aus, dass sie zutreffend sind –, sprechen eine andere Sprache.
Für mich ist die Struktur der Amtsgerichte so, wie sie besteht, vom Grundsatz her schon eine Frage der unmittelbaren Bürgernähe, die wir eigentlich nicht missen möchten.
Allerdings ist der Herr Minister natürlich gefordert, in Bezug auf die Gerichtsstandorte ein überzeugendes Konzept vorzulegen. Ich weiß, vor wenigen Wochen haben wir hier noch darüber diskutiert, das Sozialgericht Mannheim aufzulösen und dessen Arbeitsbereich dem Sozialgericht Karlsruhe zuzuschlagen oder andere Konzentrationen vorzunehmen. Das hat in meinen Augen nie richtig zusammengepasst. Mir fehlt bisher ein schlüssiges Gesamtkonzept für die Gerichtsstandorte.
Ich weiß natürlich auch, dass mit der Konzentration auf eine Tatsacheninstanz die alte Diskussion über eine Zusammenfassung der Amtsgerichte und Landgerichte wahrscheinlich wieder eröffnet ist. Sie ist im Moment kein Thema oder nicht unmittelbar Thema. Ich bin aber überzeugt, sie kommt wieder auf die Tagesordnung.
Zu den drei Privatisierungsthemen „Handelsregister“ – – Herr Fleischer, Sie brauchen ja nicht zuzuhören.
(Abg. Hauk CDU: Er hört doch zu! – Abg. Flei- scher CDU: Ich habe doch gerade zugehört! Sie sind doch sonst so freundlich! – Zuruf des Abg. Blenke CDU)
Ich werde es trotzdem noch einmal erwähnen. Mich wundert natürlich, dass der Kollege Theurer hier die IHKs so in den Vordergrund rückt. Wenn ich mich richtig erinnere, wollte die FDP/DVP die IHKs vor einigen Jahren noch auflösen.
Jetzt wollen Sie sie wieder stärken. Sie wollen die Zwangsmitgliedschaft auflösen. Damit entziehen Sie den IHKs weitgehend ihre finanzielle Grundlage. Da sind Sie auch mit sich selbst noch nicht ganz einig.
Was die Gerichtsvollzieher angeht, bleibt es bei unserer Position. Natürlich wird man sich fragen müssen, wie die Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens dann im Einzelnen aussieht, wenn sie denn käme. Die Arbeitsgruppe tagt voraussichtlich noch bis Ende April. Das Gebührenaufkommen muss dann ja so hoch sein, dass ein auskömmliches Wirtschaften der Gerichtsvollzieher möglich ist. Fachleute schätzen, dass die Gebühren im Vollstreckungswesen dann etwa auf das Doppelte ansteigen könnten. Das muss man sehen und prüfen, ob das dann überhaupt ein gangbarer Weg ist.
Was die Notare angeht, muss ich Ihnen allerdings sagen, der schwarze Peter liegt nicht in Berlin, sondern hier in Stuttgart. Es ist doch so: Die CDU hält am Bestand des württembergischen Notariats fest und gibt bei jeder Gelegenheit eine Bestandsgarantie für diese Institution ab. Sie
wollen den Weg in die volle Privatisierung. Das, was Sie in Berlin abgeliefert haben und was dort durchgefallen ist, war ein Kompromiss, der weder Fisch noch Fleisch ist, der so nicht trägt, der verfassungsrechtlich bedenklich ist und unter rechtlichen Gesichtspunkten so nicht umgesetzt werden kann. Hier besteht zuerst einmal Handlungs- und Abstimmungsbedarf in der Koalition. Danach können Sie vielleicht mit dem Finger nach Berlin zeigen.
Ich hoffe, dass aber die anderen Themen, die das Land unmittelbar betreffen, gleichwohl nicht zu kurz kommen. Insbesondere – ich habe das erwähnt – gilt das für die Situation in den Haftanstalten. Ich sehe hier die Frau Sozialministerin, die in diesem Zusammenhang natürlich auch in der Pflicht steht. Denn das Sicherheitsproblem stellt sich, wie wir gesehen haben, dort in gleicher Weise. Deshalb hat unsere Fraktion ja auch beantragt, im Interesse unserer Bürger eine Sicherheitsüberprüfung in den Anstalten Baden-Württembergs vorzunehmen.
Das, was Sie jetzt in Mannheim im Strafvollzug gemacht haben – Sie haben, wenn ich das richtig in der Zeitung gelesen habe, einen Ihrer besten Leute nach Mannheim geschickt –, kann ja nicht die Lösung sein. Wenn Sie das weiter so praktizieren, haben Sie im Justizministerium bald keine Leute mehr.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Gall SPD: So viele gute Leute gibt es dort auch wieder nicht!)
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung.
Die Anträge Drucksachen 13/2632 und 13/3796 der Fraktion GRÜNE sind Berichtsanträge. Sie sind durch die Aussprache erledigt. – Gegen diese Feststellung erhebt sich kein Widerspruch.
Es ist noch über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/3852, mit dem die Landesregierung ersucht werden soll, einen Gesetzentwurf einzubringen, abzustimmen. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. –
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung und anderer Gesetze – Drucksache 13/3723
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.