Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

darstellen. Ich darf das vielleicht einmal an den Bereichen festmachen, die jetzt auch in den Anträgen genannt werden, die dem Plenum heute zur Beratung vorliegen.

Beim Thema Flurneuordnung ist es offensichtlich: Der neu gewählte Präsident des Landkreistags, Herr Schütz, der, wenn ich richtig informiert bin, kein Sozialdemokrat und erst recht auch kein Grüner ist

(Abg. Stickelberger SPD: Noch nicht! – Abg. Blen- ke CDU: Will der wechseln?)

zumindest noch nicht –, hat seine Kritik in einem Interview so formuliert, dass er gesagt hat, die Flurneuordnung sei – das zitiere ich wörtlich – „vollkommen schief gelaufen“. Wenn wir das jetzt, meine Damen und Herren, hier im Landtag – der ja letztendlich die Verantwortung für die Umsetzung der Verwaltungsreform trägt, die ja auch hier beschlossen worden ist – hören, müssen wir doch einfach feststellen, dass handwerkliche Fehler gemacht wurden. Wir wollen ja gar nicht so weit gehen, zu sagen, man müsse die Reform komplett zurücknehmen; wir sind ja nicht vermessen.

(Abg. Schneider CDU: Sehr gut!)

Politik beginnt tatsächlich bei der Betrachtung der Wirklichkeit.

(Abg. Blenke CDU: Jetzt wird es besser!)

Aber dort, wo wir die handwerklichen Fehler entdeckt haben, müssen wir auch in der Lage sein, sie zu korrigieren. Und es ist nun ganz offensichtlich, dass dies bei der Flurneuordnung der Fall ist.

Weiter sagt Herr Schütz, das sei „verwaltungstechnischer Unfug“. Das, meine ich, ist ja nun die schärfste Kritik, die ein Präsident des Landkreistags an dieser Reform üben kann. Und woher rührt das? Es ist die Aufteilung des Personals der Flurneuordnungsämter in so genannte Grund- und Poolteams, die einfach im verwaltungstechnischen Ablauf so viel Reibung verursacht, dass die Effizienz dieser Behörden durch die Verwaltungsreform, die Sie hier mehrheitlich beschlossen haben, im Prinzip dezimiert worden ist. Deswegen müssen wir hier im Land – Herr Kollege Schneider, Sie liebäugeln ja durchaus schon mit einer Reform der Re

form; das schließe ich aus ihren körpersprachlichen Äußerungen –

(Abg. Schneider CDU: Das ist gar nicht wahr!)

alles dafür tun, dass diese Flurneuordnung tatsächlich geändert wird.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Der Hauptfehler dieser Verwaltungsreform wird auch darin manifest, dass Sie mit einem Personalabbau von 20 % die Effizienzrendite quasi in diese Verwaltungsreform integriert haben.

(Abg. Schneider CDU: Ja!)

Das bedeutet natürlich im Klartext, dass Sie den grundlegenden Fehler erst jetzt zu spüren bekommen. Ich mache Ihnen das einmal anhand von Unterlagen, Briefen und Dokumentationen deutlich, die wir zum Beispiel von dem im Juli des vergangenen Jahres als Ombudsmann für den Bürokratieabbau bestellten Staatssekretär Böhmler erhalten haben. Es wäre logisch gewesen, sich zunächst einmal über den Bürokratieabbau zu unterhalten, sich zu einigen und Aufgaben abzubauen, um dann Personal abzubauen, und nicht umgekehrt, so, wie Sie das hier beschlossen haben und jetzt auch umsetzen wollen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Immer weniger Menschen haben die gleiche Gesamtmenge an Arbeit zu tun. Darunter leidet natürlich die Effizienz. Von Effizienzrendite keine Spur! Aber Sie haben in dieser Verwaltungsreform natürlich auch festgeschrieben, dass den Preis für diese Effizienzrendite – das werden Sie daran feststellen, Herr Kollege Schneider, wie sich die Kreisumlage in den nächsten Jahren entwickeln wird – die Kommunen in diesem Land zu bezahlen haben. Deswegen schadet die Verwaltungsreform den Kommunen, aber sie nützt ihnen nicht.

(Abg. Blenke CDU: Warten Sie es doch einfach einmal ab! Es kommt nicht so! – Abg. Scheuer- mann CDU: Warten Sie doch mal ab!)

Ein weiteres Thema, das ich ansprechen möchte, ist die Lebensmittelkontrolle. Dazu hat Herr Kollege Gall schon viel Zutreffendes gesagt. Ich will gar nicht die Details ausbreiten. Tatsache ist, dass von den rund 500 ehedem beim WKD tätigen Beamten noch 222 übrig bleiben.

(Zuruf des Abg. Schneider CDU)

Dass dies zur Reduktion der Lebensmittelkontrolle im Land führt, ist klar. Wir sind jetzt das Schlusslicht unter allen Bundesländern.

(Abg. Schneider CDU: Nein, Sie verwechseln da etwas!)

Das ist ein Armutszeugnis und ein defizitäres Ergebnis dieser Verwaltungsreform. Das wird im Übrigen nicht nur von

uns kritisiert. Ich zitiere aus der „Stuttgarter Zeitung“ vom 30. März. Frau Birgit Bienzle vom Referat für Lebensmittelüberwachung sagt:

Wir haben Schwierigkeiten mit der Zahl der Kontrolleure. Wie sich das weiterentwickelt, muss man kritisch prüfen.

