Protokoll der Sitzung vom 18.02.2005

Zweitens: Wir sollten immer wieder daran denken, dass es letztlich die Landwirtschaft ist, die die Landschaft pflegt und die Kulturlandschaft erhält. Man kann dies nicht oft genug sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Kiefl und Abg. Rüeck CDU: So ist es!)

Vor diesem Hintergrund ist es besorgniserregend, wenn pro Jahr zwei- bis zweieinhalbtausend Betriebe aufgeben; das hat sich sogar noch gesteigert.

(Abg. Kübler CDU: Wissen das auch die Grünen?)

Die Gründe liegen auf der Hand: Es sind vielfach ökonomische Zweifel und Fragen. Man bangt um die Existenz. Hinzu kommt, dass der Nahrungsmittelproduktion und der Landschaftspflege sicherlich nicht immer der Respekt entgegengebracht wird, den unsere Bäuerinnen und Bauern verdient hätten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Nun stehen wir mit der Jahreswende vor einer ganz großen Veränderung. Ich weiß nicht, ob allen schon bewusst ist, was für einen Paradigmenwechsel die Veränderung der europäischen Agrarpolitik, die so genannte GAP-Reform, ausmacht.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Wissen wir! – Abg. Teßmer SPD: Wir hatten ja etwas Zeit! Das kommt ja nicht wie ein Blitz über uns!)

Vor, während, aber auch nach der GAP-Reform müssen wir zwei Dinge sehen. Das Erste ist: Wenn unsere heimischen Nahrungsmittel nun nach der GAP-Reform noch mehr dem Weltmarktpreisniveau ausgeliefert sind, dann brauchen die Erzeuger, wenn wir die Nahrungsmittelproduktion bei uns behalten wollen, ein gebotenes Maß an staatlicher Unterstützung.

Das Zweite ist: Wenn wir Landschaftserhaltung auch mit flächendeckender Landbewirtschaftung verbinden wollen, kann dies nicht zum Gotteslohn erfolgen, sondern dann muss denen, die das tun, ein angemessenes Geld dafür bezahlt werden.

(Abg. Drautz FDP/DVP: 3,90 € Stundenlohn!)

Das sind zwei Grundwahrheiten. Deswegen, lieber Kollege Walter, weiß ich nicht, ob Sie da nicht ein bisschen leichtfertig dahersprechen, wenn Sie sagen, wir sollten uns diesen ganzen Weltmarkthandelsströmen nicht anpassen, wir sollten doch im Grunde unsere eigene Nische finden. Das alles ist doch Vergangenheit. Das ist genau die Idylle, die Künast gepredigt hat, mit der sie aber in der Wirklichkeit gescheitert ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich will dies an einem Thema verdeutlichen, das Ihnen wahrscheinlich besonders nahe liegt, nämlich am Ökolandbau. Zunächst einmal muss ich sagen: Der Ökolandbauer braucht 60 % seines Einkommens als staatliche Transferleistung. Das ist die Realität Nummer 1.

(Abg. Kübler CDU: Mehr als andere!)

Aber die Realität Nummer 2 ist eben – man kann nicht einfach die Augen verschließen, weil man seine „kleine Puppenstube“ hier behalten möchte –, ob Sie sie wahrhaben wollen oder nicht: In den EU-Beitrittsländern aus Osteuropa, in den neuen Bundesländern, überall wird man mit großer, mit ganz großer, mit unbegreifbar großer Fläche in den Ökolandbau einsteigen. Da können Sie nicht einfach sagen: „Wir müssen uns bloß auf das besinnen, was unsere Idylle ist, und darauf, dass wir das ein bisschen pflegen. Alles andere interessiert uns nicht.“ Das wäre der Tod der Landwirtschaft. Mit diesen Aussagen können Sie keine Zukunftshoffnung machen und dem jungen Bauern nicht Mut machen, um auch das gleich zu sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Rüeck CDU: So ist es! – Abg. Walter GRÜNE: Dann konkurriert doch mal mit dem mittleren Wes- ten bei der Fleischproduktion!)

Die Tatsachen sehen doch ganz anders aus. Zunächst einmal müssen wir den bisherigen erfolgreichen Weg badenwürttembergischer Agrarpolitik fortsetzen.

(Abg. Kiefl CDU: Sehr gut!)

In Stichworten: Der Agrarumweltbereich ist beispielhaft im ganzen Bundesgebiet und auch europaweit.

(Abg. Kiefl CDU: Jawohl!)

Bei MEKA sind 50 000 Landwirte mit 800 000 Hektar dabei. Da werden round about 150 Millionen € eingesetzt.

SchALVO und Gewässerschutz: Daran wird einfach herumgenörgelt. Herr Teßmer, es gibt einen Antrag von Ihnen und Ihrer Fraktion, um die dafür vorgesehenen Mittel abzusenken und umzuschichten. Dann müssen Sie allerdings sagen, wie Sie denn den rechtlichen Verpflichtungen, die gegenüber den Landwirten, die entsprechende Auflagen erfüllen, um das Grundwasser zu schützen, begründet eingegangen worden sind, überhaupt noch nachkommen wollen.

