Protokoll der Sitzung vom 16.03.2005

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Pauli CDU)

aber die Menschen, die in einem Hotel übernachten, haben zu Hause in aller Regel ein Rundfunk- oder Fernsehgerät, und trotzdem muss das Hotel zusätzlich für die auf den Zimmern befindlichen Geräte bezahlen. Ferner wissen wir, dass Hotels durchschnittlich nur zu 50 % ausgelastet sind. Deshalb können wir die jetzt im Rundfunkänderungsstaatsvertrag gefundene Lösung, die Hotels ab 50 Betten stärker belastet, nur unter Zurückstellung allergrößter Bedenken mittragen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Zweitens, meine Damen und Herren, möchte ich in aller Kürze noch auf Internet-PCs hinweisen. Viele Freiberufler, viele Mittelständler, Architekten haben einen internetfähigen PC, mit dem man auch Fernsehprogramme empfangen kann, was aber keiner tut. Die sollen jetzt alle mit einer Gebühr belegt werden.

(Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Man muss damit rechnen, dass der Mittelstand dadurch bundesweit mit 180 Millionen € zusätzlich belastet wird.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich noch einen Satz zur Rundfunkgebührenerhöhung sagen. 88 Cent halten wir für angemessen. Wir waren der Meinung, dass die von der KEF vorgeschlagene Erhöhung in Höhe von 1,09 € nicht zumutbar gewesen wäre, und zwar einfach auch angesichts der Tatsache, dass die Einkommen in Deutschland nicht mehr so stark steigen, dass bei vielen Firmen Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen werden und dass Arbeitnehmer Gehaltsverzicht üben müssen. Deshalb muss sich auch eine Gebührenerhöhung an der Zumutbarkeit orientieren.

Das wird in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Diskussionen auslösen müssen, wie man den Grundversorgungsauftrag neu definiert. Das ist nicht Aufgabe der Parlamente, sondern muss in den Rundfunkräten und in den Verwaltungsräten diskutiert werden. Aber ich sage abschließend: Wenn man das richtig macht, dann muss es nicht zu einem Kahlschlag führen. Darum sind wir als FDP/DVP nicht davon überzeugt, dass das Vokalensemble aufs Spiel gesetzt werden darf.

(Abg. Moser SPD: Wird doch nicht!)

Im Gegenteil, die Rundfunkanstalten sind aufgefordert, in ihren Bürokratien, vor allem in ihren Verwaltungen einzusparen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Moser SPD: Da gibt es eine Einigung! Wissen Sie das nicht?)

Das Wort erhält Herr Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für uns Grüne ist dieser Vertrag ein Ärgernis. Zum ersten Mal wird eine Empfehlung der KEF nicht übernommen. Dieser Vertrag ist ein weiteres Beispiel für die Einmischung der Politik in den Rundfunk.

(Abg. Hauk CDU: Öffentlich-rechtlich, nicht pri- vat!)

Lassen Sie mich doch erst ausreden, wie ich argumentiere, anstatt gleich herumzulabern. Sie können sich ja nachher noch zu Wort melden.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – das zeigt die Diskussion, Herr Kollege Hauk – ist weiterhin am Gängelband der Politik.

(Abg. Hauk CDU: Öffentlich-rechtlich!)

Ginge es nach mir, Herr Kollege Hauk, würde man zunächst einmal damit anfangen, dass keine Politiker mehr in den Rundfunkräten sitzen würden.

Zweitens – Frau Kollegin Kipfer hat darauf hingewiesen – müssten die KEF-Vorschläge zukünftig übernommen werden.

(Abg. Hauk CDU: Wer ist denn der Souverän im Lande?)

Es gibt ein Bundesverfassungsgerichtsurteil, in dem es unter anderem heißt:

Aufseiten der Rundfunkanstalten kann bereits eine drohende Verwendung dieses Mittels zu Anpassungen an vermutete und erklärte Erwartungen der an der Gebührenentscheidung Beteiligten führen, die der publizistischen Freiheit abträglich wären.

Aus diesem Grund – hören Sie gut zu! – dürfte die staatliche Rundfunkfinanzierung nur das Ziel verfolgen,

... den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Stand zu setzen, die zur Erfüllung seiner Funktion erforderlichen Programme zu verwirklichen und auf diese Weise die Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunk sicherzustellen.

(Abg. Hauk CDU: Also!)

Dagegen darf die Gebührenfestsetzung nicht zu Zwecken der Programmlenkung oder der Medienpolitik... benutzt werden.

Genau das wird hier getan.

(Abg. Hauk CDU: Nein, das ist doch nicht wahr!)

Man sieht ja, wo der Druck herkommt, nämlich aus den Ländern, in denen viele private Sender ihre Heimat haben. Man will zugunsten der Privaten die Öffentlich-Rechtlichen zurückdrängen. Herr Kollege Hauk, hier herrscht politische Willkür vor. Politische Willkür wird über die Verfassung gesetzt, und das halte ich für einen alarmierenden Vorgang.

(Abg. Hauk CDU: Gerade das Gegenteil ist doch der Fall!)

