Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

Das Präsidium hat für die Aussprache fünf Minuten Redezeit je Fraktion festgelegt.

Das Wort erhält Herr Abg. Herrmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der Neuabgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien geht es im Wesentlichen neben ein paar Detailpunkten um drei Änderungen: Erstens kommt der gesamte Verkehrs- und Straßenbereich zum Innenministerium, zweitens wird der Bereich „Kindergarten und vorschulische Bildung“ dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport zugeordnet, und drittens ressortiert die Jugendpolitik künftig beim Sozialministerium. Wir – die CDU-Fraktion – sind mit diesen drei Änderungen und Ergänzungen einverstanden.

Im Ständigen Ausschuss gab es einen Punkt, der strittig diskutiert wurde. Vonseiten der SPD-Fraktion wurde angesprochen, dass sie eine grundlegende Kabinettsreform, insbesondere eine Reduzierung der Zahl der Ministerien, für richtig gehalten hätte. Meine Damen und Herren, wir haben nun in Baden-Württemberg seit dem Ende der großen Koalition

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

die gleiche Anzahl von stimmberechtigten Mitgliedern der Landesregierung und von Staatssekretären. Wir haben neben dem Ministerpräsidenten zehn Minister, zwei Staatssekretäre mit Kabinettsrang, sechs Staatssekretäre ohne Kabinettsrang

(Abg. Gaßmann SPD: So viele? Wieso braucht ihr so viele?)

und einen ehrenamtlichen Staatsrat. Wir haben die Zahl der Ministerien um zwei und damit deutlich reduziert, als die große Koalition zu Ende war. Man hat 1992 in der großen Koalition wegen einer Abgeordneten der SPD ein Extraministerium schaffen müssen, das unnötig wie ein Kropf war. Man hat dieses Ministerium aufgelöst und zwei weitere Ministerien zusammengelegt

(Abg. Capezzuto SPD: Im letzten Jahrhundert! – Abg. Gaßmann SPD: Dafür habt ihr eine zusätzli- che Vizepräsidentin!)

und damit eine sinnvolle Reduzierung erreicht.

Wir sind der Auffassung, dass für den Rest dieser Legislaturperiode die jetzige Anzahl der Minister und Staatssekretäre für ein großes Bundesland wie Baden-Württemberg richtig und sachgerecht ist. Deshalb stimmen wir hier den Vorschlägen der Landesregierung zu. Die von Ihnen geforderte Reduzierung haben wir durchgesetzt, als Sie nicht mehr an der Regierung beteiligt waren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Gall SPD: Sie haben jetzt eine neue Vizepräsidentin! – Gegenruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Jetzt reicht es aber!)

Das Wort erhält Herr Abg. Stickelberger.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Herr Kollege Herrmann, es ist schon bezeichnend, dass Sie zur Rechtfertigung Ihrer Argumentation auf Vorgänge zurückgreifen, die zehn Jahre zurückliegen. Heute Morgen haben wir über die Verwaltungsreform diskutiert, und da ist man unseren

Einwänden damit begegnet, das seien Argumente aus den Neunzigerjahren. Eben diese Argumente wärmen Sie jetzt in einer veränderten Situation auf.

Wir haben eine katastrophale Haushaltslage. Wir haben eine Verwaltungsreform durchgeführt, die für viele Bedienstete massive Veränderungen bringt, die die Struktur des gesamten Behördenapparats veränderte und mit der ja – das ist heute Morgen deutlich geworden – entsprechende Kosteneinsparungen erzielt werden sollen.

Für umso dringender haben wir es gehalten, dass auch auf der Ebene der Landesregierung mit dem Sparen und mit einer Umstrukturierung begonnen wird. Welcher Zeitpunkt hätte sich da besser angeboten als der jetzige mit der Neuwahl des Ministerpräsidenten und der Neubildung der Regierung?

Wir haben schon in dieser Legislaturperiode viele Minister und Staatssekretäre kommen und gehen sehen.

(Abg. Gall SPD: Oh ja! – Abg. Rückert CDU: Hier!)

Ja, leider auch Sie, Herr Rückert.

(Abg. Capezzuto SPD: Der hat es aber verdient!)

Wir haben eine massive Veränderung der Zusammensetzung des Kabinetts gehabt mit dem Ausscheiden von Dr. Schäuble als Innenminister und Dr. Repnik als Sozialminister, aber auch mit dem Ausscheiden der Minister Dr. Döring und Dr. Palmer.

(Abg. Gaßmann SPD: Das war aber nicht freiwil- lig!)

Jetzt haben wir wieder eine schwerwiegende personelle Umstrukturierung. In diesem Zusammenhang wäre es endlich an der Zeit gewesen, einen neuen Kabinettszuschnitt vorzunehmen. Diese große Chance, die sich sachlich eigentlich aufgedrängt hätte, ist versäumt worden.

