Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

Sie haben gesagt, dieses Gesetz würde den Bürger behandeln

(Abg. Drexler SPD: Terrorist!)

wie einen Terroristen. Wollen Sie sagen, dass das Verfassungsgericht zulasse, dass wir behandelt werden wie Terroristen?

Herr Theurer hat gesagt, ich würde Quatsch reden.

(Lachen bei der SPD)

(Minister Stratthaus)

Ja, das stand in der Zeitung. – Jetzt frage ich Sie, ob auch das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung Quatsch geredet hat.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Das habe ich nicht ge- sagt! – Unruhe)

Es ist einfach unglaublich.

(Abg. Drexler SPD: Herr Finanzminister, Sie müs- sen es so formulieren: ob das Bundesverfassungs- gericht zulässt, dass Sie Quatsch reden! – Anhal- tende Unruhe)

Dann möchte ich noch etwas erklären, weil vorhin gefragt worden ist, was anders sei. Es war schon bisher so, dass das Finanzamt, wenn es ein Konto kannte und einen begründeten Anfangsverdacht hatte, bei der Bank nachfragen konnte. Das Finanzamt wusste allerdings nicht, ob dieser Mensch auch noch anderswo in Deutschland Konten hat. Jetzt ist es möglich, über das Bundesamt für Finanzen zu fragen: Wo hat dieser Mensch in Deutschland Konten?

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das geht aber erst, wenn er vorher erklärt hat, dass er außer bei dieser einen Bank keine Konten habe. Wenn dann mitgeteilt wird, dass er bei der Bank XY Konten hat, wird er gebeten,

(Abg. Moser SPD: Gebeten!)

offen zu legen, was auf diesen Konten ist. Und erst dann, wenn er das nicht macht, wird man erfahren, was auf diesen Konten tatsächlich ist. Neu ist also lediglich die Tatsache, dass gewissermaßen ein Netz ausgeworfen wird, dass man feststellen kann, wo überall er Konten hat.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wo werfen wir noch überall Netze?)

Jetzt das nächste Thema. Ich will es ganz kurz machen. Sie haben davon gesprochen, das seien 2 500 Fälle pro Tag.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Wehret den Anfän- gen!)

Vorhin hat Herr Theurer gesagt, es seien doch immerhin 800 Fälle. Er hat Recht; aber es sind 800 Fälle im Vierteljahr.

(Lachen bei der SPD und den Grünen – Vereinzelt Beifall – Unruhe)

Das ist ein Riesenunterschied.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wir sind doch juristisch noch gar nicht so weit! Aber das wird wachsen!)

Wir hatten vom 1. April bis zum 15. Mai in Baden-Württemberg – – Das sind sechs Wochen. Okay, „Vierteljahr“ war falsch. Das waren sechs Wochen.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Schon wieder mit fal- schen Zahlen argumentiert!)

Vom 1. April bis zum 15. Mai hatten wir in Baden-Württemberg 97 Kontenabfragen. Bundesweit hatten wir bis zum 24. Mai – das sind also ungefähr sieben Wochen – 674 Kontenabfragen, also zwölfeinhalb pro Tag.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist der Anfang!)

Sie haben aber gesagt, es seien 2 500 pro Tag.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das war eine Schät- zung!)

Sie haben sich um den Faktor 200 verschätzt.

(Lachen bei der SPD und den Grünen – Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der Grünen – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das war eine Schätzung des Bankenverbands!)

Ich habe Verständnis dafür, dass es für den kleineren Koalitionspartner in einer erfolgreichen Koalition nicht immer leicht ist, gesehen und gehört zu werden.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wenn man so aus- sieht, ist das auch besser!)

Aber man sollte dennoch die Skurrilität und die Schrillheit der Formulierungen im Rahmen halten.

(Abg. Stickelberger SPD: Rote Karte, Herr Theu- rer!)

Ich darf vielleicht eines noch hinzufügen. Das soll nun die Versöhnung sein: Ich bin auch der Meinung, dass wir eine Abgeltungssteuer einführen sollten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Und warum nicht gleich, wie Herr Eichel versprochen hatte? – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Das ist nicht einfach! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

In der Tat ist beim Vermittlungsverfahren eine so genannte Protokollerklärung beschlossen worden, in der stand, dass noch im Jahre 2004 ein Gesetzesvorschlag für eine Abgeltungssteuer vorgelegt werden solle.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Ist 2004 nicht vorbei?)

Das ist bisher nicht geschehen, weil – – Gut, das ist richtig.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wer hat denn hier das Wort gebrochen? – Zuruf des Abg. Drexler SPD – Unruhe)

Wenn alle dafür sind, ist es ja hervorragend. Dann kann diese Abgeltungssteuer kommen. Sie ist nicht einfach, und zwar deswegen, weil wir natürlich auch die Dividenden sowie eventuelle Ausschüttungen von GmbHs mit einbeziehen müssen.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Das ist das Problem. Solange es nur die Zinsen sind, haben wir ja im Grunde genommen mit der Zinsabschlagsteuer heute schon eine ähnliche Situation. Die Zinsabschlagsteuer beträgt allerdings nur 30 % und geht nicht bis zum Spitzen

(Minister Stratthaus)

steuersatz von 42 %. Es ist also technisch nicht ganz einfach; es ist aber der richtige Weg. Selbst die Schweiz – ich habe schon öfter darauf hingewiesen – wird in Zukunft für ausländische Geldanleger eine Abgeltungssteuer einführen und die entsprechenden Gelder dann in das Heimatland überweisen.

Alles in allem, meine Damen und Herren, muss ich mich dagegen verwahren, dass gesagt wird: Unsere Finanzbeamten und die Leiter unserer Finanzämter – – Es ist übrigens immer nur eine Person befugt. Es ist auch schon so dargestellt worden, als könnte jeder Mitarbeiter oder jede Mitarbeiterin schnell einmal nachfragen. Es ist aber in jedem Finanzamt nur eine einzige Person ausdrücklich befugt, es zu machen.

Zweitens: Die anderen Behörden, die auch noch Rechte haben, Einsicht zu nehmen, sind nicht befugt, es selbst zu machen, sondern müssen sich an das Finanzamt wenden. Auch da sind also einige Schwellen eingebaut.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Hochbürokratisch!)

Ja nun, in diesem Fall ist das „hochbürokratisch“ auch wieder gut. Ich bin ja für die Abgeltungssteuer, um das noch einmal zu sagen.

Es gibt auch noch eine weitere Sache zu vermelden, die ganz interessant ist. Vorhin ist gesagt worden, dass wir ja heute schon eine Regelung haben, die vom Bundesfinanzministerium verfasst worden ist und von allen Länderfinanzministerien mitgetragen wird, die bestimmt, wer unter welchen Umständen und in welcher Art den Zugriff hat. Das soll nun in Gesetzesform gegossen werden. Da bin ich durchaus dafür; denn eine Rechtsverordnung kann natürlich durch eine Regierung wieder abgeschafft werden, während ein Gesetz nur durch den Gesetzgeber außer Kraft gesetzt werden kann.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)