Die private Konkurrenz soll gestärkt werden. Dabei handelt es sich beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk um ein einmaliges System. Es ist Teil unserer Demokratie. Warum hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Bezug auf Informationssendungen bei der Publikumsgunst die Nase weit vorne? Weil die Leute glauben, dass dort wesentlich seriöser und informativer berichtet wird. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist Teil unserer Kultur geworden. Erst im letzten Staatsvertrag haben wir zu Recht den kulturellen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks festgeschrieben. Was passiert jetzt? Die Realität ist: Gerade den Orchestern geht es als Erstes an den Kragen.

(Abg. Ursula Lazarus CDU: Das stimmt doch nicht!)

Kollege Theurer hat das Verfahren der EU angesprochen. Ich kann nur sagen: Wenn wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tatsächlich als Teil unserer demokratischen und kulturellen Identität begreifen – ich hoffe, wir haben in diesem Hause Konsens darüber –, dann müssen wir gegenüber Brüssel ganz laut werden und sagen, dass wir dem nicht zustimmen können.

Es wäre doch absurd, meine Damen und Herren, wenn ein „Berlusconi-Fernsehen“ in Italien ungestraft senden darf, die EU zuschaut, wie hier politische Macht und Sendemacht miteinander verwoben sind, aber gleichzeitig ein Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gefahren wird. Dem gilt es wirklich entschieden entgegenzutreten.

Stattdessen, meine Damen und Herren, sehe ich aber eine andere Entwicklung. Beispielsweise – Kollege Theurer hat es angesprochen – wollen Sie vorschreiben, wer jetzt Sportrechte bekommt. Da kann ich nur sagen: Schauen Sie sich die Qualität der „Sportschau“ und von „ran“ an, dann wissen Sie, was die Leute sehen wollen, nämlich die „Sportschau“. Schauen Sie sich an, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk über Olympia berichtet hat. Die Anstalten sind dafür ausgezeichnet worden. Und jetzt wollen Sie denen das vorschreiben? Das geht jetzt wieder an die Privaten: Wenn es eine gute Berichterstattung ohne viel Werbung im privaten Fernsehen geben soll, dann kann das nur mit PayTV gehen. Das wissen Sie genau. Das hat auch Kollege Oettinger schon eingeräumt. Es ist aber absurd, zu sagen, 21 Cent könne man den Haushalten nicht zumuten, aber 25 € im Monat für Pay-TV könne man ihnen zumuten. Das ist völlig absurd und für mich nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Etwas Positives gibt es wenigstens: Die Telefondienste sollen jetzt so zurückgefahren werden, dass nur die tatsächlichen Kosten anfallen. Das finde ich positiv. Allerdings sollte man Entsprechendes auch für die privaten Anstalten vorschreiben, wenn es für die öffentlich-rechtlichen Anstalten gilt. Meine Damen und Herren, ist es ein Unterschied, ob man von einer öffentlich-rechtlichen Anstalt oder von BTV oder von 9Live ausgenommen wird? Ich sehe da keinen Unterschied.

Ich kann Sie nur auffordern: Schließen Sie endlich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Frieden. Dann können wir über das diskutieren, was tatsächlich wichtig ist: Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sparen. Hier wurde schon gesagt: Der SWR hat mehr Hausaufgaben gemacht als andere Sendeanstalten. Das muss sich allerdings noch fortsetzen.

Wenn ich dies allerdings vor dem Hintergrund von Ankündigungen sehe, dass die nächste Gebührenperiode eine Nullrunde werden solle, kann ich Ihnen sagen: Dann geht es beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirklich ans Eingemachte. Es gilt, auch dies zu verhindern.

Jetzt geht es noch – und das ist eine ganz entscheidende Frage – um die Qualität. Vielleicht haben Sie es gelesen: Die „Zeit“ hatte vor kurzem ein Dossier über den „Dudelfunk“. Sie hat geschrieben: „Rettet den Rundfunk!“ Das trifft natürlich zum Teil auch auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu, weil er sich aus Gründen der Quoten immer mehr an die privaten Veranstalter anpasst.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Beim Fernsehen ist das genauso. Frau Kollegin Fauser, dies bedeutet: Wir müssen eine Diskussion darüber führen, welche Art von Fernsehen, welche Qualität wir haben wollen.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe nichts gegen Unterhaltung im Fernsehen, ich habe auch nichts gegen Unterhaltung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Mir ist schon klar, dass nicht jede Sendeanstalt das Format von „Deutschlandradio Kultur“ haben kann, obwohl ich sehr froh bin, dass es diese Oase gibt.

Trotzdem, meine Damen und Herren, müssen wir fragen: Geht es hier wirklich um 21 Cent, wie Sie vorgeben, oder geht es auch um die Fragen, was für ein Fernsehen wir haben wollen, was für eine Art Rundfunk wir haben wollen, welche Qualität wir haben wollen?

Ich habe den Eindruck, dass Sie mit Ihrer Bevorzugung der privaten Anstalten diese Qualitätsdiskussion scheuen.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Nein, nein!)

Offensichtlich wollen Sie keine Diskussion. Wir wollen Qualität.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Qualität kann man nicht herbeidiskutieren, die muss man produ- zieren!)