Protokoll der Sitzung vom 28.04.2005

(Abg. Drexler SPD: Wir sagen es doch!)

der darauf abzielt, einmal modellhaft

(Abg. Drexler SPD: Das gibt es doch!)

Barrieren, die zum Schutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gedacht waren, für einige Jahre befristet auszusetzen, um den Schutzzaun nicht als Barriere für die, die außen vor sind, wirken zu lassen, könnten wir, denke ich, durchaus miteinander umzusetzen versuchen.

(Abg. Zeller SPD: Wenn Sie Beschäftigter wären, dann wüssten Sie, wovon Sie reden!)

Lassen Sie mich zum zweiten Schwerpunkt kommen: Familie, Erziehung, Bildung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben leider wieder in einer Negativsternstunde erlebt, dass man sich angeblich bestehende unterschiedliche Familienbilder um die Ohren schlug. Natürlich bestehen schon über die Frage, was man unter Familie versteht, unterschiedliche Auffassungen. Wir verstehen unter Familie, dass Kinder und auch ältere Menschen, also Großeltern, und zwar sowohl als Hilfen als auch als Pflegebedürftige, vorhanden sind. Die Familien werden hier immer so stark auf die Mütter konzentriert. Das ist ja richtig. Aber die Väter gehören auch zur Familie. Wir sollten bei all dem, was wir machen, fast „gegendert“ immer daran denken, welche Auswirkungen es bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf Mütter und Väter hat. Denn beide entscheiden letztendlich.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Sie haben von Familienarmut geredet, Herr Kollege Mappus. Es ist in der Tat ein Skandal. Da hat sich einiges sehr stark verschoben. Altersarmut ist nicht zuletzt dank Pflegeversicherung usw. tendenziell deutlich gesunken; Familienarmut ist gestiegen. Das ist in der Tat ein Thema, bei dem der Bund die Rahmenbedingungen im Steuer- und Transfersystem ändern muss, um dies endlich zu beseitigen. Ich bin ziemlich optimistisch, wenn man das glauben darf, was alle Parteien im Jahr vor der Bundestagswahl ankündigen, nämlich dass sie eine wesentliche Besserstellung der Familien mit Kindern planen – bei unserem Modell über den hohen Steuerfreibetrag und analog erhöhtes Kindergeld, beim Merz-Modell genauso.

Dann ist es meiner Meinung nach wirklich richtig, dass wir als Land uns nicht im Steuer- und Transfersystem engagieren, sondern uns darauf konzentrieren, was wir den Familien anders – nicht weniger – geben können, und zwar besser und zielgenauer, als wir es vielleicht in der Vergangenheit getan haben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dabei gilt für uns, dass wir alles, was mit Bildung, Betreuung und Erziehung zusammenhängt, nicht wie in der Vergangenheit stark segmentiert – auch nach Ressorts – betrachten wollen. Wir müssen es vielmehr ganzheitlich als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachten. Ein kinderfreundliches Land zu schaffen ist in der Tat eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich alle – Land, Kommunen, Betriebe, Universitäten, Forschungseinrichtungen usw. – stellen müssen.

Lassen Sie uns über die Frage der Finanzierung – es wurde kritisiert, dass bisher zur Finanzierung nicht allzu viel Kon

kretes gesagt wurde – in einen breiten Diskurs mit allen Beteiligten eintreten.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das ist Grundlage je- der Politik!)

Natürlich. – Wir haben ein Konzept, mit dem wir in diesen Diskurs gehen wollen, mit einer Umschichtung von Programmen, die möglicherweise früher zielgenau waren, aber heute den Familien nicht mehr das geben, was sie brauchen, und zwar über alle Berufs- und Einkommensschichten hinweg.

