Protokoll der Sitzung vom 17.02.2005

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

sondern das ist eine Leistung, die ein Mensch für den anderen erbringt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Deswegen könnten wir an dieser Stelle das ehrenamtliche Element noch gewaltig verstärken. Ich bin der Überzeugung, dass es in Baden-Württemberg viele Menschen gibt, Frauen und Männer, die bereit wären, konzentriert auf einen bestimmten anderen Menschen diese Leistung zu erbringen.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Erklären Sie doch ein- mal, warum Sie die nicht genommen haben, die sich angeboten haben!)

Das ist doch nur eine Frage der Organisation. Angeboten haben sich natürlich etliche Organisationen. Lieber Herr Oelmayer, ich war erst heute Morgen bei der Bewährungshilfe Stuttgart, natürlich zu einer Zeit, zu der der Landtag mit seiner Sitzung noch nicht begonnen hatte. Darauf wird ja geachtet. Heute Morgen habe ich bei denen zu Beginn der Veranstaltung ein Grußwort gehalten. Wir sind uns da viel einiger, als Sie glauben. Zum Beispiel sind die großen Vereine – Bewährungshilfe Stuttgart, Straffälligenhilfe Ludwigsburg, Böblingen – schon alle in direktem Kontakt mit „Neustart“, dem österreichischen Träger. Aber es ist nun einmal so, dass die das dort seit 30 oder 40 Jahren ma

(Minister Dr. Goll)

chen und natürlich im ordentlichen Ausschreibungsverfahren auch das beste Angebot abgegeben haben. Jetzt wird aber eng mit den vorhandenen Strukturen zusammengearbeitet. Die wären ja auch dämlich, wenn sie diese Strukturen hier nicht nutzen würden.

Allerdings sage ich in diesem Zusammenhang auch, lieber Herr Stickelberger, dass Sie sich in Presseerklärungen – das muss ich doch einmal deutlich sagen – nicht entblödet haben, mich bei dieser Bewährungshilfesache mit der HaiderFPÖ in Verbindung zu bringen. Das halte ich schon für bemerkenswert, genauso wie ich auch ein bisschen über das nachdenke, was im Ausschuss geschehen ist, als ich Sie zum Antidiskriminierungsgesetz etwas gefragt habe. Ich habe zugegebenermaßen ein hartes Wort gebraucht. Ich würde das aber sofort wiederholen: Dieses Gesetz ist für mich einem kranken Gehirn entsprungen. Ich habe Sie etwas gefragt, als Sie düstere Andeutungen gemacht haben.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Die Psychiatrisierung des politischen Gegners ist kein anständiges Ver- halten! Kranke Gehirne sind zu behandeln! Das ist nicht anständig!)

Ich sage Ihnen gern: Ein solches Gesetz kann nur ein Verrückter erfinden. Davon bin ich überzeugt. Ich werde morgen im Bundesrat dazu reden. Dieses Gesetz ist für mich Wahnsinn, der Methode hat. Ich könnte die Reihe der Beispiele verlängern. Ich bin mir nicht sicher, dass ich, wenn ich in Ihren früheren Reden krame, zu dem Schluss komme, dass Sie der Berufene sind, der behaupten darf, dass er sich hier immer einer sanften Ausdrucksweise bedient.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich will Ihnen sagen, was die eigentliche Zumutung ist.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Den Geisteszustand eines politischen Gegners habe ich noch nie thema- tisiert!)

Als ich im Ausschuss noch nachgefragt habe, was Sie mit diesen Vergleichen denn meinen, haben Sie nichts gesagt. Gleichzeitig hat Ihr Pressesprecher schon verbreitet, ich würde Nazivokabular gebrauchen. Das ist die eigentliche Zumutung. In der Presseerklärung hieß es „Nazivokabular“. Ich glaube, Sie sind derjenige, der mir am wenigsten Vorschriften zu machen hat, was man zu sagen hat und was nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stickelberger?

Wenn die Wortwahl ordentlich ist, ja.

Herr Minister, ich werde mich bemühen, in der Wortwahl nicht das Niveau zu erreichen, das Sie gerade an den Tag gelegt haben.

(Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Schon erreicht!)

Die Frage: Kennen Sie das Protokoll dieser Ausschusssitzung und die Berichtsvorlage für die heutige Beratung, in der drinsteht, dass ein Abgeordneter der SPD gesagt hat, dass dieser Begriff, den Sie eben zitiert haben, historisch besetzt sei, sodass ich also sehr wohl in dieser Sitzung des Finanzausschusses schon die Parallele zum Vokabular von damals gezogen habe?

Von mir aus. Ich habe keine Lust, darin herumzuwühlen, muss ich ehrlich sagen.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Wer hat hier damit angefangen?)

Mir ist nur aufgefallen – ich wiederhole –, als ich Sie dort gefragt habe, dass Sie sibyllinisch angedeutet haben, das sei eine ganz böse Sprache und Ähnliches. Gleichzeitig lief Ihre Presseerklärung mit dem Nazivergleich. Mit dem sollte man schon vorsichtig sein. Ich war ja bei der Sitzung und der Rückfrage dabei.

Herr Abg. Oelmayer, Sie haben auch einige Punkte angesprochen. Da ging es zuerst um den Antrag zu den Amtsgerichten.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Aber nicht „einem kran- ken Hirn entsprungen“! Mit solchen Menschen rede ich normalerweise gar nicht, die ein solches Voka- bular gebrauchen! Das macht mich betroffen! Das ist einfach unter aller Kanone! Ich würde mir nie erlauben, Ihnen dies zu sagen! Nie! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das erzählt der Oberliberale! Un- glaublich! – Weitere Zurufe – Große Unruhe)

Ich finde das schon köstlich. Zu Ihrer Seite muss man auch einmal sagen: Hart im Austeilen, wehleidig im Entgegennehmen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Oelmayer GRÜNE: Sie können mir nicht vorwerfen, dass ich Sie jemals beleidigt hätte! – Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Aber nicht beleidigen!)

