Was heißt „Klassenkampf“? Das ist überhaupt kein Klassenkampf. Das sagte Herr Grupp. Er ist, glaube ich, Mitglied der CDU und kennt sich in dieser Situation aus. Von wegen Klassenkampf!
„Stuttgarter Nachrichten“, 23. April, Herr Offenbach – er steht ja nicht im Verdacht von SPD-Nähe – in seinem Leitartikel:
Auch wenn Boykottaufrufe unzulässig sind: Die SPDPolitikerin Ute Vogt hat zu Recht auf die Waffen der Verbraucher hingewiesen.
Natürlich, ich kann es Ihnen nachher vorlesen. Ich lese es Ihnen, wenn Sie das wollen, nachher vor. Ich kann es auch holen.
(Abg. Mappus CDU: Das möchte ich hören! – Der Redner sucht auf seinem Abgeordnetenplatz Unter- lagen. – Abg. Dr. Birk CDU: Ende der Redezeit! – Abg. Mack CDU: Da kann jetzt schon Herr Kretschmann reden! – Heiterkeit)
Wiedeking: Wenn der Papst sich entsprechend äußert, bekommen alle glänzende Augen und jubeln ihm zu. Also muss eine solche Kritik auch Herrn Müntefering gestattet sein.
Wir müssen über die Themen, die allen unter den Nägeln brennen, diskutieren. Wir brauchen schlicht Arbeitsplätze, und davon jede Menge.
(Beifall bei der SPD – Abg. Mappus CDU: Die Mi- schung ist gefährlich! – Heiterkeit des Abg. Map- pus CDU)
Im Übrigen, weil Sie ja immer so bei den Menschen sind: In einer Umfrage des „Spiegels“ von dieser Woche wurde einmal gefragt, was denn die Menschen in Deutschland von der Aussage von Ute Vogt halten: 63 % unterstützen die Forderung, 33 % lehnen die Forderung ab.
Noch etwas zur Maut, Herr Ministerpräsident: Wenn man die Maut so, wie Sie das sagen, umrechnen würde mit einem Zuschlag, käme man nach allen Berechnungen auf ca. 4 Cent plus 2,3 Cent Mineralölsteuerentlastung. Zusammengerechnet sind wir dann bei einem Pendler mit einer Wegstrecke von 50 Kilometern bei etwa 1 840 € Maut im Jahr.
Ja, das können Sie ausrechnen. Dazu gibt es Berechnungen. – Sie müssen den Menschen sagen, dass sie diese Maut entrichten müssen. Insgesamt haben Sie dann vielleicht 5 % mehr Mittel für den Straßenbau zur Verfügung.
Aber, Herr Ministerpräsident, Sie sollten dann auch fairerweise über Ihre Pläne einer Steuerreform sprechen, darüber, dass Sie die Erhebung einer Maut, die den Autofahrer stärker belastet als die bisherigen Maßnahmen, gleichzeitig auch noch mit der Streichung der Pendlerpauschale garnieren wollen. Die Pendlerpauschale müssen Sie nach Ihren Steuervorstellungen ja streichen, sonst geht Ihr Steuerkonzept nicht auf; das ist doch richtig? Wenn Sie das auch noch machen, belasten Sie gerade in Baden-Württemberg den Pendler, der vom flachen Land zu seiner Arbeitsstelle fährt. Das müssen Sie den Menschen in Baden-Württemberg sagen. Vor dieser Auseinandersetzung haben wir überhaupt keine Sorge.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht noch einmal zu allem etwas sagen. Das könnte man ja unendlich fortsetzen.
Was Sie zur Finanzpolitik gesagt haben, war, finde ich, noch einmal ein Offenbarungseid, Herr Oettinger,
Allerdings muss ich schon sagen: Wir wollten noch nie, dass in Obrigheim ein Kohlekraftwerk gebaut wird. Wenn man weiß, dass allein die Planung und Genehmigung solcher Kraftwerke mehrere Jahre dauert,
dann ist es überhaupt nicht zu spät, in Obrigheim ein modernes Gaskraftwerk zu planen, wenn die Leitung dort gelegt wird.
Zur Kfz-Steuer: Da besteht Konsens. Wir könnten sie mit der Versicherungssteuer tauschen. Das war ein Vorschlag der Föderalismuskommission. Dann kann der Bund die Kfz-Steuer abschaffen. Wir sparen damit mindestens 600 Finanzbeamte im Land;
diese können wir dann für andere Aufgaben einsetzen, zum Beispiel für die Betriebsprüfung, damit wir auf der Einnahmeseite wieder etwas mehr Licht sehen.
Die Frage der Pkw-Maut jetzt zu diskutieren ist zwar sinnvoll, aber wir können bei den Erfahrungen und bei dem Stand der Technik, die wir bisher auf den Lkw-Verkehr gemünzt haben, zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine wirklich handfesten Aussagen treffen. Insofern eignet sich das auch nicht dafür, jetzt zu handeln, sondern ist vielleicht eine Frage der nächsten fünf bis zehn Jahre.
Ich möchte etwas zu dieser Kontroverse um das Familienbild sagen: Selbstverständlich leben wir in einer freien Gesellschaft, und jeder kann die Familie so sehen, wie er möchte, und jeder kann seine Familie so gestalten, wie es ihm persönlich richtig erscheint. Hintergrund des Streits ist etwas ganz anderes. Es geht um die Frage: Wo muss der Staat handeln? Das ist der Kern der Diskussion um Familienbild und Realität der Familie.
Lassen Sie es mich an einem Beispiel darstellen: Das Ehegattensplitting stammt aus einer Zeit, in der Leute, die geheiratet haben, normalerweise auch Kinder bekommen haben. Hier hat das Ehegattensplitting einen Sinn gemacht. Die Eheleute konnten Steuerersparnisse erzielen und diese für den Aufbau einer Familie mit Kindern nutzen.
Aber in einer Zeit, in der sich das ändert und in der 50 % der gut Verdienenden gar keine Nachkommen mehr haben, ist dieses Ehegattensplitting eine Fehlallokation. Wir müssen es abschaffen und nur für Familien mit Kindern umwidmen. Darum geht es: Wo muss der Staat bei der Familie handeln? Es geht nicht darum, wie wir persönlich unsere Familie gestalten. Das haben Sie, glaube ich, verwechselt.