Auch für eine Geringqualifizierte ist es wichtiger, ein Betreuungsangebot zu haben, wenn sie nach Hartz IV verpflichtet ist, eine Arbeit zu suchen. Es ist also besser, für Betreuungsmöglichkeiten zu sorgen, damit sie eine Arbeit aufnehmen kann, als ihr 200 € Landeserziehungsgeld zu geben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das ist ein erheblicher Brocken – über 83 Millionen € pro Jahr –, der zur Finanzierung des Ausbaus in allen Bereichen von Betreuung, Bildung und Erziehung beitragen könnte. Ich weiß wohl, dass es bei diesem Thema noch eines offenen Dialogs und eines zeitlichen Vorlaufs bedarf. Es stimmt mich schon ein bisschen optimistisch, dass alle kommunalen Vertreter, der Landesfrauenrat und vor wenigen Tagen Verbände wie die Caritas, die nicht im Rufe stehen, soziale Schieflagen akzeptieren zu wollen, unsere Argumentation teilen.

Lassen Sie uns gemeinsam darangehen, Modelle zu einem sozial abgefederten Umstieg zu entwerfen – selbstverständlich müssen wir dabei die besonders Schwachen schützen –, um gemeinsam mit allen Beteiligten eine früher richtige Fördermaßnahme zu ändern. Es geht darum, den Familien das Richtige zu geben und ihnen nichts wegzunehmen. All diese Angebote mit Schulden zu finanzieren, Herr Kollege Drexler, wird Ihnen mit uns nicht gelingen. Deswegen fragen wir immer wieder nach der Finanzierung, wenn Sie mehr und mehr fordern.

(Abg. Drexler SPD: Wir wollen doch privatisieren und das Geld einsetzen!)

Denn auf Schuldenbergen können Kinder nun einmal nicht spielen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ausdruck liberalen Staatsverständnisses ist es, für den Vorrang von privater vor staatlicher Aufgabenerledigung einzutreten, wo immer dies sinnvoll möglich und machbar ist. Ministerpräsident Oettinger hat eine Fülle von konkreten Maßnahmen genannt, mit denen dieses Ziel in praktische Politik umgesetzt werden kann.

Im Zuge der ersten Schritte der Justizreform, die zeitgleich mit der Verwaltungsreform umgesetzt wurde, haben wir die Bewährungs- und Gerichtshilfe in einem ersten Schritt modellhaft in zwei Landgerichtsbezirken auf einen freien Träger übertragen. Wir haben uns darauf verständigt, das Amt

des Gerichtsvollziehers in einen privaten Beruf zu überführen. Das ist übrigens gerade für unsere mittelständische Wirtschaft ein wichtiges Thema, weil diese Betriebe darauf angewiesen sind, dass sie nicht nur einen Rechtsanspruch auf die ihnen zustehenden Mittel haben, sondern dieser auch umgesetzt wird. Wir setzen sehr stark auf diese Entwicklung.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nächstes konkretes Thema: Wir reden nicht nur über „Privat vor Staat“, sondern haben uns auch darauf verständigt, die neue Justizvollzugsanstalt Offenburg in Teilen – jedenfalls da, wo es nicht um strikt hoheitliche Funktionen geht – von einem privaten Dienstleister betreiben zu lassen. Es steht zu erwarten, dass die zu vergebenden Leistungen ohne jegliche Abstriche bei der Qualität durch einen privaten Betreiber um 10 bis 15 % kostengünstiger erbracht werden können. Auch das ist also ein wenn auch kleiner Beitrag zur Haushaltskonsolidierung.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Privatisierung ist kein Selbstzweck, sondern auch ein Beitrag zur nachhaltigen Haushaltskonsolidierung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Dasselbe Motiv „Vorrang für private Aufgabenerledigung“ wird auch in einer ganzen Reihe weiterer Bereiche verstärkt zur Geltung kommen. Für uns Liberale und auch für meine Fraktion – ich schaue hier die ganze Fraktion einschließlich Wirtschaftsminister an – zentral ist die verabredete Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts. Für die Zukunft wird gelten, dass eine kommunale Betätigung im wirtschaftlichen Bereich außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge – gleich, in welcher Rechtsform – nur noch unter den Bedingungen verschärfter Subsidiarität aufgenommen werden darf, also nur dann, wenn ein Privater die Aufgabe nicht gleich gut oder besser erledigen kann.

