Protokoll der Sitzung vom 26.09.2001

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 9. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg.

Unter den Gästen auf der Zuhörertribüne begrüße ich besonders Frau Konsulin Hall vom Generalkonsulat der Vereinigten Staaten von Amerika in Frankfurt.

(Beifall im ganzen Haus)

Frau Hall leitet im Generalkonsulat die Abteilung Wirtschaft und Politik und ist federführend für das Land Baden-Württemberg zuständig. Ich darf Sie, Frau Konsulin Hall, sehr herzlich im Landtag von Baden-Württemberg begrüßen.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Dr. Schüle erteilt.

Krank gemeldet sind Frau Abg. Rudolf und Herr Abg. Winckler.

Dienstlich verhindert ist Herr Minister Köberle.

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e finden Sie auf Ihren Plätzen. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung der Landesregierung vom 18. Juli 2001 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf eines Staatsvertrags zur Änderung des Mediendienste-Staatsvertrags (Mediendienste- änderungsstaatsvertrag) – Drucksache 13/120

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

2. Antrag der Landesregierung vom 24. Juli 2001 – Entwurf einer Bekanntmachung der Landesregierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien – Drucksache 13/127

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

3. Mitteilung des Finanzministeriums vom 31. Juli 2001 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Drucksache 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziffer II Nr. 6); Haushaltsjahr 2001 (Januar bis Juni) – Drucksache 13/139

Kenntnisnahme, keine Ausschussüberweisung

4. Mitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 1. August 2001 – Energiebericht 2000 – Drucksache 13/152

Überweisung an den Wirtschaftsausschuss

5. Mitteilung des Südwestrundfunks vom 29. August 2001 – Zweiter Erfahrungsbericht über die Anwendung des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk – Drucksache 13/224

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

6. Antrag des Rechnungshofs vom 17. September 2001 – Prüfung der Rechnung des Rechnungshofs (Epl. 11) für das Haushaltsjahr 1999 durch den Landtag – Drucksache 13/243

Überweisung an den Finanzausschuss

Heute hat Frau Kollegin Wonnay Geburtstag. Ich darf Ihnen, Frau Kollegin Wonnay, im Namen des ganzen Hauses sehr herzlich gratulieren und Ihnen alles Gute wünschen.

(Beifall im ganzen Haus)

Punkt 1

Erklärung des Präsidenten des Landtags zu den Terroranschlägen in den USA

Meine Damen und Herren, Freude und Trauer liegen bei uns oft sehr nahe zusammen. Noch haben wir die schrecklichen Bilder vor Augen: Flugzeuge, die sich wie Pfeile in die Türme des World Trade Centers bohren, verzweifelte Menschen, die aus den Fenstern um Rettung flehen, Menschenleiber, die aus großer Höhe in die Tiefe stürzen, Wolkenkratzer, die in sich zusammenfallen und alle unter sich begraben, auch die Retter, die bereits zum Ort des Grauens geeilt sind. Zwei Wochen nach den unvorstellbaren Terroranschlägen in den USA sind wir immer noch zutiefst betroffen, entsetzt, beklommen.

Unser Alltag geht zwar weiter, aber der Alltag hat uns nicht wieder. Es ist deshalb nicht nur eine leere Geste, wenn der Landtag von Baden-Württemberg heute seine Trauer um die Opfer, sein Mitgefühl für deren Angehörige und seine Hochachtung vor den Leistungen der Helferinnen und Helfer bekundet. Wir teilen das Leid des amerikanischen Volkes, dem wir Deutschen so viel zu verdanken haben. Wir zollen dem amerikanischen Volk Respekt für die Art, wie es im Anblick seiner Verwundungen durch den perfiden, menschenverachtenden Terror patriotischen Zusammenhalt und Selbstbehauptungskraft einer freien Gesellschaft bewiesen hat.

Wir gedenken insbesondere auch der Opfer aus unserem Land, deren Angehörigen unser ganzes Mitgefühl gilt.

(Präsident Straub)

Vom Optimismus, mit dem wir in das 21. Jahrhundert gestartet sind, ist nur noch wenig übrig geblieben. Wir haben am 11. September bitter erfahren, wie verwundbar unsere vernetzte, mobile und offene Welt ist, was von einem fanatisierten, hassgetriebenen Hightech-Terrorismus angerichtet werden kann, dass hoch intelligente, aber wahnsinnige Massenmörder jeden von uns jederzeit und an jedem Ort in den Tod reißen können.

Diese neue Dimension des Terrors ist ein Anschlag gewesen auf die zivilisierte Völkergemeinschaft, auf die Grundsätze eines friedlichen Zusammenlebens, auf eine Welt, in der Freiheit und Menschenwürde, Humanität und Toleranz die obersten Werte sind. Wir stehen daher vor einer historischen Herausforderung, die nicht nur den Einsatz aller geeigneten sachlichen Mittel und Werkzeuge nötig macht, sondern vor allem politische und moralische Entschlossenheit fordert.

