Deswegen sollten wir uns bemühen, kurzfristig dieses Gesetz, das kürzlich schon dem Bundesrat vorlag, dann allerdings vertagt worden ist, in Kraft zu setzen, und mittelfristig eine Abgeltungssteuer einführen. Das wäre der richtige Weg;
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Finanzministers haben gezeigt – und insofern trägt eine solche Debatte auch zur Versachlichung bei –,
wie die Abgeltungssteuer eingeführt werden kann, gebrochen hat. Das Jahr 2004 ist seit fünf Monaten vorbei, und es gibt, meine Damen und Herren, immer noch keinen Gesetzentwurf. Da muss man sich schon fragen, warum man eine elektronische Kontenabfragemöglichkeit einführt, wenn das angeblich doch nur eine Übergangsregelung ist.
Entschuldigung, die Geschäftsgrundlage für die Zustimmung der Bundestagsfraktionen ist durch die Nichteinhaltung der Zusage von Herrn Eichel entzogen worden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Ach so! Gesetz ist Gesetz! – Gegen- ruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Gelinkt ist ge- linkt!)
Das muss man hier einmal klar festhalten, und dann muss man auch einmal festhalten, wer das Wort gebrochen hat.
Nun komme ich zum zweiten Punkt. Wer sich hier hinstellt und, wie Sie, Herr Finanzminister, öffentlich behauptet, die FDP wolle Steuerhinterziehung und Sozialbetrug nicht bekämpfen, der redet die Unwahrheit, und die Unwahrheit ist Quatsch. Deshalb bleibe ich auch bei meiner Formulierung: Wer hier der FDP unterstellt, sie wolle Sozialbetrug nicht bekämpfen, der hat die Sache nicht begriffen. Wir wollen Sozialbetrug bekämpfen. Man konnte auch früher schon Konten abfragen. Aber wir wehren uns dagegen, dass über ein einfacheres technisches Verfahren Tausende von Konten abgefragt werden können und nicht einmal die Bank davon Kenntnis erhält.
Die Datenschutzbeauftragten aller 16 Bundesländer und der Bundesrepublik Deutschland haben ja Bedenken gegen dieses Gesetz erhoben. Wo waren denn da die Grünen, meine Damen und Herren, die sich doch selbst sonst immer als die Oberdatenschützer aufspielen? Nichts hat man gehört. Sie haben im Bundestag zugestimmt, meine Damen und Herren.
Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Diese Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes sind berechtigt. Besser, als ein
solches Verfahren einzuführen, wäre es, eine einfache Lösung einzuführen. Herr Finanzminister, hier sind Sie ja mit der FDP einig: Wir wollen eine Abgeltungssteuer, die ist einfach. Dann brauchen wir den ganzen Kontroll- und Überwachungsmechanismus nicht. Die Frage ist ja auch, wen das vor allem trifft. Es trifft doch auch die kleinen Leute. Da hat jemand zwei Sparbücher aus der Studienzeit,
dann hat er noch zwei Sparbücher der Kinder, für die er zeichnungsberechtigt ist, die er aber nicht angeben muss, und dann hat er vielleicht noch zwei Sparbücher der Großeltern, für die er ebenfalls zeichnungsberechtigt ist. Die Überprüfung ergibt dann, er hätte sechs Bankkonten, die er nicht angegeben hat. Dann besteht schon ein Generalverdacht.
Tun Sie doch nicht so, als ob die kleinen Leute, die ein Sparbuch nicht angeben, Steuerhinterzieher wären, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/ DVP: Genau! – Abg. Drexler SPD: Ach was! Un- glaublich! – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)
Dieses Grundmisstrauen gegenüber dem Bürger teilen wir als FDP nicht. Ein Staat, der immer mehr Überwachung will, wird in Bürokratie ersticken, meine Damen und Herren.
Deshalb haben andere europäische Länder effizientere Überwachungssysteme eingeführt, indem sie den Kapitalertrag gleich an der Quelle, bei der Bank über eine Abgeltungssteuer einziehen lassen. Damit ist die Sache erledigt. Günstiger geht es doch auch gar nicht. Es ist doch günstiger, wenn die Bank das einzieht; dann braucht man dazu schon kein Finanzamt, meine Damen und Herren.
Deshalb will die FDP effiziente Steuereinzugssysteme. Daher läuft der Vorwurf, der hier sowohl von den anderen Fraktionen als auch vom Finanzminister erhoben worden ist, wir wollten keine Steuern für den Staat, völlig ins Leere. Natürlich wollen wir Steuern für den Staat! Aber der Staat muss sich auf seine Kernaufgaben zurückziehen. Wenn wir den Staat nicht effizienter, schlanker und wirksamer gestalten, dann werden wir tatsächlich irgendwann einmal an Bürokratie ersticken.
Deshalb erwarte ich auch vom Finanzminister des Landes Baden-Württemberg eine klare Aussage, wann das Land Baden-Württemberg eine Bundesratsinitiative ergreifen wird, um eine solche Zinsabgeltungssteuer einzuführen, meine Damen und Herren.
(Abg. Drexler SPD: Sie sind doch an der Regie- rung! Was soll denn das? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ja sag einmal!)
und Sie, Herr Kollege Drexler, haben dort die Zusagen nicht eingehalten. Das müssen Sie hier einmal sagen, und Sie sollten erklären, warum Sie sie nicht eingehalten haben.
(Abg. Drexler SPD: Weil es schwierig ist, das in Europa so zu machen! Sie sprechen doch von „Ter- rorismus“! Sie haben unseren Staat mies gemacht!)
Sie sind nämlich nicht nur in dieser Frage wortbrüchig geworden. Das ist es doch! Sie haben doch genug Zeit gehabt. Sie haben Gesetze eingeführt, aber dort, wo es wichtig gewesen wäre, hat die rot-grüne Bundesregierung versagt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Sie sind doch ein Schlechtredner und Miesmacher! – Abg. Schmid SPD: Da klatschen nur die mit den hohen Konten! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Da klatscht nur die FDP, Herr Kollege! – Zuruf des Abg. Fischer SPD)
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wo bleibt Goll? – Gegenruf des Abg. Walter GRÜNE: Der hat einen wichtigen Termin!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, dass die Worte, die soeben nochmals aufgebrandet sind, die Notwendigkeit meines Anfangsappells noch einmal unterstreichen: mehr Sachlichkeit. Auf wirklich jedes der Argumente, die hier vonseiten der FDP/ DVP-Fraktion gebracht wurden, wurde schon eingegangen, auch in den öffentlichen Diskussionen – auf wirklich jeden Punkt. Und zusätzlich: In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März dieses Jahres wurde dazu Stellung genommen. Ich empfehle, die Begründung nachzulesen.
Vorwurf „allgemeine, flächendeckende Kontenabfrage“: nein, geregelt in der Anwendungsverordnung. Vorwurf „mangelnder Datenschutz“: ausgeräumt. Ich habe es schon erwähnt: Es gibt eine Aufbewahrungspflicht von 18 Monaten. Möglicherweise bezieht sich das, was die Datenschützer gesagt haben, auf den Entwurf aus dem Jahre 2003. Die Anwendungsverordnung vom März dieses Jahres kam etwas spät, ist beim Urteil des Bundesverfassungsgerichts aber noch mit aufgenommen worden. Das bezieht sich vielleicht darauf, ist jetzt aber ebenfalls geregelt.