Vorrang für den örtlichen Mittelstand, für Handwerk und private Dienstleister – das ist ein Riesenschritt voran.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass die Linien natürlich auch innerhalb der einzelnen Fraktionen teilweise unterschiedlich laufen. Manchmal hat man auch den Eindruck, als ginge es hier um eine Auseinandersetzung zwischen den Freunden der Kommunen und den Freunden der Wirtschaft. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wer auf kommunaler Ebene das Thema Subsidiarität ernst nimmt – und wir müssen es auf allen Ebenen ernst nehmen –, wer sich klar bewusst ist, dass nicht der Staat wachsen soll, sondern die Wirtschaft wachsen soll, und wer sich bewusst ist, dass man, wenn man dem örtlichen Handwerk und dem Mittelstand direkt Konkurrenz macht, unter der sie leiden müssen, die Basis der Finanzierung des ganzen kommunalen Angebots kaputtmacht, der wird auch als Kommunalfreund verstehen, dass die verstärkte Durchsetzung des Subsidiaritätsgebots durchaus auch im wohlverstandenen kommunalen Interesse liegt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir setzen in Zukunft vermehrt auf Public Private Partnership. Wir wollen damit einen Beitrag leisten, die Infrastruktur zügig und kostengünstig zu modernisieren und die Kostenvorteile zu nutzen, die mit privater Erstellung und privatem Betrieb geeigneter Einrichtungen verbunden sind. Wir sorgen damit zugleich für mehr Aufträge für die Bauwirtschaft und das Handwerk; denn die öffentlichen Haushalte werden diese Rückstände in den Investitionen auf Dauer nicht aufholen können. Es geht also nur, indem wir privates Kapital mit ins Boot holen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Wohl wahr!)

Deswegen ist PPP für uns zwar ein Fremdwort im direkten Sinne, aber nicht im übertragenen Sinne. Es ist aber auch kein Allheilmittel; auch das muss man einmal ganz klar sagen. Deswegen sollten wir, denke ich, die Chancen in jedem Einzelfall prüfen. Wir werden jetzt gemeinsam – das ist schon eingebracht – ein großes Projekt in Heidelberg angehen. Wir wollen weitere Projekte angehen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch noch einmal den Vorschlag, den ja unser Justizminister erneut in die Debatte gebracht hat, aufgreifen, einmal zu prüfen, ob wir völlig unabhängig von irgendwelchen Vorfestlegungen und irgendwelchen Standortfragen unsere Ministerien und unsere Landesbehörden mit einem solchen Modell vielleicht nachhaltig und dauerhaft günstiger unterbringen könnten, als es derzeit hier in Stuttgart der Fall ist.

Auch deshalb denke ich, dass dieses PPP-Projekt tabulos, sachlich und ohne Schaum vor dem Mund weiter geprüft werden sollte, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es nicht um Selbstzweck geht, sondern – auch um den Haushalt zu entlasten – eine nachhaltige Lösung gefunden werden muss.

Schließlich: Wir sind uns erfreulicherweise einig darüber, dass wir mittel- und langfristig – Kollege Mappus als ehemaliger Verkehrsminister hat das hier ja auch ganz klar benannt – gar nicht um eine grundsätzlich neue Basis bei Bau und Betrieb von Bundesfernstraßen herumkommen werden. Wir werden die Finanzierung auf ein nutzerbezogenes Modell umstellen müssen – längerfristig die Maut –, und wir werden private Betreibergesellschaften – Blick nach Österreich – brauchen. Nur dieser Weg wird den notwendigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zeitnah leisten können.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP)

Das ist für unsere Wirtschaft und nicht nur für die Privatleute, die in den Urlaub oder zu Freizeitaktivitäten fahren, ein zentrales Thema.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP)

Klar ist: Wenn wir eine Nutzungsgebühr einführen, muss der, der eine Nutzungsgebühr zahlt, an anderer Stelle entlastet werden.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Ganz klar – das war schon immer unsere Forderung –: Die Kfz-Steuer muss weg!

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das ist übrigens auch ein Beispiel für Entbürokratisierung und einen schlanken Staat.

Auch Herr Leibing hat bei seiner Verabschiedung vor wenigen Tagen dieses als eines der Beispiele genannt, als wäre es neu. Wir fordern das schon sehr lange.