Vorwurf „allgemeine, flächendeckende Kontenabfrage“: nein, geregelt in der Anwendungsverordnung. Vorwurf „mangelnder Datenschutz“: ausgeräumt. Ich habe es schon erwähnt: Es gibt eine Aufbewahrungspflicht von 18 Monaten. Möglicherweise bezieht sich das, was die Datenschützer gesagt haben, auf den Entwurf aus dem Jahre 2003. Die Anwendungsverordnung vom März dieses Jahres kam etwas spät, ist beim Urteil des Bundesverfassungsgerichts aber noch mit aufgenommen worden. Das bezieht sich vielleicht darauf, ist jetzt aber ebenfalls geregelt.
Der Punkt – das hat der Finanzminister völlig richtig angesprochen –, um den es jetzt geht, ist enthalten in dem Antrag von Bayern, der am 27. April in den Bundesrat eingebracht worden ist: Wir müssen die bislang nur in einer Anwendungsverordnung geregelten Bestimmungen aus Sicher
heitsgründen oder aus Gründen noch größerer Klarheit in das entsprechende Gesetz einfügen. Darum geht es.
Deswegen bitte ich die FDP/DVP, nach eindringlicher Lektüre des Urteils des Bundesverfassungsgerichts und nach nochmaliger Überlegung
die Haltung unseres Finanzministers zu unterstützen. Ich glaube, dass wir bis zum gemeinsamen Ziel auf diese Maßnahmen angewiesen sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Justizminister, nachdem der Herr Finanzminister Herrn Theurer und damit auch Ihnen derart die Leviten gelesen hat, hätte ich eigentlich erwartet, dass Sie hier ans Rednerpult treten und zu Ihrer Verteidigung zumindest einige Sätze vorbringen.
Aber die Verteidigung wird für Sie aufgrund der bestehenden Fakten und der Rechtslage natürlich schwierig.
Herr Theurer, Sie haben jetzt einen Grundkurs in Steuerpolitik erhalten, vor allem auch in Steuerrecht; da scheinen ja Ihre Defizite am größten zu sein. Vielleicht sollten Sie bei ähnlichen Vorstößen in Zukunft vorher den Rat des Finanzministers einholen, der Sie dann zumindest auf den rechtlich richtigen Weg führt.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Theu- rer FDP/DVP: Also sachliche Argumente haben Sie nicht!)
Was aber in diesem Zusammenhang viel schwerer wiegt als Ihre aufgeblähte Rhetorik, ist das Staatsverständnis, das Sie zugrunde legen.
Für mich ist es erschütternd, dass eine Partei wie die FDP mit liberaler Tradition ein derart distanziertes, negatives Verhältnis zum Staat propagiert.
Mit uns ist eine Politik nach dem Motto „Den Staat schwächen, wo es geht“ nicht zu machen. Das kann ich Ihnen versichern.
Die Steuererhebung in Baden-Württemberg bereitet den meisten Leuten keine schlaflosen Nächte. Wir haben eine gut funktionierende Finanzverwaltung. Wir haben gut ausgebildete Beamte, die nach Recht und Gesetz ihre Arbeit verrichten.
Zweitens: Wir haben eine Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die sich in den Hauptsacheverfahren noch vertiefen wird und die dem vorliegenden Gesetz, das ja schon einige Zeit in Kraft ist, die Verfassungsmäßigkeit bescheinigt. Wenn man die Rechtsprechung genau liest und dem zugehört hat, was der Herr Finanzminister dazu gesagt hat, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass die Regelungen, die jetzt bestehen, geradezu geboten sind im Interesse der Steuergerechtigkeit und um zu verhindern, dass Steuerbetrug stattfindet. Auf diesem rechtlichen Boden bewegen wir uns.
Was die inhaltlichen Dinge angeht, ist auch das, was das Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben hat, nicht neu. Es wurde gesagt: Es gibt bisher schon einen Erlass, der im Wesentlichen die geltenden Abläufe regelt. Darin ist unter anderem vorgesehen – ich darf das vielleicht einmal zitieren – –
(Zuruf von der CDU: Versteht der davon auch et- was? – Abg. Zimmermann CDU: Der ist noch in der Fragestunde drin!)
Herr Stickelberger, halten Sie es für möglich, dass der Herr Landesjustizminister all diese rechtlichen Regelungen nicht kennt?
Bisher habe ich geglaubt, und dieser Eindruck hat sich bei mir nach wie vor gehalten, dass der Herr Justizminister die rechtlichen Regelungen zwar kennt, aber ihr Ausmaß, ihre Bedeutung und ihre Berechtigung in der Öffentlichkeit verschleiert. Das ist bisher mein Eindruck.
(Heiterkeit bei der SPD und den Grünen – Abg. Drexler SPD: Die Frage ist bloß, was schlimmer ist! – Glocke des Präsidenten)
Herr Kollege Stickelberger, gibt es eine Vermutung, weshalb er die rechtliche Situation so unterdrückt?
(Heiterkeit bei der SPD und den Grünen – Abg. Theurer FDP/DVP: Unterdrückt er die rechtliche Situation?)
Ich würde vorschlagen, Herr Kollege Haas, dass Sie das nachher den Herrn Justizminister selber fragen.
Ich weiß natürlich, dass diese Unterdrückungsmechanismen und diese Schau, die hier in der Öffentlichkeit abgezogen wird – – Ich frage mich schon, was der Justizminister in diesem Land damit eigentlich bezweckt, wenn er davon spricht, dass Bürger unseres Landes angeblich wie Terroristen überwacht wurden.
Der Erlass, der bisher die Dinge im Einzelnen regelt, sichert ein hohes Maß der Rechte und des Schutzes der Bürger. Der Herr Finanzminister hat darauf hingewiesen. Wenn Sie hier so tun, als würde man Normalbürger unseres Landes, die brav ihre Steuern zahlen, wie Terroristen behandeln, frage ich mich, Herr Justizminister, in welchem Land Sie eigentlich leben.