(Abg. Kiefl CDU: So ist es!)

Man kann nicht einfach sagen: „Es interessiert mich nicht, was für rechtliche Verpflichtungen da bestehen. Ich steige aus der SchALVO aus.“ Die SchALVO ist ein zweiter wichtiger Bestandteil unserer Agrar- und Umweltpolitik.

(Minister Stächele)

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Kiefl CDU)

Das dritte Standbein ist die Landschaftspflegerichtlinie. Immerhin werden auch da 14 Millionen € investiert. Und jetzt kommt Herr Walter und sagt mir, wir sollten doch bei der Umsetzung bzw. bei der Novelle des Landesnaturschutzgesetzes endlich auch an den Vertragsnaturschutz denken. Lieber Herr Walter, wenn der Vertragsnaturschutz irgendwo erfunden worden ist, dann hier in Baden-Württemberg von Gerhard Weiser.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Fleischer CDU: Bei uns!)

Deswegen brauche ich überhaupt kein Bundesrecht, um das zu tun, was für unsere Bauern richtig ist. Nein, so einfach geht das natürlich nicht.

(Abg. Kübler CDU: Er weiß das nicht! – Zuruf des Abg. Rüeck CDU – Abg. Walter GRÜNE: Man muss schon genau zuhören! Ich habe gesagt: eine weitere Aufwertung!)

Ich weiß, Sie haben das auch nicht so gemeint.

Jetzt kommt das Zweite. Das ist ganz wichtig, weil es genau das ist, was Sie nie begreifen wollen, lieber Kollege Walter: Weil es eben keine heile Welt gibt und weil wir nicht einfach sagen können: „Wir machen ringsherum den Vorhang zu, schauen nicht hinaus und verschließen die Augen, und dann geht das alles so weiter“, gibt es eine Agrarpolitik des Landes, die einmal den Agrarumweltbereich beinhaltet, die aber gleichzeitig jenseits aller ideologischen Idylle sagt: Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe stärken. Dafür gibt es die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten. Dafür gibt es die Flurneuordnung, an der wir nicht rütteln werden, und dafür gibt es das Strukturprogramm „Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum“. Das sind die weiteren Bestandteile dieser Politik für den ländlichen Raum.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Rüeck CDU: Ein Segen für den ländlichen Raum! – Abg. Knapp SPD: Da muss sogar der Oberbürgermeister lachen!)

Jetzt ein Zweites: Ich versuche, mich immer wieder zurückzunehmen, um nicht den Eindruck zu erwecken, ich könnte nicht anders als immer nur auf Renate Künast zu schelten.

(Abg. Teßmer SPD: Ein bisschen haben wir schon den Eindruck!)

Nein, als Gentleman tut man das nicht.

(Abg. Teßmer SPD: Dann müsste man auch Danke- schön sagen, wenn es gut war!)

Aber, lieber Herr Kollege Teßmer, ich will jetzt einmal eines einfügen: Es ist durchaus erwähnenswert und lobenswert, wie das Landesagrarministerium mit dem Bundesagrarministerium immer wieder erfolgreich fachlich zusammenarbeitet. Das will ich auch einmal sagen.

(Abg. Teßmer SPD: Das habe ich ja gelobt, und das ist auch gut so!)

Aber wenn das an der einen Stelle funktioniert, kann mich das doch nicht daran hindern, den Finger auf eine andere Stelle zu legen, wo sie unsere Landwirte mit ganz konkreten politischen Maßnahmen kaputtmacht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Drautz FDP/DVP)

Das sind Tatsachen. Ich möchte jetzt jedoch nicht anklagen, sondern Sie um ein bisschen Mithilfe bitten, die Sie Partner der rot-grünen Regierung in Berlin sind. Schauen Sie: Es ist wirklich keine Heldentat, unsere Landwirtschaft in nationalen Alleingängen immer wieder aufs Neue zu strangulieren.

(Abg. Kiefl CDU: Jawohl!)

Herr Teßmer, ich habe Ihren Einwand gehört, dafür hätten die Franzosen vieles andere nicht.

(Abg. Teßmer SPD: Das stimmt doch auch!)

Das müssen Sie den Landwirten im Badischen erklären,

(Abg. Teßmer SPD: Ja, machen wir doch!)

die mittlerweile 40 Cent für den Liter Agrardiesel zahlen, während auf der anderen Seite des Rheins, nur einen Steinwurf weit entfernt, die Landwirte nur 2 Cent ausgeben müssen.

(Abg. Kiefl CDU: Genau! Sogar unter 2 Cent!)

Der Badener füllt seinen Tank und legt dafür 20 € hin, und der andere braucht nur 80 Cent.