Dann prüfen Sie einmal, meine Damen und Herren!

(Abg. Capezzuto SPD: Nicht nur prüfen! – Abg. Scheuermann CDU: Nach fünf Monaten!)

Auch die Landesregierung täte gut daran, diese Entwicklung zu prüfen und die notwendigen Korrekturen anzubringen.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Nur noch zwei Bereiche will ich kurz anschneiden.

Beim Thema Schulverwaltung sehen wir ein katastrophales verwaltungstechnisches Ergebnis.

(Zuruf des Abg. Schneider CDU)

Das haben Sie natürlich nicht, Kollege Schneider. Im Landkreis mag das ja noch angehen, was Sie sich da ausgedacht haben. Aber an den Schnittstellen zwischen Stadtkreisen und Landkreisen, wie wir sie in Ulm und im AlbDonau-Kreis haben, hat das zu absurden Ergebnissen geführt. Wir haben dort jetzt zwei Schulverwaltungen, zwei Schulämter mit verschiedensten Zuständigkeiten. Der Austausch unter diesen Verwaltungseinheiten ist immens schwierig und verursacht unheimlich viel Aufwand und Kosten. Das ist alles andere als effizient und auch gar nicht bürgerfreundlich. Die Menschen wissen gar nicht mehr, woran sie sind. Insofern stellen wir auch hier ein defizitäres Ergebnis fest.

Als Letztes – leider ist der Finanzminister dieses Hauses nicht mehr da – möchte ich das Thema Finanzverwaltung nennen. Wenn man sie betrachtet und als Bestandteil dieser Verwaltungsstrukturreform sieht, muss man sagen, dass mit verschiedenem Maß gemessen worden ist. Offensichtlich war auch politisches Gutdünken Vater des Gedankens dieser Reform der Finanzverwaltung. Sonst könnte es nicht sein, dass Finanzämter, die im ländlichen Bereich liegen, zulasten derer, die im städtischen Bereich liegen, aufgestockt werden. Effizienz hätte etwas ganz anderes bedeutet: nicht mehr Verwaltungsbürokratie, sondern weniger. Jedenfalls – Herr Kollege Schneider, Sie nicken; das freut mich sehr – hat die Effizienz der Finanzverwaltung nicht zugenommen, sondern abgenommen.

Abschließend kann ich feststellen: Die Effizienz ist nicht gesteigert worden und auch nicht die Bürgernähe. Bisher gibt es keinen Deut Bürokratieabbau. Wenn schon Ombudsmänner bestellt werden und wenn sich auch die FDP/DVP dieses Hauses den Bürokratieabbau auf die Fahnen schreibt, hätten wir längst erwartet, dass Sie endlich eine Konzeption vorlegen, wie das gehen kann.

Wir haben dazu Vorschläge gemacht. Darauf sind Sie bisher jede Antwort schuldig geblieben. Für eine ordentliche und effiziente Verwaltungsreform wäre das eigentlich die

Prämisse gewesen. Das sind Sie bis heute schuldig geblieben.

(Abg. Capezzuto SPD: Völliges Durcheinander!)

Wir werden sehen, ob Sie das zu irgendeinem Zeitpunkt nachliefern.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Heinz.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Jetzt kommt der Kollege Heinz und sagt, es sei alles bestens!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich es richtig sehe, will die Opposition mit ihren zahlreichen Anträgen zum einen auf die bei ihr vielleicht vorhandenen Probleme mit der Verwaltungsreform aufmerksam machen und zum anderen – das klang ja bei beiden Rednern an – vielleicht eine Zwischenbilanz bzw. eine Bilanz ziehen. Herr Gall hat von einer Bilanz gesprochen, Herr Oelmayer von einer Zwischenbilanz – immerhin: etwas besser, Herr Oelmayer!

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Vielen Dank, Kollege! – Abg. Schneider CDU: Oelmayer war deutlich bes- ser als die SPD! – Abg. Blenke CDU: Das ist ei- gentlich immer so!)

Wenn ich es an meinen Fingern richtig abzähle, sind seit dem Inkrafttreten der Verwaltungsreform gerade fünf Monate verstrichen.

(Zuruf von der SPD: Es geht um handwerkliche Fehler! – Zurufe der Abg. Gall SPD und Oelmayer GRÜNE – Weitere Zurufe – Lebhafte Unruhe)

Wir reden gleich über handwerkliche Fehler. Bleiben Sie ruhig! Herr Gall hat sich inzwischen wieder erholt, aber auch Mario Capezzuto soll einfach ruhig bleiben. Das kann nicht schaden.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Jetzt räumen Sie es halt schon ein!)

Ich finde, die Umsetzung der Verwaltungsreform ist angesichts der Dimension, die man sich einmal vor Augen führen muss, mit mehr als 350 Behörden, die zusammengelegt oder eingegliedert worden sind, mehr als 12 000 Beschäftigten, die zu den Landkreisen gewechselt sind, und 7 000, die in die Regierungspräsidien gegangen sind, eine Herkulesaufgabe, die vom Land und von den Landkreisen nahezu perfekt umgesetzt worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Rü- ckert CDU: Richtig!)