Was ich mir von Ihrer Seite – das gilt für Sie alle – schon habe anhören müssen!

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Es geht doch gar nicht um uns! – Abg. Schmiedel SPD: Reden Sie doch mal zur Sache!)

Es geht um ein Gesetz.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Es geht darum, dass der politische Gegner nicht psychiatrisiert werden darf! Das ist unsäglich! – Zuruf von der CDU: Was soll denn diese Aufregung hier? – Zuruf von der SPD: Politischer Anstand! – Weitere Zurufe – Leb- hafte Unruhe)

Dann regen Sie sich weiter auf; aber geben Sie Acht, dass Sie nicht krank werden.

(Anhaltende Unruhe)

(Minister Dr. Goll)

Soll ich zu dem Antrag zu den Amtsgerichten noch etwas sagen? Sie haben mich etwas gefragt; deswegen muss ich mit Ihnen reden, wenn ich höflich sein will.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Ich bin halt tief ent- täuscht über Ihr Verhalten! Das ist für mich ein un- glaublicher Vorgang gegenüber Kollegen!)

Thema Bürgernähe: Sie haben den Begriff geradezu ein bisschen abwertend verwendet. Sie haben gesagt, es gehe nicht nur um Geografie, sondern auch um andere Dinge. Dabei ist mir eigentlich durch den Kopf gegangen, dass es nichts Bürgernäheres gibt – nicht nur lokal gesehen, sondern auch hinsichtlich der Art, wie die Leute behandelt werden – als ein kleines Amtsgericht. Genau das, was Sie wollten – dass die Leute ordentlich behandelt werden und dass sie einen direkten Kontakt von Mensch zu Mensch haben –, geschieht eigentlich am kleinen Amtsgericht.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Deswegen brauche ich schon sehr gute Gründe, um in diese Struktur einzugreifen. Ich sage Ihnen heute: Wenn sich die Verhältnisse tatsächlich weiter so entwickeln, insbesondere auf der Einnahmeseite, ist es nicht ausgeschlossen, dass wir über solche Punkte in Zukunft sprechen. Aber warum soll ich das opfern, ehe ich es wirklich muss? Ich bin dem Landtag und seiner Mehrheit dankbar, dass diese Einrichtung erhalten wurde – diese Einrichtung, die für die Fläche und für die Städte so wichtig ist.

(Beifall der Abg. Dr. Noll und Theurer FDP/DVP)

Es ist auch für das Bewusstsein der Menschen wichtig, dass sie die Justiz sichtbar in der Nähe haben und dass sie sich nicht irgendwohin verflüchtigt, wo sie keiner mehr wahrnimmt. Das ist wichtig.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Wohl wahr! – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Die Leistungsfähigkeit der kleinen Amtsgerichte ist so hoch, dass sie bestimmte strukturelle Nachteile, die durch ihre Konstruktion gegeben sind, durch den besonderen Einsatz mehr als kompensieren. Man muss sich schon gut überlegen, ob man da herangeht. In diesem Haushalt jedenfalls nicht; und ich hoffe, es auch künftig nicht tun zu müssen.

Das Thema DNA-Analyse kann ich hier natürlich nicht ausschöpfen, sonst werde ich meinem Vorsatz untreu, hier nicht so lange zu sprechen. Sie haben vom Bürgerrechtsminister gesprochen. Aber kann der Bürgerrechtsminister wirklich daran vorbeigehen, dass Sie mit der DNA-Analyse das beste Mittel zur Verhütung von Straftaten überhaupt haben, das präventivste Mittel überhaupt? Damit muss man sich doch intensiv auseinander setzen. Deswegen ist doch klar, dass heute durch die Bank politischer Konsens ist, dass man die Anwendung jedenfalls ein erhebliches Stück ausweiten wird. Das werde ich auch mittragen. Auf einmal sind auch Nordrhein-Westfalen und andere dabei, die früher nie bei dieser Diskussion dabei waren – was mich eigentlich auch wieder erstaunt.

Sie haben das Thema Härtefallkommission angesprochen. Ich gehe davon aus, dass wir bei der Härtefallkommission

natürlich zu einem Ergebnis kommen. Es gibt keine anderen Anzeichen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Eine vage Aussage, Herr Minister! – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Allerdings wird diese Härtefallkommission kein Einfallstor – ich sage einmal: à la Visa-Thematik – sein, sondern wir werden sie für das nehmen, wofür sie da ist, nämlich für besondere Einzelfälle, bei denen wir bisher die Familien wirklich nur mit ungutem Gefühl wieder zurückgeschickt haben, weil jeder gesagt hat: „Das ist eigentlich unvernünftig; sie sind hier voll integriert.“ Aber ich sage: Die Härtefallkommission wird niemals ein Instrument für eine zahlenmäßig beträchtliche Einwanderung nach Baden-Württemberg werden. Das wäre tödlich. Dann wäre ich auch dagegen, sie einzurichten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Blenke CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Jetzt wurde das Antidiskriminierungsgesetz mehrfach angesprochen. Ich spreche morgen im Bundesrat dazu, und ich werde versuchen, mich möglichst höflich und anständig auszudrücken.