In den ersten Tagen nach den Anschlägen war es wichtig und wohltuend, menschliche Zeichen zu setzen und eine emotionale Solidarität aufzubauen. Auch die Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs haben auf vielfältige Weise eindrucksvoll gezeigt, dass sie mit Amerika trauern und dass sie zu Amerika stehen als Synonym für ein Gemeinwesen, das auf Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit, Freiheit von Not und Freiheit von Furcht gegründet ist. Ich danke allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die sich an Gedenkgottesdiensten, Schweigemärschen, Mahnwachen sowie an Hilfs- und Spendenaktionen beteiligt haben, für die so zum Ausdruck gebrachte individuelle Solidarität.

Umso mehr muss nun die wehrhafte Demokratie ihre Wehrhaftigkeit durch überzeugendes Handeln deutlich machen – und das ist in Deutschland auch und gerade eine Bewährungsprobe für die Länderparlamente. Wir dürfen deshalb viererlei nicht unausgesprochen lassen:

Erstens: Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit. Unsere Freiheit wird weder durch maßvolle Gesetzesänderungen noch durch eine gut ausgestattete Polizei oder einen schlagkräftigen Verfassungsschutz bedroht. Würde es unser Staat zulassen, dass sich Terrornetze etablieren können, und würde sich unser Staat als unfähig erweisen, die Menschen vor dem global agierenden Terrorismus zu schützen, zählten bald die politischen Rattenfänger von links und rechts außen zu den Profiteuren.

Zweitens: Freiheit hat ihren Preis, einen Preis, den in den kommenden Monaten und Jahren jeder Einzelne in seinem persönlichen Umfeld und in seinen materiellen Ansprüchen an den Staat wird entrichten müssen – durch verstärkte Kontrollen und Beobachtungen an vielen Stellen oder durch eine höhere Steuer- und Abgabenlast oder auch durch andere Konsequenzen.

Drittens: Wer Frieden und Freiheit erhalten will, muss den Mut haben, aufzustehen, aufzustehen gegen Extremismus, egal welcher Nationalität, aufzustehen gegen Hetzer, gleich welcher Ideologie.

Wer Frieden und Freiheit erhalten will, muss aber mit gleicher Intensität die intellektuelle Kraft haben, zwischen dem Islam als Weltreligion und jenen Fanatikern, die den Islam

durch das Ausleben ihrer Hassideologie aufs Schlimmste missbrauchen, zu differenzieren. Wir dürfen die ganz überwältigende friedliebende Mehrheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger islamischen Glaubens nicht ausgrenzen, wir sollten sie vielmehr politisch und gesellschaftlich in die Bekämpfung des Terrorismus einbinden.

Viertens: Künftig gilt noch mehr: Außenpolitik ist „WeltInnenpolitik“. Es geht um ein mittel- und langfristig angelegtes Konzept, das die Unterstützer des Terrorismus politisch isoliert und finanziell austrocknet und das die Grundlagen des Terrors – Elend, Unterdrückung, Unterentwicklung, Hoffnungslosigkeit – beseitigt.

Dass wir hier im Landtag von Baden-Württemberg jetzt zur normalen Tagesordnung übergehen, heißt nicht, dass wir den gewohnten Alltag rekonstruieren möchten. Eine Aufgabe steht über allem: die Aufgabe, dass wir uns auf das Wesentliche besinnen und die Freiheit bestimmt und klug sichern. Mögen wir uns dazu fähig erweisen.

Ich darf Sie bitten, sich zum Gedenken der Toten zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich.)

Ich danke Ihnen.

(Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Meine Damen und Herren, die Fraktionen des Landtags haben einen gemeinsamen Entschließungsantrag, den Antrag Drucksache 13/257, vorgelegt. Sie finden ihn auf Ihren Tischen. – Ohne förmliche Abstimmung darf ich feststellen, dass Sie diesem Entschließungsantrag zustimmen. Vielen Dank.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Zweite und Dritte Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2001 – Drucksache 13/56

Beschlussempfehlungen und Bericht des Finanzausschusses – Drucksachen 13/237, 13/238

Berichterstatter: Abg. Dr. Steim

Meine Damen und Herren, der Finanzausschuss hat mündliche Berichterstattung beschlossen. Ich erteile daher Herrn Abg. Dr. Steim das Wort für einen kurzen mündlichen Bericht über die Beratungen des Finanzausschusses. – Bitte schön, Herr Dr. Steim.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Finanzausschuss hat am 20. September getagt und den Gesetzentwurf der Regierung und die von den Fraktionen eingebrachten 17 Änderungsanträge zur Feststellung des Zweiten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2001 behandelt. Zwei Anträge von CDU und FDP/DVP wurden angenommen, von den 15 Anträgen von der SPD und den Grünen wurden zwei zurückgezogen und 13 abgelehnt.