Der Hinweis, man mache das sinnvollerweise nur vielleicht zu Beginn einer Legislaturperiode, zieht natürlich nicht, wenn man schon während der Legislaturperiode derart tief greifende personelle Veränderungen vorgenommen und ein regelrechtes Bäumchen-wechsle-dich-Spiel veranstaltet hat.

Wie sieht es denn mit unseren Ministerien aus? Wir hätten uns vorgestellt, dass beim Landwirtschaftsministerium angesetzt und dort umstrukturiert wird. Das Landwirtschaftsministerium hat seine Struktur schon verändert. Der Herr Staatsminister hat im Ständigen Ausschuss zwar darauf hingewiesen, das sei nicht, wie man landläufig oft kolportiert, ein Bauernministerium, sondern dort würden auch vielfältige andere Aufgaben erledigt. Gleichwohl haben wir natürlich durch die Integration der Landwirtschaftsämter in die Landratsämter und andere Umstrukturierungen gerade im Agrarbereich, wenn Sie so wollen, dort sozusagen eine Dame ohne Unterleib. Der verwaltungsmäßige Unterbau ist weggefallen, der Wasserkopf, wenn Sie so wollen, bleibt uns erhalten. Dort hätte man ansetzen können und ansetzen müssen.

(Abg. Capezzuto SPD: Staatsrat!)

Dafür haben wir aber immer noch einen Minister, eine Staatssekretärin und einen ehrenamtlichen Staatsrat. Also in personeller Hinsicht haben wir dort die volle Breite des Angebots mit verringerten Zuständigkeiten, mit weniger Kompetenz, mit weniger Aufgaben.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Wir hätten uns auch vorgestellt, dass im Bereich des Wirtschaftsministeriums angesetzt wird. Das Wirtschaftsministerium – wir haben dies im Zusammenhang mit der Wirtschaftsförderung diskutiert – hat ja, wenn man so will, nur noch einen Rumpfetat. Gerade die Wirtschaftspolitik ist auf viele Ressorts verteilt. So hat etwa das Staatsministerium einen erheblichen Anteil, auch das Innenministerium – wenn man an die Wohnungswirtschaft denkt –, auch das Landwirtschaftsministerium für den Agrarbereich. Dort wird überall massiv Wirtschaftspolitik betrieben. Wir haben es beim Wirtschaftsministerium doch nur noch mit einem reduzierten Aufgabenbereich und einem verkleinerten Haushaltsvolumen zu tun. Auch da hätte man ansetzen können.

Wir halten es wiederum nicht für sinnvoll, gerade zum jetzigen Zeitpunkt ohne nähere Begründung das Verkehrsressort vom Umweltressort abzulösen. Ich erinnere an die Feinstaubproblematik und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart dazu, aus der der Zusammenhang der beiden Bereiche gut ersichtlich ist.

Wir wollen ja nicht annehmen, dass Frau Gönner die Probezeit nicht bestanden hat. Es müssen also andere schwerwiegende Gründe sein, die uns aber bisher nicht dargelegt wurden, aus denen man ihr ein anderes, wesentlich verkleinertes Ressort gibt.

(Abg. Blenke CDU: Sie ist für jedes Ressort geeig- net!)

Im Bildungsbereich kritisieren wir,

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

dass man zwar einerseits die Zuständigkeit für die Kindergärten in den Bildungsbereich gibt – wir haben einen erweiterten Bildungsbegriff: „Lebenslanges Lernen“; das ist sinnvoll –,

(Abg. Braun SPD: Aber die Jugendarbeit heraus- nimmt!)

dass aber gleichwohl die Bildungsarbeit für Kinder bis zum Alter von drei Jahren nach wie vor im Sozialressort bleibt. Auch das ist keine sachlich erkennbare Konzeption, die für uns nachvollziehbar wäre.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Insgesamt: kein überzeugendes Konzept, viel Personalwechsel. Die SPD-Fraktion stimmt dem nicht zu.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Herr Palmer zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident, da diese Reform im Wesentlichen das Werk des Ministerpräsidenten ist, halten wir seine Anwesenheit bei der Debatte für erforderlich und beantragen, ihn herbeizurufen.

(Abg. Seimetz CDU: Oh!)

Sie haben gehört, dass der Antrag gestellt ist, den Ministerpräsidenten herbeizurufen. Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um das Handzeichen. –

(Zuruf von der SPD: Machen wir doch glatt!)

Gegenprobe! – Enthaltungen? – Mehrheitlich so beschlossen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Widerspruch bei der CDU)

Herr Kollege Schebesta bestreitet das Abstimmungsergebnis. Ich lasse noch einmal abstimmen. –

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzet! – Abg. Seimetz CDU: Ich bitte um namentliche Abstimmung!)

Gegenprobe! –